Selimhodzic: "Turbine Potsdam unterstützt mich großartig"

Hinter Noa Selimhodzic liegt ein kompliziertes Jahr. Mit Turbine Potsdam ist die Mittelfeldspielerin aus der Google Pixel Frauen-Bundesliga abgestiegen, die Rückkehr ist nach einer starken Hinserie jedoch möglich. Ihre Gedanken allerdings sind im Moment vor allem in ihrer Heimat. Denn das Leben der israelischen Nationalspielerin hat sich am 7. Oktober mit dem Angriff der Hamas auf ihr Land verändert. Im DFB.de-Interview spricht die 20-Jährige über Ängste, Hoffnungen und ihren ganz großen Wunsch für 2024.

DFB.de: Noa Selimhodzic, 2023 neigt sich dem Ende entgegen. Was sind Ihre Wünsche für das kommende Jahr?

Noa Selimhodzic: Frieden! Ich möchte, dass meine Familie, meine Freunde und alle Menschen in Israel sicher und ohne Angst leben können. Das ist alles, was mich im Moment bewegt.

DFB.de: Wie erleben Sie die Situation in Ihrem Heimatland?

Selimhodzic: Es ist wirklich hart und schwierig derzeit. Ich bin hier und meine Familie ist dort. Ich kann im Moment nicht viel für sie tun. Das macht mir zu schaffen. Die Nachrichten, die ich von ihnen bekomme, sind manchmal schwer zu verarbeiten. Wir sind ständig in Kontakt. Mein Herz ist immer bei ihnen und ich hoffe einfach nur, dass sich die Situation entspannt.

DFB.de: Was berichten Ihre Angehörigen aus Israel?

Selimhodzic: Sie haben Angst. Sie fühlen sich dort im Moment logischerweise nicht sicher. Turbine Potsdam unterstützt mich großartig. Die Verantwortlichen haben auch angeboten, meine Angehörigen nach Deutschland zu holen. Aber meine Familie möchte lieber in Israel bleiben. Ich kann das auch gut verstehen. Es ist nicht einfach, die Heimat zu verlassen. Wer weiß, wann eine Rückkehr möglich ist…

DFB.de: Wie haben Sie vom Ausbruch des Krieges erfahren?

Selimhodzic: Am Morgen des 7. Oktober habe ich eine Nachricht von meiner Mutter bekommen, dass in Israel etwas Schreckliches passiert sei. Sie wollte, dass ich es von ihr erfahre und nicht aus den Nachrichten oder aus den sozialen Netzwerken. Es war schrecklich, davon zu hören und später dann auch die Bilder der Angriffe zu sehen. Die ersten Tage waren für mich besonders schlimm, weil ich nichts tun konnte.

DFB.de: Waren Sie seit Kriegsbeginn in Israel?

Selimhodzic: Nur für einen Tag vor einem Länderspiel. Es war sehr speziell. Wir kamen in den Flughafen und es war fast niemand dort. Die Situation war gespenstisch.

DFB.de: Was macht Ihnen am meisten zu schaffen?

Selimhodzic: Diese Ungewissheit. Man weiß nicht, wie es weitergeht, was passieren wird. Dieses Gefühl der Unsicherheit ist nicht schön. Ich habe versucht, mich so weit es geht auf den Fußball zu konzentrieren, um mich so auch etwas ablenken zu können. Trotzdem sind meine Gedanken fast die ganze Zeit in Israel.

DFB.de: Auch wenn es unwichtig erscheint, lassen Sie uns auch noch etwas über die sportliche Situation sprechen. Wie schauen Sie in dieser Hinsicht auf das vergangene halbe Jahr zurück?

