Staab: Entwicklungshilfe in Saudi-Arabien

Selbst für Monika Staab war es eine außergewöhnliche Reise. In Saudi-Arabien war die deutsche Pionierin des Frauenfußballs noch nie zuvor gewesen. Umso überraschter war Staab, als sie eine Einladung des dortigen Fußballverbands und des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman erhielt. Die Frage war eindeutig formuliert: Kann sie vom 8. bis zum 19. Dezember ins Land kommen, um einen C-Lizenz-Trainerkurs ausschließlich für Frauen durchzuführen?

"Ich habe mir etwas Bedenkzeit erbeten. Denn bevor ich dorthin gereist bin, wollte ich mich sehr genau über die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen in Saudi-Arabien informieren", sagt Staab, die vor wenigen Tagen 62 Jahre alt geworden ist. "Alle Bedenken sind gerechtfertigt. Aber mir geht es bei meinen Engagements immer einzig und alleine darum, den Frauenfußball in den jeweiligen Ländern voranzubringen und den Frauen dort eine Möglichkeit zu geben, ihrem Hobby nachzugehen. Deshalb habe ich zugesagt." Und so kam es, dass Staab Teil eines historischen Moments wurde: Der Trainerkurs war der erste in der Geschichte Saudi-Arabiens, der ausschließlich für Frauen durchgeführt wurde. 

Staab hat in ihrem Leben bisher über 80 Nationen bereist. Immer mit dem Antrieb, den Frauenfußball auch in den Regionen des Globus in den Fokus zu rücken, in denen er bisher bestenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit, ihren so geliebten Sport auf der ganzen Welt zu positionieren – und in Saudi-Arabien war es bis vor kurzem so, dass der Frauenfußball dort verboten war. Es gibt also viel zu tun – und genau das sind die Herausforderungen, die Staab reizen.

"Die Neugier hat überwiegt"

Nachdem sie in Riad gelandet war, musste sich sie zunächst für ein paar Tage in Quarantäne begeben, bevor sie den Kurs leiten konnte. Die Coronaregeln wurden streng beachtet: Auch während der knapp zwei Wochen wurden alle Teilnehmerinnen regelmäßig auf das Virus getestet. "Klar hatte ich vorher etwas Sorge, weil mir nicht ganz klar war, wie Corona dort verbreitet ist und wie ernst die Situation genommen wird", sagt Staab. "Aber letztlich hat bei mir die Neugier überwiegt und ich habe die Reise mit einem guten Gewissen angetreten. Und im Rückblick kann ich nur ein positives Fazit ziehen. Auch in dieser Hinsicht habe ich mich in Saudi-Arabien sehr sicher gefühlt."

Auch sportlich fiel Staabs Resümee hinterher durchweg positiv aus: "Ich war sehr überrascht, wie große das Interesse der Teilnehmerinnen am Fußball war. Obwohl einige vorher noch nie mit Fußball in Berührung gekommen sind, waren alle sehr aktiv und haben die Inhalte, die ich vermittelt habe, sehr wissbegierig aufgenommen. Nach den knapp zwei Wochen sind alle in der Lage, erste fußballerische Inhalte zu vermitteln und ihr Wissen zum Beispiel in Vereinen oder Schulen. Das war ein erster Schritt. Aber viele weitere müssen folgen. Ich werde verfolgen, wie das gelingt. Die Basis konnten wir auf jeden Fall erfolgreich legen. Damit haben wir unser genanntes Ziel erreicht."

In der Geschichte des Frauenfußballs in Saudi Arabien war dies ein Meilenstein. Erst vor ein paar Wochen hatte der Fußball-Verband von Saudi-Arabien eine Frauenfußballabteilung gegründet, an deren Spitze die Direktorin Lamia Bahaian steht. Auch Adwa Al-Arifi, Vorstandsmitglied des Saudischen Fußball-Verbandes und stellvertretende Leiterin des Saudischen Sportverbandes, setzt sich persönlich für den Frauenfußball in Saudi-Arabien ein. Staab ist zurecht stolz darauf, dass sie mit ihrer C-Lizenz-Ausbildung nun das Fundament für die weitere Entwicklung legen durfte.

