Sammer: "U 19-Triumph darf keine Eintagsfliege bleiben"

Der Triumph der deutschen U 19-Nationalmannschaft bei der EM-Endrunde in Tschechien ist, so betont Matthias Sammer, auch ein erster großer Erfolg des höchst komplexen Talentförderprogramms beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Ein Erfolg des hervorragenden Miteinanders bei den in sich verwobenen Maßnahmen des DFB, der Junioren-Bundesligen und der Landesverbände sowie der DFL und ihren Profiklubs mit den ungemein produktiven Leistungszentren.

Nicht zuletzt aber ist dies auch ein erstes höchst positives Ergebnis der gezielten Eliteförderung und einer damit einhergehenden größeren Professionalität und Qualität bei der Betreuung der DFB-Auswahlteams, die mit Matthias Sammers Amtsantritt vor zwei Jahren initiiert und forciert wurden.

Im DFB.de-Exklusivinterview mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien betont der 40-jährige Ex-Europameister von 1996, dass dieser Titel für das von Horst Hrubesch trainierte Junioren-Nationalteam keine Eintagsfliege bleiben darf, sondern ein Signal sein muss für weiteren Erfolgshunger in allen Auswahlmannschaften.

Die Basis hierfür ist die immer effektvoller werdende Zusammenarbeit zwischen DFB und DFL. Allerdings beurteilt der DFB-Sportdirektor diese Symbiose nach den jüngsten Erklärungen des Bundeskartellamts zur TV-Vermarktung der Bundesliga als „sehr gefährdet und Besorgnis erregend“.

Frage: Herr Sammer, die U 19 des DFB ist Europameister. Welchen Stellenwert hat dieser Titel für Sie und Ihre Arbeit als DFB-Sportdirektor?

Matthias Sammer: Zunächst einmal empfinde ich mit dem Gewinn dieses Titels in erster Linie Dankbarkeit. Große Dankbarkeit gegenüber dem DFB und seinem Präsidium für den großen Vertrauensvorschuss für mich und meine Positionierung als Sportdirektor, die ja vor zwei Jahren nicht immer ganz reibungslos verlief. Mit diesem Titel konnten wir, insbesondere Dr. Theo Zwanziger als Präsident und Wolfgang Niersbach als Generalsekretär, bestätigen, dass der von uns eingeschlagene Weg richtig ist. Darüber hinaus ist dieser Erfolg aber auch für mich eine große Verpflichtung als Startsignal. In unserer Konzeption ist nämlich nicht ein Titelgewinn formuliert, sondern Titelgewinne, womit klar dokumentiert ist, dass wir mit unserer Arbeit erst am Anfang stehen.

Frage: Was auffällt, ist die immense Masse an Klasse in diesem Jahrgang. Der DFB hätte bei der U 19-EM mit einem zweiten, nicht minder aussichtsreichen Team teilnehmen können. Ist dies das deutlichste Dokument für die seit 2002 andauernde Talentförderung, die seit Ihrem Amtsantritt als Sportdirektor zur Eliteförderung modifiziert wurde?

Sammer: Dieser Jahrgang bringt ganz deutlich unser Bekenntnis zur Elite zum Ausdruck, der wir uns verpflichtet haben. Unter Gerhard Mayer-Vorfelder als DFB-Präsident wurde 2002 das umfangreiche Programm zur Talentförderung auf den Weg gebracht. Danach wurde die zweite Stufe mit den Leistungszentren in der Bundesliga, der 2. Bundesliga und nun auch der 3. Liga initiiert. Es folgten die Eliteschulen des Fußballs, die wir zusammen mit der DFL auszeichnen, und schließlich auch von unserer Seite die Auswahl der Elite, verbunden mit der Absicht, dem Männerbereich quantitativ und qualitativ ein großes Potenzial an Jungprofis zuzuführen. Diese weiterhin zu entwickelnde und fortzuführende Struktur ist nur auf der Basis eines in sich geschlossenen Systems zwischen DFB und DFL möglich. Leistung - dies ist meine Überzeugung als Sportdirektor - ist planbar. Das erste sichtbare Ergebnis ist dieser Titelgewinn.

