Saibene: Die 3. Liga wird "ein richtiger Kampf"

Vor gut einem Jahr führte Jeff Saibene Arminia Bielefeld in der 2. Bundesliga auf einen starken vierten Tabellenplatz. Nun ist der Luxemburger Trainer in der 3. Liga beim FC Ingolstadt 04 und soll den Verein nach dem Abstieg wieder zum Erfolg führen. Im DFB.de-Interview spricht Saibene mit Mitarbeiter Oliver Jensen über die Liga, den Umbruch und den Umgang mit Trainern.

DFB.de: Herr Saibene, zählt in der Saison 2019/2020 für den FC Ingolstadt nur der Aufstieg?

Jeff Saibene: Es wäre viel zu früh, so etwas zu sagen. Natürlich wollen wir eine gute Rolle spielen. Wenn ein Verein absteigt und eine große Enttäuschung erlebt hat, gibt es einiges gutzumachen. Aber das Wort Aufstieg nehmen wir nicht in den Mund. In der 3. Liga spielen viele gute Mannschaften mit reichlich Tradition und hohen Ambitionen. Bei dieser Konkurrenz wäre es vermessen zu sagen, wir wollen unbedingt aufsteigen.

DFB.de: Möchten Sie nicht vom Aufstieg sprechen, weil dadurch ein unnötig großer Druck entstehen würde?

Saibene: Ganz ehrlich: Der Aufstieg ist bei uns momentan kein Thema. Es geht darum, eine gute Mannschaft zusammenzustellen und ihnen meine Fußballphilosophie zu vermitteln.

DFB.de: Sie haben es selber angesprochen: Die 3. Liga steckt voller Traditionsvereine wie Duisburg, Magdeburg, Braunschweig, Kaiserslautern, Rostock und noch einige mehr. Wer zählt für Sie zum Favoritenkreis?

Saibene: Das ist schwer zu sagen. Es gibt einige Mannschaften mit einem sehr großen Namen, vor allem natürlich Kaiserslautern und Braunschweig. Auch die Absteiger aus der 2. Bundesliga oder die Aufsteiger aus den Regionalligen haben Qualität und Ambitionen. Wer letztendlich vorne mitspielt, lässt sich jetzt noch nicht beurteilen.

DFB.de: Sie kannten die 3. Liga bislang lediglich aus der Ferne. Welchen Eindruck haben Sie von dieser Spielklasse?

Saibene: Ich habe mir viele Spiele angesehen und finde diese Spielklasse interessant. Aufgrund der neuen Vereine ist sie sogar noch spannender geworden. Es gibt attraktive Mannschaften, viele Zuschauer und schöne Stadien. Ich glaube, in keinem anderen Land ist die 3. Liga so interessant wie in Deutschland. Von den Namen und den Arenen her ist das mehr 2. Bundesliga als 3. Liga.

DFB.de: Warum haben Sie sich überhaupt für den FC Ingolstadt entschieden, nachdem Sie vergangene Saison noch Trainer in der 2. Bundesliga waren?

Saibene: Die Gespräche mit dem Verein liefen sehr gut. Ich hatte das Gefühl, dass wir auf einer Wellenlänge sind und dass das gut passen könnte. Dann habe ich mir die Infrastruktur angeschaut. Die Trainingsbedingungen sind bundesligareif. Hinzu kommt, dass man hier, so wirken die ersten Eindrücke auf mich jedenfalls, in Ruhe arbeiten kann.

DFB.de: Verspüren Sie in Ingolstadt noch eine gewisse Enttäuschung über den Abstieg?

Saibene: Selten. Nur manchmal, wenn man längere Gespräche führt, kommt das Thema noch einmal auf. Das ist auch völlig klar und lässt sich nicht von heute auf morgen verdrängen. Ich verspüre aber vor allem eine Aufbruchstimmung und positive Energie, hier etwas Neues aufbauen zu wollen und das Alte vergessen zu machen. Wichtig ist, dass wir uns zur 3. Liga bekennen und diese auch annehmen. Niemand darf glauben, dass es einfach wird. Im Gegenteil: Das wird ein richtiger Kampf. Wenn wir diesen annehmen, bin ich aber überzeugt, dass wir eine gute Rolle spielen.

