Spaniens Nationaltrainer Lopetegui: "Wir schauen nicht zurück"

In der zurückliegenden Dekade gewannen die Spanier drei große Titel, zuletzt war jedoch bei zwei Turnieren früh Schluss. Seit knapp zwei Jahren trainiert nun der Baske Julen Lopetegui die "Seleccion", führte sie ohne Niederlage zur WM. Und will mit seinem Team nun wieder ganz vorne mitspielen. Im Interview mit DFB.de blickt der 51-Jährige auf den anstehenden Klassiker gegen Weltmeister Deutschland, Spaniens Spielphilosophie und die Wahrnehmung der deutschen Nationalspieler in der spanischen Liga.

DFB.de: Herr Lopetegui, am Freitag (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) spielt der Weltmeister von 2014 gegen den Weltmeister von 2010. Sehen wir heute auch den Weltmeister von 2018?

Julen Lopetegui: Das Spiel am Freitag ist das Spiel am Freitag – nicht weniger, aber auch nicht mehr, für beide Seiten natürlich ein wunderbarer Test, den beide Mannschaften gewinnen wollen. Aber mit dem, was bei der WM geschehen wird, hat die Partie nichts zu tun. In Russland muss jede Nationalmannschaft für sich ihren Weg finden und bei jedem Spiel alles auf dem Platz geben. Deutschland ist eines der momentan besten Teams, Deutschland ist Weltmeister und will diesen Titel auf jeden Fall verteidigen. Auch wir wollen eine wichtige Rolle spielen und so weit kommen wie möglich. Aber da sind wir nicht die einzigen.

DFB.de: Wie unterscheidet sich das Spiel der spanischen Nationalmannschaft von dem der deutschen?

Lopetegui: Deutschland will immer spielbestimmend sein, wie auch Spanien. Die deutsche Mannschaft hat Spieler mit viel Talent und viel Qualität, ist darüber hinaus ausgestattet mit beträchtlicher körperlicher Durchsetzungsfähigkeit. Sie können sich an alle Umständen anpassen, haben für jeden Gegner eine Antwort. Und vor allem sind sie eine echte Mannschaft. Seit Jahren arbeiten sie daran, ihre Spielweise zu perfektionieren, und die Erfolge sprechen für sich. Der Confederations Cup im vergangenen Jahr war dafür ein brillantes Beispiel, gleichzeitig holte die U 21 in beeindruckender Weise den EM-Titel. Joachim Löw und seine Mitarbeiter leisten ganz einfach hervorragende Arbeit.

DFB.de: Mit drei Titeln in Serie hat die spanische Mannschaft eine Spielergeneration beeindruckt und geprägt. "Tiki-taka" wurde zum Modewort. Ist seither alles mit Ausnahme eines Titels eine Enttäuschung in Spanien?

Lopetegui: Es waren herrliche Jahre. Eine fantastische WM, eine außerordentliche Leistung. Darauf sind wir sehr stolz, aber wir schauen nicht immer zurück, das dürfen wir auch nicht. Wir haben momentan eine große Generation von Spielern, die man nach dem beurteilen muss, was sie zu leisten im Stande sind. Es hat keinen Sinn und wäre auch ungerecht, sie an den Leistungen ihrer Vorgänger zu messen. Deutschland war schon viermal Weltmeister, wir nur einmnal, also haben wir noch einiges aufzuholen.

DFB.de: Sie stehen für Ballbesitzfußball, hohes Pressing – Ihre Zeit beim FC Barcelona scheint Sie sehr geprägt zu haben.

Lopetegui: Wir Trainer leben von allen unseren Erfahrungen, die wir im Laufe der Jahre machen, sei es als Spieler oder als Trainer. So entwickeln wir uns weiter und so können wir für uns selbst definieren, in welche Richtung es gehen soll. Ich möchte immer, dass meine Mannschaft das Spiel bestimmt und sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung die bessere ist.



In der zurückliegenden Dekade gewannen die Spanier drei große Titel, zuletzt war jedoch bei zwei Turnieren früh Schluss. Seit knapp zwei Jahren trainiert nun der Baske Julen Lopetegui die "Seleccion", führte sie ohne Niederlage zur WM. Und will mit seinem Team nun wieder ganz vorne mitspielen. Im Interview mit DFB.de blickt der 51-Jährige auf den anstehenden Klassiker gegen Weltmeister Deutschland, Spaniens Spielphilosophie und die Wahrnehmung der deutschen Nationalspieler in der spanischen Liga.