Frage: Ihr besonderes Anforderungsprofil an die Juniorenauswahlteams des DFB zielt aber nicht nur darauf ab, dem Profibereich möglichst hoch qualifizierten Nachwuchs zuzuführen, sondern dass die Teams selbst Titel gewinnen sollen auf der Basis eines einheitlichen Spielsystems. Der erste Titel seit 16 Jahren ist nunmehr da. Wie waren Sie mit der Mentalität und der Spielweise der U 19 zufrieden?

Sammer: Unser Spielsystem im Juniorenbereich basiert auf einer stabilen Grundlage, die wir vor zwei Jahren zusammen mit Bundestrainer Joachim Löw und seinen engsten Mitarbeitern Hansi Flick und Urs Siegenthaler entwickelt haben. Bei dieser U 19-EM hat unsere Mannschaft in diesem Sinn viele Stärken gezeigt. Sie war konditionell topfit, sie war handlungsschnell und technisch auf einem guten Niveau, sie war taktisch gut eingestellt. Vor allem aber: Diese Mannschaft hat sich deutlich unterschieden in ihrer Siegermentalität. Bei ihr war der Wille, dieses Turnier unbedingt gewinnen zu wollen, von Beginn an total ausgeprägt. Gerade in dieser Hinsicht hat ihr Trainer Horst Hrubesch sie exzellent geführt. Dass dieser komplexe Anspruch in Sachen Spielweise und Mentalität so hervorragend erfüllt wurde, dafür gebührt Horst Hrubesch ein großes Kompliment.

Frage: Welche Elemente aus dem komplexen Nachwuchsförderungsprogramm des DFB hatten den stärksten Einfluss auf diesen Erfolg der U 19?

Sammer: Was den direkten Einfluss betrifft, so kommt man bei der Antwort auf diese Frage an der Qualität und der Professionalität der Mannschaftsbetreuung nicht vorbei. Wenn wir von Individualisierung und Persönlichkeitsentwicklung sprechen, dann ist es in diesem Zusammenhang sehr wichtig, einen Betreuerstab von absoluten Spezialisten zu haben. Um es auf den Punkt zu bringen: Horst Hrubesch und sein Assistent Thomas Nörenberg sind der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Doch inzwischen stellt der DFB seinen Trainern im Juniorenbereich für alle relevanten Bereiche einen hoch qualifizierten Stab an Experten zur Seite. In Sachen Torhütertraining, Fitness, Medizin und mittlerweile auch Videomanagement und Kommunikation. Dies ist auch ein klares Signal an die Profiligen und die DFL, die ihre Spieler unbesorgt zu uns schicken können, weil sie hier gut betreut werden. In diesem Zusammenhang gebührt Bayer Leverkusen und 1860 München ein expliziter Dank, die das Gros des EM-Aufgebots gestellt haben. So eine problemlose Zusammenarbeit habe ich noch nicht erlebt.

Frage: Welchen Anteil haben die DFL und ihre Profivereine am Titelgewinn der U 19 und darüber hinaus an der Umsetzung Ihres gesamten Programms?

Sammer: Von der ersten Sekunde meiner DFB-Arbeit an habe ich ein großes Vertrauensverhältnis zur DFL und ihren Führungsrepräsentanten um Dr. Rauball und Christian Seifert gespürt. Ohne die deutlich verbesserte Qualität der Arbeit in den Leistungszentren, die ja der DFL zugeordnet sind, aber auch der Leistungszentren in den Landesverbänden des DFB, könnten wir nicht mit diesen Spielern solche Erfolge erringen. Gerade auch auf dieser Ebene wird deutlich, dass DFB und DFL keine Konkurrenten sind, sondern Partner. Nur in diesem gemeinsamen Miteinander sind solche Erfolge möglich. Es wäre mehr als bedauerlich, wenn das Kartellamt mit seiner jüngsten Erklärung und den daraus sich ergebenden Konsequenzen diesem Miteinander die Basis entziehen würde. Dieses immer besser funktionierende Modell der Kooperation von DFB und DFL und damit die Zukunft unserer Nachwuchs- und Talentförderung erscheint plötzlich stark gefährdet.

Frage: Wie sehen Sie die weitere Entwicklung dieser Mannschaft und ihrer Spieler?

