Steffi Jones: Die Vielseitige

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind mehr als 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute. 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de prägende Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Steffi Jones, 111-malige Nationalspielerin, langjährige Präsidentin des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland und frühere DFB-Direktorin für Frauen- und Mädchenfußball sowie Bundestrainerin der Frauen-Nationalmannschaft.

Steffi Jones ist eine Kämpferin. Das war sie schon immer. Erst als Spielerin, dann als Organisatorin der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland und zuletzt als Trainerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Jones hat Verantwortung übernommen, immer und überall. Das ist ihr hoch anzurechnen. Dass es dann auch mal zu Rückschlägen oder Schwierigkeiten kommen kann, ist ganz normal.

Jones musste das während ihrer Zeit als Bundestrainerin feststellen. Schon der Start war schwierig, schließlich folgte sie auf Silvia Neid, die bis zur ihrem Rücktritt alles gewonnen hatte, was man gewinnen konnte. Große Fußbstapfen. Jones hat sich dennoch nicht gescheut, voranzugehen und den Umbruch einzuläuten. Einige gestandene Spielerinnen hatten nach dem Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio ihren Rücktritt erklärt. Jones musste ein neues Team aufbauen. Sie riskierte viel, sie bekam viel Lob. Aber es gab auch Kritik, und die wurde mit jedem Rückschlag größer. Im März 2018 folgte dann die Trennung. Jones war damals bitter enttäuscht. Heute haben sich die Gemüter wieder etwas beruhigt.

Steffi Jones hat Spuren hinterlassen

Es wäre aber nicht richtig, Jones' Wirken für den Frauenfußball in Deutschland auf die unglücklichen zwei Jahre als Bundestrainerin zu reduzieren. Denn Steffi Jones hat viel mehr Spuren hinterlassen. Tiefe Spuren. Völlig zurecht wurde Jones deshalb in die Gründungself der Hall of Fame im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund aufgenommen. Sie hat 111 Begegnungen für Deutschland bestritten, von 1993 bis 2007 war sie unumstrittene Stammkraft. Sie hat mit der DFB-Auswahl als Spielerin die Weltmeisterschaft gewonnen, dreimal die Europameisterschaft und zweimal die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen. Dazu mit dem 1. FFC Frankfurt mehrfach die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und den UEFA Woman's Cup, den Vorgängerwettbewerb der Champions League – ihre Karriere war eine großartige Erfolgsgeschichte.

Auch dank des Fußballs konnte sich Jones aus schwierigen Verhältnissen nach oben arbeiten. Sie ist im Frankfurter Problemviertel Bonames aufgewachsen. Ihr Vater, ein afroamerikanischer US-Soldat, verließ die Familie, als Steffi drei Jahre alt war. Ihre Mutter hatte die schwierige Aufgabe, ihre Tochter und zwei größere Brüder alleine großzuziehen. Jones ältester Bruder geriet später auf die schiefe Bahn, der Stiefbruder verlor als US-Soldat im Irak-Krieg beide Beine.

In ihrer Autobiografie "Der Kick des Lebens" beschreibt Jones, wie sie mit all' diesen Schicksalsschlägen umgegangen ist und wie sie den Weg aus diesen schwierigen Verhältnissen gefunden hat. "Ein Ball allein genügte oft, um mich zufriedenzustellen", schreibt sie in dem Buch.

Meilenstein mit der Heim-WM 2011 gesetzt

Eine der größten Herausforderungen, die Jones zu lösen hatte, war ein einmalige Erlebnis, auch wenn es sportlich anders verlief, als von Millionen erhofft: Jones führte das Organisationskomitee der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land an, bei dem die DFB-Auswahl im Viertelfinale am späteren Champion Japan scheiterte. Dennoch blieb dieses Turnier als Meilenstein im Gedächtnis, an dem Jones als OK-Präsidentin einen entscheidenden Anteil hat. "Die Steffi" war in aller Welt unterwegs, um die WM zu promoten, sie schaffte Tag und Nacht für den Erfolg dieses Turniers. Und tatsächlich: Die WM 2011 in Deutschland sollte der Maßstab für folgende FIFA-Wettbewerbe werden.

