Taktikanalyse: Bayern Münchens Wandel unter Jupp Heynckes

Der FC Bayern dominiert die Bundesliga und zog auch im DFB-Pokal erneut ins Halbfinale ein. Im Herbst 2017 stellte sich die Lage anders dar. Was hat Jupp Heynckes verändert, nachdem er das Amt von Carlo Ancelotti übernahm? Fokus aufs Gegenpressing, Javi Martinez und eine erstarkte linke Seite - DFB.de beleuchtet die taktischen Änderungen des Trainer-Routiniers.

Als Ancelotti den FC Bayern verlassen musste, lag noch kein Schnee in München. Ende September trennte sich der deutsche Rekordmeister vom italienischen Trainer und gab wenige Tage später die Verpflichtung von Ex-Coach Jupp Heynckes bekannt. Der 72-Jährige führte die Mannschaft zurück in die Erfolgsspur und an die Tabellenspitze der Bundesliga, sondern auch in das Halbfinale des DFB-Pokals, das am Sonntag (ab 18 Uhr, live in der ARD) ausgelost wird.

Unter Heynckes wirkten die Bayern phasenweise wie ausgetauscht, das Team verkörpert Selbstbewusstsein und tritt deutlich dominanter auf als in den Spielen unter Ancelotti, was nicht nur auf taktische Änderungen zurückgeht. Insgesamt spielen die Bayern wieder mit einer höheren Intensität. Das Pressing ist kraftvoller, besonders im Gegenpressing nach Ballverlust fanden die Münchner unter Heynckes zu alter Stärke zurück.

Rückkehr zum 4-2-3-1

Der Trainer-Routinier krempelte die Mannschaft dabei allerdings nicht komplett um, die Grundsätze und das Personal haben sich nicht verändert. Der FC Bayern tritt noch immer als die ballbesitzende Mannschaft auf und versucht, das Spiel zu dominieren. Somit sind es meist nur kleine Änderungen, die Heynckes angeordnet hat. Vorrangig brachte er das 4-2-3-1 zurück nach München, nachdem Vorgänger Ancelotti das Team meist noch im 4-3-3 auf das Feld geschickt hatte.

Mit der erneuten Hereinnahme von Javi Martinez als zweiten Sechser vor der Abwehr, mit dem Basken hatte Heynckes 2013 das Triple gewonnen, ist die Defensive etwas stabiler geworden und fußt nun auf der zuverlässigen Arbeit des 29-Jährigen. Ihm zur Seite steht in der Regel ein spielstärkerer Akteur. Das kann Landsmann Thiago sein oder aber Neuzugang Sebastian Rudy, der mit seiner ruhigen Ausstrahlung die Bälle gut zu verteilen vermag und somit das Spiel lenkt.

Durch die doppelte Besetzung des Zentrums vor der Abwehr funktioniert die Defensive besser und auch im Gegenpressing findet der FC Bayern besseren Zugriff. Heynckes ist großer Freund davon, nach Ballverlust direkt aktiv nach vorne zu verteidigen. Dabei wird der Balleroberer des Gegners von einem oder zwei Spielern unter Druck gesetzt, während die restlichen Spieler im Umfeld versuchen, die nächsten Passoptionen des Gegners aufzunehmen. Somit entstehen gute Ballgewinne mit Blick zum Tor.

Aktiv über die linke Seite

Aus diesen Ballgewinnen heraus kann dann entweder die Spitze Robert Lewandowski gesucht oder auf die Außen gespielt werden. Besonders über die linke Seite hat der FC Bayern unter Heynckes seine Gefahr deutlich gesteigert. Das liegt nicht zuletzt an einem Aufwind von David Alaba, der zuletzt eine immer wichtigere Rolle einnahm. Der Österreicher harmoniert gut mit Kingsley Coman und mit Franck Ribery. Er hinterläuft und zieht den Franzosen somit einen Gegenspieler ab.

Entscheidet sich der Gegner, Coman oder Ribery zu doppeln, können diese auf Alaba durchstecken, der dann mit Tempo in Richtung Grundlinie geht und von dort in den Strafraum flanken kann. Dabei visiert er regelmäßig flach den Rückraum an, kann aber auch hohe Hereingaben liefern. Gerade diese Hereingaben werden unter Heynckes besser und öfter verwertet. Natürlich spielt auch hier Lewandowski wieder eine Rolle, inzwischen gibt es aber noch mehr Optionen. Heynckes schickt bei Hereingaben auch den Zehner sowie den ballfernen Flügelspieler in den Strafraum. Bisweilen mischt auch noch einer der beiden Sechser mit. Damit stehen mehr Abnehmer bereit und die Gefahr wächst. Nicht zuletzt hat Arturo Vidal aufgrund dieser taktischen Maßnahme zuletzt einen deutlichen Formaufschwung verbucht. Der Chilene überzeugt bei Bällen in der Luft – gleiches gilt für Thomas Müller oder eben Lewandowski.



