SGS-Trainer Högner: "Ungemein viel positive Aufmerksamkeit"

Seit fast 20 Jahren gehört die SGS Essen der Google Pixel Frauen-Bundesliga an. Bereits seine elfte Saison als SGS-Trainer (2010 bis 2016 sowie wieder seit 2019) absolviert Markus Högner. Der 56 Jahre alte Fußball-Lehrer hat erneut ein vielversprechendes Team geformt. Im DFB.de-Interview spricht Högner mit Mitarbeiter Ralf Debat auch über das Topspiel heute (ab 19.30 Uhr, live auf Sport1, MagentaSport und DAZN) gegen den VfL Wolfsburg.

DFB.de: Wie gut ist die SGS Essen auf den Ligastart nach der Winterpause vorbereitet, Herr Högner?

Markus Högner: Gut, hoffe ich doch. (lacht) Durch die Witterungsverhältnisse in den zurückliegenden Wochen waren die Bedingungen sicherlich nicht optimal. Einige Einheiten mussten wir beispielsweise in die Halle verlegen. Ich will mich deshalb aber nicht beschweren, denn insgesamt konnten wir unser Programm durchziehen und auch drei Testspiele bestreiten. Beim jüngsten 5:1 gegen den Zweitligisten FSV Gütersloh sah es zumindest in der ersten Halbzeit schon sehr ordentlich aus. Ich weiß aber, dass dieses Ergebnis mit Blick auf unser Auftaktspiel in der Liga kein Maßstab ist.

DFB.de: Gefällt es Ihnen, gleich zum Auftakt auf Tabellenführer VfL Wolfsburg zu treffen?

Högner: Mit diesem Spiel endet ja erst die Hinrunde, wir treten in dieser Saison also sogar noch zweimal gegen den VfL an. Klar, der Zeitpunkt könnte günstiger für uns sein. Obwohl Wolfsburg Spitzenreiter ist, haben sie während der Hinserie nicht immer gut gespielt. Da haben sich bei ihren zahlreichen Nationalspielerinnen sicherlich noch die Belastungen durch die WM bemerkbar gemacht. Jetzt aber konnte der VfL die Wintervorbereitung gut nutzen, um wieder in Form zu kommen, zumal das Team auch nicht mehr in der Champions League vertreten ist. Das 10:0 im Testspiel gegen Sparta Prag hat ja schon gezeigt, dass sich das herausragend besetzte Team bereits in überragender Verfassung präsentiert. 

DFB.de: Was trauen Sie Ihrem Team dennoch gegen den Meisterschaftsaspiranten zu?

Högner: Unser Ziel wird es zunächst sein, möglichst sofort wieder so stabil zu agieren wie vor der Winterpause und uns so gut wie möglich aus der Affäre zu ziehen. Die Bedingungen werden besonders sein: Montagabend, Hafenstraße, Flutlicht, gute Kulisse. Wir werden hochmotiviert sein. Um den VfL aber auch ernsthaft in Verlegenheit zu bringen und vielleicht sogar etwas Zählbares mitzunehmen, müsste bei uns schon sehr vieles passen und auch das Spielglück auf unserer Seite sein. 

DFB.de: Ein Wiedersehen gibt es unter anderem mit Vivien Endemann, die vor Saisonbeginn von der SGS zu den "Wölfinnen" gewechselt war. Sie kam bislang in fast allen Pflichtspielen zum Einsatz. Hatten Sie das erwartet?

Högner: Ich hatte ihr definitiv eine gute Rolle zugetraut, denn Vivi bringt eine Supereinstellung mit und gehört zu den schnellsten Spielerinnen in der Bundesliga. Das ist ihr großes Plus. Dazu hat sie sicherlich auch davon profitiert, dass sie von Beginn an in bester körperlicher Verfassung war. Ich freue mich sehr für sie, dass sie in diesem Megakader so viel Einsatzzeit bekommen hat und auf sich aufmerksam machen konnte.

