Sara Doorsoun: "Das Konzept ist absolut überzeugend"

Das Coronavirus bestimmt natürlich auch das Tagesgeschäft beim VfL Wolfsburg. Sara Doorsoun hat kürzlich ältere Vereinsmitglieder angerufen und sie nach ihrem Wohlbefinden gefragt. Wie das Feedback in den Gesprächen war und wie sie versucht, das Positive aus der Situation zu ziehen, erklärt die 28 Jahre alte Nationalspielerin im DFB.de-Interview.

DFB.de: Sara, Sie haben kürzlich in einer Aktion des VfL Mitglieder und Fans angerufen und sich nach deren Lage erkundigt. Wie haben Sie die Gespräche erlebt?

Sara Doorsoun: Anfangs war ich etwas nervös, weil ich meine Gesprächspartner nicht sehen konnte und noch nie zuvor mit ihnen kommuniziert hatte. Das war schon eine sehr ungewohnte Situation während der ersten Telefonate. Nach und nach habe ich dann ein Gefühl dafür entwickelt, was ich sagen muss, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Ich wollte ja vermeiden, dass die Leute direkt wieder auflegen, weil sie denken, dass ich ihnen etwas verkaufen will. Als sie realisiert haben, dass ich wirklich Sara Doorsoun bin, haben sie sich gefreut und ihr Herz geöffnet. Sie haben sich vor allem bedankt, dass wir auch an ältere Menschen denken und ihnen zuhören.

DFB.de: Worum ging es in den Gesprächen?

Doorsoun: Vor allem natürlich um Corona und die aktuelle Situation. Mit einem älteren Herrn habe ich fast zehn Minuten gesprochen. Er hat mir erzählt, dass er 1937 geboren wurde und dass er sich aktuell die Zeit in seinem Kleingarten vertreibt. Dort setzt er sich in die Sonne und versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Das hat mich sehr berührt. Ich hatte insgesamt den Eindruck, dass die Menschen sehr positiv mit der aktuell schwierigen Lage umgehen. Da ist mir auch nochmal bewusst geworden, dass wir alle zusammen halten und uns gegenseitig helfen müssen. Dann können wir Vieles erreichen. Das war auch eine der wichtigsten Erkenntnisse aus den Gesprächen.

DFB.de: Findet Ihrer Meinung nach gerade ein Umdenken in der Gesellschaft statt?

Doorsoun: Ja, diesen Eindruck habe ich. Ich glaube, dass wir im Moment viele Dinge wieder zu schätzen wissen, die wir vorher als selbstverständlich wahrgenommen haben.

DFB.de: Zum Beispiel?

Doorsoun: Alleine schon, dass wir mehr Zeit haben und nicht mehr so durchs Leben hetzen müssen. Ich habe den Eindruck, dass wir alles gewissenhafter machen und uns mehr Zeit für die schönen Dinge des Lebens nehmen. Wir setzen uns ganz anders und intensiver mit Themen auseinander, als noch vor ein paar Wochen. Wenn man etwas Positives aus dieser Corona-Pandemie ziehen kann, dann diese Aspekte. Ich würde mir wünschen, dass wir das fortsetzen, wenn wieder Normalität in unseren Alltag einkehren wird. Wir sollten uns weiterhin gegenseitig helfen, wir sollten es nicht als selbstverständlich ansehen, wenn es uns gut geht.

DFB.de: Haben auch Menschen Ängste geäußert?

Doorsoun: Nein, eigentlich nicht. Bei mir war niemand dabei, der gesagt hat, dass er nicht weiß, wie er mit der Situation umgehen und wie es überhaupt weitergehen soll. Alle waren echt positiv. Und fast immer war die Aussage dabei, dass es jetzt wirklich langsam wieder mit dem Fußball losgehen kann. Die Menschen vermissen unseren Sport genauso wie wir Spielerinnen. Ich glaube, dass wir mit dem Fußball die Möglichkeit haben, ihnen etwas Abwechslung in den Alltag zu bringen. Ein wichtiger Faktor bei den Gesprächen war nämlich auch, dass wir gemeinsam stärker sind als alleine.