Der FC Bayern dominiert die Bundesliga und zog auch im DFB-Pokal erneut ins Halbfinale ein. Im Herbst 2017 stellte sich die Lage anders dar. Was hat Jupp Heynckes verändert, nachdem er das Amt von Carlo Ancelotti übernahm? Fokus aufs Gegenpressing, Javi Martinez und eine erstarkte linke Seite - DFB.de beleuchtet die taktischen Änderungen des Trainer-Routiniers.

Als Ancelotti den FC Bayern verlassen musste, lag noch kein Schnee in München. Ende September trennte sich der deutsche Rekordmeister vom italienischen Trainer und gab wenige Tage später die Verpflichtung von Ex-Coach Jupp Heynckes bekannt. Der 72-Jährige führte die Mannschaft zurück in die Erfolgsspur und an die Tabellenspitze der Bundesliga, sondern auch in das Halbfinale des DFB-Pokals, das am Sonntag (ab 18 Uhr, live in der ARD) ausgelost wird.

Unter Heynckes wirkten die Bayern phasenweise wie ausgetauscht, das Team verkörpert Selbstbewusstsein und tritt deutlich dominanter auf als in den Spielen unter Ancelotti, was nicht nur auf taktische Änderungen zurückgeht. Insgesamt spielen die Bayern wieder mit einer höheren Intensität. Das Pressing ist kraftvoller, besonders im Gegenpressing nach Ballverlust fanden die Münchner unter Heynckes zu alter Stärke zurück.

Rückkehr zum 4-2-3-1

Der Trainer-Routinier krempelte die Mannschaft dabei allerdings nicht komplett um, die Grundsätze und das Personal haben sich nicht verändert. Der FC Bayern tritt noch immer als die ballbesitzende Mannschaft auf und versucht, das Spiel zu dominieren. Somit sind es meist nur kleine Änderungen, die Heynckes angeordnet hat. Vorrangig brachte er das 4-2-3-1 zurück nach München, nachdem Vorgänger Ancelotti das Team meist noch im 4-3-3 auf das Feld geschickt hatte.

Mit der erneuten Hereinnahme von Javi Martinez als zweiten Sechser vor der Abwehr, mit dem Basken hatte Heynckes 2013 das Triple gewonnen, ist die Defensive etwas stabiler geworden und fußt nun auf der zuverlässigen Arbeit des 29-Jährigen. Ihm zur Seite steht in der Regel ein spielstärkerer Akteur. Das kann Landsmann Thiago sein oder aber Neuzugang Sebastian Rudy, der mit seiner ruhigen Ausstrahlung die Bälle gut zu verteilen vermag und somit das Spiel lenkt.

Durch die doppelte Besetzung des Zentrums vor der Abwehr funktioniert die Defensive besser und auch im Gegenpressing findet der FC Bayern besseren Zugriff. Heynckes ist großer Freund davon, nach Ballverlust direkt aktiv nach vorne zu verteidigen. Dabei wird der Balleroberer des Gegners von einem oder zwei Spielern unter Druck gesetzt, während die restlichen Spieler im Umfeld versuchen, die nächsten Passoptionen des Gegners aufzunehmen. Somit entstehen gute Ballgewinne mit Blick zum Tor.

Aktiv über die linke Seite

Aus diesen Ballgewinnen heraus kann dann entweder die Spitze Robert Lewandowski gesucht oder auf die Außen gespielt werden. Besonders über die linke Seite hat der FC Bayern unter Heynckes seine Gefahr deutlich gesteigert. Das liegt nicht zuletzt an einem Aufwind von David Alaba, der zuletzt eine immer wichtigere Rolle einnahm. Der Österreicher harmoniert gut mit Kingsley Coman und mit Franck Ribery. Er hinterläuft und zieht den Franzosen somit einen Gegenspieler ab.

Entscheidet sich der Gegner, Coman oder Ribery zu doppeln, können diese auf Alaba durchstecken, der dann mit Tempo in Richtung Grundlinie geht und von dort in den Strafraum flanken kann. Dabei visiert er regelmäßig flach den Rückraum an, kann aber auch hohe Hereingaben liefern. Gerade diese Hereingaben werden unter Heynckes besser und öfter verwertet. Natürlich spielt auch hier Lewandowski wieder eine Rolle, inzwischen gibt es aber noch mehr Optionen. Heynckes schickt bei Hereingaben auch den Zehner sowie den ballfernen Flügelspieler in den Strafraum. Bisweilen mischt auch noch einer der beiden Sechser mit. Damit stehen mehr Abnehmer bereit und die Gefahr wächst. Nicht zuletzt hat Arturo Vidal aufgrund dieser taktischen Maßnahme zuletzt einen deutlichen Formaufschwung verbucht. Der Chilene überzeugt bei Bällen in der Luft – gleiches gilt für Thomas Müller oder eben Lewandowski.

