Sliskovic und Türkgücü: "Wir spielen eine krasse Saison"

Petar Sliskovic ist mit zwölf Toren der beste Torjäger von Türkgücü München. Vor dem Auswärtsspiel beim Halleschen FC heute (ab 19 Uhr, live bei MagentaSport) spricht der 30 Jahre alte Ex-Bundesligaspieler im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen über seine vielen Vereinswechsel, seine zuletzt torlose Zeit und das Image von Türkgücü München.

DFB.de: Herr Sliskovic, Sie haben in den ersten 19 Saisonspielen zwölf Tore erzielt. Ihr letzter Treffer datiert nun allerdings vom 15. Januar. Zuletzt konnten Sie verletzungsbedingt lediglich zuschauen. Macht Sie die torlose Zeit nervös?

Petar Sliskovic: Ich würde sagen, dass die gesamte Mannschaft in den ersten zwölf oder 14 Saisonspielen sehr offensiv ausgerichtet war. Diese Spielweise kam mir sehr entgegen. Wir kassierten in dieser Phase allerdings zu viele Gegentore. Deshalb haben wir unsere Spielweise geändert.

DFB.de: Inwiefern?

Sliskovic: Wir haben nicht mehr so offensiv gepresst. Heute stehen wir relativ tief. Dementsprechend weit ist der Weg zum gegnerischen Tor. Das macht es schwieriger, regelmäßig zu treffen. Bei mir kam zuletzt das Verletzungspech hinzu. Ich hoffe aber, dass ich in dieser Saison noch das eine oder andere Tor machen werde.

DFB.de: Sie haben im Fußball bereits einiges erlebt und für zehn unterschiedliche Vereine gespielt. Fühlten Sie sich jemals irgendwo heimisch?

Sliskovic: Ja, und zwar beim 1. FSV Mainz 05. Das war und ist mein Verein. Ich habe dort in der Jugend gespielt, habe die A-Jugend-Meisterschaft gewonnen, bin Profi geworden und habe unter Thomas Tuchel 15 Bundesligaspiele absolviert. Er war für mich ein ganz besonderer Trainer.

DFB.de: Was hat Thomas Tuchel ausgezeichnet?

Sliskovic: Es ist der Wahnsinn, wie er jeden einzelnen Spieler verbessert. Er ist wahnsinnig ehrgeizig und hat sehr viel Fußball-Verstand. Er ist sehr intelligent und weiß ganz genau, was er zu machen hat. Ich verfolge seinen Weg sehr genau und bin immer ein Fan von der Mannschaft, die er gerade trainiert.

DFB.de: Sie mussten sich in Ihrer Karriere immer wieder an ein neues Umfeld gewöhnen. Funktionieren Mannschaften überall gleich oder ist das Miteinander teilweise sehr unterschiedlich?

Sliskovic: Das ist von Verein zu Verein sehr unterschiedlich und hängt eng mit der Vereinsführung, dem Trainer, dem Trainerteam und den Mitspielern zusammen. Wenn der gesamte Verein eine Einheit bildet, ist das auch für jeden einzelnen Spieler einfacher. Auch hier muss ich meine Zeit in Mainz hervorheben. Dort war alles sehr familiär. Man hatte nie das Gefühl, dass jemand zur Seite geschoben wird. Selbst wenn es bei dem einen oder anderen Spieler sportlich nicht lief, wurde niemand im Stich gelassen.

DFB.de: Sie haben aufgrund Ihrer vielen Vereinswechsel auch andere Zeiten erlebt. Mit dem FC Aarau und den Stuttgarter Kickers sind Sie jeweils abgestiegen. Beim FC Viktoria 1889 Berlin erlebten Sie eine Insolvenz. Was nimmt man persönlich aus solch schwierigen Zeiten mit?

Sliskovic: Eigentlich habe ich mich bei fast allen Vereinen wohlgefühlt. Die einzige Ausnahme war tatsächlich der FC Aarau. Ich hatte dort ein gutes halbes Jahr, bis der Trainer und Sportdirektor ausgetauscht wurden. Daraufhin wurde mir mitgeteilt, dass ich den Verein möglichst verlassen sollte. 

