Schimanski im Strafraum

Die Fußball-Nationalmannschaft der Polizei wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge Mal Europameister. Der "Oliver Bierhoff des Polizei-Fußballs" erzählt, wer und was seine Mannschaft so stark macht.

Der Fall muss gelöst werden. Kommissare – also die im Fernsehen und in Romanen - sind einsame Menschen, Tag und Nacht grübeln sie über den Fall, unermüdlich sind sie der Wahrheit auf der Spur. Und die liegt bekanntlich auf dem Platz. Schimanski war Anhänger des MSV Duisburg, Frank Thiel ist Fan des FC St. Pauli und weil sein Schöpfer Sir Arthur Conan Doyle es so imaginierte, drückte Sherlock Holmes Aston Villa die Daumen. Manche Kommissare können auch selbst passabel Fußball spielen. Einige weniger sogar sehr gut. Etwa die der deutschen Polizei-Nationalmannschaft.

"Wir brauchten im dritten Gruppenspiel einen Sieg und konnten dann England 5:0 schlagen. Was die Leistung und die Mentalität angeht, war das schon super diesen Sommer", sagt Holger Schwabe. Der 50 Jahre alte Polizeihauptkommissar ist Bundesfachwart des Polizei-Fußballs. Die Spieler der Polizei-Nationalmannschaft nennen ihn "unseren Oliver Bierhoff". Im EM-Finale von Prag schlug man Gastgeber Tschechien 4:0. Zum zweiten Mal in Folge fuhren Deutschlands Polizisten mit dem Titel des Europameisters nach Hause.

Der Mann, der heute zusammen mit dem Bundestrainer Ralf Kaufmann beim Polizei-Europameister die Fäden zieht, spielte in den neunziger Jahren selbst erfolgreich Fußball, in der Regionalliga, eine Saison in der 2. Bundesliga, später dann für die Polizei-Nationalmannschaft. Heute gehört Holger Schwabe bei Heimspielen von Hannover 96 zum Führungsstab bei den Polizeieinsätzen. Und einige Tage im Jahr eben den Einsatz der Polizei-Nationalmannschaft. "Gutes Regionalliga-Niveau", so taxiert Schwabe das Können seiner Mannschaft.

Gewinner der Fritz-Walter-Medaille in Gold dabei

Namhaftester Akteur beim Europameister ist der ehemalige Junioren-Nationalspieler Sergej Evljuskin. "Einer unserer stärksten Spieler", sagt Schwabe über den 30-jährigen gebürtigen Kirgisen, der in den Nullerjahren etwa mit Jérôme Boateng, Benedikt Höwedes und Mesut Özil in einer Mannschaft für Deutschland spielte. Zweimal wurde er als bester Junior seines Jahrgangs mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet. Das schafften außer ihm nur Mario Götze und Matthias Ginter. Später lief es weniger gut. Beim VfL Wolfsburg musste als ganz junger Mittelfeldspieler aufgrund von Felix Magaths Einkaufsoffensive mit Profis wie Zvjezdan Misimović, Marcelinho und Josue um die Position konkurrieren. Wenn es gut lief, saß er auf der Ersatzbank. Nach dem verkorksten Start ging es irgendwie die Rolltreppe immer weiter runter. Im Oktober 2017 begann er seine Ausbildung bei der Polizei. "Wir sind froh, ihn bei uns im Team zu haben", sagt Schwabe, und meint damit sowohl den Hauptjob als auch den "Dienst am Ball". Wenn einer als Polizist seine Leistung nicht bringt, werde er auch nicht nominiert, erklärt Schwabe.

Kapitän der Polizei-Nationalmannschaft ist der 34-jährige Nils Laabs, der auf eine erfolgreiche Regionalliga-Karriere zurückblickt. Sein Tor zum 3:0 besiegelte den EM-Sieg. Stefan Müller hat 34 Zweitligaspiele für den Karlsruher SC auf dem Konto, Torwart Raphael Laux stand früher beim SV Wehen zwischen den Pfosten. Auch Co-Trainer Georg Reiser schrieb Fußballgeschichte. Als Torwart des SV Sandhausen verwandelte er in der ersten Pokalrunde der Saison 1995/1996 den Elfmeter zum 13:12 gegen den VfB Stuttgart. Bundestrainer Ralf Kaufmann wohnt wie sein Pendant von der A-Nationalmannschaft im Breisgau. "Unser Cheftrainer", verrät Schwabe, "sagt auch högschte Disziplin."