DFB.de: Vivien Endemann reiht sich ein in eine lange Liste von Leistungsträgerinnen, die sich bei der SGS Essen weiterentwickelt und den Verein dann als gestandene Bundesliga- oder sogar Nationalspielerin verlassen haben. Wie gelingt es Ihnen immer wieder, dennoch ein mindestens konkurrenzfähiges Team an den Start zu bringen?

Högner: Es ist einfach unsere Philosophie und unser Weg, junge Spielerinnen frühzeitig zu entdecken und zu fördern. Wir denken da immer weit im Voraus, wer wann den Sprung schaffen könnte. Das ist mit sehr viel Arbeit verbunden, aber gerade im Nachwuchsbereich sind wir ausgezeichnet aufgestellt. Wir haben da einige Leute mit einem sehr guten Auge. Fast in jedem Jahr können wir dadurch eine oder mehrere Spielerinnen nach oben ziehen. Gerade erst hat mit der 16 Jahre alten Kassandra Potsi ein weiteres vielversprechendes Talent einen Vertrag bei uns unterschrieben. 

DFB.de: Müssen Sie sich deshalb auch als Trainer immer wieder neu erfinden?

Högner: Auf jeden Fall. Die Integration neuer Spielerinnen erfordert mal eine andere Ansprache, mal andere Reize im Training. Gerade das ist doch für jeden Trainer eine besondere Herausforderung. Aktuell haben wir eine sehr gute Basis im Team, die es erleichtert, auch einzelne Abgänge zu kompensieren.

DFB.de: Nach einigen Jahren im Kampf um den Klassenverbleib überwinterte die SGS Essen aktuell in Schlagdistanz zu den Spitzenplätzen. Was sind die wichtigsten Gründe für das überraschend gute Abschneiden?

Högner: Uns ist es diesmal gelungen, das Gros unser Leistungsträgerinnen zu halten und sogar längerfristig an den Verein zu binden. Den Weggang von Vivien Endemann konnten wir durch die Verpflichtung von Lilli Purtscheller, die auch erst 20 Jahre alt ist, sehr gut auffangen. Als Ersatz für die nach Leipzig gewechselte Nina Räcke hat sich die 19 Jahre alte Laura Pucks, die aus unserer eigenen Jugend kommt, zur Stammspielerin in der Innenverteidigung entwickelt. Wir hatten sie in der Vorsaison durch Kurzeinsätze herangeführt. Hinzu kam, dass wir bis zur Winterpause nur wenige Ausfälle hatten und uns so immer besser einspielen konnten.

DFB.de: Unter anderem wurden in der Hinrunde mit Champions-League-Teilnehmer Eintracht Frankfurt und der TSG Hoffenheim zwei Anwärter auf das internationale Geschäft besiegt. Ist es in Essen erlaubt, von Europa zu träumen?

Högner: Klares Nein. Unser wichtigstes Ziel ist in jeder Saison der Klassenverbleib. Dafür sollten 18 bis 20 Punkte definitiv reichen. Von daher müssen wir uns in dieser Hinsicht sicherlich keine Sorgen mehr machen. Wir bleiben aber auch realistisch. Bis Mitte Februar treffen wir nach Wolfsburg auch noch auf Eintracht Frankfurt und den FC Bayern München, noch dazu jeweils auswärts. Das ist ein sehr schwieriges Auftaktprogramm. Auch wenn es sich wie eine Floskel anhört: Wir tun gut daran, nur an das nächste Spiel zu denken.

DFB.de: Schon zweimal standen Sie mit der SGS Essen im Endspiel um den DFB-Pokal. In dieser Saison geht es im Viertelfinale nach Leverkusen. Wie bewerten Sie die Chancen?

