Silvia Neid: "Mit einem großen Koffer voller Informationen"

Die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im eigenen Land laufen für Silvia Neid nach Plan. Die Bundestrainerin sieht sich und ihr Trainer-Team voll im Soll. Aktuell wird sie sich der Beobachtung einiger WM-Gegner widmen.

Ab dieser Woche sind zahlreiche Nationalmannschaften bei den Turnieren um den Algarve Cup und den Cyprus Cup (jeweils 2. bis 9. März) aktiv. Silvia Neid wird selbst nach Portugal fliegen. Mit welchen Erwartungen sie das macht, schildert sie im DFB.de-Gespräch-der-Woche mit Redakteur Niels Barnhofer.

DFB.de: Silvia Neid, in weniger als vier Monaten beginnt die WM. Wie bereiten Sie sich derzeit auf das Turnier vor?

Silvia Neid: Wir sind auf einem sehr guten Stand. Momentan leisten wir im Trainer-Team konzeptionelle Arbeit. Zum Beispiel bereiten wir die Inhalte für die Lehrgänge vor. Da sind wir schon sehr weit. Das gleiche gilt für die Zusammenstellung des Kaders. Hier kristallisiert sich mittlerweile auch sehr deutlich ein Aufgebot heraus. Und dann sind wir ganz intensiv damit beschäftigt, möglichst viele Informationen über unsere Gegner zu sammeln. Und zwar nicht nur über unsere drei Gruppen-Gegner, sondern über alle anderen 15 WM-Teilnehmer. Wir wollen auf alle Mannschaften vorbereitet sein, nichts dem Zufall überlassen.

DFB.de: Jetzt starten Sie eine Scouting-Reise. Schildern Sie einmal.

Neid: In den kommenden Tagen finden mit dem Algarve Cup und dem Cyprus Cup zwei Turniere statt, die wir uns sehr genau anschauen werden. In Portugal werden Ulrike Ballweg und ich vor Ort sein. Die Spiele auf Zypern wird sich unser Video-Analyst Jan Heidermann anschauen.

DFB.de: Wen können Sie dabei unter die Lupe nehmen?

Neid: Es sind je zwölf Mannschaften am Start. Der Algarve Cup ist traditionell gut besetzt. Wir haben ja in den vergangenen Jahren regelmäßig selbst an diesem Turnier teilgenommen und wissen daher aus eigener Erfahrung wie wertvoll es ist. Leider können wir in diesem Jahr auf Grund der Terminplanung in der Bundesliga nicht dabei sein In Portugal ist ein gewohnt starkes Teilnehmerfeld am Start. Mit Japan, den USA, Norwegen und Schweden spielen vier WM-Teilnehmer mit. Auf Zypern sind es sogar fünf – unsere Gruppen-Gegner Kanada und Frankreich sowie England, Mexiko und Neuseeland.

DFB.de: Auf welche Mannschaften werden Sie ein besonderes Augenmerk legen?

Neid: Über Kanada Informationen zu erhalten, ist insofern wichtig, als es unser erster Gegner bei der WM ist. Unter diesem Aspekt ist es auch interessant, Frankreich zu sehen, auf die wir im dritten Gruppenspiel bei der WM treffen. Japan wäre ein möglicher Gegner im Viertelfinale. Die USA, Nordkorea, Schweden und Norwegen zähle ich zum Favoritenkreis, von daher könnte man auf diese Teams auch zu einem späteren Zeitpunkt im Turnier treffen.

DFB.de: Welche Erkenntnisse hoffen Sie zu gewinnen?

Neid: Es wird sehr viel zu sehen geben. Wir wollen uns über den aktuellen Leistungsstand der Mannschaften informieren. Wir wollen sehen, wie sie spielen, mit welcher taktischen Ausrichtung sie antreten. Welche Spielerin wo zum Einsatz kommt. Welchen Fitness-Zustand die Spielerinnen haben. Da gibt es viele kleine Details, an die man jetzt noch gar nicht denkt, die aber später vielleicht mal ganz entscheidend sein können. Also, wir werden mit einem großen Koffer voller Informationen zurückkehren.

DFB.de: Erwarten Sie, dass die Nationen an der Algarve oder auf Zypern schon den Ernstfall proben werden?