Selimhodzic: Es war geprägt von guten und schlechten Zeiten. Wir sind nach dem Abstieg schlecht gestartet, haben uns in den vergangenen Monaten aber gefangen und nach oben gearbeitet. Am Anfang haben wir keine guten Leistungen gezeigt. Aber zuletzt haben wir uns stabilisiert. Es war klar, dass es nach dem Abstieg und dem erneuten Umbruch im Sommer nicht leicht werden würde. Vor diesem Hintergrund können wir mit dem zweiten Platz, den wir derzeit belegen, zufrieden sein. Wir werden jetzt die Akkus wieder aufladen, um dann noch stärker zurückzukommen.

DFB.de: Ist auch der Aufstieg möglich?

Selimhodzic: Natürlich ist das möglich. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wir es schaffen werden, wenn wir in der zweiten Saisonhälfte konstant unsere Leistung abrufen können. Das Potenzial ist auf jeden Fall da.

DFB.de: Zum Abschluss der Hinrunde haben Sie durch ein 1:1 gegen den FC Ingolstadt die Tabellenführung verspielt. Nun steht der Hamburger SV zu Weihnachten ganz oben.

Selimhodzic: Das ist ärgerlich, weil wir genug Chancen hatten, um die Begegnung zu gewinnen. Wir haben bis zur letzten Minute alles versucht. Aber es hat einfach nicht funktioniert. Uns hat in dieser Partie auch das nötige Quäntchen Glück gefehlt. Gut ist hingegen, dass wir immer noch auf einem Aufstiegsplatz stehen.

DFB.de: Auffällig ist Ihre Torbilanz von 14:6 mit der Sie aus 13 Spielen immerhin 26 Punkte geholt haben. Wie erklären Sie sich diese minimalistische Statistik?

Selimhodzic: Wir stehen defensiv sehr gut und haben mit Vanessa Fischer meiner Meinung nach die beste Torhüterin der Liga. So haben wir es geschafft, mehrere Begegnungen ohne Gegentreffer zu bestreiten. Und dann reicht eben auch schon ein eigenes Tor, um drei Punkte zu holen. Klar ist aber, dass wir gemeinsam in der Offensive effizienter werden müssen.

DFB.de: Sie sind inzwischen Stammspielerin bei Turbine. Wie bewerten Sie Ihre eigene Entwicklung?

Selimhodzic: Ich werde besser und selbstbewusster. Ich bin glücklich darüber, jetzt viel Spielzeit zu bekommen. Ich spüre die Rückendeckung der Verantwortlichen und das tut sehr gut. Ich möchte mit Turbine so schnell wie möglich zurück in die Bundesliga. Dieser Verein gehört dorthin. Wenn wir zusammenhalten, können und werden wir es in dieser Saison schaffen.

DFB.de: Sie haben mittlerweile über 20 Länderspiele für Israel bestritten. Was bedeutet Ihnen das?

Selimhodzic: Wirklich sehr viel! Ich bin stolz darauf, das Trikot meines Landes tragen zu dürfen – ganz besonders in der aktuellen Situation. Es ist wichtig, die Farben Israel international vertreten zu dürfen. Sportlich geht es in die richtige Richtung. Wir haben kürzlich den Aufstieg in die League B geschafft und werden uns dann zukünftig mit stärken Teams messen können. Darauf freue ich mich.

DFB.de: Nun stehen jedoch zunächst Weihnachten und der Jahreswechsel vor der Tür. Wie werden Sie die Zeit verbringen?

Selimhodzic: Ich werde in Israel bei meiner Familie und meinen Freunden sein. Ich weiß, dass das gefährlich sein kann. Aber es ist meine Heimat. Ich möchte Weihnachten und den Jahreswechsel bei meiner Familie verbringen. Es ist für mich als Fußballerin mehr oder weniger die einzige Möglichkeit im Jahr, um für einen längeren Zeitraum dort sein zu können. Ich möchte meinen Angehörigen Kraft geben für die nächsten Wochen und Monate. Zum Glück leben sie etwas von Tel Aviv entfernt. Bis jetzt ist die Situation dort vor Ort noch nicht so gefährlich, wie in anderen Gebieten Israels.