Högner: Wir treffen auf einen sehr starken Gegner, der sich in den vergangenen Jahren in der Liga ebenfalls sehr stark entwickelt und kontinuierlich verbessert hat. In der Liga hatten wir in Leverkusen einen sehr guten Tag und waren beim 0:0 nah dran, sogar drei Punkte mitzunehmen. Unser Ziel ist es, mit einem Sieg das Halbfinale zu erreichen. 

DFB.de: Nach dem Abstieg des 1. FFC Turbine Potsdam ist die SGS Essen der einzige verbliebene reine Frauenfußballklub in der höchsten deutschen Spielklasse. Macht Sie das stolz oder bereitet Ihnen das mehr Sorge?

Högner: Ich muss dazu sagen, dass wir damit sehr gut fahren. Wir machen unser Ding und sind auch ohne die Unterstützung und die Querfinanzierung durch eine Profiabteilung der Männer professionell aufgestellt und bieten unseren Spielerinnen gute Bedingungen - auch wenn selbstverständlich in einigen Bereichen noch Luft nach oben ist. Wir haben gute Zuschauerzahlen, eine eigene Fankultur. Das macht mich schon ein wenig stolz.

DFB.de: Welche Anstrengungen sind notwendig, um auch in Zukunft mithalten zu können?

Högner: Der nächste Step wird das neue Leistungszentrum, das sich aktuell im Bau befindet und unsere Möglichkeiten in der Nachwuchsförderung noch weiter verbessern wird. Grundsätzlich bin ich mir sicher, dass durch die positive Entwicklung des Frauenfußballs die Gehälter in nächster Zeit weiter steigen werden. Von daher werden wir definitiv auch daran arbeiten müssen, unsere Einnahmen zu erhöhen, beispielsweise im Sponsorenbereich. Sonst wird es schwierig, dieses sportliche Level auf Dauer zu halten.

DFB.de: Ihre Mannschaft trägt die Heimspiele schon seit einigen Jahren in demselben Stadion aus wie der benachbarte Männer-Drittligist Rot-Weiss Essen. Liegt da nicht ein Zusammenschluss oder zumindest eine Kooperation auf der Hand?

Högner: Der Kontakt zwischen beiden Vereinen ist sehr gut. Ich treffe mich beispielsweise auch schon mal mit RWE-Cheftrainer Christoph Dabrowski und den anderen sportlich Verantwortlichen, um uns auszutauschen. RWE ist in der erst zweiten Saison in der 3. Liga auf einem sehr guten Weg, sich weiter zu stabilisieren. Das freut uns natürlich auch. Aktuell machen es beide Klubs gut, aber eben jeder für sich. 

DFB.de: Hat es also auch Vorteile, weiterhin eigenständig zu bleiben?

Högner: Definitiv. Durch unser aktuelles Alleinstellungsmerkmal in der Liga bekommen wir ungemein viel positive Aufmerksamkeit. Es wird überall anerkannt, dass wir es mit unseren Mitteln schaffen, auf diesem Niveau mitzuhalten und uns sogar noch zu verbessern. Dieses große Interesse hilft uns dann natürlich auch bei der Weiterentwicklung des Klubs.

DFB.de: Würden Sie sich in diesem Zusammenhang den Wiederaufstieg von Turbine Potsdam wünschen?

Högner: Es würde der Liga ganz bestimmt nicht schaden, wenn dieser Traditionsverein zurückkehrt. Aktuell sieht es auf jeden Fall sehr gut für Turbine aus. Vielleicht schafft es ja auch noch der SC Sand. Dann wären plötzlich wieder drei Frauenfußballvereine in der Bundesliga vertreten. Ich hätte definitiv nichts dagegen.

DFB.de: Wie bewerten Sie insgesamt die Entwicklung der Google Pixel Frauen-Bundesliga?