DFB.de: Genau das ist ja oft auch das Motto einer erfolgreichen Fußballmannschaft.

Doorsoun: So sehe ich es auch. Umso stärker wir als Einheit auftreten, umso schwerer wird es für jeden Gegner, uns zu besiegen. Das kann man genauso auf den Fußball beziehen wie auch auf das Virus.

DFB.de: Wie bereiten Sie sich auf die mögliche Wiederaufnahme der Saison vor?

Doorsoun: Ich bin ganz ehrlich: Ich konnte die Wälder in meiner Umgebung nicht mehr sehen. Ich bin glücklich, dass wir jetzt seit einigen Wochen in Kleingruppen trainieren können und die Zeit der Läufe vorbei ist. Auch hier kann ich nur sagen: Das Virus hat mir auch an dieser Stelle die Augen geöffnet. Ich sehe es als Privileg an und bin dankbar dafür, dass wir diese Möglichkeit haben. Da sind wir erneut an einer Stelle im Gespräch, an der wir vorher schon waren. Wir lernen Kleinigkeiten wieder viel mehr zu schätzen.

DFB.de: Wie erleben Sie das Training in Kleingruppen?

Doorsoun: Auch hier versuche ich, das Positive aus der Situation zu machen. Ich bin einfach nur froh, den Ball am Fuß zu haben. Natürlich habe ich mich am Anfang ebenfalls gefragt, ob es verantwortbar ist, wieder zu trainieren – und wenn es auch nur im kleinen Kreis ist. Aber das Konzept ist absolut überzeugend. Ich sehe keine Gefahr für unsere Gesundheit, wenn wir das so machen. Die Verantwortlichen haben sich viele Gedanken gemacht und die richtigen Maßnahmen ergriffen. Wir können beim VfL Wolfsburg unter guten Bedingungen arbeiten und gleichzeitig alle Regeln einhalten. Wir nehmen die Lage nicht auf die leichte Schulter, sondern beachten alle Vorgaben sehr, sehr genau.

DFB.de: Welche Vorteile hat dieses Kleingruppentraining aus Ihrer Sicht?

Doorsoun: Man kann viele Dinge individuell machen. Selbst kleinere Fehler fallen direkt auf. Während der Saison hätten die Trainer keine Zeit, sich darum zu kümmern. Im Moment ist das anders. Das Training ist viel mehr auf jede einzelne Spielerin ausgerichtet. Das hat den Vorteil, dass man ganz gezielt an den Schwächen arbeiten kann. Und es gibt noch einen weiteren Pluspunkt. Dadurch, dass die Gruppe im Moment deutlich kleiner ist, lernt man sich in dieser Konstellation besser kennen. Ich sehe das Kleingruppentraining als nächsten Schritt in Richtung Normalität.

DFB.de: Wie viele Schritte müssen noch folgen, um eine "Corona-Normalität" zu erreichen?

Doorsoun: Die Männer haben eine Perspektive und können bald ihrem Beruf wieder nachgehen. Ich hoffe, dass wir bald folgen werden. Auch hier bin ich echt zuversichtlich.

DFB.de: Dann auch ohne Zuschauer?

Doorsoun: Ja, klar. Auch wenn es nicht schön ist, aber ich spiele notfalls lieber ohne Zuschauer als gar nicht zu spielen. Aber der nächste Schritt sollte jetzt zunächst sein, dass wir bald wieder ins Mannschaftstraining einsteigen können. Ich hoffe, dass das nicht mehr allzu lange dauern wird. Da bekommen wir immer laufend Informationen vom Trainerteam und dem Verein. Die Sehnsucht wird auf jeden Fall an jedem Tag größer. Wir wollen wieder Fußball spielen, wir wollen gerne wieder unseren Beruf ausüben können. Ich hoffe sehr, dass der Spielbetrieb weitergeführt wird. Ich spiele einfach zu gerne Fußball und brauche das. Wir haben Lust darauf, dass es weitergeht.