Jones und ihr Team hatten für perfekte Bedingungen gesorgt. "Wir wollten einen Meilenstein setzen, wir wollten Frauenfußball-Geschichte schreiben - das haben wir", sagte Jones hinterher in einer Analyse. "Wir haben weltweit so ein positives Image und so einen Boom ausgelöst, dass alle anderen Länder davon profitieren. Ihre Nationalverbände investieren mehr in den Frauen- und Mädchenfußball. In anderen Ländern wird jetzt mehr für die Förderung des Frauenfußballs getan, die WM hat Türen geöffnet. Auch national hat der Frauenfußball an Stellenwert gewonnen. Wir hatten ungeahnte TV-Quoten. Trotz des Ausscheidens unserer Mannschaft im Viertelfinale: Wir hatten volle Stadien, eine phänomenale Stimmung."

Nachdem das Turnier beendet war, begann für Jones eine neue Ära. Sie übernahm beim DFB als Direktorin Verantwortung und war zuständig für die Bereiche Frauen-, Mädchen- und Schulfußball. In dieser Funktion lag Jones naturgemäß die Taentförderung besonders am Herzen. "Wenn wir auch morgen noch mit der Frauen-Nationalmannschaft zur Weltspitze zählen wollen, müssen wir uns schon heute um den Nachwuchs kümmern", sagte sie bereits 2012.

"Es gilt, alle talentierten Mädchen zu finden"

Und genau diesen Gedanken machte sie auch zum Fundament ihrer neuen Aufgabe: Unter ihrer Regie wurde beispielsweise die B-Juniorinnen-Bundesliga eingeführt. "Wir wollen noch mehr Mädchen abholen an den Schulen, um sie auch in die Vereine zu bringen", so Jones. "Was sicher nicht einfach wird, denn viele Vereine sind am Rande ihrer Kapazitäten. Ich wünsche mir, dass jedes Mädchen wohnortnah einen Verein findet und dort die Möglichkeit hat, ihren Sport auszuüben.",

Und weiter: "Außerdem wollen wir die Talentförderung und vor allem -sichtung weiter optimieren. Es gilt, neue Ansätze zu finden, wirklich alle talentierten Mädchen in Deutschland auch zu finden. Dazu zählt auch, dass die gesichteten Talente Leistungssport und Schule bestmöglich miteinander verbinden können. Das ist für mich die Basis für unser übergeordnetes Ziel: Sportlich muss es weiterhin unser Anspruch sein, unter die besten Vier bei Europa- und Weltmeisterschaften zu kommen. Und natürlich liegt mein Augenmerk auch auf der Frauen-Bundesliga." Vieles von dem, was sie sich vorgenommen hatte, konnte sie in ihrer Zeit als DFB-Direktorin bis zum Spätsommer 2016 umsetzen.

Inzwischen ist Jones wieder an die Basis zurückgekehrt. Erst war sie über ein Jahr lang Co-Trainerin der Frauen-Landesligamannschaft des SSV Buer aus Gelsenkirchen. In diesem Sommer hat sie das Amt abgegeben und ist zur Sportdirektorin der Frauen- und Mädchenabteilung aufgestiegen. Als Jones im April 2019 als Co-Trainerin zum SSV Buer kam, standen die Landesliga-Fußballerinnen mit 90 Gegentreffern am Tabellenende. Mit fünf Siegen aus den restlichen sieben Spielen schafften sie gemeinsam den Klassenverbleib. In dieser Saison nun wollen die Verantwortlichen um Steffi Jones den Blick nach oben richten. So hat sie es schon immer gehalten: Lieber positiv als negativ denken, Verantwortung übernehmen, vorangehen - auch wenn bei diesem Weg Rückschläge dazugehören.

