Steffen Haas: Rückschritt nach vorn

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Die Sache war klar: Schluss mit Fußball, das Abi machen und dann eine Banklehre, vielleicht nebenher noch ein bisschen kicken, aber auf keinen Fall Profi werden. Beim Karlsruher SC in der B-Jugend galt Steffen Haas als "nicht mehr entwicklungsfähig". Sein Weg als Fußballer schien zu Ende. Doch dann brachte ein Probetraining in Hoffenheim wieder alles ins Lot. Schon bald war von Aufhören keine Rede mehr.

"Ich hatte Wachstumsprobleme und war häufig verletzt", sagt der 22-Jährige. Bänderrisse, immer wieder aufs Neue Bänderrisse, sie warfen ihn weit zurück. Noch heute, sagt er, sitzt ein Sprunggelenk ziemlich locker, vor jedem Spiel muss Tapeverband angelegt werden. In Karlsruhe führte diese Misere dazu, dass er aussortiert wurde - im Klub und in der Verbandsauswahl.

Zwischenzeitlich spielte er am DFB-Stützpunkt der badischen Stadt. "Steffen war ein absolutes Vorbild in seiner Haltung und auch in seinem Trainingsfleiß", sagt der damalige Stützpunktcoach Jürgen Ehrmann. "Er brannte und arbeitete sich schnell wieder an die Auswahl heran, so dass seine Entwicklungskurve wieder steil nach oben zeigte."

Zur Probe in Mannheim und Hoffenheim

Das tat sie, wenn auch mit Verspätung. Beim KSC musste er ein halbes Jahr zuschauen, die Zweifel kamen und erwähnte Ausstiegsgedanken. "Es tat mir damals ziemlich weh, den Verein verlassen zu müssen. Ich bin Karlsruher, bin KSC-Fan und hatte seit der E-Jugend dort gespielt", sagt der Mittelfeldspieler.

Zwei Chancen wollte er sich aber noch geben, darum absolvierte er zwei Probetrainings, eines bei Waldhof Mannheim, das andere bei der aufstrebenden TSG 1899 Hoffenheim. Gerade Letzteres beeindruckte ihn sehr. "Hoffenheim spielte damals eine Liga unter dem KSC, war aber von den Gegebenheiten zwei Klassen besser. Da war alles topmodern", sagt Haas, der im Test überzeugte und verpflichtet wurde.

In der U 18 mit Höwedes und Sam

Gut ein halbes Jahr später war er schon Nationalspieler, wurde zweimal in der U 18 bei Freundschaftsspielen in der Slowakei eingesetzt. Mit ihm im Aufgebot: die heutigen Bundesligaprofis Ralf Fährmann (Frankfurt), Benedikt Höwedes (Schalke), Sidney Sam (Leverkusen) und Änis Ben-Hatira (Hamburg).

"Es ging alles so schnell, das war kaum zu begreifen, ein ganz besonderes Erlebnis. Das hätte ich mir nicht träumen lassen", sagt Haas. Später wurde er vom damaligen Trainer Frank Engel auch noch in die U 20 berufen.

Neues Zuhause bei Ex-Profi Schön

Bei "Hoffe" etablierte sich der Mittelfeldmann, der endlich ohne Schmerzen spielen konnte, schnell. Von seinem Elternhaus im Karlsruher Stadtteil Durlach zog Haas zu Gasteltern in der Nähe von Sinsheim. Und es traf sich gut, dass sein Gastvater Alfred Schön hieß, der lange für Waldhof Mannheim in der Bundesliga gespielt hatte. Dessen Sohn Andreas spielte wie Haas in der TSG-Jugend, heute steht er beim VfR Aalen unter Vertrag, ebenfalls in der 3. Liga.

Vom Junior zum Senior - dieser Übergang gelang Haas recht schnell. Mit Hoffenheim stieg er 2007 in die 2. Bundesliga auf, dabei bestritt er immerhin zwölf Spiele. "Wir hatten eine starke Mannschaft mit Spielern wie Sejad Salihovic, Tomislav Maric oder Francisco Copado", sagt Haas. "Und wir hatten mit Ralf Rangnick einen überragenden Trainer." Parallel zum Aufstieg schloss er die Schule mit dem Abitur ab, Gesamtnote 2,8.