[sw]

Das Coronavirus bestimmt natürlich auch das Tagesgeschäft beim VfL Wolfsburg. Sara Doorsoun hat kürzlich ältere Vereinsmitglieder angerufen und sie nach ihrem Wohlbefinden gefragt. Wie das Feedback in den Gesprächen war und wie sie versucht, das Positive aus der Situation zu ziehen, erklärt die 28 Jahre alte Nationalspielerin im DFB.de-Interview.

DFB.de: Sara, Sie haben kürzlich in einer Aktion des VfL Mitglieder und Fans angerufen und sich nach deren Lage erkundigt. Wie haben Sie die Gespräche erlebt?

Sara Doorsoun: Anfangs war ich etwas nervös, weil ich meine Gesprächspartner nicht sehen konnte und noch nie zuvor mit ihnen kommuniziert hatte. Das war schon eine sehr ungewohnte Situation während der ersten Telefonate. Nach und nach habe ich dann ein Gefühl dafür entwickelt, was ich sagen muss, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Ich wollte ja vermeiden, dass die Leute direkt wieder auflegen, weil sie denken, dass ich ihnen etwas verkaufen will. Als sie realisiert haben, dass ich wirklich Sara Doorsoun bin, haben sie sich gefreut und ihr Herz geöffnet. Sie haben sich vor allem bedankt, dass wir auch an ältere Menschen denken und ihnen zuhören.

DFB.de: Worum ging es in den Gesprächen?

Doorsoun: Vor allem natürlich um Corona und die aktuelle Situation. Mit einem älteren Herrn habe ich fast zehn Minuten gesprochen. Er hat mir erzählt, dass er 1937 geboren wurde und dass er sich aktuell die Zeit in seinem Kleingarten vertreibt. Dort setzt er sich in die Sonne und versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Das hat mich sehr berührt. Ich hatte insgesamt den Eindruck, dass die Menschen sehr positiv mit der aktuell schwierigen Lage umgehen. Da ist mir auch nochmal bewusst geworden, dass wir alle zusammen halten und uns gegenseitig helfen müssen. Dann können wir Vieles erreichen. Das war auch eine der wichtigsten Erkenntnisse aus den Gesprächen.

DFB.de: Findet Ihrer Meinung nach gerade ein Umdenken in der Gesellschaft statt?

Doorsoun: Ja, diesen Eindruck habe ich. Ich glaube, dass wir im Moment viele Dinge wieder zu schätzen wissen, die wir vorher als selbstverständlich wahrgenommen haben.

DFB.de: Zum Beispiel?

Doorsoun: Alleine schon, dass wir mehr Zeit haben und nicht mehr so durchs Leben hetzen müssen. Ich habe den Eindruck, dass wir alles gewissenhafter machen und uns mehr Zeit für die schönen Dinge des Lebens nehmen. Wir setzen uns ganz anders und intensiver mit Themen auseinander, als noch vor ein paar Wochen. Wenn man etwas Positives aus dieser Corona-Pandemie ziehen kann, dann diese Aspekte. Ich würde mir wünschen, dass wir das fortsetzen, wenn wieder Normalität in unseren Alltag einkehren wird. Wir sollten uns weiterhin gegenseitig helfen, wir sollten es nicht als selbstverständlich ansehen, wenn es uns gut geht.

DFB.de: Haben auch Menschen Ängste geäußert?

Doorsoun: Nein, eigentlich nicht. Bei mir war niemand dabei, der gesagt hat, dass er nicht weiß, wie er mit der Situation umgehen und wie es überhaupt weitergehen soll. Alle waren echt positiv. Und fast immer war die Aussage dabei, dass es jetzt wirklich langsam wieder mit dem Fußball losgehen kann. Die Menschen vermissen unseren Sport genauso wie wir Spielerinnen. Ich glaube, dass wir mit dem Fußball die Möglichkeit haben, ihnen etwas Abwechslung in den Alltag zu bringen. Ein wichtiger Faktor bei den Gesprächen war nämlich auch, dass wir gemeinsam stärker sind als alleine.