Högner: Schon in der zurückliegenden Saison hat die Liga nach der EM in England einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Dass diese Entwicklung nachhaltig ist, zeigt die aktuelle Spielzeit nach der aus deutscher Sicht missglückten WM. Sportlich sind die Spielerinnen immer besser ausgebildet, speziell auch im athletischen Bereich. Das wiederum fördert die Attraktivität der Spiele. Wir sind da auf einem guten Weg, wenn auch noch nicht am Ziel.

DFB.de: Wie wichtig ist dafür auch das Abschneiden der Frauen-Nationalmannschaft, beispielweise in wenigen Wochen bei der Olympia-Qualifikation?

Högner: Die Nationalmannschaft ist nach wie vor das Team, das in der Öffentlichkeit die mit Abstand größte Resonanz bekommt. Millionen Menschen schauen sich die Länderspiele an. Von daher strahlt es selbstverständlich auch auf die Liga ab, wenn das DFB-Team erfolgreich ist. Spielerinnen wie Alex Popp oder Lena Oberdorf sind inzwischen richtige Stars. Viele Fans kommen vor allem deshalb ins Stadion, um speziell sie zu sehen. Das gab es noch vor wenigen Jahren in dieser Form nicht. 

DFB.de: Zahlreiche Spielerinnen der DFB-Frauen haben eine Essener Vergangenheit, beispielsweise Lena Oberdorf, Lea Schüller, Marina Hegering, Sara Doorsoun, Linda Dallmann oder Nicole Anyomi. Wer wird Essens nächste Nationalspielerin?

Högner: Da gibt es aus meiner Sicht einige Kandidatinnen. Unsere Torhüterin Sophia Winkler, Rechtsverteidigerin Beke Sterner, Defensivspielerin Katharina Piljic, Spielmacherin Natasha Kowalski und Angreiferin Laureta Elmazi sind allesamt erst 20 Jahre, aber schon etablierte Stammspielerinnen und sogar Leistungsträgerinnen in unserem Team. Sie sind alle in der Lage, sich noch weiterzuentwickeln und dann auch den nächsten Schritt zu machen. Umso glücklicher bin ich, dass alle noch längerfristig an uns gebunden sind.

[mspw]

Seit fast 20 Jahren gehört die SGS Essen der Google Pixel Frauen-Bundesliga an. Bereits seine elfte Saison als SGS-Trainer (2010 bis 2016 sowie wieder seit 2019) absolviert Markus Högner. Der 56 Jahre alte Fußball-Lehrer hat erneut ein vielversprechendes Team geformt. Im DFB.de-Interview spricht Högner mit Mitarbeiter Ralf Debat auch über das Topspiel heute (ab 19.30 Uhr, live auf Sport1, MagentaSport und DAZN) gegen den VfL Wolfsburg.

DFB.de: Wie gut ist die SGS Essen auf den Ligastart nach der Winterpause vorbereitet, Herr Högner?

Markus Högner: Gut, hoffe ich doch. (lacht) Durch die Witterungsverhältnisse in den zurückliegenden Wochen waren die Bedingungen sicherlich nicht optimal. Einige Einheiten mussten wir beispielsweise in die Halle verlegen. Ich will mich deshalb aber nicht beschweren, denn insgesamt konnten wir unser Programm durchziehen und auch drei Testspiele bestreiten. Beim jüngsten 5:1 gegen den Zweitligisten FSV Gütersloh sah es zumindest in der ersten Halbzeit schon sehr ordentlich aus. Ich weiß aber, dass dieses Ergebnis mit Blick auf unser Auftaktspiel in der Liga kein Maßstab ist.

DFB.de: Gefällt es Ihnen, gleich zum Auftakt auf Tabellenführer VfL Wolfsburg zu treffen?