Abschied als Aufsteiger

In Liga zwei, nach einigen Investitionen und mit namhaften Zugängen, reichte es für Haas immerhin für neun Einsätze, Stammspieler war er nur in der zweiten Mannschaft. Und nach dem erneuten Aufstieg sah er die Zeit gekommen, anderswo sein Glück zu versuchen. "Ich hätte auch bleiben können, Rangnick hatte mir das angeboten, aber ich habe damals nur wenig Chancen auf Einsätze gesehen", sagt er. Vielleicht, fügt er an, habe ihm damals als junger Spieler auch das Selbstvertrauen gefehlt.

Selbstvertrauen, das er heute hat, nach zweieinhalb Jahren als Stammspieler bei Kickers Offenbach. Im ersten Jahr war er noch ausgeliehen, danach einigte man sich auf eine Weiterbeschäftigung.

"Die 3. Liga ist für mich optimal, um als junger Spieler regelmäßig zum Einsatz zu kommen", sagt der 22-Jährige. "Man hat starke Gegner, wird jede Woche gefordert. Dazu kommt, dass die Kickers einfach ein super Verein sind, mit tollen Fans und großer Geschichte." So wurde der Schritt zurück zum Schritt nach vorne.

Mit 21 schon Kapitän

Als Wolfgang Wolf Anfang vorigen Jahres neuer OFC-Trainer wurde, machte er Haas, seinerzeit einer der Jüngsten der Mannschaft, zum Kapitän. "Es war damals keine einfache sportliche Situation", sagt Wolf. "Viele waren verunsichert, aber Steffen nicht. Das hat mir imponiert."

Haas war damit der zweitjüngste Kapitän der Vereinsgeschichte, "das war eine große Ehre". In der laufenden Runde ist er hinter Marko Kopilas und Robert Wulnikowski dritter Spielführer und sitzt im Mannschaftsrat.

"Steffen ist ein junger Heißsporn", sagt Wolf. "Manchmal will er zu viel. Und er muss noch lernen, seine Position im defensiven Mittelfeld zu halten." Dann jedoch zählt der Coach die Vorzüge des Spielers mit der Nummer 18 auf: stark im Pressing, taktisch und technisch klug, ehrgeizig, torgefährlich. "Aber er ist noch jung", so Wolf. "Er kann sich überall noch verbessern. Ich glaube, er hat eine gute Zukunft vor sich."

"Der Aufstieg ist unser großes Ziel"

An dieser arbeitet Haas schon in der Gegenwart. Mit den Kickers steht er derzeit auf Platz drei, dem Relegationsrang. "Der Aufstieg ist unser großes Ziel", sagt er. "Wir hatten zahlreiche Verletzungssorgen, anders als Rostock oder Braunschweig. Aber jetzt sind Spieler wie Olivier Occean, Denis Berger und Alexander Huber wieder zurück, das stimmt uns zuversichtlich."

Auch wenn der Start ins neue Jahr nicht nach Wunsch verlief. Erst das Ausscheiden im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den Bundesligisten 1. FC Nürnberg. "Das konnten wir verschmerzen, schließlich hatten wir uns vorher super verkauft", sagt Haas. "Aber die Niederlage gegen Sandhausen war ärgerlich."

Irgendwann in der Bundesliga?

Zumal der Mittelfeldspieler erstmals in dieser Saison nicht von Beginn an spielte - "unser Stadion wird ja abgerissen, vielleicht wollte mir unser Trainer noch mal die Ersatzbank zeigen", sagt er und lacht. "Für mich ist das ein Zeichen, dass ich noch mehr Gas geben muss."

Er hat noch einiges vor in seiner Karriere. "Irgendwann will ich in der Bundesliga spielen", sagt Haas. So lange muss die Banklehre ganz bestimmt noch warten.