DFB.de: Genau das ist ja oft auch das Motto einer erfolgreichen Fußballmannschaft.

Doorsoun: So sehe ich es auch. Umso stärker wir als Einheit auftreten, umso schwerer wird es für jeden Gegner, uns zu besiegen. Das kann man genauso auf den Fußball beziehen wie auch auf das Virus.

DFB.de: Wie bereiten Sie sich auf die mögliche Wiederaufnahme der Saison vor?

Doorsoun: Ich bin ganz ehrlich: Ich konnte die Wälder in meiner Umgebung nicht mehr sehen. Ich bin glücklich, dass wir jetzt seit einigen Wochen in Kleingruppen trainieren können und die Zeit der Läufe vorbei ist. Auch hier kann ich nur sagen: Das Virus hat mir auch an dieser Stelle die Augen geöffnet. Ich sehe es als Privileg an und bin dankbar dafür, dass wir diese Möglichkeit haben. Da sind wir erneut an einer Stelle im Gespräch, an der wir vorher schon waren. Wir lernen Kleinigkeiten wieder viel mehr zu schätzen.

DFB.de: Wie erleben Sie das Training in Kleingruppen?

Doorsoun: Auch hier versuche ich, das Positive aus der Situation zu machen. Ich bin einfach nur froh, den Ball am Fuß zu haben. Natürlich habe ich mich am Anfang ebenfalls gefragt, ob es verantwortbar ist, wieder zu trainieren – und wenn es auch nur im kleinen Kreis ist. Aber das Konzept ist absolut überzeugend. Ich sehe keine Gefahr für unsere Gesundheit, wenn wir das so machen. Die Verantwortlichen haben sich viele Gedanken gemacht und die richtigen Maßnahmen ergriffen. Wir können beim VfL Wolfsburg unter guten Bedingungen arbeiten und gleichzeitig alle Regeln einhalten. Wir nehmen die Lage nicht auf die leichte Schulter, sondern beachten alle Vorgaben sehr, sehr genau.

DFB.de: Welche Vorteile hat dieses Kleingruppentraining aus Ihrer Sicht?

Doorsoun: Man kann viele Dinge individuell machen. Selbst kleinere Fehler fallen direkt auf. Während der Saison hätten die Trainer keine Zeit, sich darum zu kümmern. Im Moment ist das anders. Das Training ist viel mehr auf jede einzelne Spielerin ausgerichtet. Das hat den Vorteil, dass man ganz gezielt an den Schwächen arbeiten kann. Und es gibt noch einen weiteren Pluspunkt. Dadurch, dass die Gruppe im Moment deutlich kleiner ist, lernt man sich in dieser Konstellation besser kennen. Ich sehe das Kleingruppentraining als nächsten Schritt in Richtung Normalität.

DFB.de: Wie viele Schritte müssen noch folgen, um eine "Corona-Normalität" zu erreichen?

Doorsoun: Die Männer haben eine Perspektive und können bald ihrem Beruf wieder nachgehen. Ich hoffe, dass wir bald folgen werden. Auch hier bin ich echt zuversichtlich.

DFB.de: Dann auch ohne Zuschauer?

Doorsoun: Ja, klar. Auch wenn es nicht schön ist, aber ich spiele notfalls lieber ohne Zuschauer als gar nicht zu spielen. Aber der nächste Schritt sollte jetzt zunächst sein, dass wir bald wieder ins Mannschaftstraining einsteigen können. Ich hoffe, dass das nicht mehr allzu lange dauern wird. Da bekommen wir immer laufend Informationen vom Trainerteam und dem Verein. Die Sehnsucht wird auf jeden Fall an jedem Tag größer. Wir wollen wieder Fußball spielen, wir wollen gerne wieder unseren Beruf ausüben können. Ich hoffe sehr, dass der Spielbetrieb weitergeführt wird. Ich spiele einfach zu gerne Fußball und brauche das. Wir haben Lust darauf, dass es weitergeht.

###more###