Högner: Mit diesem Spiel endet ja erst die Hinrunde, wir treten in dieser Saison also sogar noch zweimal gegen den VfL an. Klar, der Zeitpunkt könnte günstiger für uns sein. Obwohl Wolfsburg Spitzenreiter ist, haben sie während der Hinserie nicht immer gut gespielt. Da haben sich bei ihren zahlreichen Nationalspielerinnen sicherlich noch die Belastungen durch die WM bemerkbar gemacht. Jetzt aber konnte der VfL die Wintervorbereitung gut nutzen, um wieder in Form zu kommen, zumal das Team auch nicht mehr in der Champions League vertreten ist. Das 10:0 im Testspiel gegen Sparta Prag hat ja schon gezeigt, dass sich das herausragend besetzte Team bereits in überragender Verfassung präsentiert. 

DFB.de: Was trauen Sie Ihrem Team dennoch gegen den Meisterschaftsaspiranten zu?

Högner: Unser Ziel wird es zunächst sein, möglichst sofort wieder so stabil zu agieren wie vor der Winterpause und uns so gut wie möglich aus der Affäre zu ziehen. Die Bedingungen werden besonders sein: Montagabend, Hafenstraße, Flutlicht, gute Kulisse. Wir werden hochmotiviert sein. Um den VfL aber auch ernsthaft in Verlegenheit zu bringen und vielleicht sogar etwas Zählbares mitzunehmen, müsste bei uns schon sehr vieles passen und auch das Spielglück auf unserer Seite sein. 

DFB.de: Ein Wiedersehen gibt es unter anderem mit Vivien Endemann, die vor Saisonbeginn von der SGS zu den "Wölfinnen" gewechselt war. Sie kam bislang in fast allen Pflichtspielen zum Einsatz. Hatten Sie das erwartet?

Högner: Ich hatte ihr definitiv eine gute Rolle zugetraut, denn Vivi bringt eine Supereinstellung mit und gehört zu den schnellsten Spielerinnen in der Bundesliga. Das ist ihr großes Plus. Dazu hat sie sicherlich auch davon profitiert, dass sie von Beginn an in bester körperlicher Verfassung war. Ich freue mich sehr für sie, dass sie in diesem Megakader so viel Einsatzzeit bekommen hat und auf sich aufmerksam machen konnte.

DFB.de: Vivien Endemann reiht sich ein in eine lange Liste von Leistungsträgerinnen, die sich bei der SGS Essen weiterentwickelt und den Verein dann als gestandene Bundesliga- oder sogar Nationalspielerin verlassen haben. Wie gelingt es Ihnen immer wieder, dennoch ein mindestens konkurrenzfähiges Team an den Start zu bringen?

Högner: Es ist einfach unsere Philosophie und unser Weg, junge Spielerinnen frühzeitig zu entdecken und zu fördern. Wir denken da immer weit im Voraus, wer wann den Sprung schaffen könnte. Das ist mit sehr viel Arbeit verbunden, aber gerade im Nachwuchsbereich sind wir ausgezeichnet aufgestellt. Wir haben da einige Leute mit einem sehr guten Auge. Fast in jedem Jahr können wir dadurch eine oder mehrere Spielerinnen nach oben ziehen. Gerade erst hat mit der 16 Jahre alten Kassandra Potsi ein weiteres vielversprechendes Talent einen Vertrag bei uns unterschrieben. 

DFB.de: Müssen Sie sich deshalb auch als Trainer immer wieder neu erfinden?

Högner: Auf jeden Fall. Die Integration neuer Spielerinnen erfordert mal eine andere Ansprache, mal andere Reize im Training. Gerade das ist doch für jeden Trainer eine besondere Herausforderung. Aktuell haben wir eine sehr gute Basis im Team, die es erleichtert, auch einzelne Abgänge zu kompensieren.

DFB.de: Nach einigen Jahren im Kampf um den Klassenverbleib überwinterte die SGS Essen aktuell in Schlagdistanz zu den Spitzenplätzen. Was sind die wichtigsten Gründe für das überraschend gute Abschneiden?