Sammer: Diese Mannschaft wird jetzt als U 20 weiter spielen und an der WM 2009 in Ägypten teilnehmen. Gerade für sie gilt, was ich oben erwähnt habe. Sie muss erkennen lassen, dass dies erst der Anfang ist und dieses Turnier zwar ein Höhepunkt, aber nicht der Gipfel in ihrer Entwicklung ist. Wir verlangen gerade nach dieser hervorragenden Leistung in Tschechien weiterhin absoluten Erfolgshunger. Dieser Jahrgang verspricht ungemein viel, wenn ich nur an Marko Marin oder Toni Kroos denke, die ja gar nicht dabei waren, oder an Eric-Maxim Choupo-Moting vom HSV, der wegen Verletzung fehlte, oder an die beiden Benders und an Kapitän Florian Jungwirth mit ihren Führungsqualitäten, an exzellente Einzelspieler wie Timo Gebhart, Deniz Naki, Richard Sukuta-Pasu, um nur ein paar wenige Namen aus diesem großartigen Potenzial zu nennen. Die entscheidende Frage wird aber sein, wie können all diese Spieler ihre Zukunft gestalten?

Frage: Wie kann der DFB also jetzt Hilfestellung leisten beim schwierigen Übergang in den Bundesliga-Bereich?

Sammer: Im Zuge der gesamten Entwicklung wollen wir mit einem konkreten Verhaltenskodex unsere Geschichte dokumentieren und unsere weiteren Ziele definieren und dabei auch gewisse Werte formulieren. Es gilt, die Entwicklung dieser Talente weiterhin ganz eng zu begleiten und darauf zu achten, dass die Spieler bei sich, aber auch bei uns, keine Selbstzufriedenheit feststellen. Sondern dass sie in Zusammenarbeit mit ihren Vereinen weiterhin gefordert und gefördert werden.

Frage: Welche DFB-Nachwuchsmannschaft erfüllt als nächste Ihre Forderung nach einem Titel – oder werden wiederum 16 Jahre Geduld vonnöten sein?

Sammer: Auf keinen Fall. Darauf antworte ich genauso salopp: Dieser Titel, dieser Erfolg unserer U 19 darf keine Eintagsfliege sein. Die U 21 hoffen wir 2009 bei der EM in Schweden erfolgreich zu sehen. Die Qualifikation hierfür ist ein absolutes Muss, weil Dieter Eilts qualitativ und quantitativ einen Kreis von Spielern geformt hat, bei dem man diesen Anspruch einfach stellen muss. Und im nächsten Jahr haben wir bei uns in Deutschland die U 17-Europameisterschaft. Auch hierbei gilt die klare Zielsetzung, dass wir dieses Turnier gewinnen wollen. Das Gleiche gilt für die U 19-EM im nächsten Jahr, für die sich die Mannschaft von Heiko Herrlich qualifizieren muss. Wir müssen ganz deutliche Signale setzen, dass der Triumph in Tschechien keine Eintagsfliege ist.

Frage: Welches ist die grundsätzliche Botschaft, die Sie und der DFB mit diesem Titelgewinn verbinden?

Sammer: Die Botschaft kann nur sein, dass jedes Talent in Deutschland wissen soll, dass es optimal gefördert wird in unserem von der DFL, den Landesverbänden und dem DFB getragenen System, und dass es, wenn es mitzieht und dabei bleibt, die Chance hat, dorthin zu kommen, wo unsere U 19 am vergangenen Samstag gestanden hat. Für uns selbst ergibt sich die Verpflichtung, noch besser und noch konkreter unsere Kooperation auszubauen. Leider zeigt sich jetzt vor dem Hintergrund der Erklärungen des Kartellamtes, dass dieses so beispielhaft deutlich gewordene, ganz starke Miteinander von DFB und DFL im Zuge der Nachwuchsförderung und dann auch im Spitzenbereich in Gefahr ist. Wenn von Seiten des Kartellamtes jetzt Verhältnisse geschaffen werden, die diese inhaltlich verknüpften und einander bedingenden Maßnahmen trennen wollen, dann ist das höchst kontraproduktiv und in meinen Augen sehr Besorgnis erregend.