DFB.de: Türkgücü München ist ein relativ junger Verein, wurde erst im Jahre 2001 gegründet und spielte im Jahre 2017 noch in der Landesliga Bayern-Südost. Was unterscheidet den Verein von Ihren Ex-Vereinen wie dem 1. FSV Mainz 05, Dynamo Dresden oder den FC St. Pauli, die auf eine lange Geschichte zurückblicken?

Sliskovic: Man spürt natürlich, dass wir ein junger Verein sind, der sich erst einmal im Profifußball etablieren muss. Um ehrlich zu sein: Unsere Infrastruktur hat aufgrund der Bezirkssportanlage, auf der wir aktuell trainieren, wenig mit Profifußball zu tun. Die Bedingungen konnten gar nicht so schnell mitwachsen, wie der Verein in den letzten Jahren aufgestiegen ist. Beispielsweise konnten wir im Winter zwei Monate am Stück lediglich auf einem teilweise eisigen Kunstrasenplatz trainieren. Aber jeder Spieler, der zu Türkgücü München wechselt, kennt die Umstände. Die Klubverantwortlichen arbeiten rund um die Uhr daran, die Infrastruktur zu verbessern.

DFB.de: Türkgücü München hat sich als Aufsteiger in der 3. Liga etabliert und vom Abstiegskampf distanziert. Wie bewerten Sie die erste Saison in der 3. Liga?

Sliskovic: Gerade unter den gegebenen Umständen haben wir bislang eine sehr ordentliche Saison gespielt. Wir sind mit einer fast komplett neuen Mannschaft in die Saison gestartet. Mehr als 20 Spieler, darunter auch ich, kamen neu hinzu. Im weiteren Saisonverlauf haben dann immer wieder Spieler den Verein verlassen. Alleine im Winter sind sechs Spieler weggegangen und fünf neue Spieler hinzugekommen. Wenn man all das berücksichtigt, spielen wir eine krasse Saison.      

DFB.de: Um den Jahreswechsel herum gab es rund um den Verein viel Unruhe, weil der Präsident Hasan Kivran seinen Rückzug angekündigt hatte, der zu finanziellen Engpässen hätte führen können. Mittlerweile hat er seine damalige Ankündigung zurückgezogen. Hat das die Mannschaft trotzdem beeinflusst? 

Sliskovic: Natürlich hatte die Mannschaft das damals beschäftigt. Schließlich bestand kurzzeitig die Gefahr, vereinslos zu werden. München ist keine günstige Stadt. Wenn man von einen Tag auf den anderen hört, dass möglicherweise die Verträge aufgelöst werden und niemand weiß, wie es weitergeht, macht man sich Gedanken.

DFB.de: Wie wird der Verein in München zwischen dem Rekordmeister FC Bayern München und dem Traditionsverein 1860 München medial berücksichtigt?

Sliskovic: Ich finde, dass wir auch aufgrund des Hintergrundes dieses Vereins durchaus wahrgenommen werden. Es gab in der Presse einige Schlagzeilen. Einige Leute finden unser Projekt spannend, andere sind dagegen. Wir Spieler können das beeinflussen, indem wir Gas geben und die bestmöglichen Ergebnisse erzielen.    

DFB.de: Türkgücü München heißt übersetzt so viel wie "Türkische Kraft". Inwiefern konnten Sie sich bei Ihrer Ankunft im Sommer 2020 direkt mit dem Verein identifizieren?

Sliskovic: Der Name ist das Eine, die Mannschaft das Andere. Wir haben eine sehr gute und harmonische Truppe. Ob ein Spieler nun ein Türke ist oder zum Beispiel ein Kroate wie ich, spielt in der Kabine überhaupt keine Rolle. Wir alle wollen den sportlichen Erfolg und tun alles dafür. Die Saison hatte Höhen und Tiefen. Aber die Jungs in der Kabine waren immer top.   

DFB.de: Haben Sie das Gefühl, dass viele türkische Fußballfans, auch aus anderen Regionen, den Verein ins Herz geschlossen haben?

Sliskovic: Auf jeden Fall. Egal, wo wir in Deutschland gespielt haben: Überall wurden wir von türkischen Fans empfangen. Sogar vor den Hotels standen oftmals Fans, die gemeinsame Fotos mit uns machen wollten. Auch über die sozialen Medien bekommt man Nachrichten von Fans aus Duisburg, Hamburg, Frankfurt oder anderen Städten. Die Unterstützung ist groß.