[sw]

Hinter Noa Selimhodzic liegt ein kompliziertes Jahr. Mit Turbine Potsdam ist die Mittelfeldspielerin aus der Google Pixel Frauen-Bundesliga abgestiegen, die Rückkehr ist nach einer starken Hinserie jedoch möglich. Ihre Gedanken allerdings sind im Moment vor allem in ihrer Heimat. Denn das Leben der israelischen Nationalspielerin hat sich am 7. Oktober mit dem Angriff der Hamas auf ihr Land verändert. Im DFB.de-Interview spricht die 20-Jährige über Ängste, Hoffnungen und ihren ganz großen Wunsch für 2024.

DFB.de: Noa Selimhodzic, 2023 neigt sich dem Ende entgegen. Was sind Ihre Wünsche für das kommende Jahr?

Noa Selimhodzic: Frieden! Ich möchte, dass meine Familie, meine Freunde und alle Menschen in Israel sicher und ohne Angst leben können. Das ist alles, was mich im Moment bewegt.

DFB.de: Wie erleben Sie die Situation in Ihrem Heimatland?

Selimhodzic: Es ist wirklich hart und schwierig derzeit. Ich bin hier und meine Familie ist dort. Ich kann im Moment nicht viel für sie tun. Das macht mir zu schaffen. Die Nachrichten, die ich von ihnen bekomme, sind manchmal schwer zu verarbeiten. Wir sind ständig in Kontakt. Mein Herz ist immer bei ihnen und ich hoffe einfach nur, dass sich die Situation entspannt.

DFB.de: Was berichten Ihre Angehörigen aus Israel?

Selimhodzic: Sie haben Angst. Sie fühlen sich dort im Moment logischerweise nicht sicher. Turbine Potsdam unterstützt mich großartig. Die Verantwortlichen haben auch angeboten, meine Angehörigen nach Deutschland zu holen. Aber meine Familie möchte lieber in Israel bleiben. Ich kann das auch gut verstehen. Es ist nicht einfach, die Heimat zu verlassen. Wer weiß, wann eine Rückkehr möglich ist…

DFB.de: Wie haben Sie vom Ausbruch des Krieges erfahren?

Selimhodzic: Am Morgen des 7. Oktober habe ich eine Nachricht von meiner Mutter bekommen, dass in Israel etwas Schreckliches passiert sei. Sie wollte, dass ich es von ihr erfahre und nicht aus den Nachrichten oder aus den sozialen Netzwerken. Es war schrecklich, davon zu hören und später dann auch die Bilder der Angriffe zu sehen. Die ersten Tage waren für mich besonders schlimm, weil ich nichts tun konnte.

DFB.de: Waren Sie seit Kriegsbeginn in Israel?

Selimhodzic: Nur für einen Tag vor einem Länderspiel. Es war sehr speziell. Wir kamen in den Flughafen und es war fast niemand dort. Die Situation war gespenstisch.

DFB.de: Was macht Ihnen am meisten zu schaffen?

Selimhodzic: Diese Ungewissheit. Man weiß nicht, wie es weitergeht, was passieren wird. Dieses Gefühl der Unsicherheit ist nicht schön. Ich habe versucht, mich so weit es geht auf den Fußball zu konzentrieren, um mich so auch etwas ablenken zu können. Trotzdem sind meine Gedanken fast die ganze Zeit in Israel.

DFB.de: Auch wenn es unwichtig erscheint, lassen Sie uns auch noch etwas über die sportliche Situation sprechen. Wie schauen Sie in dieser Hinsicht auf das vergangene halbe Jahr zurück?