Europameister in Prag

Das EM-Finale gegen den Gastgeber Tschechien in Prag war eine klare Sache. "Wir haben super kombiniert und nur eine zählbare Torchance der Tschechen zugelassen", erinnert sich Schwabe. Über das gesamte Turnier stimmte die Disziplin, Grundvoraussetzung bei fünf Spielen in sieben Tagen. In der Mannschaft sind alle Dienstgrade und Gattungen repräsentiert, vom Streifenpolizisten bis zur Sondereinheit. Einige Kommissare aus dem Drogendezernat und der Prävention sind auch dabei. Vier Lehrgänge mussten zur EM-Vorbereitung ausreichen. Auch wenn Sport bei der Polizei eine höhere Relevanz hat als in den meisten anderen Berufsfeldern, muss der "Polizei-Bierhoff" mit einem übersichtlichen Budget zurechtkommen. Übernachtet wird auch mal in einer Bundeswehrkaserne. "Es ist okay für uns, wir wissen es noch hinzukriegen", sagt Schwabe, der sich statt mehr Geld mehr Würdigung wünscht. Einige Spieler des Europameisters sind jetzt auf dem Jahresempfang des Norddeutschen Fußballverbandes eingeladen. Und wenn die Hymne läuft, sei es ohnehin jedes Mal ein Gänsehautmoment. "Wir vertreten unser Land, da ist man einfach nur stolz."

Die letzten 20 Minuten des EM-Finales verwaltete man die 3:0-Führung. Hoher Ballbesitz, Technik und Kreativität. In der 86. Minute erzielte Jörg Laskowski den 4:0-Endstand. Nach dem Abpfiff brach der Jubel aus. Dieser Fall jedenfalls war gelöst.

[th]

Die Fußball-Nationalmannschaft der Polizei wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge Mal Europameister. Der "Oliver Bierhoff des Polizei-Fußballs" erzählt, wer und was seine Mannschaft so stark macht.

Der Fall muss gelöst werden. Kommissare – also die im Fernsehen und in Romanen - sind einsame Menschen, Tag und Nacht grübeln sie über den Fall, unermüdlich sind sie der Wahrheit auf der Spur. Und die liegt bekanntlich auf dem Platz. Schimanski war Anhänger des MSV Duisburg, Frank Thiel ist Fan des FC St. Pauli und weil sein Schöpfer Sir Arthur Conan Doyle es so imaginierte, drückte Sherlock Holmes Aston Villa die Daumen. Manche Kommissare können auch selbst passabel Fußball spielen. Einige weniger sogar sehr gut. Etwa die der deutschen Polizei-Nationalmannschaft.

"Wir brauchten im dritten Gruppenspiel einen Sieg und konnten dann England 5:0 schlagen. Was die Leistung und die Mentalität angeht, war das schon super diesen Sommer", sagt Holger Schwabe. Der 50 Jahre alte Polizeihauptkommissar ist Bundesfachwart des Polizei-Fußballs. Die Spieler der Polizei-Nationalmannschaft nennen ihn "unseren Oliver Bierhoff". Im EM-Finale von Prag schlug man Gastgeber Tschechien 4:0. Zum zweiten Mal in Folge fuhren Deutschlands Polizisten mit dem Titel des Europameisters nach Hause.

Der Mann, der heute zusammen mit dem Bundestrainer Ralf Kaufmann beim Polizei-Europameister die Fäden zieht, spielte in den neunziger Jahren selbst erfolgreich Fußball, in der Regionalliga, eine Saison in der 2. Bundesliga, später dann für die Polizei-Nationalmannschaft. Heute gehört Holger Schwabe bei Heimspielen von Hannover 96 zum Führungsstab bei den Polizeieinsätzen. Und einige Tage im Jahr eben den Einsatz der Polizei-Nationalmannschaft. "Gutes Regionalliga-Niveau", so taxiert Schwabe das Können seiner Mannschaft.