DFB.de: Herr Lopetegui, am Freitag (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) spielt der Weltmeister von 2014 gegen den Weltmeister von 2010. Sehen wir heute auch den Weltmeister von 2018?

Julen Lopetegui: Das Spiel am Freitag ist das Spiel am Freitag – nicht weniger, aber auch nicht mehr, für beide Seiten natürlich ein wunderbarer Test, den beide Mannschaften gewinnen wollen. Aber mit dem, was bei der WM geschehen wird, hat die Partie nichts zu tun. In Russland muss jede Nationalmannschaft für sich ihren Weg finden und bei jedem Spiel alles auf dem Platz geben. Deutschland ist eines der momentan besten Teams, Deutschland ist Weltmeister und will diesen Titel auf jeden Fall verteidigen. Auch wir wollen eine wichtige Rolle spielen und so weit kommen wie möglich. Aber da sind wir nicht die einzigen.

DFB.de: Wie unterscheidet sich das Spiel der spanischen Nationalmannschaft von dem der deutschen?

Lopetegui: Deutschland will immer spielbestimmend sein, wie auch Spanien. Die deutsche Mannschaft hat Spieler mit viel Talent und viel Qualität, ist darüber hinaus ausgestattet mit beträchtlicher körperlicher Durchsetzungsfähigkeit. Sie können sich an alle Umständen anpassen, haben für jeden Gegner eine Antwort. Und vor allem sind sie eine echte Mannschaft. Seit Jahren arbeiten sie daran, ihre Spielweise zu perfektionieren, und die Erfolge sprechen für sich. Der Confederations Cup im vergangenen Jahr war dafür ein brillantes Beispiel, gleichzeitig holte die U 21 in beeindruckender Weise den EM-Titel. Joachim Löw und seine Mitarbeiter leisten ganz einfach hervorragende Arbeit.

DFB.de: Mit drei Titeln in Serie hat die spanische Mannschaft eine Spielergeneration beeindruckt und geprägt. "Tiki-taka" wurde zum Modewort. Ist seither alles mit Ausnahme eines Titels eine Enttäuschung in Spanien?

Lopetegui: Es waren herrliche Jahre. Eine fantastische WM, eine außerordentliche Leistung. Darauf sind wir sehr stolz, aber wir schauen nicht immer zurück, das dürfen wir auch nicht. Wir haben momentan eine große Generation von Spielern, die man nach dem beurteilen muss, was sie zu leisten im Stande sind. Es hat keinen Sinn und wäre auch ungerecht, sie an den Leistungen ihrer Vorgänger zu messen. Deutschland war schon viermal Weltmeister, wir nur einmnal, also haben wir noch einiges aufzuholen.

DFB.de: Sie stehen für Ballbesitzfußball, hohes Pressing – Ihre Zeit beim FC Barcelona scheint Sie sehr geprägt zu haben.

Lopetegui: Wir Trainer leben von allen unseren Erfahrungen, die wir im Laufe der Jahre machen, sei es als Spieler oder als Trainer. So entwickeln wir uns weiter und so können wir für uns selbst definieren, in welche Richtung es gehen soll. Ich möchte immer, dass meine Mannschaft das Spiel bestimmt und sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung die bessere ist.

###more###

DFB.de: Sie gehören zu den Sportlern, die sowohl bei Barça als auch bei Real Madrid tätig waren. Gibt es bei aller Konkurrenz auch Gemeinsamkeiten der Klubs?

Lopetegui: Letzten Endes ähneln sich alle großen Klubs: Was immer sie tun oder lassen, hat ein enormes Echo weit über die Fußballszene hinaus. Sie brauchen und fordern Titel, und das wird sich bei den beiden Klubs – oder überhaupt bei den großen Klubs dieser Welt – nie ändern. Die Rivalität zum anderen gehört mittlerweile zur eigenen Geschichte und hilft ihnen, weiterhin groß zu bleiben.

DFB.de: 1994 standen Sie als Torwart im spanischen WM-Aufgebot in den USA. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Turnier – und an das Spiel gegen Deutschland?