Högner: Uns ist es diesmal gelungen, das Gros unser Leistungsträgerinnen zu halten und sogar längerfristig an den Verein zu binden. Den Weggang von Vivien Endemann konnten wir durch die Verpflichtung von Lilli Purtscheller, die auch erst 20 Jahre alt ist, sehr gut auffangen. Als Ersatz für die nach Leipzig gewechselte Nina Räcke hat sich die 19 Jahre alte Laura Pucks, die aus unserer eigenen Jugend kommt, zur Stammspielerin in der Innenverteidigung entwickelt. Wir hatten sie in der Vorsaison durch Kurzeinsätze herangeführt. Hinzu kam, dass wir bis zur Winterpause nur wenige Ausfälle hatten und uns so immer besser einspielen konnten.

DFB.de: Unter anderem wurden in der Hinrunde mit Champions-League-Teilnehmer Eintracht Frankfurt und der TSG Hoffenheim zwei Anwärter auf das internationale Geschäft besiegt. Ist es in Essen erlaubt, von Europa zu träumen?

Högner: Klares Nein. Unser wichtigstes Ziel ist in jeder Saison der Klassenverbleib. Dafür sollten 18 bis 20 Punkte definitiv reichen. Von daher müssen wir uns in dieser Hinsicht sicherlich keine Sorgen mehr machen. Wir bleiben aber auch realistisch. Bis Mitte Februar treffen wir nach Wolfsburg auch noch auf Eintracht Frankfurt und den FC Bayern München, noch dazu jeweils auswärts. Das ist ein sehr schwieriges Auftaktprogramm. Auch wenn es sich wie eine Floskel anhört: Wir tun gut daran, nur an das nächste Spiel zu denken.

DFB.de: Schon zweimal standen Sie mit der SGS Essen im Endspiel um den DFB-Pokal. In dieser Saison geht es im Viertelfinale nach Leverkusen. Wie bewerten Sie die Chancen?

Högner: Wir treffen auf einen sehr starken Gegner, der sich in den vergangenen Jahren in der Liga ebenfalls sehr stark entwickelt und kontinuierlich verbessert hat. In der Liga hatten wir in Leverkusen einen sehr guten Tag und waren beim 0:0 nah dran, sogar drei Punkte mitzunehmen. Unser Ziel ist es, mit einem Sieg das Halbfinale zu erreichen. 

DFB.de: Nach dem Abstieg des 1. FFC Turbine Potsdam ist die SGS Essen der einzige verbliebene reine Frauenfußballklub in der höchsten deutschen Spielklasse. Macht Sie das stolz oder bereitet Ihnen das mehr Sorge?

Högner: Ich muss dazu sagen, dass wir damit sehr gut fahren. Wir machen unser Ding und sind auch ohne die Unterstützung und die Querfinanzierung durch eine Profiabteilung der Männer professionell aufgestellt und bieten unseren Spielerinnen gute Bedingungen - auch wenn selbstverständlich in einigen Bereichen noch Luft nach oben ist. Wir haben gute Zuschauerzahlen, eine eigene Fankultur. Das macht mich schon ein wenig stolz.

DFB.de: Welche Anstrengungen sind notwendig, um auch in Zukunft mithalten zu können?

Högner: Der nächste Step wird das neue Leistungszentrum, das sich aktuell im Bau befindet und unsere Möglichkeiten in der Nachwuchsförderung noch weiter verbessern wird. Grundsätzlich bin ich mir sicher, dass durch die positive Entwicklung des Frauenfußballs die Gehälter in nächster Zeit weiter steigen werden. Von daher werden wir definitiv auch daran arbeiten müssen, unsere Einnahmen zu erhöhen, beispielsweise im Sponsorenbereich. Sonst wird es schwierig, dieses sportliche Level auf Dauer zu halten.

DFB.de: Ihre Mannschaft trägt die Heimspiele schon seit einigen Jahren in demselben Stadion aus wie der benachbarte Männer-Drittligist Rot-Weiss Essen. Liegt da nicht ein Zusammenschluss oder zumindest eine Kooperation auf der Hand?