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Die Sache war klar: Schluss mit Fußball, das Abi machen und dann eine Banklehre, vielleicht nebenher noch ein bisschen kicken, aber auf keinen Fall Profi werden. Beim Karlsruher SC in der B-Jugend galt Steffen Haas als "nicht mehr entwicklungsfähig". Sein Weg als Fußballer schien zu Ende. Doch dann brachte ein Probetraining in Hoffenheim wieder alles ins Lot. Schon bald war von Aufhören keine Rede mehr.

"Ich hatte Wachstumsprobleme und war häufig verletzt", sagt der 22-Jährige. Bänderrisse, immer wieder aufs Neue Bänderrisse, sie warfen ihn weit zurück. Noch heute, sagt er, sitzt ein Sprunggelenk ziemlich locker, vor jedem Spiel muss Tapeverband angelegt werden. In Karlsruhe führte diese Misere dazu, dass er aussortiert wurde - im Klub und in der Verbandsauswahl.

Zwischenzeitlich spielte er am DFB-Stützpunkt der badischen Stadt. "Steffen war ein absolutes Vorbild in seiner Haltung und auch in seinem Trainingsfleiß", sagt der damalige Stützpunktcoach Jürgen Ehrmann. "Er brannte und arbeitete sich schnell wieder an die Auswahl heran, so dass seine Entwicklungskurve wieder steil nach oben zeigte."

Zur Probe in Mannheim und Hoffenheim

Das tat sie, wenn auch mit Verspätung. Beim KSC musste er ein halbes Jahr zuschauen, die Zweifel kamen und erwähnte Ausstiegsgedanken. "Es tat mir damals ziemlich weh, den Verein verlassen zu müssen. Ich bin Karlsruher, bin KSC-Fan und hatte seit der E-Jugend dort gespielt", sagt der Mittelfeldspieler.

Zwei Chancen wollte er sich aber noch geben, darum absolvierte er zwei Probetrainings, eines bei Waldhof Mannheim, das andere bei der aufstrebenden TSG 1899 Hoffenheim. Gerade Letzteres beeindruckte ihn sehr. "Hoffenheim spielte damals eine Liga unter dem KSC, war aber von den Gegebenheiten zwei Klassen besser. Da war alles topmodern", sagt Haas, der im Test überzeugte und verpflichtet wurde.

In der U 18 mit Höwedes und Sam

Gut ein halbes Jahr später war er schon Nationalspieler, wurde zweimal in der U 18 bei Freundschaftsspielen in der Slowakei eingesetzt. Mit ihm im Aufgebot: die heutigen Bundesligaprofis Ralf Fährmann (Frankfurt), Benedikt Höwedes (Schalke), Sidney Sam (Leverkusen) und Änis Ben-Hatira (Hamburg).

"Es ging alles so schnell, das war kaum zu begreifen, ein ganz besonderes Erlebnis. Das hätte ich mir nicht träumen lassen", sagt Haas. Später wurde er vom damaligen Trainer Frank Engel auch noch in die U 20 berufen.

Neues Zuhause bei Ex-Profi Schön

Bei "Hoffe" etablierte sich der Mittelfeldmann, der endlich ohne Schmerzen spielen konnte, schnell. Von seinem Elternhaus im Karlsruher Stadtteil Durlach zog Haas zu Gasteltern in der Nähe von Sinsheim. Und es traf sich gut, dass sein Gastvater Alfred Schön hieß, der lange für Waldhof Mannheim in der Bundesliga gespielt hatte. Dessen Sohn Andreas spielte wie Haas in der TSG-Jugend, heute steht er beim VfR Aalen unter Vertrag, ebenfalls in der 3. Liga.

Vom Junior zum Senior - dieser Übergang gelang Haas recht schnell. Mit Hoffenheim stieg er 2007 in die 2. Bundesliga auf, dabei bestritt er immerhin zwölf Spiele. "Wir hatten eine starke Mannschaft mit Spielern wie Sejad Salihovic, Tomislav Maric oder Francisco Copado", sagt Haas. "Und wir hatten mit Ralf Rangnick einen überragenden Trainer." Parallel zum Aufstieg schloss er die Schule mit dem Abitur ab, Gesamtnote 2,8.