Von Frankfurt in die große, weite Welt

Wenn dafür jemand prädestiniert ist, dann Monika Staab. Kaum jemand in Deutschland hat sich in den vergangenen 50 Jahren so intensiv mit dem Frauenfußball auseinandergesetzt, wie sie. Als Spielerin, Trainerin, Abteilungsleiterin und Präsidentin prägte sie die extrem erfolgreiche Ära des 1. FFC Frankfurt (bzw. vorher schon der SG Praunheim) von 1984 bis 2006. Seit 2007 arbeitet Staab unter anderem für die FIFA, UEFA, DOSB und den DFB. In den vergangenen 13 Jahren hat sie in dieser Funktion zahlreiche Länder der Welt bereist, um dort den Mädchen- und Frauenfußball weiterzuentwickeln. Sie startete 2007 im Bahrain und war bis zum Beginn der Corona-Krise in Gambia tätig.

Ihr Engagement in Saudi-Arabien war selbst für die so erfahrene Staab eine Premiere. Nie zuvor war sie in diesem Land gewesen. "Die Frauen, mit denen ich dort zusammengearbeitet habe, waren sehr offen und haben mich mit offenen Armen empfangen. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut", sagt Staab. "Natürlich waren die Voraussetzungen anders, als wir sie kennen. Einige haben zum Beispiel während des gesamten Lehrgangs ein Kopftuch getragen. Aber das war selbstverständlich überhaupt kein Problem. Ich habe immer und überall die Erfahrung gemacht, dass der Fußball den Frauen hilft, selbstbewusster aufzutreten und sich in ihren Gesellschaftsschichten durchzusetzen. Gerade in Saudi-Arabien ist das dringend nötig, denn die Frauen hatten dort lange keinerlei Rechte."

Es waren spannende Tage für Staab in einer weitgehend fremden Welt. Vor allem die Abreise war ereignisreich. Staabs Rückflug ging um zwei Uhr nachts. Am nächsten Morgen um 11 Uhr wurden sämtliche Flughäfen in Saudi-Arabien wegen des Coronavirus überraschend geschlossen: "Ich hatte großes Glück, dass ich das Land noch rechtzeitig verlassen habe. Wäre meine Rückreise nur einen Tag später geplant gewesen, hätte ich Weihnachten wahrscheinlich in einem Hotel in Riad verbringen müssen. Trotz der positiven Erfahrung dort bin ich froh, dass es nicht so gekommen ist."

Und jetzt ist sie wieder zu Hause und wartet auf das nächste Abenteuer.

[sw]

Selbst für Monika Staab war es eine außergewöhnliche Reise. In Saudi-Arabien war die deutsche Pionierin des Frauenfußballs noch nie zuvor gewesen. Umso überraschter war Staab, als sie eine Einladung des dortigen Fußballverbands und des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman erhielt. Die Frage war eindeutig formuliert: Kann sie vom 8. bis zum 19. Dezember ins Land kommen, um einen C-Lizenz-Trainerkurs ausschließlich für Frauen durchzuführen?

"Ich habe mir etwas Bedenkzeit erbeten. Denn bevor ich dorthin gereist bin, wollte ich mich sehr genau über die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen in Saudi-Arabien informieren", sagt Staab, die vor wenigen Tagen 62 Jahre alt geworden ist. "Alle Bedenken sind gerechtfertigt. Aber mir geht es bei meinen Engagements immer einzig und alleine darum, den Frauenfußball in den jeweiligen Ländern voranzubringen und den Frauen dort eine Möglichkeit zu geben, ihrem Hobby nachzugehen. Deshalb habe ich zugesagt." Und so kam es, dass Staab Teil eines historischen Moments wurde: Der Trainerkurs war der erste in der Geschichte Saudi-Arabiens, der ausschließlich für Frauen durchgeführt wurde. 

Staab hat in ihrem Leben bisher über 80 Nationen bereist. Immer mit dem Antrieb, den Frauenfußball auch in den Regionen des Globus in den Fokus zu rücken, in denen er bisher bestenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit, ihren so geliebten Sport auf der ganzen Welt zu positionieren – und in Saudi-Arabien war es bis vor kurzem so, dass der Frauenfußball dort verboten war. Es gibt also viel zu tun – und genau das sind die Herausforderungen, die Staab reizen.

"Die Neugier hat überwiegt"

Nachdem sie in Riad gelandet war, musste sich sie zunächst für ein paar Tage in Quarantäne begeben, bevor sie den Kurs leiten konnte. Die Coronaregeln wurden streng beachtet: Auch während der knapp zwei Wochen wurden alle Teilnehmerinnen regelmäßig auf das Virus getestet. "Klar hatte ich vorher etwas Sorge, weil mir nicht ganz klar war, wie Corona dort verbreitet ist und wie ernst die Situation genommen wird", sagt Staab. "Aber letztlich hat bei mir die Neugier überwiegt und ich habe die Reise mit einem guten Gewissen angetreten. Und im Rückblick kann ich nur ein positives Fazit ziehen. Auch in dieser Hinsicht habe ich mich in Saudi-Arabien sehr sicher gefühlt."