DFB.de: Trotz des Abstiegs gab es keinen radikalen Umbruch. Etwa acht bis zehn Spieler dürften der Mannschaft aus der Vorsaison erhalten bleiben. Dazu zählen Akteure wie Björn Paulsen, Jonatan Kotzke, Tobias Schröck, Robin Krauße und Stefan Kutschke. Ist es wichtig, von Anfang an ein gewisses Fundament zu haben?

Saibene: Ja, das war unser Ziel. Wir wollten einen guten Mix aus routinierten Spielern und jungen Talenten haben. Unsere Nachwuchsabteilung leistet sehr gute Arbeit. Die U 19 wurde Dritter in der Bundesliga – noch vor dem FC Bayern München. Das ist kein Zufall. Ich habe bereits wahrgenommen, dass es hier viele gute Talente gibt. Einige haben bereits für die DFB-Auswahl gespielt.

DFB.de: Konstantin Kerschbaumer, der in Bielefeld unter Ihnen gespielt hat, möchte den Verein laut eigener Aussage gerne verlassen. Müssen Sie ohne den Mittelfeldspieler planen?

Saibene: Er ist bei uns im Training, hat bisher jede Einheit und jedes Spiel mitgemacht. So lange er hier ist, gehört er für mich genauso zur Mannschaft wie jeder andere Spieler. Alles andere kann ich nicht beeinflussen. Er ist jedenfalls ein zu wertvoller Spieler und hat seinen Preis. Er ist ein guter Junge und hat in Bielefeld gut unter mir gespielt. Ich hätte also kein Problem damit, wenn er hierbleiben würde.

DFB.de: Würden Sie Ihre Mannschaft selber noch gerne mit neuen Spielern verstärken?

Saibene: Wir sind auf der Suche. In der Defensive sind wir sehr stabil. Offensiv könnte allerdings noch etwas passieren. Ob das nun ein Außenbahnspieler oder Stürmer sein wird, sehen wir dann.

DFB.de: Im August steht die 1. Runde des DFB-Pokals an. Der FC Ingolstadt hat den Bundesliga-Absteiger 1. FC Nürnberg gezogen. Ist das ein gutes und vielleicht auch machbares Los?

Saibene: Sicherlich ist das eher machbar als ein Spiel gegen einen Top-Erstligisten. Das Spiel hat Derby-Charakter und ist daher ein gutes Los. Wir sind natürlich nicht der Favorit, werden aber auch nicht chancenlos sein.

DFB.de: Sie sind den deutschen Fußball-Fans als Trainer von Arminia Bielefeld bekannt. Sie sicherten dem Verein 2017 zunächst den Klassenerhalt und führten die Arminia in der Folgesaison auf einen starken vierten Tabellenplatz. Wie groß war Ihre Enttäuschung darüber, nach einer Durststrecke im Dezember 2018 entlassen worden zu sein?

Saibene: Natürlich war die Enttäuschung groß. Aber alleine in der letzten Saison wurden 14 oder 15 Trainer entlassen. Das zeigt, wie die Abläufe in diesem Geschäft sind. Entlassungen gehören dazu. Daher ist das Thema für mich abgehakt. Ich denke nicht mehr an Bielefeld, sondern lediglich an Ingolstadt. Hier fühle ich mich wohl, hier habe ich meinen Spaß. Trotzdem war Bielefeld eine super Erfahrung. Der Verein hat mir die Chance gegeben, in Deutschland Fuß zu fassen. Daher werde ich den Verein immer in guter Erinnerung haben.

DFB.de: In Deutschland ist eine Debatte entstanden, ob mit Trainern respektlos umgegangen wird, also ob sie zu früh in Frage gestellt und freigestellt werden. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Saibene: Ich bin der Meinung, dass den Vereinen mehr Kontinuität und Ruhe guttun würde. Aber der Druck ist enorm groß. Es steht so viel auf dem Spiel. Jeder will den kurzfristigen Erfolg. Die meisten Vereine kippen bei der ersten Krise sofort um. Das ist leider überall so. Nach drei oder vier sieglosen Spielen wird der Trainer in Frage gestellt. Der Druck wächst, der Einfluss von den Zuschauern kommt hinzu. Trainerwechsel bringen dann oft einen kurzfristigen Impuls und damit Erfolg. Das liegt einfach daran, dass alle Spieler unter einem neuen Trainer eine neue Chance bekommen. Aber über eine längere Zeit pendelt sich alles wieder ein. Mein Gefühl ist, dass Trainerwechsel über einen längeren Zeitraum nur wenig ausmachen.