Neid: Grundsätzlich denke ich, dass es dafür zu früh ist. Die Teams werden noch nicht in Topform sein. Der Feinschliff wird auf jeden Fall erst später kommen. Außerdem werden sich die Trainer jetzt noch nicht in die Karten schauen lassen wollen. Allerdings werden sie das Rad auch nicht neu erfinden. Ich bin mir sicher, wir werden keine Muster ohne Wert zu sehen bekommen. Das sind schon wichtige Tests. Zudem fangen wir ja auch nicht bei null an, was unsere Informationensammlung angeht. Wir kennen viele Nationen ja ziemlich gut aus der Vergangenheit. Vor diesem Hintergrund ist es auch aufschlussreich zu sehen, auf welchen Positionen die Mannschaften experimentieren, welche Spielerinnen sie neu dabei haben und testen, welche taktischen Varianten sie ausprobieren. Da gibt es schon einige Punkte auf unserer Liste, die wir abarbeiten werden. Natürlich gehört es dann auch dazu, zu bewerten, wie aussagekräftig das Gesehene war. Aber das macht die Aufgabe umso spannender.

DFB.de: Wird es vor Ort auch einen Austausch mit anderen Trainerinnen oder Trainern geben?

Neid: Ich gehe davon aus, dass sehr viele Verbände diese Turniere nutzen werden, um sich über die anderen Nationen zu informieren. Wir haben zu sehr vielen Trainern und Verbänden einen sehr guten Draht, insofern wird es das eine oder andere freundschaftliche Wiedersehen geben. Aber in der Regel geht es in diesen Gesprächen nicht um die Analyse der gesehenen Spiele. Da macht jeder seine eigene Arbeit.

DFB.de: Wie interessant sind die anderen teilnehmenden Nationen, die nicht bei der WM dabei sind?

Neid: Sehr! Es kann ja sein, dass wir gegen den einen oder anderen Gegner in der Vorbereitung spielen. Und außerdem hört der Fußball nach der WM nicht auf. Im Gegenteil: Da kommt gleich die EM-Qualifikation. Aus diesem Grund ist es einfach wichtig, auf dem Laufenden zu sein.

DFB.de: Wie groß ist Ihr Beobachterteam?

Neid: Derzeit erledigen wir die Sichtungen noch selbst mit unserem Trainer-Team. Dazu gehört auch, dass wir die Videos, die Jan Heidermann beispielsweise aus Zypern mitbringt, selbst analysieren. Bei der WM arbeiten wir dann mit einer größeren Gruppe von Sichtern, zu der dann auch DFB-Trainer gehören, die nicht im Frauen-Bereich tätig sind.

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[bild1]Die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im eigenen Land laufen für Silvia Neid nach Plan. Die Bundestrainerin sieht sich und ihr Trainer-Team voll im Soll. Aktuell wird sie sich der Beobachtung einiger WM-Gegner widmen.

Ab dieser Woche sind zahlreiche Nationalmannschaften bei den Turnieren um den Algarve Cup und den Cyprus Cup (jeweils 2. bis 9. März) aktiv. Silvia Neid wird selbst nach Portugal fliegen. Mit welchen Erwartungen sie das macht, schildert sie im DFB.de-Gespräch-der-Woche mit Redakteur Niels Barnhofer.

DFB.de: Silvia Neid, in weniger als vier Monaten beginnt die WM. Wie bereiten Sie sich derzeit auf das Turnier vor?

Silvia Neid: Wir sind auf einem sehr guten Stand. Momentan leisten wir im Trainer-Team konzeptionelle Arbeit. Zum Beispiel bereiten wir die Inhalte für die Lehrgänge vor. Da sind wir schon sehr weit. Das gleiche gilt für die Zusammenstellung des Kaders. Hier kristallisiert sich mittlerweile auch sehr deutlich ein Aufgebot heraus. Und dann sind wir ganz intensiv damit beschäftigt, möglichst viele Informationen über unsere Gegner zu sammeln. Und zwar nicht nur über unsere drei Gruppen-Gegner, sondern über alle anderen 15 WM-Teilnehmer. Wir wollen auf alle Mannschaften vorbereitet sein, nichts dem Zufall überlassen.

DFB.de: Jetzt starten Sie eine Scouting-Reise. Schildern Sie einmal.

Neid: In den kommenden Tagen finden mit dem Algarve Cup und dem Cyprus Cup zwei Turniere statt, die wir uns sehr genau anschauen werden. In Portugal werden Ulrike Ballweg und ich vor Ort sein. Die Spiele auf Zypern wird sich unser Video-Analyst Jan Heidermann anschauen.

DFB.de: Wen können Sie dabei unter die Lupe nehmen?

