Stark und pfiffig

Die Leitung des WM-Finales, für einen Schiedsrichter gibt es wohl nichts Größeres. Wolfgang Stark gehört zu den wenigen, die diese Ehre bereits hatten. Nun ja, zumindest im Kleinen. England gegen die Elfenbeinküste (1:0) lautete das Endspiel einer Mini-WM in Landshut für Mannschaften der Altersklasse bis acht Jahre. „Schön war´s“, sagt Stark, „es hat viel Spaß gemacht.“

Und jetzt geht es zu den Großen. Stark wurde von der FIFA als deutscher Schiedsrichter für die WM nominiert und leitet dort gemeinsam mit seinen Assistenten Jan-Hendrik Salver (Stuttgart) und Mike Pickel (Mendig) schon am heutigen Samstag (ab 16 Uhr, live in der ARD und bei Sky) das WM-Vorrundenspiel zwischen Argentinien und Nigeria.

DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat sich mit ihm unterhalten. Und mit Vater Rudi in der Vergangenheit des erfolgreichen Sohnes gekramt.

"Giftig, überehrgeizig, unausgeglichen"

Aha, aha. Die Frage, wie pflegeleicht er als Spieler für die Unparteiischen war, beantwortet Wolfgang Stark nur zögerlich. „Nicht immer einfach“, sagt er schließlich und bleibt bei der Beschreibung seines Verhaltens als Libero und später als Spielmacher der Spielvereinigung Landshut eher vage. Nicht immer einfach also, so so.

Aus dem Mund seines Vaters Rudi klingt das schon ein wenig drastischer. „Giftig, überehrgeizig, unausgeglichen“, mit diesen Attributen beschreibt Rudi Stark das Verhalten seines Sohnes auf dem Platz. Als Spieler, wohlgemerkt. Und auch nur zu Beginn der Karriere. Gebessert hat sich die Attitüde seines Sohnes nachhaltig, als er die ersten Schritte in seine zweite Karriere setzte – die als Schiedsrichter.

Genervt von vielen Fehlentscheidungen der Eltern und Betreuer, die damals häufig als Schiedsrichter agierten, beschloss Wolfgang Stark als 14-Jähriger, selber die Pfeife in den Mund zu nehmen. Es war eine gute Entscheidung, für ihn – und für den deutschen Fußball: 26 Jahre später ist Wolfgang Stark Deutschlands Schiedsrichter bei der WM in Südafrika. Nach drei Jahren im Auswahl-Programm der FIFA gehört der 40-Jährige gemeinsam mit seinen beiden Assistenten Jan-Hendrik Salver und Mike Pickel zu den 30 von ursprünglich 80 Schiedsrichter-Gespannen, die vom Fußball-Weltverband mit der Ehre betraut wurden, die Endrundenspiele der WM zu leiten. Ein neuer Höhepunkt in einer Karriere, die im Jahr 1983 mit der C-Jugend-Partie zwischen dem SV Altheim und der TSV Landshut-Auloh begann.

Schon früh die Bundesliga im Fokus

Noch gut erinnert sich Rudi Stark an diesen ersten Auftritt. Er stand am Spielfeldrand, als sein Filius zum ersten Mal in offizieller Funktion ein Spielfeld betreten hat. Nach dem Anpfiff dauerte es gut 15 Minuten, bis sich der Jungschiedsrichter ein zweites Mal traute, seine Pfeife sprechen zu lassen. „Die Zuschauer wurden schon unruhig“, erinnert sich Vater Rudi. Dann aber hat sein Sohn konsequent und bestimmt seine Entscheidungen gefällt und kommuniziert. Und beim 10:0-Erfolg der Gäste eine souveräne Leistung gezeigt.

Fortan ging es aufwärts mit der Karriere, rasant wurde die Entwicklung, als Wolfgang Stark im Alter von 18 Jahren beschloss, die Laufbahn als Fußballer für die Karriere als Schiedsrichter zu opfern. „Im jungen Alter steckt man sich immer hohe Ziele“, sagt Wolfgang Stark im Rückblick. Schon früh habe er deswegen die Bundesliga im Visier gehabt. Schritt für Schritt ging es für ihn nach oben. Auch dank der Ratschläge seines Vaters Rudi, der damals Zweitliga-Schiedsrichter war und heute Schiedsrichter-Obmann des Bayerischen Fußball-Verbandes ist.

