Stadionpfarrer Eckert: Workout-Gottesdienst in Jogginghosen

Seit der Einweihung im Jahr 2007 arbeitet Eugen Eckert als evangelischer Pfarrer in der Stadionkapelle der Commerzbank-Arena. Fußball, Religion und die Zusammenarbeit mit Menschen sind in seinem Alltag normalerweise engmaschig miteinander verwoben. In der Corona-Krise veranstaltet er nun mit weiteren Verantwortlichen Workout-Gottesdienste. DFB.de porträtiert den Geistlichen.

Eugen Eckerts Arbeitsplatz befindet sich im Erdgeschoss der Haupttribüne in der Frankfurter Commerzbank-Arena. Dort, in der stadioneigenen Kapelle, hat er als Stadionpfarrer bisher 175 Taufen, 40 Trauungen und 25 Beerdigungen geleitet. Viele Paare und Familien darunter gehören zur Fangemeinde der Eintracht. Bei manchen Festen, sofern gewünscht und finanziert, ist sogar das Frankfurter Maskottchen mit dabei. Steinadler Attila mit einer Flügelspannweite von 2,50 Metern wird in der kleinen Kapelle dann stets von Falkner Norbert Lawitschka begleitet und gesichert. Für Eckert sind die Feste mit tierischer Unterstützung besonders spannend - und in seinem Fall für einen Pfarrer wohl einzigartig.

Neben diesen Beschäftigungen fallen in seinem Alltag aber auch andere klassische Tätigkeiten in der Stadionkapelle an, etwa der Unterricht mit Schulklassen, Konfirmanden- und Firmlingsgruppen sowie Fortbildungen mit Lehrkräften, Pfarrerinnen und Pfarrern. Auch die medialen Aufgaben machen für ihn einen großen Teil der mit einer halben Stelle zur Verfügung stehenden Zeit aus. So ist Eckert in etlichen Talkshows zu Gast gewesen und steht regelmäßig Zeitungen als Interviewpartner zur Verfügung. Im Mittelpunkt vieler Gespräche hierbei: die Verbindung zwischen Fußball und Religion.

Fußball wie ein Bild vom Leben im Zeitraffer

Auf sprachlicher Ebene ist diese schnell hergestellt. Stadien werden zu "Fußball-Tempeln", ein herausragender Spieler zum "Fußball-Gott" und die Grünfläche des WM-Endspiels zum "heiligen Rasen" erklärt. Religiöse Metaphorik im Fußballjargon ist allgegenwärtig. Auch im Eintracht-Museum, das der Pfarrer ebenso unterstützt, werden anschauliche Verbindungen zwischen Fußball und Religion zur Schau gestellt: Pokale, die wie Abendmahlkelche aussehen, und Reliquien wie der Titan-Nagel, den Bundesliga-Rekordspieler Charly Körbel monatelang im Oberschenkel trug, um weiterspielen zu können, können dort bestaunt werden.

Für Eugen Eckert ist die Verbindung zwischen Glauben und Fußball aber weitaus tiefgründiger. Er sieht die größte Parallele zwischen im Umgang mit einer begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit. Im Fußball eindeutig: "Ein Spiel dauert 90 Minuten" hat Sepp Herberger gelehrt. Aber auch die Bibel - "unser Leben währet siebzig Jahre und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig" (Psalm 90, 10) - erinnert an unsere begrenzte Zeit auf Erden. Nachspielzeiten einmal ausgeklammert. Zusammengenommen ist ein Fußballspiel für Eckert wie ein Bild vom Leben im Zeitraffer.

Alle weiteren Parallelen lassen sich darunter einordnen: Nach welchen Regeln spielen wir, und wie halten wir es mit den Geboten? Möchte ich einen Elfmeter schießen? Bin ich also bereit, Verantwortung zu übernehmen - im Spiel wie im Leben? Oder erleichtert, wenn andere sie übernehmen? Und wie gehen wir mit einem Foulspiel um, mit der Sünde? Wie hart fällt meine Strafe aus? Oder lässt der Schiedsrichter Gnade walten?