Neid: Es sind je zwölf Mannschaften am Start. Der Algarve Cup ist traditionell gut besetzt. Wir haben ja in den vergangenen Jahren regelmäßig selbst an diesem Turnier teilgenommen und wissen daher aus eigener Erfahrung wie wertvoll es ist. Leider können wir in diesem Jahr auf Grund der Terminplanung in der Bundesliga nicht dabei sein In Portugal ist ein gewohnt starkes Teilnehmerfeld am Start. Mit Japan, den USA, Norwegen und Schweden spielen vier WM-Teilnehmer mit. Auf Zypern sind es sogar fünf – unsere Gruppen-Gegner Kanada und Frankreich sowie England, Mexiko und Neuseeland.

DFB.de: Auf welche Mannschaften werden Sie ein besonderes Augenmerk legen?

[bild2]Neid: Über Kanada Informationen zu erhalten, ist insofern wichtig, als es unser erster Gegner bei der WM ist. Unter diesem Aspekt ist es auch interessant, Frankreich zu sehen, auf die wir im dritten Gruppenspiel bei der WM treffen. Japan wäre ein möglicher Gegner im Viertelfinale. Die USA, Nordkorea, Schweden und Norwegen zähle ich zum Favoritenkreis, von daher könnte man auf diese Teams auch zu einem späteren Zeitpunkt im Turnier treffen.

DFB.de: Welche Erkenntnisse hoffen Sie zu gewinnen?

Neid: Es wird sehr viel zu sehen geben. Wir wollen uns über den aktuellen Leistungsstand der Mannschaften informieren. Wir wollen sehen, wie sie spielen, mit welcher taktischen Ausrichtung sie antreten. Welche Spielerin wo zum Einsatz kommt. Welchen Fitness-Zustand die Spielerinnen haben. Da gibt es viele kleine Details, an die man jetzt noch gar nicht denkt, die aber später vielleicht mal ganz entscheidend sein können. Also, wir werden mit einem großen Koffer voller Informationen zurückkehren.

DFB.de: Erwarten Sie, dass die Nationen an der Algarve oder auf Zypern schon den Ernstfall proben werden?

Neid: Grundsätzlich denke ich, dass es dafür zu früh ist. Die Teams werden noch nicht in Topform sein. Der Feinschliff wird auf jeden Fall erst später kommen. Außerdem werden sich die Trainer jetzt noch nicht in die Karten schauen lassen wollen. Allerdings werden sie das Rad auch nicht neu erfinden. Ich bin mir sicher, wir werden keine Muster ohne Wert zu sehen bekommen. Das sind schon wichtige Tests. Zudem fangen wir ja auch nicht bei null an, was unsere Informationensammlung angeht. Wir kennen viele Nationen ja ziemlich gut aus der Vergangenheit. Vor diesem Hintergrund ist es auch aufschlussreich zu sehen, auf welchen Positionen die Mannschaften experimentieren, welche Spielerinnen sie neu dabei haben und testen, welche taktischen Varianten sie ausprobieren. Da gibt es schon einige Punkte auf unserer Liste, die wir abarbeiten werden. Natürlich gehört es dann auch dazu, zu bewerten, wie aussagekräftig das Gesehene war. Aber das macht die Aufgabe umso spannender.

DFB.de: Wird es vor Ort auch einen Austausch mit anderen Trainerinnen oder Trainern geben?

Neid: Ich gehe davon aus, dass sehr viele Verbände diese Turniere nutzen werden, um sich über die anderen Nationen zu informieren. Wir haben zu sehr vielen Trainern und Verbänden einen sehr guten Draht, insofern wird es das eine oder andere freundschaftliche Wiedersehen geben. Aber in der Regel geht es in diesen Gesprächen nicht um die Analyse der gesehenen Spiele. Da macht jeder seine eigene Arbeit.

DFB.de: Wie interessant sind die anderen teilnehmenden Nationen, die nicht bei der WM dabei sind?

Neid: Sehr! Es kann ja sein, dass wir gegen den einen oder anderen Gegner in der Vorbereitung spielen. Und außerdem hört der Fußball nach der WM nicht auf. Im Gegenteil: Da kommt gleich die EM-Qualifikation. Aus diesem Grund ist es einfach wichtig, auf dem Laufenden zu sein.

DFB.de: Wie groß ist Ihr Beobachterteam?

Neid: Derzeit erledigen wir die Sichtungen noch selbst mit unserem Trainer-Team. Dazu gehört auch, dass wir die Videos, die Jan Heidermann beispielsweise aus Zypern mitbringt, selbst analysieren. Bei der WM arbeiten wir dann mit einer größeren Gruppe von Sichtern, zu der dann auch DFB-Trainer gehören, die nicht im Frauen-Bereich tätig sind.