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Petar Sliskovic ist mit zwölf Toren der beste Torjäger von Türkgücü München. Vor dem Auswärtsspiel beim Halleschen FC heute (ab 19 Uhr, live bei MagentaSport) spricht der 30 Jahre alte Ex-Bundesligaspieler im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen über seine vielen Vereinswechsel, seine zuletzt torlose Zeit und das Image von Türkgücü München.

DFB.de: Herr Sliskovic, Sie haben in den ersten 19 Saisonspielen zwölf Tore erzielt. Ihr letzter Treffer datiert nun allerdings vom 15. Januar. Zuletzt konnten Sie verletzungsbedingt lediglich zuschauen. Macht Sie die torlose Zeit nervös?

Petar Sliskovic: Ich würde sagen, dass die gesamte Mannschaft in den ersten zwölf oder 14 Saisonspielen sehr offensiv ausgerichtet war. Diese Spielweise kam mir sehr entgegen. Wir kassierten in dieser Phase allerdings zu viele Gegentore. Deshalb haben wir unsere Spielweise geändert.

DFB.de: Inwiefern?

Sliskovic: Wir haben nicht mehr so offensiv gepresst. Heute stehen wir relativ tief. Dementsprechend weit ist der Weg zum gegnerischen Tor. Das macht es schwieriger, regelmäßig zu treffen. Bei mir kam zuletzt das Verletzungspech hinzu. Ich hoffe aber, dass ich in dieser Saison noch das eine oder andere Tor machen werde.

DFB.de: Sie haben im Fußball bereits einiges erlebt und für zehn unterschiedliche Vereine gespielt. Fühlten Sie sich jemals irgendwo heimisch?

Sliskovic: Ja, und zwar beim 1. FSV Mainz 05. Das war und ist mein Verein. Ich habe dort in der Jugend gespielt, habe die A-Jugend-Meisterschaft gewonnen, bin Profi geworden und habe unter Thomas Tuchel 15 Bundesligaspiele absolviert. Er war für mich ein ganz besonderer Trainer.

DFB.de: Was hat Thomas Tuchel ausgezeichnet?

Sliskovic: Es ist der Wahnsinn, wie er jeden einzelnen Spieler verbessert. Er ist wahnsinnig ehrgeizig und hat sehr viel Fußball-Verstand. Er ist sehr intelligent und weiß ganz genau, was er zu machen hat. Ich verfolge seinen Weg sehr genau und bin immer ein Fan von der Mannschaft, die er gerade trainiert.

DFB.de: Sie mussten sich in Ihrer Karriere immer wieder an ein neues Umfeld gewöhnen. Funktionieren Mannschaften überall gleich oder ist das Miteinander teilweise sehr unterschiedlich?

Sliskovic: Das ist von Verein zu Verein sehr unterschiedlich und hängt eng mit der Vereinsführung, dem Trainer, dem Trainerteam und den Mitspielern zusammen. Wenn der gesamte Verein eine Einheit bildet, ist das auch für jeden einzelnen Spieler einfacher. Auch hier muss ich meine Zeit in Mainz hervorheben. Dort war alles sehr familiär. Man hatte nie das Gefühl, dass jemand zur Seite geschoben wird. Selbst wenn es bei dem einen oder anderen Spieler sportlich nicht lief, wurde niemand im Stich gelassen.

DFB.de: Sie haben aufgrund Ihrer vielen Vereinswechsel auch andere Zeiten erlebt. Mit dem FC Aarau und den Stuttgarter Kickers sind Sie jeweils abgestiegen. Beim FC Viktoria 1889 Berlin erlebten Sie eine Insolvenz. Was nimmt man persönlich aus solch schwierigen Zeiten mit?

Sliskovic: Eigentlich habe ich mich bei fast allen Vereinen wohlgefühlt. Die einzige Ausnahme war tatsächlich der FC Aarau. Ich hatte dort ein gutes halbes Jahr, bis der Trainer und Sportdirektor ausgetauscht wurden. Daraufhin wurde mir mitgeteilt, dass ich den Verein möglichst verlassen sollte. 