"Moralische" Unterstützung vom Vater

„Es gab viele Leute, die behauptet haben, dass ich ihn mit aller Macht nach oben getrieben hätte“, sagt Rudi Stark, der seinen Sohn nie getrieben, ihm aber immer geholfen hat. „Er hat mich vor allem moralisch und mit guten Ratschlägen unterstützt“, sagt Wolfgang Stark. „Nach Fehlentscheidungen hat er mich wieder aufgebaut. Er war immer für mich da, wenn es mal nicht gut für mich lief.“ Denn Rückschläge hat es auch für ihn durchaus gegeben. Etwa, als Stark 1994 nach seiner Ankunft im Profifußball nach nur einer Saison in der 2. Bundesliga wieder in der Oberliga pfeifen musste. Niedergeschlagen war er, das schon. Aber resigniert? „Nein“, sagt Stark, „ich habe weiter an mir gearbeitet und mir neue Ziele gesetzt.“

Drei Jahre später kam er auf seinem Weg in der Bundesliga an. Seinen ersten Auftritt hatte Stark am 4. April 1997 beim 2:5 des 1. FC Köln gegen den MSV Duisburg. Wieder war ein Ziel für ihn erreicht. FIFA-Schiedsrichter wollte er fortan werden. Zwei Jahre später war es so weit, seine ersten internationalen Einsätze hatte er 1999 bei der U 18-EM in Schweden. Als nächstes nahm er die Champions League ins Visier. Wiederum zwei Jahre später konnte er unter dieses Vorhaben einen Haken setzen, als er am 24. Oktober 2001 die Partie PSV Eindhoven gegen den FC Nantes leitete.

„Wolfgang hat das alles ganz allein geschafft“

Tja, und was dann? Welches Ziel blieb? Die WM, natürlich. Das Größte, was es für einen Schiedsrichter zu erreichen gibt. Am 14. Mai hat er den Brief mit seiner Nominierung von der FIFA erhalten. Im Hause Stark war die Begeisterung groß, nur Vater Rudi konnte das nicht so zeigen. „Innerlich habe ich mich unglaublich gefreut. Ich finde kaum Worte um auszudrücken, wie stolz ich auf ihn bin“, sagt er. „Wolfgang hat das alles ganz allein geschafft.“

Zunächst in die regionale, dann in die nationale und schließlich in die internationale Spitze. Nun also die WM in Südafrika. Der nächste Karriereschritt. Der letzte womöglich? Noch lange nicht. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, nach der WM vor der nächsten Herausforderung. „Mein Anspruch ist es, in der Bundesliga wieder meine Leistung zu bestätigen“, sagt Stark, „dann kommt schließlich noch irgendwann eine Europameisterschaft und schön wäre es auch, wenn ich mal ein Finale leiten würde. Sei es im DFB-Pokal, in der Champions League oder in der Europa League.“

„Das Endspiel wäre natürlich schön“

Ziele gibt es also noch genug. In ferner Zukunft – und erst recht in der unmittelbaren. Aktuell gilt seine ganze Konzentration, seine ganze Kraft und Aufmerksamkeit dem Turnier in Südafrika. Das Land kennt er nur aus Erzählungen und Büchern. Schön sei es dort bestimmt, sagt Wolfgang Stark. Für ihn spiele die Schönheit des Landes aber allenfalls eine untergeordnete Rolle. „Wir fahren ja nicht runter, um Urlaub zu machen, um etwas von Land und Leuten zu sehen“, sagt er. „Ich bin dort als Schiedsrichter, weil ich von der FIFA nominiert worden bin, die Spiele der Weltmeisterschaft zu leiten. Darauf freue ich mich gewaltig, das war schon immer mein Ziel.“

Das große Ziel ist also erreicht, verbleibt der letzte, der ganz große Traum: das WM-Finale. „Wichtig ist, dass ich weiter meine Leistung bringe“, sagt Stark. „Dann muss man mal abwarten, wie das Turnier verläuft. Es ist ja auch ein bisschen abhängig davon, wie weit die deutsche Mannschaft kommt.“ Es liegt also nicht nur in seiner Hand, wie weit er bei der WM vordringen kann. „Das Endspiel wäre natürlich schön“, sagt er. Und falls es nichts werden sollte mit dem Finale in der Soccer City? Dann bleibt ihm neben vielen unvergesslichen Erlebnissen auch die Erinnerung an das Hammerbachstadion in Landshut und das Finale der Mini-WM 2010 zwischen England und der Elfenbeinküste. Nicht ganz so groß, aber trotzdem schön. [sl]


