Silvia Neid: "Jeden Erfolg muss man sich erst verdienen"

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Mit dem Spiel gegen die Schweiz am Mittwoch in Basel (16 Uhr, live im ZDF) schließt die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die Qualifikation zur Europameisterschaft ab. Mit sieben Siegen in sieben Spielen hat sich die DFB-Auswahl bereits vorzeitig das Ticket für Finnland gesichert.

Dennoch will Silvia Neid gegen die Schweiz die weiße Weste wahren und sich mit einem Erfolgserlebnis im letzten Länderspiel des Jahres verabschieden. Im aktuellen Interview spricht die DFB-Trainerin über die wachsende Konkurrenz im Frauenfußball, Ausfälle, Rücktritte, die Integration von Talenten und die Vorbereitung auf die EURO.

Frage: Silvia Neid, wie hoch wird der Sieg Ihrer Mannschaft gegen die Schweiz ausfallen?

Silvia Neid: Ja, das wäre schön, wenn man das im vorhinein festlegen könnte. Aber so einfach ist das leider nicht. Wenn wir mit der Einstellung in das Spiel gehen würden, dass der Sieg schon feststeht und es nur noch eine Frage der Höhe des Ergebnisses ist, dann könnten wir Probleme bekommen. Die Schweiz kann man nicht mal eben so im Vorbeigehen schlagen. Da reichen 80 Prozent nicht aus.

Frage: Sind die Erwartung also nicht gerechtfertigt?

Silvia Neid: Doch, sind sie. Diese Erwartungshaltung der Öffentlichkeit haben wir uns ja schwer erarbeitet. Natürlich wollen wir gewinnen. Das ist unser Anspruch. Damit können wir uns sehr gut identifizieren. Ich möchte aber betonen, dass wir sehr hart dafür arbeiten, um erfolgreich zu sein. Das müssen wir auch, weil die Konkurrenz immer größer wird. Und wenn man nur nach der Höhe des Sieges gefragt wird, dann wird damit ja suggeriert, dass das eine Selbstverständlichkeit oder eine Leichtigkeit ist. Jeden Erfolg muss man sich aber erst einmal verdienen.

Frage: Vor was haben Sie den größten Respekt gegen die Schweiz?

Silvia Neid: Grundsätzlich habe ich vor jedem Gegner Respekt. Wenn ich einen Gegner nicht Ernst nehmen würde, wie sollte ich das dann meinen Spielerinnen vermitteln? Deswegen schauen wir uns im Trainer-Team jeden unserer Gegner an. Die damit einhergehenden Analysen sind wichtiger Bestandteil unserer Vorbereitung. Damit versuchen wir, Schwächen des Gegners aufzudecken, Wege zu finden, wie wir von diesen Schwächen profitieren und daraus wichtige Hinweise für unsere Spielerinnen ableiten können. Die Schweiz entwickelt sich im Frauenfußball sehr gut. Das ist auch ein Verdienst von Nationaltrainerin Beatrice von Siebenthal. Man merkt, dass sie dort etwas anschiebt. Die Qualität der Schweizer Nationalmannschaften auch im weiblichen Nachwuchsbereich verbessert sich zusehends. Und ich bin fest davon überzeugt, dass sie ihr Team richtig heiß machen wird für das Spiel gegen den amtierenden Welt- und Europameister.

Frage: Umgekehrt gefragt: Wie ist Ihre eigene Mannschaft drauf?

Silvia Neid: Seit den Olympischen Spielen war die Mannschaft nicht mehr zusammen. Insofern bin ich auf die ersten Trainingseindrücke gespannt. Man muss bei der Bewertung der derzeitigen Leistungen jedoch berücksichtigen, dass die Spielerinnen nach den Olympischen Spiele nur ein paar Tage Pause hatten, bevor die Bundesliga-Saison anfing, sie hatten kaum Erholung.

Frage: Sie haben mit Linda Bresonik, Fatmire Bajramaj, Celia Okoyino da Mbabi und Conny Pohlers einige Ausfälle zu beklagen. Wie schwer wiegen sie?