Lopetegui: Ich erinnere mich gern an die WM 1994, oder vielleicht sollte ich eher von bittersüßen Erinnerungen sprechen. Wir hatten eine tolle Mannschaft zusammen, schieden aber gegen Italien aus, und das nach unserer besten Turnierleistung! Aber wenn es in die K.o.-Runde eines Turniers geht, kann eben das kleinste Detail über Sieg oder Niederlage entscheiden, und so waren wir plötzlich raus. Das Spiel gegen Deutschland war Teil der Gruppenphase, wir schafften ein Unentschieden nach einer guten Leistung. Goikoetxea machte ein Tor fast von der Grundlinie aus! Beide Mannschaften kamen in die nächste Runde.

DFB.de: Torhüter werden eher selten Cheftrainer. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Lopetegui: Ich glaube nicht, dass das etwas mit der Position zu tun hat. Eher damit, ob man die Berufung spürt, Trainer werden zu wollen, ob man gierig darauf ist, immer mehr über Fußball zu erfahren und zu wissen. Es stimmt, als Aktive haben Torhüter eine andere Rolle auf dem Platz, aber es gibt auch überragende Trainer, die selbst nie Spitzenfußball gespielt haben.

DFB.de: Um Ihren eigenen Nationaltorwart, David de Gea, zu sehen, müssen Sie nach England reisen. Ein deutscher Keeper spielt dafür in Ihrem Land. Welchen Eindruck hat der ehemalige Torwart Lopetegui vom Torwart Marc-André ter Stegen?

Lopetegui: Von Marc-André könnte ich keine bessere Meinung haben. Er ist für den FC Barcelona der ideale Torwart. Er ist eine große Persönlichkeit, und sein eigenes Spiel passt sich perfekt an das Spiel von Teams an, die darauf aus sind, die freien Räume zu besetzen, er ist ein großer Spezialist auf seiner Position.

DFB.de: Und wie nehmen Sie Toni Kroos bei Real Madrid wahr?

Lopetegui: Kroos passt genau zur Philosophie und zum Spielsystem von Real Madrid wie von der deutschen Nationalmannschaft. Er arbeitet unglaublich viel und hat die Gabe, das Schwierige einfach aussehen zu lassen. Außerdem ist er immer für ein Tor gut, seine Schusstechnik ist praktisch einzigartig. Er ist absoluter Stammspieler in beiden Teams – was soll ich mehr sagen?

DFB.de: Spanien ist bekannt für seine erfolgreiche Nachwuchsarbeit. Auch Sie gehörten einst als Coach dazu, gewannen Titel mit der U 19 und der U 21. Wie lässt sich diese Beständigkeit über Jahre erreichen?

Lopetegui: Die deutschen U-Mannschaften sind seit einigen Jahren ganz vorn mit dabei. Im Falle von Spanien kommt der Erfolg nicht von ungefähr, sondern ist mehr oder weniger die Folge einer Talentförderung, die für jede Position auf dem Platz einen ganz bestimmten und klar definierten Spielertyp sucht. Dadurch kommen wir zu einem flüssigen Kombinationsspiel. Das klappt natürlich nicht immer bei allen nachwachsenden Spielergenerationen, aber der spanische Verband weiß halt, wonach er sucht. Andererseits: Immer zu gewinnen ist ziemlich schwer, auch wenn es das Ziel ist, was wir alle uns setzen. Es gibt viele andere Nationalverbände – Deutschland zum Beispiel, aber auch England macht vieles richtig – wo hervorragende Arbeit geleistet wird.

DFB.de: Seinerzeit trainierten Sie unter anderem schon de Gea, Isco, Thiago und Morata. Hat diese Generation das Zeug, es den prominenten Vorgängern wie Casillas, Xavi, Xabi Alonso und David Villa gleichzutun?

Lopetegui: Wir haben allen Grund, auf die Vergangenheit stolz zu sein, und es ist völlig richtig, aus dem Blick nach hinten Inspiration für das Heute zu beziehen. Doch ich finde, solche Vergleiche sollte man nicht anstellen. Die Spieler, die Sie gerade genannt haben, haben trotz ihrer Jugend schon sehr früh sehr viel mit ihren Klubs erreicht. Und auch jetzt, bei der Nationalmannschaft, erfüllen sie die hohen Erwartungen. Wir haben großes Vertrauen in ihre Qualität und ihren Willen, Leistung zu bringen.

###more###