Silvia Neid: "Man darf sich keine Schwäche leisten"

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hat zweimal die Welt- und sechsmal die Europameisterschaft gewonnen. Bei Olympischen Spielen konnte sie sich bislang zweimal - 2000 in Sydney und 2004 in Athen - mit Bronze schmücken. Zu Gold hat es bei den bisherigen drei Turnierteilnahmen nicht gereicht.

Jetzt also ein neuer Anlauf der Auswahl von DFB-Trainerin Silvia Neid, die das Olympia-Ziel bereits formuliert hat: "Wir wollen eine Medaille - am liebsten natürlich die goldene." Allerdings weiß sie auch, wie schwer die Mission in China sein wird, wohin das DFB-Team am Mittwoch nach offizieller Verabschiedung am Frankfurter Flughafen durch den für Leistungssport zuständigen DOSB-Vizepräsidenten Eberhard Gienger und die Sporthilfe-Vorsitzende Ann Kathrin Linsenhoff aufgebrochen ist.

Erste Station in Fernost ist Shenyang, wo Deutschland die ersten beiden Gruppenspiele gegen Brasilien (6. August) und Nigeria (9. August) absolviert. Im DFB.de-Exklusivinterview spricht Silvia Neid mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer über die Favoriten, die Vorbereitung auf Peking 2008 und die Besonderheiten der Olympischen Spiele.

Frage: Frau Neid, am Mittwoch bricht die Frauen-Nationalmannschaft zu den Olympischen Spielen in China auf. Für wie viele Tage haben Sie gepackt?

Silvia Neid: Die Tasche hat ja quasi der Deutsche Olympische Sport-Bund gepackt. Insofern war das für mich nicht schwer. Ich nehme die Olympia-Ausstattung mit. Die ist zwar sehr umfangreich, aber es ist nicht so, dass ich vom Zeitpunkt unserer Ankunft bis zum Tag des Endspiels täglich eine neue Garnitur im Koffer habe. Aber die chinesischen Wäschereien sind ja bekanntlich sehr gut. Ich hoffe, dass ich ihnen zu ordentlich Umsatz verhelfen werde.

Frage: Das heißt für die Wäschereien das Silber und für Sie und Ihre Mannschaft das Gold?

Silvia Neid: Wir sind amtierender Welt- und Europameister, von daher ist es ganz normal, dass wir zum Favoritenkreis gezählt werden. Aber das ist kein Problem für uns. Das deckt sich mit unseren Erwartungen. Wir haben ambitionierte und motivierte Spielerinnen. Unser Ziel ist es, eine Medaille zu gewinnen. Am liebsten natürlich die goldene.

Frage: Das ist eine klare Ansage, doch einfach wird die Umsetzung nicht werden. Wie schätzen Sie die Konkurrenz ein?



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Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hat zweimal die Welt- und sechsmal die Europameisterschaft gewonnen. Bei Olympischen Spielen konnte sie sich bislang zweimal - 2000 in Sydney und 2004 in Athen - mit Bronze schmücken. Zu Gold hat es bei den bisherigen drei Turnierteilnahmen nicht gereicht.

Jetzt also ein neuer Anlauf der Auswahl von DFB-Trainerin Silvia Neid, die das Olympia-Ziel bereits formuliert hat: "Wir wollen eine Medaille - am liebsten natürlich die goldene." Allerdings weiß sie auch, wie schwer die Mission in China sein wird, wohin das DFB-Team am Mittwoch nach offizieller Verabschiedung am Frankfurter Flughafen durch den für Leistungssport zuständigen DOSB-Vizepräsidenten Eberhard Gienger und die Sporthilfe-Vorsitzende Ann Kathrin Linsenhoff aufgebrochen ist.

Erste Station in Fernost ist Shenyang, wo Deutschland die ersten beiden Gruppenspiele gegen Brasilien (6. August) und Nigeria (9. August) absolviert. Im DFB.de-Exklusivinterview spricht Silvia Neid mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer über die Favoriten, die Vorbereitung auf Peking 2008 und die Besonderheiten der Olympischen Spiele.

Frage: Frau Neid, am Mittwoch bricht die Frauen-Nationalmannschaft zu den Olympischen Spielen in China auf. Für wie viele Tage haben Sie gepackt?

Silvia Neid: Die Tasche hat ja quasi der Deutsche Olympische Sport-Bund gepackt. Insofern war das für mich nicht schwer. Ich nehme die Olympia-Ausstattung mit. Die ist zwar sehr umfangreich, aber es ist nicht so, dass ich vom Zeitpunkt unserer Ankunft bis zum Tag des Endspiels täglich eine neue Garnitur im Koffer habe. Aber die chinesischen Wäschereien sind ja bekanntlich sehr gut. Ich hoffe, dass ich ihnen zu ordentlich Umsatz verhelfen werde.

Frage: Das heißt für die Wäschereien das Silber und für Sie und Ihre Mannschaft das Gold?