Silvia Neid: Das ist natürlich schade, dass die vier fehlen. Die drei erstgenannten sind noch ziemlich jung, gehören aber schon seit geraumer Zeit zum festen Kern der Mannschaft. Und die Qualitäten einer Conny Pohlers sind ja seit Jahren bekannt. Trotzdem denke ich, dass wir sie adäquat ersetzen können.

Frage: Mit Sandra Minnert, Silke Rottenberg und Renate Lingor haben innerhalb eines Jahres drei langjährige Stützen aufgehört. Haben Sie deswegen Bedenken?

Silvia Neid: Natürlich sind das drei Weltklasse-Spielerinnen gewesen. Auf sie verzichtet niemand gerne. Aber ich glaube, wir haben schon gezeigt, dass wir auch ohne sie konkurrenzfähig sind. Für Sandra Minnert sprang bei der WM bereits Annike Krahn in die Bresche. Im Tor hatten wir in den vergangenen Jahren ohnehin das Luxusproblem, mit Silke Rottenberg und Nadine Angerer über zwei hervorragende Torhüterinnen zu verfügen. Und als Renate Lingor im vergangenen Jahr mit der Schultereckgelenksprengung ausfiel, wussten wir das auch zu kompensieren.

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Frage: Dennoch war Renate Lingor eine zentrale Figur in der Nationalmannschaft. Wie schnell kann man eine solche Spielerin ersetzen?

Silvia Neid: Wie gesagt, auch sie war eine außergewöhnlich gute Spielerin. Wer immer ihr folgen wird, man sollte diese Spielerin nicht sofort mit ihr vergleichen. Auch eine Renate Lingor ist erst mit der Zeit in ihre Rolle gewachsen. Darüber hinaus bin ich jedoch sehr optimistisch, dass wir im zentralen Mittelfeld auch in Zukunft sehr gut besetzt sein werden.

Frage: Wird die Integration jüngerer Spielerinnen weiter vorangetrieben?

Silvia Neid: Da werden wir nicht von unserer Linie abgehen, weiterhin sukzessive junge Spielerinnen dazu holen, sie langsam integrieren und nach und nach an die gehobenen Ansprüche im internationalen Frauenfußball heranführen. Dadurch, dass meine Assistentinnen Uli Ballweg die U 23 und Maren Meinert die U 19 und U 20 betreuen, ist in diesem Bereich eine Durchgängigkeit gewährleistet. Jetzt haben wir mit Rücksicht auf die Vorbereitung der U 20-Nationalmannschaft auf die Weltmeisterschaft in Chile darauf verzichtet, eine jüngere Spielerin zu nominieren. Aber wir haben sie zweifellos auf dem Zettel. Und man darf auch nicht vergessen, dass Spielerinnen wie Celia Okoyino da Mbabi und Babett Peter erst 20, Melanie Behringer, Annike Krahn, Anja Mittag und Lena Goeßling erst 22, 23 Jahre alt sind.

Frage: Sie scheinen also gut für die Europameisterschaft im kommenden Jahr aufgestellt zu sein. Wofür ja auch die sieben Siege in sieben Spielen in der Qualifikation sprechen. Was sagt dieser Durchmarsch jedoch über die anderen Mannschaften aus – ist es gerechtfertigt, dass in Finnland erstmals zwölf Teams an der Endrunde teilnehmen werden?

Silvia Neid: Aus sportpolitischer Sicht begrüße ich diese Entscheidung. Es ist eine Form der Anerkennung für die Entwicklung, die der Frauenfußball in vielen Nationen nimmt. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die EM.

Frage: Wie sieht der weitere Fahrplan der deutschen Nationalmannschaft bis zur EM aus?

Silvia Neid: Das Spiel gegen die Schweiz ist das letzte in diesem Jahr. Das erste Länderspiel 2009 werden wir Ende Februar bestreiten. Danach nehmen wir im März am Algarve Cup teil. Im Frühjahr planen wir noch ein Länderspiel. Auf Grund des Bundesliga-Finales und des UEFA-Cups werden wir im Mai dann keine Termine haben und mit der direkten Vorbereitung auf die Europameisterschaft Ende Juni beginnen.