Auch sportlich fiel Staabs Resümee hinterher durchweg positiv aus: "Ich war sehr überrascht, wie große das Interesse der Teilnehmerinnen am Fußball war. Obwohl einige vorher noch nie mit Fußball in Berührung gekommen sind, waren alle sehr aktiv und haben die Inhalte, die ich vermittelt habe, sehr wissbegierig aufgenommen. Nach den knapp zwei Wochen sind alle in der Lage, erste fußballerische Inhalte zu vermitteln und ihr Wissen zum Beispiel in Vereinen oder Schulen. Das war ein erster Schritt. Aber viele weitere müssen folgen. Ich werde verfolgen, wie das gelingt. Die Basis konnten wir auf jeden Fall erfolgreich legen. Damit haben wir unser genanntes Ziel erreicht."

In der Geschichte des Frauenfußballs in Saudi Arabien war dies ein Meilenstein. Erst vor ein paar Wochen hatte der Fußball-Verband von Saudi-Arabien eine Frauenfußballabteilung gegründet, an deren Spitze die Direktorin Lamia Bahaian steht. Auch Adwa Al-Arifi, Vorstandsmitglied des Saudischen Fußball-Verbandes und stellvertretende Leiterin des Saudischen Sportverbandes, setzt sich persönlich für den Frauenfußball in Saudi-Arabien ein. Staab ist zurecht stolz darauf, dass sie mit ihrer C-Lizenz-Ausbildung nun das Fundament für die weitere Entwicklung legen durfte.

Von Frankfurt in die große, weite Welt

Wenn dafür jemand prädestiniert ist, dann Monika Staab. Kaum jemand in Deutschland hat sich in den vergangenen 50 Jahren so intensiv mit dem Frauenfußball auseinandergesetzt, wie sie. Als Spielerin, Trainerin, Abteilungsleiterin und Präsidentin prägte sie die extrem erfolgreiche Ära des 1. FFC Frankfurt (bzw. vorher schon der SG Praunheim) von 1984 bis 2006. Seit 2007 arbeitet Staab unter anderem für die FIFA, UEFA, DOSB und den DFB. In den vergangenen 13 Jahren hat sie in dieser Funktion zahlreiche Länder der Welt bereist, um dort den Mädchen- und Frauenfußball weiterzuentwickeln. Sie startete 2007 im Bahrain und war bis zum Beginn der Corona-Krise in Gambia tätig.

Ihr Engagement in Saudi-Arabien war selbst für die so erfahrene Staab eine Premiere. Nie zuvor war sie in diesem Land gewesen. "Die Frauen, mit denen ich dort zusammengearbeitet habe, waren sehr offen und haben mich mit offenen Armen empfangen. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut", sagt Staab. "Natürlich waren die Voraussetzungen anders, als wir sie kennen. Einige haben zum Beispiel während des gesamten Lehrgangs ein Kopftuch getragen. Aber das war selbstverständlich überhaupt kein Problem. Ich habe immer und überall die Erfahrung gemacht, dass der Fußball den Frauen hilft, selbstbewusster aufzutreten und sich in ihren Gesellschaftsschichten durchzusetzen. Gerade in Saudi-Arabien ist das dringend nötig, denn die Frauen hatten dort lange keinerlei Rechte."

Es waren spannende Tage für Staab in einer weitgehend fremden Welt. Vor allem die Abreise war ereignisreich. Staabs Rückflug ging um zwei Uhr nachts. Am nächsten Morgen um 11 Uhr wurden sämtliche Flughäfen in Saudi-Arabien wegen des Coronavirus überraschend geschlossen: "Ich hatte großes Glück, dass ich das Land noch rechtzeitig verlassen habe. Wäre meine Rückreise nur einen Tag später geplant gewesen, hätte ich Weihnachten wahrscheinlich in einem Hotel in Riad verbringen müssen. Trotz der positiven Erfahrung dort bin ich froh, dass es nicht so gekommen ist."

Und jetzt ist sie wieder zu Hause und wartet auf das nächste Abenteuer.

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