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Der Triumph der deutschen U 19-Nationalmannschaft bei der EM-Endrunde in Tschechien ist, so betont Matthias Sammer, auch ein erster großer Erfolg des höchst komplexen Talentförderprogramms beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Ein Erfolg des hervorragenden Miteinanders bei den in sich verwobenen Maßnahmen des DFB, der Junioren-Bundesligen und der Landesverbände sowie der DFL und ihren Profiklubs mit den ungemein produktiven Leistungszentren.

Nicht zuletzt aber ist dies auch ein erstes höchst positives Ergebnis der gezielten Eliteförderung und einer damit einhergehenden größeren Professionalität und Qualität bei der Betreuung der DFB-Auswahlteams, die mit Matthias Sammers Amtsantritt vor zwei Jahren initiiert und forciert wurden.

Im DFB.de-Exklusivinterview mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien betont der 40-jährige Ex-Europameister von 1996, dass dieser Titel für das von Horst Hrubesch trainierte Junioren-Nationalteam keine Eintagsfliege bleiben darf, sondern ein Signal sein muss für weiteren Erfolgshunger in allen Auswahlmannschaften.

Die Basis hierfür ist die immer effektvoller werdende Zusammenarbeit zwischen DFB und DFL. Allerdings beurteilt der DFB-Sportdirektor diese Symbiose nach den jüngsten Erklärungen des Bundeskartellamts zur TV-Vermarktung der Bundesliga als „sehr gefährdet und Besorgnis erregend“.

Frage: Herr Sammer, die U 19 des DFB ist Europameister. Welchen Stellenwert hat dieser Titel für Sie und Ihre Arbeit als DFB-Sportdirektor?

Matthias Sammer: Zunächst einmal empfinde ich mit dem Gewinn dieses Titels in erster Linie Dankbarkeit. Große Dankbarkeit gegenüber dem DFB und seinem Präsidium für den großen Vertrauensvorschuss für mich und meine Positionierung als Sportdirektor, die ja vor zwei Jahren nicht immer ganz reibungslos verlief. Mit diesem Titel konnten wir, insbesondere Dr. Theo Zwanziger als Präsident und Wolfgang Niersbach als Generalsekretär, bestätigen, dass der von uns eingeschlagene Weg richtig ist. Darüber hinaus ist dieser Erfolg aber auch für mich eine große Verpflichtung als Startsignal. In unserer Konzeption ist nämlich nicht ein Titelgewinn formuliert, sondern Titelgewinne, womit klar dokumentiert ist, dass wir mit unserer Arbeit erst am Anfang stehen.

Frage: Was auffällt, ist die immense Masse an Klasse in diesem Jahrgang. Der DFB hätte bei der U 19-EM mit einem zweiten, nicht minder aussichtsreichen Team teilnehmen können. Ist dies das deutlichste Dokument für die seit 2002 andauernde Talentförderung, die seit Ihrem Amtsantritt als Sportdirektor zur Eliteförderung modifiziert wurde?

Sammer: Dieser Jahrgang bringt ganz deutlich unser Bekenntnis zur Elite zum Ausdruck, der wir uns verpflichtet haben. Unter Gerhard Mayer-Vorfelder als DFB-Präsident wurde 2002 das umfangreiche Programm zur Talentförderung auf den Weg gebracht. Danach wurde die zweite Stufe mit den Leistungszentren in der Bundesliga, der 2. Bundesliga und nun auch der 3. Liga initiiert. Es folgten die Eliteschulen des Fußballs, die wir zusammen mit der DFL auszeichnen, und schließlich auch von unserer Seite die Auswahl der Elite, verbunden mit der Absicht, dem Männerbereich quantitativ und qualitativ ein großes Potenzial an Jungprofis zuzuführen. Diese weiterhin zu entwickelnde und fortzuführende Struktur ist nur auf der Basis eines in sich geschlossenen Systems zwischen DFB und DFL möglich. Leistung - dies ist meine Überzeugung als Sportdirektor - ist planbar. Das erste sichtbare Ergebnis ist dieser Titelgewinn.

