Scheuer: "Mal wieder einen internationalen Titel nach Deutschland holen"

Sie haben es geschafft: Die Frauen des FC Bayern München haben nach einer beeindruckenden Saison die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Entscheidenden Anteil daran hatte Trainer Jens Scheuer. Der 42 Jahre alte Fußball-Lehrer schaut im DFB.de-Interview auf eine außergewöhnliche Spielzeit in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga schon nach vorne auf die kommenden Herausforderungen.

DFB.de: Herr Scheuer, wie groß der Stein, der Ihnen nach dem Titelgewinn vom Herzen gefallen ist?

Jens Scheuer: Nach dem Schlusspfiff war die Erleichterung natürlich schon recht groß. Das frühe 1:0 durch Linda Dallmann war in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Wir sind einfach nur glücklich, dass wir es geschafft haben.

DFB.de: Sie haben im Vorfeld des letzten Spieltags gesagt, dass Sie grenzenloses Vertrauen in Ihre Spielerinnen haben und davon überzeugt sind, die Deutsche Meisterschaft zu gewinnen. Jetzt mal ehrlich: Waren Sie wirklich so cool?

Scheuer: Ich wusste, dass wir eine super Mannschaft haben. Ich habe schon in der Trainingswoche gemerkt, dass alle fokussiert, aber trotzdem locker waren. Das habe ich als sehr gutes Zeichen gewertet. Eine gewisse Anspannung ist gerade vor wichtigen Spielen immer da. In einer Partie können auch unverhoffte Dinge passieren - ein früher Platzverweis, ein individueller Fehler, der zum Gegentor führt. Aber grundsätzlich war ich mir sicher, dass wir ein sehr gutes Spiel abliefern. Und wenn das der Fall ist, dann ist es sehr schwierig, uns zu schlagen.

DFB.de: Gab es während der Saison auch mal einen Punkt, an dem Sie Zweifel am Gewinn der deutschen Meisterschaft hatten?

Scheuer: Die Niederlage in der Schlussphase gegen die TSG Hoffenheim hat natürlich weh getan. Danach ist es noch mal eng geworden. Und an dieser Stelle möchte ich dem VfL Wolfsburg ausdrücklich ein Kompliment aussprechen. Auch sie haben eine ganz starke Saison gespielt und sind ungeschlagen durch die Rückrunde gekommen. Wir mussten in jedem Spiel unsere Hausaufgaben erledigen, damit der VfL uns nicht überholen konnte. Aber das bedeutet nicht, dass ich Zweifel hatte. Ich habe mir viel mehr Gedanken darüber gemacht, wie wir immer das nächste Spiel gewinnen können.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat 20 Siege gefeiert, einmal Unentschieden gespielt, einmal verloren. Dazu hat sie die meisten Tore geschossen und die wenigsten Treffer kassiert. Gibt es irgendetwas, mit dem Sie nicht zufrieden sind?

Scheuer: Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann. Wir haben den Anspruch, unsere Position national zu verteidigen und international den nächsten Schritt zu machen. Wir können jetzt einmal durchatmen und zufrieden sein. Aber dann wollen wir die Punkte angehen, die wir optimieren wollen.

DFB.de: Zum Beispiel?

Scheuer: Wir haben viele Tore geschossen, aber wir haben auch viele Möglichkeiten ausgelassen. Da können und müssen wir uns verbessern. Ich sehe an einigen Stellen noch Luft nach oben. Mir ist aber auch die individuelle Entwicklung einzelner Spielerinnen ganz wichtig - ich denke zum Beispiel an Talente wie Klara Bühl, Lea Schüller, Sydney Lohmann oder an Giulia Gwinn, die nach ihrer langen Verletzungspause zurückkommen wird. Diese Spielerinnen können nun den nächsten Schritt machen. Internationale Begegnungen sind in diesem Zusammenhang natürlich sehr wichtig.

DFB.de: Ist das auch eines der großen Ziele in der kommenden Saison? Möglicherweise ins Endspiel der Champions League zu kommen?

Scheuer: Das ist natürlich ein Traum. Aber die Dichte im internationalen Frauenfußball nimmt jedes Jahr zu. Das ist einerseits sehr erfreulich, aber andererseits macht es das für uns auch nicht einfacher. Wir haben diese Ziel. Aber um das zu erreichen, muss uns Fortuna auch etwas hold sein. Wir würden gerne mal wieder einen internationalen Titel nach Deutschland holen.