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Die Leitung des WM-Finales, für einen Schiedsrichter gibt es wohl nichts Größeres. Wolfgang Stark gehört zu den wenigen, die diese Ehre bereits hatten. Nun ja, zumindest im Kleinen. England gegen die Elfenbeinküste (1:0) lautete das Endspiel einer Mini-WM in Landshut für Mannschaften der Altersklasse bis acht Jahre. „Schön war´s“, sagt Stark, „es hat viel Spaß gemacht.“

Und jetzt geht es zu den Großen. Stark wurde von der FIFA als deutscher Schiedsrichter für die WM nominiert und leitet dort gemeinsam mit seinen Assistenten Jan-Hendrik Salver (Stuttgart) und Mike Pickel (Mendig) schon am heutigen Samstag (ab 16 Uhr, live in der ARD und bei Sky) das WM-Vorrundenspiel zwischen Argentinien und Nigeria.

DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat sich mit ihm unterhalten. Und mit Vater Rudi in der Vergangenheit des erfolgreichen Sohnes gekramt.

"Giftig, überehrgeizig, unausgeglichen"

Aha, aha. Die Frage, wie pflegeleicht er als Spieler für die Unparteiischen war, beantwortet Wolfgang Stark nur zögerlich. „Nicht immer einfach“, sagt er schließlich und bleibt bei der Beschreibung seines Verhaltens als Libero und später als Spielmacher der Spielvereinigung Landshut eher vage. Nicht immer einfach also, so so.

Aus dem Mund seines Vaters Rudi klingt das schon ein wenig drastischer. „Giftig, überehrgeizig, unausgeglichen“, mit diesen Attributen beschreibt Rudi Stark das Verhalten seines Sohnes auf dem Platz. Als Spieler, wohlgemerkt. Und auch nur zu Beginn der Karriere. Gebessert hat sich die Attitüde seines Sohnes nachhaltig, als er die ersten Schritte in seine zweite Karriere setzte – die als Schiedsrichter.

Genervt von vielen Fehlentscheidungen der Eltern und Betreuer, die damals häufig als Schiedsrichter agierten, beschloss Wolfgang Stark als 14-Jähriger, selber die Pfeife in den Mund zu nehmen. Es war eine gute Entscheidung, für ihn – und für den deutschen Fußball: 26 Jahre später ist Wolfgang Stark Deutschlands Schiedsrichter bei der WM in Südafrika. Nach drei Jahren im Auswahl-Programm der FIFA gehört der 40-Jährige gemeinsam mit seinen beiden Assistenten Jan-Hendrik Salver und Mike Pickel zu den 30 von ursprünglich 80 Schiedsrichter-Gespannen, die vom Fußball-Weltverband mit der Ehre betraut wurden, die Endrundenspiele der WM zu leiten. Ein neuer Höhepunkt in einer Karriere, die im Jahr 1983 mit der C-Jugend-Partie zwischen dem SV Altheim und der TSV Landshut-Auloh begann.

Schon früh die Bundesliga im Fokus

Noch gut erinnert sich Rudi Stark an diesen ersten Auftritt. Er stand am Spielfeldrand, als sein Filius zum ersten Mal in offizieller Funktion ein Spielfeld betreten hat. Nach dem Anpfiff dauerte es gut 15 Minuten, bis sich der Jungschiedsrichter ein zweites Mal traute, seine Pfeife sprechen zu lassen. „Die Zuschauer wurden schon unruhig“, erinnert sich Vater Rudi. Dann aber hat sein Sohn konsequent und bestimmt seine Entscheidungen gefällt und kommuniziert. Und beim 10:0-Erfolg der Gäste eine souveräne Leistung gezeigt.

Fortan ging es aufwärts mit der Karriere, rasant wurde die Entwicklung, als Wolfgang Stark im Alter von 18 Jahren beschloss, die Laufbahn als Fußballer für die Karriere als Schiedsrichter zu opfern. „Im jungen Alter steckt man sich immer hohe Ziele“, sagt Wolfgang Stark im Rückblick. Schon früh habe er deswegen die Bundesliga im Visier gehabt. Schritt für Schritt ging es für ihn nach oben. Auch dank der Ratschläge seines Vaters Rudi, der damals Zweitliga-Schiedsrichter war und heute Schiedsrichter-Obmann des Bayerischen Fußball-Verbandes ist.