Nationalspieler in der Kapelle: "Mir rutschte das Herz in die Hose"

Eugen Eckert blickt mittlerweile auf mehr als zwölf Jahre in seiner Tätigkeit als Stadionpfarrer zurück, in der er so einiges erlebt hat. An ein Erlebnis zu seinen Anfangszeiten in der Commerzbank-Arena erinnert er sich ganz besonders. Als dort ein Länderspiel der Nationalmannschaft stattfand, bereitete er zwei Stunden vor Anpfiff eine Fan-Andacht vor. Plötzlich ging die Tür auf, und Timo Hildebrand blickte etwas verwundert in die Kapelle, gefolgt von der halben Nationalmannschaft. Eckert erinnert sich: "Mir rutschte das Herz in die Hose. Dass der DFB-Kader geschlossen zur Andacht kommen würde, damit hatte ich nicht gerechnet". Eigentlich aber suchten die Spieler lediglich die Umkleidekabine, woraufhin Eckert ihnen den richtigen Weg zeigte.

Auch wenn Eugen Eckert immer wieder kuriose Dinge erlebt, die vergangenen Wochen waren auch für ihn eine irritierende und zugleich schmerzliche Zeit. Kirchen sind geschlossen, Gemeinden können nicht zusammenkommen, auch Eckert musste Taufen, Trauungen und zahlreiche Gruppenbesuche absagen. Stattdessen finden Beratungen, Krisen- und Planungskonferenzen telefonisch oder als Videokonferenzen statt. Für seine seelsorgerliche Arbeit sei das ein Dilemma, denn Beziehungsarbeit lebe vom Vis-à-Vis, betont er. Der Urlaub in den Osterferien ist für ihn und seine Familie ebenso ausgefallen. Trotzdem hält der Pfarrer die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen für "nötig, um die Pandemie einzudämmen". Für die Kirche konkret heiße es in diesen Tagen, dass Nächstenliebe darin bestehe, Abstand zu halten.

"Gott golft, Jesus joggt und Paulus pumpt"

Aus jeder Krise entstehen aber auch neue, positive Entwicklungen, davon ist Eugen Eckert überzeugt. So werden aus vielen Kirchengemeinden per YouTube Gottesdienste in die Häuser getragen. Der Frankfurter Stadionpfarrer ist begeisterter Musiker, nicht zuletzt deshalb zählt das Singen auf Balkonen während der Corona-Krise zu den bemerkenswerten und positiven Aspekten.

Einen Video-Gottesdienst hat Eckert auch mitgestaltet. Durch seine zweite halbe Stelle als Referent für "Kirche und Sport" für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) steht er in Kontakt zu vielen sportaffinen Mitarbeitern und Vereinen. So entstand gemeinsam mit zwei Kollegen die Idee, etwas Interessantes gegen das physische, psychische und spirituelle Abschlaffen zu entwickeln. Entstanden ist ein Workout-Gottesdienst mit dem Titel "Gott golft, Jesus joggt und Paulus pumpt", der am Sonntag nach Ostern auf YouTube seine Premiere feierte. Natürlich hat auch Eckert sich bemüht, die Übungen zu Hause mitzumachen. Gar nicht so einfach, hat er festgestellt.

Das Vorbereitungsteam wiederum hat überwältigend viel positive Resonanz auf den ersten Workout-Gottesdienst in Jogginghosen bekommen. Viele Eltern und Kinder haben mitgeturnt, wobei die Kinder den Erwachsenen dabei in aller Regel überlegen waren. Und auch viele Bitten nach einer Fortsetzung wurden laut. Deshalb planen Eckert und seine Kollegen nun einen zweiten Gottesdienst, der für Pfingsten terminiert ist. Auch beim Thema "Feuer und Flamme" darf dann die Jogginghose nicht fehlen. Denn bis Eugen Eckert wieder seinem beruflichen Alltag in seiner 90 Quadratmeter großen Kapelle in der Commerzbank-Arena nachgehen kann, wird es aller Voraussicht nach noch einige Zeit dauern.