Silvia Neid: Wir sind amtierender Welt- und Europameister, von daher ist es ganz normal, dass wir zum Favoritenkreis gezählt werden. Aber das ist kein Problem für uns. Das deckt sich mit unseren Erwartungen. Wir haben ambitionierte und motivierte Spielerinnen. Unser Ziel ist es, eine Medaille zu gewinnen. Am liebsten natürlich die goldene.

Frage: Das ist eine klare Ansage, doch einfach wird die Umsetzung nicht werden. Wie schätzen Sie die Konkurrenz ein?

Silvia Neid: Sehr stark. Fast die komplette Weltspitze ist dabei. Das Feld ist ziemlich ausgeglichen. Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Mannschaften hat Chancen auf Edelmetall. Ich gehe von einem für die Zuschauer spannenden und attraktiven Turnier aus.

Frage: In welchem Punkt wird sich die Spreu vom Weizen trennen?

Silvia Neid: Eins ist klar: Wer eine Medaille holen will, darf sich keine Schwäche leisten. Man muss von der ersten Minute an voll im Turnier sein. Schon die Gruppenspiele sind für alle eine Herausforderung. Und dann wird es darauf ankommen, das Niveau im Verlauf des gesamten Wettbewerbs ganz hoch zu halten. Die Aufgaben werden ja nicht leichter, vor allen Dingen in der K.o.-Runde wird es auf die Tagesform ankommen. Und dabei spielt insbesondere die Fitness eine wichtige Rolle. Wir müssen in China im Drei-Tages-Rhythmus spielen, da bleibt von vornherein wenig Zeit zur Regeneration. Dazu finden unsere Partien am späten Nachmittag statt, wenn die Temperaturen immer noch sehr hoch sind. Und außerdem haben die Teams mit einem 18er-Kader eine ziemlich dünne Personaldecke, da muss man schon hoffen, dass sich niemand verletzt oder gesperrt wird.

Frage: Wie schwer wiegt die Auslosung?

Silvia Neid: Wie gesagt, keine Mannschaft hat ein leichtes Programm. Dennoch glaube ich, dass wir die schwerste Gruppe erwischt haben. Darüber zu lamentieren, würde aber keinen Sinn machen – das lenkt nur ab. Wir nehmen es, wie es kommt. Wir bereiten uns bestmöglich auf die Aufgaben vor. Ich vertraue da auch auf die Fähigkeit der Spielerinnen, sich auf die aktuellen, unmittelbar bevorstehenden Spiele zu konzentrieren und zu fokussieren.

Frage: Wie unangenehm ist den die Vorrunden-Gruppe mit Brasilien, Nigeria und Nordkorea?

Silvia Neid: Sehr. Die Brasilianerinnen werden auf Revanche für die Niederlage im WM-Finale im vergangenen Jahr sinnen. Und das Endspiel in Shanghai war eine Begegnung zweier Mannschaften auf Augenhöhe. Da hatten letztlich Nuancen den Ausschlag gegeben. Die Partie hätte auch anders laufen können, hätte Daniela nicht den Pfosten getroffen oder Marta den Elfmeter verschossen. Und die Nordkoreanerinnen waren schon im Viertelfinale ein unangenehmer Gegner. Angesichts der rasenden Entwicklung, die der nordkoreanische Frauenfußball in den vergangenen Jahren genommen hat, wird das wieder ein ganz schwerer Brocken sein. Die Nigerianerinnen wiederum sind insofern unbequem, da sie unberechenbar sind. Die sind zu allem fähig. Da muss man höllisch aufpassen, gerade bei deren unkonventioneller Spielweise. Und wenn man das einmal zusammenfasst, dann kann es nur unser erstes Ziel sein, uns für das Viertelfinale zu qualifizieren. Wenn wir das schaffen sollten, haben wir schon etwas geleistet.

Frage: Formulieren Sie jetzt vor dem Hintergrund dem 0:2 gegen Norwegen vom vergangenen Mittwoch etwas vorsichtiger?

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Silvia Neid: Nein, an unserem großen Ziel ändert das nichts. Ich wiederhole das auch gerne noch einmal: Wir wollen eine Medaille holen. Aber ich erkläre das so ausführlich, um auch zu verdeutlichen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass die deutsche Frauen-Nationalmannschaft so erfolgreich ist. Die Niederlage gegen Norwegen ist ein guter Beleg dafür, dass es sehr starke andere Mannschaften gibt. Die Weltspitze im Frauenfußball ist enger zusammengerückt. Es wird immer schwerer, sich durchzusetzen. Wir haben mit den Erfolgen der Vergangenheit unsere Fans verwöhnt, und das wollen wir am liebsten auch weiterhin tun, nur gibt es dafür keine Garantie. Andere Nationen holen auf. Und die hätten ihre große Freude daran, den amtierenden Welt- und Europameister aus dem Turnier zu schmeißen. Ich glaube, das ist eine große Motivation für die anderen Teams. Von daher ist da auch etwas dran, wenn man sagt: Nach oben zu kommen ist schwer, oben zu bleiben noch viel mehr.