[sw]

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind mehr als 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute. 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de prägende Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Steffi Jones, 111-malige Nationalspielerin, langjährige Präsidentin des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland und frühere DFB-Direktorin für Frauen- und Mädchenfußball sowie Bundestrainerin der Frauen-Nationalmannschaft.

Steffi Jones ist eine Kämpferin. Das war sie schon immer. Erst als Spielerin, dann als Organisatorin der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland und zuletzt als Trainerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Jones hat Verantwortung übernommen, immer und überall. Das ist ihr hoch anzurechnen. Dass es dann auch mal zu Rückschlägen oder Schwierigkeiten kommen kann, ist ganz normal.

Jones musste das während ihrer Zeit als Bundestrainerin feststellen. Schon der Start war schwierig, schließlich folgte sie auf Silvia Neid, die bis zur ihrem Rücktritt alles gewonnen hatte, was man gewinnen konnte. Große Fußbstapfen. Jones hat sich dennoch nicht gescheut, voranzugehen und den Umbruch einzuläuten. Einige gestandene Spielerinnen hatten nach dem Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio ihren Rücktritt erklärt. Jones musste ein neues Team aufbauen. Sie riskierte viel, sie bekam viel Lob. Aber es gab auch Kritik, und die wurde mit jedem Rückschlag größer. Im März 2018 folgte dann die Trennung. Jones war damals bitter enttäuscht. Heute haben sich die Gemüter wieder etwas beruhigt.

Steffi Jones hat Spuren hinterlassen

Es wäre aber nicht richtig, Jones' Wirken für den Frauenfußball in Deutschland auf die unglücklichen zwei Jahre als Bundestrainerin zu reduzieren. Denn Steffi Jones hat viel mehr Spuren hinterlassen. Tiefe Spuren. Völlig zurecht wurde Jones deshalb in die Gründungself der Hall of Fame im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund aufgenommen. Sie hat 111 Begegnungen für Deutschland bestritten, von 1993 bis 2007 war sie unumstrittene Stammkraft. Sie hat mit der DFB-Auswahl als Spielerin die Weltmeisterschaft gewonnen, dreimal die Europameisterschaft und zweimal die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen. Dazu mit dem 1. FFC Frankfurt mehrfach die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und den UEFA Woman's Cup, den Vorgängerwettbewerb der Champions League – ihre Karriere war eine großartige Erfolgsgeschichte.

Auch dank des Fußballs konnte sich Jones aus schwierigen Verhältnissen nach oben arbeiten. Sie ist im Frankfurter Problemviertel Bonames aufgewachsen. Ihr Vater, ein afroamerikanischer US-Soldat, verließ die Familie, als Steffi drei Jahre alt war. Ihre Mutter hatte die schwierige Aufgabe, ihre Tochter und zwei größere Brüder alleine großzuziehen. Jones ältester Bruder geriet später auf die schiefe Bahn, der Stiefbruder verlor als US-Soldat im Irak-Krieg beide Beine.

In ihrer Autobiografie "Der Kick des Lebens" beschreibt Jones, wie sie mit all' diesen Schicksalsschlägen umgegangen ist und wie sie den Weg aus diesen schwierigen Verhältnissen gefunden hat. "Ein Ball allein genügte oft, um mich zufriedenzustellen", schreibt sie in dem Buch.

Meilenstein mit der Heim-WM 2011 gesetzt

Eine der größten Herausforderungen, die Jones zu lösen hatte, war ein einmalige Erlebnis, auch wenn es sportlich anders verlief, als von Millionen erhofft: Jones führte das Organisationskomitee der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land an, bei dem die DFB-Auswahl im Viertelfinale am späteren Champion Japan scheiterte. Dennoch blieb dieses Turnier als Meilenstein im Gedächtnis, an dem Jones als OK-Präsidentin einen entscheidenden Anteil hat. "Die Steffi" war in aller Welt unterwegs, um die WM zu promoten, sie schaffte Tag und Nacht für den Erfolg dieses Turniers. Und tatsächlich: Die WM 2011 in Deutschland sollte der Maßstab für folgende FIFA-Wettbewerbe werden.

