Selke über Poulsen: "Mein Freund Yussi"

Einst spielten sie zusammen für RB Leipzig. Der eine, Yussuf Poulsen, ist noch immer da. Der andere, Davie Selke, erzielt seine Tore heute für Hertha BSC. Hier schreibt er über einen alten Kollegen, der für ihn mehr war als nur ein Mitspieler. Und der gerade die beste Saison seiner Karriere erlebt.

Ich bin 2015 zu RB Leipzig in die Zweite Liga gekommen, Yussi war seit 2013 da. Eigentlich waren wir also Konkurrenten im Sturm. Aber Yussi war von Beginn an total offen, wir haben uns sehr gut verstanden. Kurz haben wir beide zusammen gespielt, doch Trainer Ralf Rangnick hat dann auf einen Stürmer umgestellt. Ich war in der Startelf und habe meine Tore gemacht, Yussi saß erst mal draußen.

Eine Sache ist mir aus dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, was für ein besonderer Mensch Yussi ist: Wir haben im November 2015 bei Arminia Bielefeld 1:0 gewonnen, ich habe das Tor erzielt. Er hat mit mir gejubelt, kam nach dem Spiel noch einmal zu mir und sagte: "Ich freue mich riesig für dich." So etwas habe ich davor und danach im Profibereich nicht erlebt. Ich dachte, er will mich veralbern. Aber er hat es total ernst gemeint. Das muss man sich mal vorstellen: Du spielst nicht, der andere, der auf deiner Position spielt, trifft und trotzdem zeigst du diese Größe.

"Habe von Yussi einiges gelernt"

Dass zwischen uns eine richtig gute Freundschaft entstanden ist, hatte viel damit zu tun, wie er sich in den ersten Monaten verhalten hat. Das war für mich beeindruckend und ich habe von Yussi einiges gelernt. Ich war sehr verbissen und zielstrebig. Letzteres bin ich immer noch. Aber ich schaue inzwischen auch mehr auf Dinge abseits des Rasens.

Wir haben uns bei Auswärtsspielen und Trainingslagern ein Zimmer geteilt, waren einfach auf einer Wellenlänge. Wir sind beide Wettkampftypen. Daher haben wir alles Mögliche gezockt. Billard, Handyspiele, alles. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass er meistens gewonnen hat. Vielleicht lag es ja daran, dass er die ganzen Spiele kannte und ich mich erst reinfuchsen musste. Und er hat mir Tipps gegeben, welche Serien ich mir ansehen soll. Ich glaube, er hat Netflix zweimal komplett durchgeschaut. Gemeinsam haben wir allerdings nicht so oft geguckt. Er hat das englische Original bevorzugt, ich die deutsche Version. 

Woran ich mich auch erinnere: Wie gern Yussi schläft. Dafür, dass er sehr oft und lange im Bett liegt, kommt er erstaunlich selten zu spät. Demnächst wird er Vater, da wird sich das mit dem Schlafen vermutlich etwas ändern.

Chance genutzt

In der Winterpause der Saison 2015/2016 hat sich sportlich alles gedreht bei uns. Obwohl ich sieben Tore geschossen hatte, war ich plötzlich raus. Ich weiß bis heute nicht genau, warum. Auf jeden Fall spielte danach Yussi. Er nutzte seine Chance. Nun war es für mich schwierig, aber die Erfahrungen im ersten halben Jahr haben mir wahnsinnig geholfen, das zu akzeptieren und ihn zu unterstützen. Ab diesem Zeitpunkt war ich es, der sich für ihn und über seine Tore freute. Wir sind aufgestiegen, Yussi blieb Stammspieler, ich wurde meist eingewechselt.

2017 bin ich zu Hertha BSC gegangen. Besonders vor Spielen gegeneinander haben wir Kontakt. Bei unserem ersten direkten Aufeinandertreffen habe ich zwei Tore gemacht, wir haben 3:2 gewonnen. Die drei weiteren Spiele hat Leipzig gewonnen. Zuletzt 5:0 durch drei Tore von Yussi. Nach dem Spiel wollte ich mit niemandem sprechen. Das eint uns auch: Wir hassen es beide, zu verlieren. Später am Abend habe ich ihm geschrieben. Sein zweites Tor hat er mit der Innenseite erzielt, das macht er gern. Aber das dritte Tor! Ein Lupfer. Wahnsinn, den habe ich noch nie von ihm gesehen.

"Er hat sich immer weiterentwickelt"

Er hat einen Lauf. Den hat er sich erarbeitet. Er hat sich immer weiterentwickelt. Jetzt hat er auch die entsprechende Torquote. Bemerkenswert ist seine Pferdelunge. Yussi läuft wie ein Verrückter. Zum Aufwärmen macht er 40-Meter-Sprints. Da würde ich schon vor dem Anpfiff pumpen.

Das Finale hätte ich mir gern im Olympiastadion angesehen, aber wir sind bis Ende des Monats mit Hertha auf einer USA-Reise. Angucken will ich mir das Spiel auf jeden Fall. Die Bayern sind für mich immer favorisiert, wenn sie gegen eine deutsche Mannschaft spielen. Aber Leipzig kann sie ärgern. Ich drücke Yussi die Daumen und würde es ihm von Herzen gönnen, dass er den Pokal holt.