Frage: Sie sagen, dass es Ihr langfristiges Ziel ist, die Nationalmannschaft in der Weltspitze zu etablieren. Dazu sei es nötig, die Spielerinnen stets weiterzuentwickeln, Trends zu setzen, über den Tellerrand zu schauen. Wie ist Ihnen das in der Vorbereitung auf Olympia gelungen?

Silvia Neid: Die Turniere wie die Olympischen Spiele, Welt- und Europameisterschaft sind die großen Leistungsschauen im internationalen Frauenfußball. Insofern sind sie schon ein guter Indikator für den Entwicklungsstand einer Mannschaft. Allerdings würde ich das Abschneiden bei diesen Wettbewerben auch nicht isoliert betrachten wollen. Nur weil Schweden im vergangenen Jahr bei der WM in der Vorrunde ausgeschieden ist, sind sie nicht auf dem absteigenden Ast. Sie hatten damals mit den USA, Nordkorea und Nigeria eine ähnliche Gruppe erwischt, wie wir sie jetzt haben. Ich will damit sagen, das Ergebnis eines Turniers ist zu wenig, um einen Trend zu charakterisieren. Das muss man über einen längeren Zeitraum betrachten.

Frage: Haben Sie ein Erfolgsrezept dafür?

Silvia Neid: Es wäre schön, wenn es das geben würde. Und wenn ich es dann auch noch wüsste, wäre ich bestimmt eine ziemlich begehrte Trainerin. Aber ich denke schon, dass es eine Grundvoraussetzung gibt. Nämlich dass Trainerinnen wie Spielerinnen mit dem gleichen Enthusiasmus, mit der gleichen Zielstrebigkeit und der gleichen Professionalität an die Sache herangehen. Wir haben zum Beispiel mittlerweile ein Trainer-Team etabliert, um möglichst detailliert zu arbeiten. Wir haben dort Spezialisten, wo es notwendig erscheint. Die Zusammenarbeit mit unserem Torwart-Trainer Michael Fuchs und unserem Fitness-Trainer Dr. Norbert Stein hat sich absolut bewährt. Und im DFB-Trainer-Stab habe ich in Ulrike Ballweg, Maren Meinert und Ralf Peter absolut kompetente Mitstreiter, deren Fachwissen ich voll vertraue. Deswegen haben sie auch alle ihren Anteil jetzt an der Vorbereitung und auch während des Turniers. Den Dialog mit ihnen schätze ich sehr, die Ideen, Gedanken und auch die Kritik, die sie einbringen, bringen das ganze Projekt Nationalmannschaft weiter. Und genauso wie wir Trainer uns hinterfragen, müssen dies auch die Spielerinnen tun. Oder umgekehrt formuliert: Wir müssen erkennen, wer sich weiterentwickeln will, wer dazu das Potenzial hat, wer noch heiß ist, auf weitere Erfolge.

Frage: Wie ist die Vorbereitung gelaufen?

Silvia Neid: Sehr gut. Im Vergleich zur WM im vergangenen Jahr, als wir zehn Wochen Vorbereitungszeit hatten, standen uns diesmal nur knapp vier Wochen zur Verfügung. Aber ich glaube, wir haben die Zeit gut genutzt. Wir haben intensiv gearbeitet. Die Spielerinnen haben voll mitgezogen. Und wir hatten bis auf kleinere Blessuren keine größere Verletzung, so dass alle das komplette Programm mitmachen konnten. Das ist für mich ein Zeichen, dass die Spielerinnen schon viel während der Saison gearbeitet haben. Dafür muss ich ihnen ein Kompliment machen. Ich glaube, wir sind gut vorbereitet.

Frage: Welchen Wert messen Sie den Olympischen Spielen bei?

Silvia Neid: Einen großen. Das olympische Frauenfußball-Turnier hat sich als eines der wichtigsten Turniere etabliert. Obwohl es den Wettbewerb ja erst seit 1996 gibt, gehört er neben der Welt- und Europameisterschaft zu den Top-Events. Allein sich dafür qualifiziert zu haben, ist schon eine große Auszeichnung. Nur drei Teams aus Europa sind dabei. Vor vier Jahren in Athen musste man für einen der UEFA-Startplätze bis ins Finale der WM einziehen. Insofern bin ich froh, dass wir bei allen bisherigen Austragungen dabei waren. Nicht nur weil wir damit ein Stück die Entwicklung des Turniers mitgeprägt haben, sondern weil es für enorm wichtig halte, bei einer solchen Top-Konkurrenz dabei zu sein. Denn bei einer solchen Veranstaltung kann man sich mit der Weltspitze messen. Dabei kann man nicht nur Titel und Prestige gewinnen, sondern es hat auch einen großen Lerneffekt für die Spielerinnen.