Högner: Der Kontakt zwischen beiden Vereinen ist sehr gut. Ich treffe mich beispielsweise auch schon mal mit RWE-Cheftrainer Christoph Dabrowski und den anderen sportlich Verantwortlichen, um uns auszutauschen. RWE ist in der erst zweiten Saison in der 3. Liga auf einem sehr guten Weg, sich weiter zu stabilisieren. Das freut uns natürlich auch. Aktuell machen es beide Klubs gut, aber eben jeder für sich. 

DFB.de: Hat es also auch Vorteile, weiterhin eigenständig zu bleiben?

Högner: Definitiv. Durch unser aktuelles Alleinstellungsmerkmal in der Liga bekommen wir ungemein viel positive Aufmerksamkeit. Es wird überall anerkannt, dass wir es mit unseren Mitteln schaffen, auf diesem Niveau mitzuhalten und uns sogar noch zu verbessern. Dieses große Interesse hilft uns dann natürlich auch bei der Weiterentwicklung des Klubs.

DFB.de: Würden Sie sich in diesem Zusammenhang den Wiederaufstieg von Turbine Potsdam wünschen?

Högner: Es würde der Liga ganz bestimmt nicht schaden, wenn dieser Traditionsverein zurückkehrt. Aktuell sieht es auf jeden Fall sehr gut für Turbine aus. Vielleicht schafft es ja auch noch der SC Sand. Dann wären plötzlich wieder drei Frauenfußballvereine in der Bundesliga vertreten. Ich hätte definitiv nichts dagegen.

DFB.de: Wie bewerten Sie insgesamt die Entwicklung der Google Pixel Frauen-Bundesliga?

Högner: Schon in der zurückliegenden Saison hat die Liga nach der EM in England einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Dass diese Entwicklung nachhaltig ist, zeigt die aktuelle Spielzeit nach der aus deutscher Sicht missglückten WM. Sportlich sind die Spielerinnen immer besser ausgebildet, speziell auch im athletischen Bereich. Das wiederum fördert die Attraktivität der Spiele. Wir sind da auf einem guten Weg, wenn auch noch nicht am Ziel.

DFB.de: Wie wichtig ist dafür auch das Abschneiden der Frauen-Nationalmannschaft, beispielweise in wenigen Wochen bei der Olympia-Qualifikation?

Högner: Die Nationalmannschaft ist nach wie vor das Team, das in der Öffentlichkeit die mit Abstand größte Resonanz bekommt. Millionen Menschen schauen sich die Länderspiele an. Von daher strahlt es selbstverständlich auch auf die Liga ab, wenn das DFB-Team erfolgreich ist. Spielerinnen wie Alex Popp oder Lena Oberdorf sind inzwischen richtige Stars. Viele Fans kommen vor allem deshalb ins Stadion, um speziell sie zu sehen. Das gab es noch vor wenigen Jahren in dieser Form nicht. 

DFB.de: Zahlreiche Spielerinnen der DFB-Frauen haben eine Essener Vergangenheit, beispielsweise Lena Oberdorf, Lea Schüller, Marina Hegering, Sara Doorsoun, Linda Dallmann oder Nicole Anyomi. Wer wird Essens nächste Nationalspielerin?

Högner: Da gibt es aus meiner Sicht einige Kandidatinnen. Unsere Torhüterin Sophia Winkler, Rechtsverteidigerin Beke Sterner, Defensivspielerin Katharina Piljic, Spielmacherin Natasha Kowalski und Angreiferin Laureta Elmazi sind allesamt erst 20 Jahre, aber schon etablierte Stammspielerinnen und sogar Leistungsträgerinnen in unserem Team. Sie sind alle in der Lage, sich noch weiterzuentwickeln und dann auch den nächsten Schritt zu machen. Umso glücklicher bin ich, dass alle noch längerfristig an uns gebunden sind.

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