"Moralische" Unterstützung vom Vater

„Es gab viele Leute, die behauptet haben, dass ich ihn mit aller Macht nach oben getrieben hätte“, sagt Rudi Stark, der seinen Sohn nie getrieben, ihm aber immer geholfen hat. „Er hat mich vor allem moralisch und mit guten Ratschlägen unterstützt“, sagt Wolfgang Stark. „Nach Fehlentscheidungen hat er mich wieder aufgebaut. Er war immer für mich da, wenn es mal nicht gut für mich lief.“ Denn Rückschläge hat es auch für ihn durchaus gegeben. Etwa, als Stark 1994 nach seiner Ankunft im Profifußball nach nur einer Saison in der 2. Bundesliga wieder in der Oberliga pfeifen musste. Niedergeschlagen war er, das schon. Aber resigniert? „Nein“, sagt Stark, „ich habe weiter an mir gearbeitet und mir neue Ziele gesetzt.“

Drei Jahre später kam er auf seinem Weg in der Bundesliga an. Seinen ersten Auftritt hatte Stark am 4. April 1997 beim 2:5 des 1. FC Köln gegen den MSV Duisburg. Wieder war ein Ziel für ihn erreicht. FIFA-Schiedsrichter wollte er fortan werden. Zwei Jahre später war es so weit, seine ersten internationalen Einsätze hatte er 1999 bei der U 18-EM in Schweden. Als nächstes nahm er die Champions League ins Visier. Wiederum zwei Jahre später konnte er unter dieses Vorhaben einen Haken setzen, als er am 24. Oktober 2001 die Partie PSV Eindhoven gegen den FC Nantes leitete.

„Wolfgang hat das alles ganz allein geschafft“

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Tja, und was dann? Welches Ziel blieb? Die WM, natürlich. Das Größte, was es für einen Schiedsrichter zu erreichen gibt. Am 14. Mai hat er den Brief mit seiner Nominierung von der FIFA erhalten. Im Hause Stark war die Begeisterung groß, nur Vater Rudi konnte das nicht so zeigen. „Innerlich habe ich mich unglaublich gefreut. Ich finde kaum Worte um auszudrücken, wie stolz ich auf ihn bin“, sagt er. „Wolfgang hat das alles ganz allein geschafft.“

Zunächst in die regionale, dann in die nationale und schließlich in die internationale Spitze. Nun also die WM in Südafrika. Der nächste Karriereschritt. Der letzte womöglich? Noch lange nicht. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, nach der WM vor der nächsten Herausforderung. „Mein Anspruch ist es, in der Bundesliga wieder meine Leistung zu bestätigen“, sagt Stark, „dann kommt schließlich noch irgendwann eine Europameisterschaft und schön wäre es auch, wenn ich mal ein Finale leiten würde. Sei es im DFB-Pokal, in der Champions League oder in der Europa League.“

„Das Endspiel wäre natürlich schön“

Ziele gibt es also noch genug. In ferner Zukunft – und erst recht in der unmittelbaren. Aktuell gilt seine ganze Konzentration, seine ganze Kraft und Aufmerksamkeit dem Turnier in Südafrika. Das Land kennt er nur aus Erzählungen und Büchern. Schön sei es dort bestimmt, sagt Wolfgang Stark. Für ihn spiele die Schönheit des Landes aber allenfalls eine untergeordnete Rolle. „Wir fahren ja nicht runter, um Urlaub zu machen, um etwas von Land und Leuten zu sehen“, sagt er. „Ich bin dort als Schiedsrichter, weil ich von der FIFA nominiert worden bin, die Spiele der Weltmeisterschaft zu leiten. Darauf freue ich mich gewaltig, das war schon immer mein Ziel.“

Das große Ziel ist also erreicht, verbleibt der letzte, der ganz große Traum: das WM-Finale. „Wichtig ist, dass ich weiter meine Leistung bringe“, sagt Stark. „Dann muss man mal abwarten, wie das Turnier verläuft. Es ist ja auch ein bisschen abhängig davon, wie weit die deutsche Mannschaft kommt.“ Es liegt also nicht nur in seiner Hand, wie weit er bei der WM vordringen kann. „Das Endspiel wäre natürlich schön“, sagt er. Und falls es nichts werden sollte mit dem Finale in der Soccer City? Dann bleibt ihm neben vielen unvergesslichen Erlebnissen auch die Erinnerung an das Hammerbachstadion in Landshut und das Finale der Mini-WM 2010 zwischen England und der Elfenbeinküste. Nicht ganz so groß, aber trotzdem schön.