[dfb]

Einst spielten sie zusammen für RB Leipzig. Der eine, Yussuf Poulsen, ist noch immer da. Der andere, Davie Selke, erzielt seine Tore heute für Hertha BSC. Hier schreibt er über einen alten Kollegen, der für ihn mehr war als nur ein Mitspieler. Und der gerade die beste Saison seiner Karriere erlebt.

Ich bin 2015 zu RB Leipzig in die Zweite Liga gekommen, Yussi war seit 2013 da. Eigentlich waren wir also Konkurrenten im Sturm. Aber Yussi war von Beginn an total offen, wir haben uns sehr gut verstanden. Kurz haben wir beide zusammen gespielt, doch Trainer Ralf Rangnick hat dann auf einen Stürmer umgestellt. Ich war in der Startelf und habe meine Tore gemacht, Yussi saß erst mal draußen.

Eine Sache ist mir aus dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, was für ein besonderer Mensch Yussi ist: Wir haben im November 2015 bei Arminia Bielefeld 1:0 gewonnen, ich habe das Tor erzielt. Er hat mit mir gejubelt, kam nach dem Spiel noch einmal zu mir und sagte: "Ich freue mich riesig für dich." So etwas habe ich davor und danach im Profibereich nicht erlebt. Ich dachte, er will mich veralbern. Aber er hat es total ernst gemeint. Das muss man sich mal vorstellen: Du spielst nicht, der andere, der auf deiner Position spielt, trifft und trotzdem zeigst du diese Größe.

"Habe von Yussi einiges gelernt"

Dass zwischen uns eine richtig gute Freundschaft entstanden ist, hatte viel damit zu tun, wie er sich in den ersten Monaten verhalten hat. Das war für mich beeindruckend und ich habe von Yussi einiges gelernt. Ich war sehr verbissen und zielstrebig. Letzteres bin ich immer noch. Aber ich schaue inzwischen auch mehr auf Dinge abseits des Rasens.

Wir haben uns bei Auswärtsspielen und Trainingslagern ein Zimmer geteilt, waren einfach auf einer Wellenlänge. Wir sind beide Wettkampftypen. Daher haben wir alles Mögliche gezockt. Billard, Handyspiele, alles. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass er meistens gewonnen hat. Vielleicht lag es ja daran, dass er die ganzen Spiele kannte und ich mich erst reinfuchsen musste. Und er hat mir Tipps gegeben, welche Serien ich mir ansehen soll. Ich glaube, er hat Netflix zweimal komplett durchgeschaut. Gemeinsam haben wir allerdings nicht so oft geguckt. Er hat das englische Original bevorzugt, ich die deutsche Version. 

Woran ich mich auch erinnere: Wie gern Yussi schläft. Dafür, dass er sehr oft und lange im Bett liegt, kommt er erstaunlich selten zu spät. Demnächst wird er Vater, da wird sich das mit dem Schlafen vermutlich etwas ändern.

Chance genutzt

In der Winterpause der Saison 2015/2016 hat sich sportlich alles gedreht bei uns. Obwohl ich sieben Tore geschossen hatte, war ich plötzlich raus. Ich weiß bis heute nicht genau, warum. Auf jeden Fall spielte danach Yussi. Er nutzte seine Chance. Nun war es für mich schwierig, aber die Erfahrungen im ersten halben Jahr haben mir wahnsinnig geholfen, das zu akzeptieren und ihn zu unterstützen. Ab diesem Zeitpunkt war ich es, der sich für ihn und über seine Tore freute. Wir sind aufgestiegen, Yussi blieb Stammspieler, ich wurde meist eingewechselt.

2017 bin ich zu Hertha BSC gegangen. Besonders vor Spielen gegeneinander haben wir Kontakt. Bei unserem ersten direkten Aufeinandertreffen habe ich zwei Tore gemacht, wir haben 3:2 gewonnen. Die drei weiteren Spiele hat Leipzig gewonnen. Zuletzt 5:0 durch drei Tore von Yussi. Nach dem Spiel wollte ich mit niemandem sprechen. Das eint uns auch: Wir hassen es beide, zu verlieren. Später am Abend habe ich ihm geschrieben. Sein zweites Tor hat er mit der Innenseite erzielt, das macht er gern. Aber das dritte Tor! Ein Lupfer. Wahnsinn, den habe ich noch nie von ihm gesehen.

"Er hat sich immer weiterentwickelt"

Er hat einen Lauf. Den hat er sich erarbeitet. Er hat sich immer weiterentwickelt. Jetzt hat er auch die entsprechende Torquote. Bemerkenswert ist seine Pferdelunge. Yussi läuft wie ein Verrückter. Zum Aufwärmen macht er 40-Meter-Sprints. Da würde ich schon vor dem Anpfiff pumpen.

Das Finale hätte ich mir gern im Olympiastadion angesehen, aber wir sind bis Ende des Monats mit Hertha auf einer USA-Reise. Angucken will ich mir das Spiel auf jeden Fall. Die Bayern sind für mich immer favorisiert, wenn sie gegen eine deutsche Mannschaft spielen. Aber Leipzig kann sie ärgern. Ich drücke Yussi die Daumen und würde es ihm von Herzen gönnen, dass er den Pokal holt.

###more###