Frage: Ihr besonderes Anforderungsprofil an die Juniorenauswahlteams des DFB zielt aber nicht nur darauf ab, dem Profibereich möglichst hoch qualifizierten Nachwuchs zuzuführen, sondern dass die Teams selbst Titel gewinnen sollen auf der Basis eines einheitlichen Spielsystems. Der erste Titel seit 16 Jahren ist nunmehr da. Wie waren Sie mit der Mentalität und der Spielweise der U 19 zufrieden?

Sammer: Unser Spielsystem im Juniorenbereich basiert auf einer stabilen Grundlage, die wir vor zwei Jahren zusammen mit Bundestrainer Joachim Löw und seinen engsten Mitarbeitern Hansi Flick und Urs Siegenthaler entwickelt haben. Bei dieser U 19-EM hat unsere Mannschaft in diesem Sinn viele Stärken gezeigt. Sie war konditionell topfit, sie war handlungsschnell und technisch auf einem guten Niveau, sie war taktisch gut eingestellt. Vor allem aber: Diese Mannschaft hat sich deutlich unterschieden in ihrer Siegermentalität. Bei ihr war der Wille, dieses Turnier unbedingt gewinnen zu wollen, von Beginn an total ausgeprägt. Gerade in dieser Hinsicht hat ihr Trainer Horst Hrubesch sie exzellent geführt. Dass dieser komplexe Anspruch in Sachen Spielweise und Mentalität so hervorragend erfüllt wurde, dafür gebührt Horst Hrubesch ein großes Kompliment.

Frage: Welche Elemente aus dem komplexen Nachwuchsförderungsprogramm des DFB hatten den stärksten Einfluss auf diesen Erfolg der U 19?

Sammer: Was den direkten Einfluss betrifft, so kommt man bei der Antwort auf diese Frage an der Qualität und der Professionalität der Mannschaftsbetreuung nicht vorbei. Wenn wir von Individualisierung und Persönlichkeitsentwicklung sprechen, dann ist es in diesem Zusammenhang sehr wichtig, einen Betreuerstab von absoluten Spezialisten zu haben. Um es auf den Punkt zu bringen: Horst Hrubesch und sein Assistent Thomas Nörenberg sind der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Doch inzwischen stellt der DFB seinen Trainern im Juniorenbereich für alle relevanten Bereiche einen hoch qualifizierten Stab an Experten zur Seite. In Sachen Torhütertraining, Fitness, Medizin und mittlerweile auch Videomanagement und Kommunikation. Dies ist auch ein klares Signal an die Profiligen und die DFL, die ihre Spieler unbesorgt zu uns schicken können, weil sie hier gut betreut werden. In diesem Zusammenhang gebührt Bayer Leverkusen und 1860 München ein expliziter Dank, die das Gros des EM-Aufgebots gestellt haben. So eine problemlose Zusammenarbeit habe ich noch nicht erlebt.

Frage: Welchen Anteil haben die DFL und ihre Profivereine am Titelgewinn der U 19 und darüber hinaus an der Umsetzung Ihres gesamten Programms?

Sammer: Von der ersten Sekunde meiner DFB-Arbeit an habe ich ein großes Vertrauensverhältnis zur DFL und ihren Führungsrepräsentanten um Dr. Rauball und Christian Seifert gespürt. Ohne die deutlich verbesserte Qualität der Arbeit in den Leistungszentren, die ja der DFL zugeordnet sind, aber auch der Leistungszentren in den Landesverbänden des DFB, könnten wir nicht mit diesen Spielern solche Erfolge erringen. Gerade auch auf dieser Ebene wird deutlich, dass DFB und DFL keine Konkurrenten sind, sondern Partner. Nur in diesem gemeinsamen Miteinander sind solche Erfolge möglich. Es wäre mehr als bedauerlich, wenn das Kartellamt mit seiner jüngsten Erklärung und den daraus sich ergebenden Konsequenzen diesem Miteinander die Basis entziehen würde. Dieses immer besser funktionierende Modell der Kooperation von DFB und DFL und damit die Zukunft unserer Nachwuchs- und Talentförderung erscheint plötzlich stark gefährdet.

Frage: Wie sehen Sie die weitere Entwicklung dieser Mannschaft und ihrer Spieler?