DFB.de: Türkgücü München ist ein relativ junger Verein, wurde erst im Jahre 2001 gegründet und spielte im Jahre 2017 noch in der Landesliga Bayern-Südost. Was unterscheidet den Verein von Ihren Ex-Vereinen wie dem 1. FSV Mainz 05, Dynamo Dresden oder den FC St. Pauli, die auf eine lange Geschichte zurückblicken?

Sliskovic: Man spürt natürlich, dass wir ein junger Verein sind, der sich erst einmal im Profifußball etablieren muss. Um ehrlich zu sein: Unsere Infrastruktur hat aufgrund der Bezirkssportanlage, auf der wir aktuell trainieren, wenig mit Profifußball zu tun. Die Bedingungen konnten gar nicht so schnell mitwachsen, wie der Verein in den letzten Jahren aufgestiegen ist. Beispielsweise konnten wir im Winter zwei Monate am Stück lediglich auf einem teilweise eisigen Kunstrasenplatz trainieren. Aber jeder Spieler, der zu Türkgücü München wechselt, kennt die Umstände. Die Klubverantwortlichen arbeiten rund um die Uhr daran, die Infrastruktur zu verbessern.

DFB.de: Türkgücü München hat sich als Aufsteiger in der 3. Liga etabliert und vom Abstiegskampf distanziert. Wie bewerten Sie die erste Saison in der 3. Liga?

Sliskovic: Gerade unter den gegebenen Umständen haben wir bislang eine sehr ordentliche Saison gespielt. Wir sind mit einer fast komplett neuen Mannschaft in die Saison gestartet. Mehr als 20 Spieler, darunter auch ich, kamen neu hinzu. Im weiteren Saisonverlauf haben dann immer wieder Spieler den Verein verlassen. Alleine im Winter sind sechs Spieler weggegangen und fünf neue Spieler hinzugekommen. Wenn man all das berücksichtigt, spielen wir eine krasse Saison.      

DFB.de: Um den Jahreswechsel herum gab es rund um den Verein viel Unruhe, weil der Präsident Hasan Kivran seinen Rückzug angekündigt hatte, der zu finanziellen Engpässen hätte führen können. Mittlerweile hat er seine damalige Ankündigung zurückgezogen. Hat das die Mannschaft trotzdem beeinflusst? 

Sliskovic: Natürlich hatte die Mannschaft das damals beschäftigt. Schließlich bestand kurzzeitig die Gefahr, vereinslos zu werden. München ist keine günstige Stadt. Wenn man von einen Tag auf den anderen hört, dass möglicherweise die Verträge aufgelöst werden und niemand weiß, wie es weitergeht, macht man sich Gedanken.

DFB.de: Wie wird der Verein in München zwischen dem Rekordmeister FC Bayern München und dem Traditionsverein 1860 München medial berücksichtigt?

Sliskovic: Ich finde, dass wir auch aufgrund des Hintergrundes dieses Vereins durchaus wahrgenommen werden. Es gab in der Presse einige Schlagzeilen. Einige Leute finden unser Projekt spannend, andere sind dagegen. Wir Spieler können das beeinflussen, indem wir Gas geben und die bestmöglichen Ergebnisse erzielen.    

DFB.de: Türkgücü München heißt übersetzt so viel wie "Türkische Kraft". Inwiefern konnten Sie sich bei Ihrer Ankunft im Sommer 2020 direkt mit dem Verein identifizieren?

Sliskovic: Der Name ist das Eine, die Mannschaft das Andere. Wir haben eine sehr gute und harmonische Truppe. Ob ein Spieler nun ein Türke ist oder zum Beispiel ein Kroate wie ich, spielt in der Kabine überhaupt keine Rolle. Wir alle wollen den sportlichen Erfolg und tun alles dafür. Die Saison hatte Höhen und Tiefen. Aber die Jungs in der Kabine waren immer top.   

DFB.de: Haben Sie das Gefühl, dass viele türkische Fußballfans, auch aus anderen Regionen, den Verein ins Herz geschlossen haben?

Sliskovic: Auf jeden Fall. Egal, wo wir in Deutschland gespielt haben: Überall wurden wir von türkischen Fans empfangen. Sogar vor den Hotels standen oftmals Fans, die gemeinsame Fotos mit uns machen wollten. Auch über die sozialen Medien bekommt man Nachrichten von Fans aus Duisburg, Hamburg, Frankfurt oder anderen Städten. Die Unterstützung ist groß.

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