Abschied als Aufsteiger

In Liga zwei, nach einigen Investitionen und mit namhaften Zugängen, reichte es für Haas immerhin für neun Einsätze, Stammspieler war er nur in der zweiten Mannschaft. Und nach dem erneuten Aufstieg sah er die Zeit gekommen, anderswo sein Glück zu versuchen. "Ich hätte auch bleiben können, Rangnick hatte mir das angeboten, aber ich habe damals nur wenig Chancen auf Einsätze gesehen", sagt er. Vielleicht, fügt er an, habe ihm damals als junger Spieler auch das Selbstvertrauen gefehlt.

Selbstvertrauen, das er heute hat, nach zweieinhalb Jahren als Stammspieler bei Kickers Offenbach. Im ersten Jahr war er noch ausgeliehen, danach einigte man sich auf eine Weiterbeschäftigung.

"Die 3. Liga ist für mich optimal, um als junger Spieler regelmäßig zum Einsatz zu kommen", sagt der 22-Jährige. "Man hat starke Gegner, wird jede Woche gefordert. Dazu kommt, dass die Kickers einfach ein super Verein sind, mit tollen Fans und großer Geschichte." So wurde der Schritt zurück zum Schritt nach vorne.

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Mit 21 schon Kapitän

Als Wolfgang Wolf Anfang vorigen Jahres neuer OFC-Trainer wurde, machte er Haas, seinerzeit einer der Jüngsten der Mannschaft, zum Kapitän. "Es war damals keine einfache sportliche Situation", sagt Wolf. "Viele waren verunsichert, aber Steffen nicht. Das hat mir imponiert."

Haas war damit der zweitjüngste Kapitän der Vereinsgeschichte, "das war eine große Ehre". In der laufenden Runde ist er hinter Marko Kopilas und Robert Wulnikowski dritter Spielführer und sitzt im Mannschaftsrat.

"Steffen ist ein junger Heißsporn", sagt Wolf. "Manchmal will er zu viel. Und er muss noch lernen, seine Position im defensiven Mittelfeld zu halten." Dann jedoch zählt der Coach die Vorzüge des Spielers mit der Nummer 18 auf: stark im Pressing, taktisch und technisch klug, ehrgeizig, torgefährlich. "Aber er ist noch jung", so Wolf. "Er kann sich überall noch verbessern. Ich glaube, er hat eine gute Zukunft vor sich."

"Der Aufstieg ist unser großes Ziel"

An dieser arbeitet Haas schon in der Gegenwart. Mit den Kickers steht er derzeit auf Platz drei, dem Relegationsrang. "Der Aufstieg ist unser großes Ziel", sagt er. "Wir hatten zahlreiche Verletzungssorgen, anders als Rostock oder Braunschweig. Aber jetzt sind Spieler wie Olivier Occean, Denis Berger und Alexander Huber wieder zurück, das stimmt uns zuversichtlich."

Auch wenn der Start ins neue Jahr nicht nach Wunsch verlief. Erst das Ausscheiden im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den Bundesligisten 1. FC Nürnberg. "Das konnten wir verschmerzen, schließlich hatten wir uns vorher super verkauft", sagt Haas. "Aber die Niederlage gegen Sandhausen war ärgerlich."

Irgendwann in der Bundesliga?

Zumal der Mittelfeldspieler erstmals in dieser Saison nicht von Beginn an spielte - "unser Stadion wird ja abgerissen, vielleicht wollte mir unser Trainer noch mal die Ersatzbank zeigen", sagt er und lacht. "Für mich ist das ein Zeichen, dass ich noch mehr Gas geben muss."

Er hat noch einiges vor in seiner Karriere. "Irgendwann will ich in der Bundesliga spielen", sagt Haas. So lange muss die Banklehre ganz bestimmt noch warten.