DFB.de: Wie wichtig wäre das für den deutschen Frauenfußball vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung?

Scheuer: Sehr wichtig. Ich glaube schon, dass wir oder auch Wolfsburg bei aller Konkurrenz weiterhin die Möglichkeit haben, ins Halbfinale oder sogar ins Endspiel einzuziehen. Wir sind gerade dabei, den Anschluss an die internationalen Topteams herzustellen. Dazu ist es wichtig, dass wir Spielerinnen wie Saki Kumagai holen, die schon alles erlebt hat in ihrer Karriere und mit ihrer Erfahrung sehr wichtig für uns sein wird.

DFB.de: Wie sehen Sie die Konstellation in Deutschland? Bleibt es beim Zweikampf zwischen Wolfsburg und München?

Scheuer: Aus der Ferne würde ich sagen, dass Eintracht Frankfurt eine hochspannende Mannschaft am Start hat. Wenn sie etwas mehr Konstanz in ihre Leistung bringen, ist mit ihnen zu rechnen. Auch die TSG Hoffenheim hat sich super entwickelt. Bayer Leverkusen traue ich ebenfalls einen Platz im oberen Tabellendrittel zu. Es wäre wichtig für die Liga, wenn diese Klubs sich weiter in der Spitzengruppe positionieren. Vielleicht kann eines der Teams Wolfsburg und uns angreifen. Aber dafür müsste über die gesamte Saison wirklich alles passen. Die Erfahrung zeigt ja, dass schon zwei Unentschieden und eine Niederlage am Ende nicht ausreichen können. Wenn man um den Titel mitspielen will, braucht man eine brutale Konstanz. Die hatten wir in dieser Saison. Daran wollen künftig natürlich anknüpfen. Dafür arbeiten wir gemeinsam, ab dem ersten Tag der Vorbereitung.

DFB.de: Aber jetzt erstmal Urlaub?

Scheuer: Ja, aber es wird erstmal ein Urlaub zuhause sein. Ich habe zwei schulpflichtige Kinder, und wir haben in Bayern noch keine Ferien. Es ist wichtig, jetzt mal ein paar Tage abzuschalten. Darauf freue ich mich.

[sw]

Sie haben es geschafft: Die Frauen des FC Bayern München haben nach einer beeindruckenden Saison die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Entscheidenden Anteil daran hatte Trainer Jens Scheuer. Der 42 Jahre alte Fußball-Lehrer schaut im DFB.de-Interview auf eine außergewöhnliche Spielzeit in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga schon nach vorne auf die kommenden Herausforderungen.

DFB.de: Herr Scheuer, wie groß der Stein, der Ihnen nach dem Titelgewinn vom Herzen gefallen ist?

Jens Scheuer: Nach dem Schlusspfiff war die Erleichterung natürlich schon recht groß. Das frühe 1:0 durch Linda Dallmann war in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Wir sind einfach nur glücklich, dass wir es geschafft haben.

DFB.de: Sie haben im Vorfeld des letzten Spieltags gesagt, dass Sie grenzenloses Vertrauen in Ihre Spielerinnen haben und davon überzeugt sind, die Deutsche Meisterschaft zu gewinnen. Jetzt mal ehrlich: Waren Sie wirklich so cool?

Scheuer: Ich wusste, dass wir eine super Mannschaft haben. Ich habe schon in der Trainingswoche gemerkt, dass alle fokussiert, aber trotzdem locker waren. Das habe ich als sehr gutes Zeichen gewertet. Eine gewisse Anspannung ist gerade vor wichtigen Spielen immer da. In einer Partie können auch unverhoffte Dinge passieren - ein früher Platzverweis, ein individueller Fehler, der zum Gegentor führt. Aber grundsätzlich war ich mir sicher, dass wir ein sehr gutes Spiel abliefern. Und wenn das der Fall ist, dann ist es sehr schwierig, uns zu schlagen.

DFB.de: Gab es während der Saison auch mal einen Punkt, an dem Sie Zweifel am Gewinn der deutschen Meisterschaft hatten?