Jones und ihr Team hatten für perfekte Bedingungen gesorgt. "Wir wollten einen Meilenstein setzen, wir wollten Frauenfußball-Geschichte schreiben - das haben wir", sagte Jones hinterher in einer Analyse. "Wir haben weltweit so ein positives Image und so einen Boom ausgelöst, dass alle anderen Länder davon profitieren. Ihre Nationalverbände investieren mehr in den Frauen- und Mädchenfußball. In anderen Ländern wird jetzt mehr für die Förderung des Frauenfußballs getan, die WM hat Türen geöffnet. Auch national hat der Frauenfußball an Stellenwert gewonnen. Wir hatten ungeahnte TV-Quoten. Trotz des Ausscheidens unserer Mannschaft im Viertelfinale: Wir hatten volle Stadien, eine phänomenale Stimmung."

Nachdem das Turnier beendet war, begann für Jones eine neue Ära. Sie übernahm beim DFB als Direktorin Verantwortung und war zuständig für die Bereiche Frauen-, Mädchen- und Schulfußball. In dieser Funktion lag Jones naturgemäß die Taentförderung besonders am Herzen. "Wenn wir auch morgen noch mit der Frauen-Nationalmannschaft zur Weltspitze zählen wollen, müssen wir uns schon heute um den Nachwuchs kümmern", sagte sie bereits 2012.

"Es gilt, alle talentierten Mädchen zu finden"

Und genau diesen Gedanken machte sie auch zum Fundament ihrer neuen Aufgabe: Unter ihrer Regie wurde beispielsweise die B-Juniorinnen-Bundesliga eingeführt. "Wir wollen noch mehr Mädchen abholen an den Schulen, um sie auch in die Vereine zu bringen", so Jones. "Was sicher nicht einfach wird, denn viele Vereine sind am Rande ihrer Kapazitäten. Ich wünsche mir, dass jedes Mädchen wohnortnah einen Verein findet und dort die Möglichkeit hat, ihren Sport auszuüben.",

Und weiter: "Außerdem wollen wir die Talentförderung und vor allem -sichtung weiter optimieren. Es gilt, neue Ansätze zu finden, wirklich alle talentierten Mädchen in Deutschland auch zu finden. Dazu zählt auch, dass die gesichteten Talente Leistungssport und Schule bestmöglich miteinander verbinden können. Das ist für mich die Basis für unser übergeordnetes Ziel: Sportlich muss es weiterhin unser Anspruch sein, unter die besten Vier bei Europa- und Weltmeisterschaften zu kommen. Und natürlich liegt mein Augenmerk auch auf der Frauen-Bundesliga." Vieles von dem, was sie sich vorgenommen hatte, konnte sie in ihrer Zeit als DFB-Direktorin bis zum Spätsommer 2016 umsetzen.

Inzwischen ist Jones wieder an die Basis zurückgekehrt. Erst war sie über ein Jahr lang Co-Trainerin der Frauen-Landesligamannschaft des SSV Buer aus Gelsenkirchen. In diesem Sommer hat sie das Amt abgegeben und ist zur Sportdirektorin der Frauen- und Mädchenabteilung aufgestiegen. Als Jones im April 2019 als Co-Trainerin zum SSV Buer kam, standen die Landesliga-Fußballerinnen mit 90 Gegentreffern am Tabellenende. Mit fünf Siegen aus den restlichen sieben Spielen schafften sie gemeinsam den Klassenverbleib. In dieser Saison nun wollen die Verantwortlichen um Steffi Jones den Blick nach oben richten. So hat sie es schon immer gehalten: Lieber positiv als negativ denken, Verantwortung übernehmen, vorangehen - auch wenn bei diesem Weg Rückschläge dazugehören.

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