Gewinner der Fritz-Walter-Medaille in Gold dabei

Namhaftester Akteur beim Europameister ist der ehemalige Junioren-Nationalspieler Sergej Evljuskin. "Einer unserer stärksten Spieler", sagt Schwabe über den 30-jährigen gebürtigen Kirgisen, der in den Nullerjahren etwa mit Jérôme Boateng, Benedikt Höwedes und Mesut Özil in einer Mannschaft für Deutschland spielte. Zweimal wurde er als bester Junior seines Jahrgangs mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet. Das schafften außer ihm nur Mario Götze und Matthias Ginter. Später lief es weniger gut. Beim VfL Wolfsburg musste als ganz junger Mittelfeldspieler aufgrund von Felix Magaths Einkaufsoffensive mit Profis wie Zvjezdan Misimović, Marcelinho und Josue um die Position konkurrieren. Wenn es gut lief, saß er auf der Ersatzbank. Nach dem verkorksten Start ging es irgendwie die Rolltreppe immer weiter runter. Im Oktober 2017 begann er seine Ausbildung bei der Polizei. "Wir sind froh, ihn bei uns im Team zu haben", sagt Schwabe, und meint damit sowohl den Hauptjob als auch den "Dienst am Ball". Wenn einer als Polizist seine Leistung nicht bringt, werde er auch nicht nominiert, erklärt Schwabe.

Kapitän der Polizei-Nationalmannschaft ist der 34-jährige Nils Laabs, der auf eine erfolgreiche Regionalliga-Karriere zurückblickt. Sein Tor zum 3:0 besiegelte den EM-Sieg. Stefan Müller hat 34 Zweitligaspiele für den Karlsruher SC auf dem Konto, Torwart Raphael Laux stand früher beim SV Wehen zwischen den Pfosten. Auch Co-Trainer Georg Reiser schrieb Fußballgeschichte. Als Torwart des SV Sandhausen verwandelte er in der ersten Pokalrunde der Saison 1995/1996 den Elfmeter zum 13:12 gegen den VfB Stuttgart. Bundestrainer Ralf Kaufmann wohnt wie sein Pendant von der A-Nationalmannschaft im Breisgau. "Unser Cheftrainer", verrät Schwabe, "sagt auch högschte Disziplin."

Europameister in Prag

Das EM-Finale gegen den Gastgeber Tschechien in Prag war eine klare Sache. "Wir haben super kombiniert und nur eine zählbare Torchance der Tschechen zugelassen", erinnert sich Schwabe. Über das gesamte Turnier stimmte die Disziplin, Grundvoraussetzung bei fünf Spielen in sieben Tagen. In der Mannschaft sind alle Dienstgrade und Gattungen repräsentiert, vom Streifenpolizisten bis zur Sondereinheit. Einige Kommissare aus dem Drogendezernat und der Prävention sind auch dabei. Vier Lehrgänge mussten zur EM-Vorbereitung ausreichen. Auch wenn Sport bei der Polizei eine höhere Relevanz hat als in den meisten anderen Berufsfeldern, muss der "Polizei-Bierhoff" mit einem übersichtlichen Budget zurechtkommen. Übernachtet wird auch mal in einer Bundeswehrkaserne. "Es ist okay für uns, wir wissen es noch hinzukriegen", sagt Schwabe, der sich statt mehr Geld mehr Würdigung wünscht. Einige Spieler des Europameisters sind jetzt auf dem Jahresempfang des Norddeutschen Fußballverbandes eingeladen. Und wenn die Hymne läuft, sei es ohnehin jedes Mal ein Gänsehautmoment. "Wir vertreten unser Land, da ist man einfach nur stolz."

Die letzten 20 Minuten des EM-Finales verwaltete man die 3:0-Führung. Hoher Ballbesitz, Technik und Kreativität. In der 86. Minute erzielte Jörg Laskowski den 4:0-Endstand. Nach dem Abpfiff brach der Jubel aus. Dieser Fall jedenfalls war gelöst.