Selimhodzic: Es war geprägt von guten und schlechten Zeiten. Wir sind nach dem Abstieg schlecht gestartet, haben uns in den vergangenen Monaten aber gefangen und nach oben gearbeitet. Am Anfang haben wir keine guten Leistungen gezeigt. Aber zuletzt haben wir uns stabilisiert. Es war klar, dass es nach dem Abstieg und dem erneuten Umbruch im Sommer nicht leicht werden würde. Vor diesem Hintergrund können wir mit dem zweiten Platz, den wir derzeit belegen, zufrieden sein. Wir werden jetzt die Akkus wieder aufladen, um dann noch stärker zurückzukommen.

DFB.de: Ist auch der Aufstieg möglich?

Selimhodzic: Natürlich ist das möglich. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wir es schaffen werden, wenn wir in der zweiten Saisonhälfte konstant unsere Leistung abrufen können. Das Potenzial ist auf jeden Fall da.

DFB.de: Zum Abschluss der Hinrunde haben Sie durch ein 1:1 gegen den FC Ingolstadt die Tabellenführung verspielt. Nun steht der Hamburger SV zu Weihnachten ganz oben.

Selimhodzic: Das ist ärgerlich, weil wir genug Chancen hatten, um die Begegnung zu gewinnen. Wir haben bis zur letzten Minute alles versucht. Aber es hat einfach nicht funktioniert. Uns hat in dieser Partie auch das nötige Quäntchen Glück gefehlt. Gut ist hingegen, dass wir immer noch auf einem Aufstiegsplatz stehen.

DFB.de: Auffällig ist Ihre Torbilanz von 14:6 mit der Sie aus 13 Spielen immerhin 26 Punkte geholt haben. Wie erklären Sie sich diese minimalistische Statistik?

Selimhodzic: Wir stehen defensiv sehr gut und haben mit Vanessa Fischer meiner Meinung nach die beste Torhüterin der Liga. So haben wir es geschafft, mehrere Begegnungen ohne Gegentreffer zu bestreiten. Und dann reicht eben auch schon ein eigenes Tor, um drei Punkte zu holen. Klar ist aber, dass wir gemeinsam in der Offensive effizienter werden müssen.

DFB.de: Sie sind inzwischen Stammspielerin bei Turbine. Wie bewerten Sie Ihre eigene Entwicklung?

Selimhodzic: Ich werde besser und selbstbewusster. Ich bin glücklich darüber, jetzt viel Spielzeit zu bekommen. Ich spüre die Rückendeckung der Verantwortlichen und das tut sehr gut. Ich möchte mit Turbine so schnell wie möglich zurück in die Bundesliga. Dieser Verein gehört dorthin. Wenn wir zusammenhalten, können und werden wir es in dieser Saison schaffen.

DFB.de: Sie haben mittlerweile über 20 Länderspiele für Israel bestritten. Was bedeutet Ihnen das?

Selimhodzic: Wirklich sehr viel! Ich bin stolz darauf, das Trikot meines Landes tragen zu dürfen – ganz besonders in der aktuellen Situation. Es ist wichtig, die Farben Israel international vertreten zu dürfen. Sportlich geht es in die richtige Richtung. Wir haben kürzlich den Aufstieg in die League B geschafft und werden uns dann zukünftig mit stärken Teams messen können. Darauf freue ich mich.

DFB.de: Nun stehen jedoch zunächst Weihnachten und der Jahreswechsel vor der Tür. Wie werden Sie die Zeit verbringen?

Selimhodzic: Ich werde in Israel bei meiner Familie und meinen Freunden sein. Ich weiß, dass das gefährlich sein kann. Aber es ist meine Heimat. Ich möchte Weihnachten und den Jahreswechsel bei meiner Familie verbringen. Es ist für mich als Fußballerin mehr oder weniger die einzige Möglichkeit im Jahr, um für einen längeren Zeitraum dort sein zu können. Ich möchte meinen Angehörigen Kraft geben für die nächsten Wochen und Monate. Zum Glück leben sie etwas von Tel Aviv entfernt. Bis jetzt ist die Situation dort vor Ort noch nicht so gefährlich, wie in anderen Gebieten Israels.

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