Sammer: Diese Mannschaft wird jetzt als U 20 weiter spielen und an der WM 2009 in Ägypten teilnehmen. Gerade für sie gilt, was ich oben erwähnt habe. Sie muss erkennen lassen, dass dies erst der Anfang ist und dieses Turnier zwar ein Höhepunkt, aber nicht der Gipfel in ihrer Entwicklung ist. Wir verlangen gerade nach dieser hervorragenden Leistung in Tschechien weiterhin absoluten Erfolgshunger. Dieser Jahrgang verspricht ungemein viel, wenn ich nur an Marko Marin oder Toni Kroos denke, die ja gar nicht dabei waren, oder an Eric-Maxim Choupo-Moting vom HSV, der wegen Verletzung fehlte, oder an die beiden Benders und an Kapitän Florian Jungwirth mit ihren Führungsqualitäten, an exzellente Einzelspieler wie Timo Gebhart, Deniz Naki, Richard Sukuta-Pasu, um nur ein paar wenige Namen aus diesem großartigen Potenzial zu nennen. Die entscheidende Frage wird aber sein, wie können all diese Spieler ihre Zukunft gestalten?

Frage: Wie kann der DFB also jetzt Hilfestellung leisten beim schwierigen Übergang in den Bundesliga-Bereich?

Sammer: Im Zuge der gesamten Entwicklung wollen wir mit einem konkreten Verhaltenskodex unsere Geschichte dokumentieren und unsere weiteren Ziele definieren und dabei auch gewisse Werte formulieren. Es gilt, die Entwicklung dieser Talente weiterhin ganz eng zu begleiten und darauf zu achten, dass die Spieler bei sich, aber auch bei uns, keine Selbstzufriedenheit feststellen. Sondern dass sie in Zusammenarbeit mit ihren Vereinen weiterhin gefordert und gefördert werden.

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Frage: Welche DFB-Nachwuchsmannschaft erfüllt als nächste Ihre Forderung nach einem Titel – oder werden wiederum 16 Jahre Geduld vonnöten sein?

Sammer: Auf keinen Fall. Darauf antworte ich genauso salopp: Dieser Titel, dieser Erfolg unserer U 19 darf keine Eintagsfliege sein. Die U 21 hoffen wir 2009 bei der EM in Schweden erfolgreich zu sehen. Die Qualifikation hierfür ist ein absolutes Muss, weil Dieter Eilts qualitativ und quantitativ einen Kreis von Spielern geformt hat, bei dem man diesen Anspruch einfach stellen muss. Und im nächsten Jahr haben wir bei uns in Deutschland die U 17-Europameisterschaft. Auch hierbei gilt die klare Zielsetzung, dass wir dieses Turnier gewinnen wollen. Das Gleiche gilt für die U 19-EM im nächsten Jahr, für die sich die Mannschaft von Heiko Herrlich qualifizieren muss. Wir müssen ganz deutliche Signale setzen, dass der Triumph in Tschechien keine Eintagsfliege ist.

Frage: Welches ist die grundsätzliche Botschaft, die Sie und der DFB mit diesem Titelgewinn verbinden?

Sammer: Die Botschaft kann nur sein, dass jedes Talent in Deutschland wissen soll, dass es optimal gefördert wird in unserem von der DFL, den Landesverbänden und dem DFB getragenen System, und dass es, wenn es mitzieht und dabei bleibt, die Chance hat, dorthin zu kommen, wo unsere U 19 am vergangenen Samstag gestanden hat. Für uns selbst ergibt sich die Verpflichtung, noch besser und noch konkreter unsere Kooperation auszubauen. Leider zeigt sich jetzt vor dem Hintergrund der Erklärungen des Kartellamtes, dass dieses so beispielhaft deutlich gewordene, ganz starke Miteinander von DFB und DFL im Zuge der Nachwuchsförderung und dann auch im Spitzenbereich in Gefahr ist. Wenn von Seiten des Kartellamtes jetzt Verhältnisse geschaffen werden, die diese inhaltlich verknüpften und einander bedingenden Maßnahmen trennen wollen, dann ist das höchst kontraproduktiv und in meinen Augen sehr Besorgnis erregend.