Während von der linken Seite Alaba die Flanken bringt, ist auf der rechten Seite im Normalfall Joshua Kimmich gefragt. Der junge Nationalspieler sucht dabei genauso den Weg an die Grundlinie, kann aber auch aus einer Position neben dem Strafraum oder gar aus dem Halbfeld flanken. Das macht die Bayern noch unberechenbarer. Gerade mit Hinblick auf die Bundesliga, in der die nominell stark unterlegenen Gegner sich im eigenen Drittel ballen, können hohe Bälle entscheidend sein, da das Verteidigen deutlich schwieriger fällt.

Variantenreich bei Standards

Auch die Standards unter Heynckes sind erwähnenswert. Verschiedene Varianten wurden etabliert, über die die Bayern jede Menge Gefahr ausstrahlen und somit aus ruhenden Bällen wichtige Tore erzielen können. Gerade in dem Belagerungszustand, in dem sich die Bayern in der Liga in der offensiven Rolle befinden, sind die Flanken und Standards ein wichtiges Mittel zum Durchbruch.

Der Schwerpunkt der Bayern-Offensive liegt klar auf den Flügeln. Mit Coman, Ribery, Arjen Robben sowie den Außenverteidigern Kimmich und Alaba liegt dort ein enormes Potenzial. Dieses hatte auch Ancelotti erkannt, das Flügelspiel ist unter Heynckes also verbessert, sicherlich aber nicht neu erfunden worden. Insgesamt wirken die Abläufe besser abgestimmt und die Strafraumbesetzung quantitativ erhöht.

Unter Heynckes hat allerdings ein Mittel des Flügelspiels klar abgenommen: Unter Ancelotti wurde oftmals auf einer Seite angegriffen, um dann abzukappen und über einen herausfallenden Mittelfeldspieler auf die andere Seite zu verlagern. Diese Verlagerung bedeutete allerdings, dass das Zentrum weniger kompakt war. Konnte der Ball auf der anderen Seite nicht gesichert werden, ergaben sich für den Gegner mehr Räume zum Konter und damit Probleme für die aufgerückten Außenverteidiger. Diese Bälle wurden unter Heynckes aus dem Programm genommen. Die Bayern verlagern wieder über mehrere Stationen und setzen weniger auf den langen, diagonalen Ball von links nach rechts oder rechts nach links.

Insgesamt ist das Spiel der Bayern somit unter Heynckes sehr flügellastig. Dazu kommt die stärkere Fokussierung auf das Gegenpressing sowie sichtlich Verbesserungen in der Intensität und Spritzigkeit. Von Ancelotti zu Heynckes waren bisher allerdings kaum Neuerungen für das Ballbesitzspiel durch die Mitte zu erkennen. Nach der kurzen Winterpause ließen sich bereits kleine Verbesserungen erkennen. Das liegt nicht zuletzt am starken James Rodriguez. Die Leihgabe von Real Madrid konnte sich zuletzt immer besser einbringen und einen weiteren offensiven Qualitätspunkt darstellen.

Comeback von Ancelottis 4-3-3

Somit konnte das von Ancelotti bekannte 4-3-3 in den letzten Spielen doch noch ein erfolgreiches Comeback in dieser Saison feiern: Gerade mit James, Thiago sowie Corentin Tolisso stehen hier verschiedene Spielertypen zur Verfügung, die sich allesamt gut für ein Dreiermittelfeld eignen. Dies geht Hand in Hand mit einem starken Gegenpressing. Denn wenn Heynckes die Überzahl im defensiven Mittelfeld aufgibt, um mit zwei offensiven, zentralen Mittelfeldspielern zu spielen, fehlt ein Anker vor der Defensive, was sich gerade bei hohen Außenverteidigern schnell negativ bemerkbar machen kann. Bislang bannten die Bayern diese Gefahr jedoch erfolgreich. Die Innenverteidiger überzeugen in ihrer Entscheidungsfindung und kein Spieler lässt sich nach einem Ballverlust hängen – das sind wichtige Faktoren für die zuletzt gezeigte defensive Stabilität.

Auffällig im gesamten Spiel der Bayern sind die herausragenden gruppentaktischen Elemente. Drei oder vier zusammenhängende Spieler stimmen sich präzise ab, übernehmen passende Rollen und tragen somit einen wichtigen Teil zum Erfolg bei. Bestes Beispiel ist die Kombination aus Müller, Robben und Vidal. Wenn Robben nach innen zieht, kommt Müller nach außen und Kimmich bleibt etwas zurück auf der rechten Seite. Das erschwert die Orientierung der Abwehrspieler und öffnet Lücken im Defensivverbund. Ähnliche gruppentaktische Elemente finden sich auch in der Defensive. Gerade Ribery zeigte hier zuletzt eine deutliche Verbesserung auf der linken Seite in Zusammenarbeit mit Alaba. Diese Automatismen erinnern sehr an die vergangene Amtszeit von Heynckes, was die Bayern-Fans bereits wieder vom Triple träumen lässt.