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Mit dem Spiel gegen die Schweiz am Mittwoch in Basel (16 Uhr, live im ZDF) schließt die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die Qualifikation zur Europameisterschaft ab. Mit sieben Siegen in sieben Spielen hat sich die DFB-Auswahl bereits vorzeitig das Ticket für Finnland gesichert.

Dennoch will Silvia Neid gegen die Schweiz die weiße Weste wahren und sich mit einem Erfolgserlebnis im letzten Länderspiel des Jahres verabschieden. Im aktuellen Interview spricht die DFB-Trainerin über die wachsende Konkurrenz im Frauenfußball, Ausfälle, Rücktritte, die Integration von Talenten und die Vorbereitung auf die EURO.

Frage: Silvia Neid, wie hoch wird der Sieg Ihrer Mannschaft gegen die Schweiz ausfallen?

Silvia Neid: Ja, das wäre schön, wenn man das im vorhinein festlegen könnte. Aber so einfach ist das leider nicht. Wenn wir mit der Einstellung in das Spiel gehen würden, dass der Sieg schon feststeht und es nur noch eine Frage der Höhe des Ergebnisses ist, dann könnten wir Probleme bekommen. Die Schweiz kann man nicht mal eben so im Vorbeigehen schlagen. Da reichen 80 Prozent nicht aus.

Frage: Sind die Erwartung also nicht gerechtfertigt?

Silvia Neid: Doch, sind sie. Diese Erwartungshaltung der Öffentlichkeit haben wir uns ja schwer erarbeitet. Natürlich wollen wir gewinnen. Das ist unser Anspruch. Damit können wir uns sehr gut identifizieren. Ich möchte aber betonen, dass wir sehr hart dafür arbeiten, um erfolgreich zu sein. Das müssen wir auch, weil die Konkurrenz immer größer wird. Und wenn man nur nach der Höhe des Sieges gefragt wird, dann wird damit ja suggeriert, dass das eine Selbstverständlichkeit oder eine Leichtigkeit ist. Jeden Erfolg muss man sich aber erst einmal verdienen.

Frage: Vor was haben Sie den größten Respekt gegen die Schweiz?

Silvia Neid: Grundsätzlich habe ich vor jedem Gegner Respekt. Wenn ich einen Gegner nicht Ernst nehmen würde, wie sollte ich das dann meinen Spielerinnen vermitteln? Deswegen schauen wir uns im Trainer-Team jeden unserer Gegner an. Die damit einhergehenden Analysen sind wichtiger Bestandteil unserer Vorbereitung. Damit versuchen wir, Schwächen des Gegners aufzudecken, Wege zu finden, wie wir von diesen Schwächen profitieren und daraus wichtige Hinweise für unsere Spielerinnen ableiten können. Die Schweiz entwickelt sich im Frauenfußball sehr gut. Das ist auch ein Verdienst von Nationaltrainerin Beatrice von Siebenthal. Man merkt, dass sie dort etwas anschiebt. Die Qualität der Schweizer Nationalmannschaften auch im weiblichen Nachwuchsbereich verbessert sich zusehends. Und ich bin fest davon überzeugt, dass sie ihr Team richtig heiß machen wird für das Spiel gegen den amtierenden Welt- und Europameister.

Frage: Umgekehrt gefragt: Wie ist Ihre eigene Mannschaft drauf?

Silvia Neid: Seit den Olympischen Spielen war die Mannschaft nicht mehr zusammen. Insofern bin ich auf die ersten Trainingseindrücke gespannt. Man muss bei der Bewertung der derzeitigen Leistungen jedoch berücksichtigen, dass die Spielerinnen nach den Olympischen Spiele nur ein paar Tage Pause hatten, bevor die Bundesliga-Saison anfing, sie hatten kaum Erholung.

Frage: Sie haben mit Linda Bresonik, Fatmire Bajramaj, Celia Okoyino da Mbabi und Conny Pohlers einige Ausfälle zu beklagen. Wie schwer wiegen sie?