[jsc]

Seit der Einweihung im Jahr 2007 arbeitet Eugen Eckert als evangelischer Pfarrer in der Stadionkapelle der Commerzbank-Arena. Fußball, Religion und die Zusammenarbeit mit Menschen sind in seinem Alltag normalerweise engmaschig miteinander verwoben. In der Corona-Krise veranstaltet er nun mit weiteren Verantwortlichen Workout-Gottesdienste. DFB.de porträtiert den Geistlichen.

Eugen Eckerts Arbeitsplatz befindet sich im Erdgeschoss der Haupttribüne in der Frankfurter Commerzbank-Arena. Dort, in der stadioneigenen Kapelle, hat er als Stadionpfarrer bisher 175 Taufen, 40 Trauungen und 25 Beerdigungen geleitet. Viele Paare und Familien darunter gehören zur Fangemeinde der Eintracht. Bei manchen Festen, sofern gewünscht und finanziert, ist sogar das Frankfurter Maskottchen mit dabei. Steinadler Attila mit einer Flügelspannweite von 2,50 Metern wird in der kleinen Kapelle dann stets von Falkner Norbert Lawitschka begleitet und gesichert. Für Eckert sind die Feste mit tierischer Unterstützung besonders spannend - und in seinem Fall für einen Pfarrer wohl einzigartig.

Neben diesen Beschäftigungen fallen in seinem Alltag aber auch andere klassische Tätigkeiten in der Stadionkapelle an, etwa der Unterricht mit Schulklassen, Konfirmanden- und Firmlingsgruppen sowie Fortbildungen mit Lehrkräften, Pfarrerinnen und Pfarrern. Auch die medialen Aufgaben machen für ihn einen großen Teil der mit einer halben Stelle zur Verfügung stehenden Zeit aus. So ist Eckert in etlichen Talkshows zu Gast gewesen und steht regelmäßig Zeitungen als Interviewpartner zur Verfügung. Im Mittelpunkt vieler Gespräche hierbei: die Verbindung zwischen Fußball und Religion.

Fußball wie ein Bild vom Leben im Zeitraffer

Auf sprachlicher Ebene ist diese schnell hergestellt. Stadien werden zu "Fußball-Tempeln", ein herausragender Spieler zum "Fußball-Gott" und die Grünfläche des WM-Endspiels zum "heiligen Rasen" erklärt. Religiöse Metaphorik im Fußballjargon ist allgegenwärtig. Auch im Eintracht-Museum, das der Pfarrer ebenso unterstützt, werden anschauliche Verbindungen zwischen Fußball und Religion zur Schau gestellt: Pokale, die wie Abendmahlkelche aussehen, und Reliquien wie der Titan-Nagel, den Bundesliga-Rekordspieler Charly Körbel monatelang im Oberschenkel trug, um weiterspielen zu können, können dort bestaunt werden.

Für Eugen Eckert ist die Verbindung zwischen Glauben und Fußball aber weitaus tiefgründiger. Er sieht die größte Parallele zwischen im Umgang mit einer begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit. Im Fußball eindeutig: "Ein Spiel dauert 90 Minuten" hat Sepp Herberger gelehrt. Aber auch die Bibel - "unser Leben währet siebzig Jahre und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig" (Psalm 90, 10) - erinnert an unsere begrenzte Zeit auf Erden. Nachspielzeiten einmal ausgeklammert. Zusammengenommen ist ein Fußballspiel für Eckert wie ein Bild vom Leben im Zeitraffer.

Alle weiteren Parallelen lassen sich darunter einordnen: Nach welchen Regeln spielen wir, und wie halten wir es mit den Geboten? Möchte ich einen Elfmeter schießen? Bin ich also bereit, Verantwortung zu übernehmen - im Spiel wie im Leben? Oder erleichtert, wenn andere sie übernehmen? Und wie gehen wir mit einem Foulspiel um, mit der Sünde? Wie hart fällt meine Strafe aus? Oder lässt der Schiedsrichter Gnade walten?