Scheuer: Die Niederlage in der Schlussphase gegen die TSG Hoffenheim hat natürlich weh getan. Danach ist es noch mal eng geworden. Und an dieser Stelle möchte ich dem VfL Wolfsburg ausdrücklich ein Kompliment aussprechen. Auch sie haben eine ganz starke Saison gespielt und sind ungeschlagen durch die Rückrunde gekommen. Wir mussten in jedem Spiel unsere Hausaufgaben erledigen, damit der VfL uns nicht überholen konnte. Aber das bedeutet nicht, dass ich Zweifel hatte. Ich habe mir viel mehr Gedanken darüber gemacht, wie wir immer das nächste Spiel gewinnen können.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat 20 Siege gefeiert, einmal Unentschieden gespielt, einmal verloren. Dazu hat sie die meisten Tore geschossen und die wenigsten Treffer kassiert. Gibt es irgendetwas, mit dem Sie nicht zufrieden sind?

Scheuer: Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann. Wir haben den Anspruch, unsere Position national zu verteidigen und international den nächsten Schritt zu machen. Wir können jetzt einmal durchatmen und zufrieden sein. Aber dann wollen wir die Punkte angehen, die wir optimieren wollen.

DFB.de: Zum Beispiel?

Scheuer: Wir haben viele Tore geschossen, aber wir haben auch viele Möglichkeiten ausgelassen. Da können und müssen wir uns verbessern. Ich sehe an einigen Stellen noch Luft nach oben. Mir ist aber auch die individuelle Entwicklung einzelner Spielerinnen ganz wichtig - ich denke zum Beispiel an Talente wie Klara Bühl, Lea Schüller, Sydney Lohmann oder an Giulia Gwinn, die nach ihrer langen Verletzungspause zurückkommen wird. Diese Spielerinnen können nun den nächsten Schritt machen. Internationale Begegnungen sind in diesem Zusammenhang natürlich sehr wichtig.

DFB.de: Ist das auch eines der großen Ziele in der kommenden Saison? Möglicherweise ins Endspiel der Champions League zu kommen?

Scheuer: Das ist natürlich ein Traum. Aber die Dichte im internationalen Frauenfußball nimmt jedes Jahr zu. Das ist einerseits sehr erfreulich, aber andererseits macht es das für uns auch nicht einfacher. Wir haben diese Ziel. Aber um das zu erreichen, muss uns Fortuna auch etwas hold sein. Wir würden gerne mal wieder einen internationalen Titel nach Deutschland holen.

DFB.de: Wie wichtig wäre das für den deutschen Frauenfußball vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung?

Scheuer: Sehr wichtig. Ich glaube schon, dass wir oder auch Wolfsburg bei aller Konkurrenz weiterhin die Möglichkeit haben, ins Halbfinale oder sogar ins Endspiel einzuziehen. Wir sind gerade dabei, den Anschluss an die internationalen Topteams herzustellen. Dazu ist es wichtig, dass wir Spielerinnen wie Saki Kumagai holen, die schon alles erlebt hat in ihrer Karriere und mit ihrer Erfahrung sehr wichtig für uns sein wird.

DFB.de: Wie sehen Sie die Konstellation in Deutschland? Bleibt es beim Zweikampf zwischen Wolfsburg und München?

Scheuer: Aus der Ferne würde ich sagen, dass Eintracht Frankfurt eine hochspannende Mannschaft am Start hat. Wenn sie etwas mehr Konstanz in ihre Leistung bringen, ist mit ihnen zu rechnen. Auch die TSG Hoffenheim hat sich super entwickelt. Bayer Leverkusen traue ich ebenfalls einen Platz im oberen Tabellendrittel zu. Es wäre wichtig für die Liga, wenn diese Klubs sich weiter in der Spitzengruppe positionieren. Vielleicht kann eines der Teams Wolfsburg und uns angreifen. Aber dafür müsste über die gesamte Saison wirklich alles passen. Die Erfahrung zeigt ja, dass schon zwei Unentschieden und eine Niederlage am Ende nicht ausreichen können. Wenn man um den Titel mitspielen will, braucht man eine brutale Konstanz. Die hatten wir in dieser Saison. Daran wollen künftig natürlich anknüpfen. Dafür arbeiten wir gemeinsam, ab dem ersten Tag der Vorbereitung.

DFB.de: Aber jetzt erstmal Urlaub?

Scheuer: Ja, aber es wird erstmal ein Urlaub zuhause sein. Ich habe zwei schulpflichtige Kinder, und wir haben in Bayern noch keine Ferien. Es ist wichtig, jetzt mal ein paar Tage abzuschalten. Darauf freue ich mich.

###more###