Silvia Neid: Das ist natürlich schade, dass die vier fehlen. Die drei erstgenannten sind noch ziemlich jung, gehören aber schon seit geraumer Zeit zum festen Kern der Mannschaft. Und die Qualitäten einer Conny Pohlers sind ja seit Jahren bekannt. Trotzdem denke ich, dass wir sie adäquat ersetzen können.

Frage: Mit Sandra Minnert, Silke Rottenberg und Renate Lingor haben innerhalb eines Jahres drei langjährige Stützen aufgehört. Haben Sie deswegen Bedenken?

Silvia Neid: Natürlich sind das drei Weltklasse-Spielerinnen gewesen. Auf sie verzichtet niemand gerne. Aber ich glaube, wir haben schon gezeigt, dass wir auch ohne sie konkurrenzfähig sind. Für Sandra Minnert sprang bei der WM bereits Annike Krahn in die Bresche. Im Tor hatten wir in den vergangenen Jahren ohnehin das Luxusproblem, mit Silke Rottenberg und Nadine Angerer über zwei hervorragende Torhüterinnen zu verfügen. Und als Renate Lingor im vergangenen Jahr mit der Schultereckgelenksprengung ausfiel, wussten wir das auch zu kompensieren.

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Frage: Dennoch war Renate Lingor eine zentrale Figur in der Nationalmannschaft. Wie schnell kann man eine solche Spielerin ersetzen?

Silvia Neid: Wie gesagt, auch sie war eine außergewöhnlich gute Spielerin. Wer immer ihr folgen wird, man sollte diese Spielerin nicht sofort mit ihr vergleichen. Auch eine Renate Lingor ist erst mit der Zeit in ihre Rolle gewachsen. Darüber hinaus bin ich jedoch sehr optimistisch, dass wir im zentralen Mittelfeld auch in Zukunft sehr gut besetzt sein werden.

Frage: Wird die Integration jüngerer Spielerinnen weiter vorangetrieben?

Silvia Neid: Da werden wir nicht von unserer Linie abgehen, weiterhin sukzessive junge Spielerinnen dazu holen, sie langsam integrieren und nach und nach an die gehobenen Ansprüche im internationalen Frauenfußball heranführen. Dadurch, dass meine Assistentinnen Uli Ballweg die U 23 und Maren Meinert die U 19 und U 20 betreuen, ist in diesem Bereich eine Durchgängigkeit gewährleistet. Jetzt haben wir mit Rücksicht auf die Vorbereitung der U 20-Nationalmannschaft auf die Weltmeisterschaft in Chile darauf verzichtet, eine jüngere Spielerin zu nominieren. Aber wir haben sie zweifellos auf dem Zettel. Und man darf auch nicht vergessen, dass Spielerinnen wie Celia Okoyino da Mbabi und Babett Peter erst 20, Melanie Behringer, Annike Krahn, Anja Mittag und Lena Goeßling erst 22, 23 Jahre alt sind.

Frage: Sie scheinen also gut für die Europameisterschaft im kommenden Jahr aufgestellt zu sein. Wofür ja auch die sieben Siege in sieben Spielen in der Qualifikation sprechen. Was sagt dieser Durchmarsch jedoch über die anderen Mannschaften aus – ist es gerechtfertigt, dass in Finnland erstmals zwölf Teams an der Endrunde teilnehmen werden?

Silvia Neid: Aus sportpolitischer Sicht begrüße ich diese Entscheidung. Es ist eine Form der Anerkennung für die Entwicklung, die der Frauenfußball in vielen Nationen nimmt. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die EM.

Frage: Wie sieht der weitere Fahrplan der deutschen Nationalmannschaft bis zur EM aus?

Silvia Neid: Das Spiel gegen die Schweiz ist das letzte in diesem Jahr. Das erste Länderspiel 2009 werden wir Ende Februar bestreiten. Danach nehmen wir im März am Algarve Cup teil. Im Frühjahr planen wir noch ein Länderspiel. Auf Grund des Bundesliga-Finales und des UEFA-Cups werden wir im Mai dann keine Termine haben und mit der direkten Vorbereitung auf die Europameisterschaft Ende Juni beginnen.