Nationalspieler in der Kapelle: "Mir rutschte das Herz in die Hose"

Eugen Eckert blickt mittlerweile auf mehr als zwölf Jahre in seiner Tätigkeit als Stadionpfarrer zurück, in der er so einiges erlebt hat. An ein Erlebnis zu seinen Anfangszeiten in der Commerzbank-Arena erinnert er sich ganz besonders. Als dort ein Länderspiel der Nationalmannschaft stattfand, bereitete er zwei Stunden vor Anpfiff eine Fan-Andacht vor. Plötzlich ging die Tür auf, und Timo Hildebrand blickte etwas verwundert in die Kapelle, gefolgt von der halben Nationalmannschaft. Eckert erinnert sich: "Mir rutschte das Herz in die Hose. Dass der DFB-Kader geschlossen zur Andacht kommen würde, damit hatte ich nicht gerechnet". Eigentlich aber suchten die Spieler lediglich die Umkleidekabine, woraufhin Eckert ihnen den richtigen Weg zeigte.

Auch wenn Eugen Eckert immer wieder kuriose Dinge erlebt, die vergangenen Wochen waren auch für ihn eine irritierende und zugleich schmerzliche Zeit. Kirchen sind geschlossen, Gemeinden können nicht zusammenkommen, auch Eckert musste Taufen, Trauungen und zahlreiche Gruppenbesuche absagen. Stattdessen finden Beratungen, Krisen- und Planungskonferenzen telefonisch oder als Videokonferenzen statt. Für seine seelsorgerliche Arbeit sei das ein Dilemma, denn Beziehungsarbeit lebe vom Vis-à-Vis, betont er. Der Urlaub in den Osterferien ist für ihn und seine Familie ebenso ausgefallen. Trotzdem hält der Pfarrer die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen für "nötig, um die Pandemie einzudämmen". Für die Kirche konkret heiße es in diesen Tagen, dass Nächstenliebe darin bestehe, Abstand zu halten.

"Gott golft, Jesus joggt und Paulus pumpt"

Aus jeder Krise entstehen aber auch neue, positive Entwicklungen, davon ist Eugen Eckert überzeugt. So werden aus vielen Kirchengemeinden per YouTube Gottesdienste in die Häuser getragen. Der Frankfurter Stadionpfarrer ist begeisterter Musiker, nicht zuletzt deshalb zählt das Singen auf Balkonen während der Corona-Krise zu den bemerkenswerten und positiven Aspekten.

Einen Video-Gottesdienst hat Eckert auch mitgestaltet. Durch seine zweite halbe Stelle als Referent für "Kirche und Sport" für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) steht er in Kontakt zu vielen sportaffinen Mitarbeitern und Vereinen. So entstand gemeinsam mit zwei Kollegen die Idee, etwas Interessantes gegen das physische, psychische und spirituelle Abschlaffen zu entwickeln. Entstanden ist ein Workout-Gottesdienst mit dem Titel "Gott golft, Jesus joggt und Paulus pumpt", der am Sonntag nach Ostern auf YouTube seine Premiere feierte. Natürlich hat auch Eckert sich bemüht, die Übungen zu Hause mitzumachen. Gar nicht so einfach, hat er festgestellt.

Das Vorbereitungsteam wiederum hat überwältigend viel positive Resonanz auf den ersten Workout-Gottesdienst in Jogginghosen bekommen. Viele Eltern und Kinder haben mitgeturnt, wobei die Kinder den Erwachsenen dabei in aller Regel überlegen waren. Und auch viele Bitten nach einer Fortsetzung wurden laut. Deshalb planen Eckert und seine Kollegen nun einen zweiten Gottesdienst, der für Pfingsten terminiert ist. Auch beim Thema "Feuer und Flamme" darf dann die Jogginghose nicht fehlen. Denn bis Eugen Eckert wieder seinem beruflichen Alltag in seiner 90 Quadratmeter großen Kapelle in der Commerzbank-Arena nachgehen kann, wird es aller Voraussicht nach noch einige Zeit dauern.

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