DFB.de: Was schließen Sie daraus?

Saibene: Es wäre schön, wenn die Vereine generell auf mehr Kontinuität auf dieser Schlüsselposition setzen würden. Aber dazu braucht es ein starkes Rückgrat, um standhaft zu bleiben und nicht gleich umzukippen. Ich bin schon der Meinung, dass es den Clubs gut tun würde, langfristig mit dem gleichen Trainer zu arbeiten.

[oj]

Vor gut einem Jahr führte Jeff Saibene Arminia Bielefeld in der 2. Bundesliga auf einen starken vierten Tabellenplatz. Nun ist der Luxemburger Trainer in der 3. Liga beim FC Ingolstadt 04 und soll den Verein nach dem Abstieg wieder zum Erfolg führen. Im DFB.de-Interview spricht Saibene mit Mitarbeiter Oliver Jensen über die Liga, den Umbruch und den Umgang mit Trainern.

DFB.de: Herr Saibene, zählt in der Saison 2019/2020 für den FC Ingolstadt nur der Aufstieg?

Jeff Saibene: Es wäre viel zu früh, so etwas zu sagen. Natürlich wollen wir eine gute Rolle spielen. Wenn ein Verein absteigt und eine große Enttäuschung erlebt hat, gibt es einiges gutzumachen. Aber das Wort Aufstieg nehmen wir nicht in den Mund. In der 3. Liga spielen viele gute Mannschaften mit reichlich Tradition und hohen Ambitionen. Bei dieser Konkurrenz wäre es vermessen zu sagen, wir wollen unbedingt aufsteigen.

DFB.de: Möchten Sie nicht vom Aufstieg sprechen, weil dadurch ein unnötig großer Druck entstehen würde?

Saibene: Ganz ehrlich: Der Aufstieg ist bei uns momentan kein Thema. Es geht darum, eine gute Mannschaft zusammenzustellen und ihnen meine Fußballphilosophie zu vermitteln.

DFB.de: Sie haben es selber angesprochen: Die 3. Liga steckt voller Traditionsvereine wie Duisburg, Magdeburg, Braunschweig, Kaiserslautern, Rostock und noch einige mehr. Wer zählt für Sie zum Favoritenkreis?

Saibene: Das ist schwer zu sagen. Es gibt einige Mannschaften mit einem sehr großen Namen, vor allem natürlich Kaiserslautern und Braunschweig. Auch die Absteiger aus der 2. Bundesliga oder die Aufsteiger aus den Regionalligen haben Qualität und Ambitionen. Wer letztendlich vorne mitspielt, lässt sich jetzt noch nicht beurteilen.

DFB.de: Sie kannten die 3. Liga bislang lediglich aus der Ferne. Welchen Eindruck haben Sie von dieser Spielklasse?

Saibene: Ich habe mir viele Spiele angesehen und finde diese Spielklasse interessant. Aufgrund der neuen Vereine ist sie sogar noch spannender geworden. Es gibt attraktive Mannschaften, viele Zuschauer und schöne Stadien. Ich glaube, in keinem anderen Land ist die 3. Liga so interessant wie in Deutschland. Von den Namen und den Arenen her ist das mehr 2. Bundesliga als 3. Liga.

DFB.de: Warum haben Sie sich überhaupt für den FC Ingolstadt entschieden, nachdem Sie vergangene Saison noch Trainer in der 2. Bundesliga waren?

Saibene: Die Gespräche mit dem Verein liefen sehr gut. Ich hatte das Gefühl, dass wir auf einer Wellenlänge sind und dass das gut passen könnte. Dann habe ich mir die Infrastruktur angeschaut. Die Trainingsbedingungen sind bundesligareif. Hinzu kommt, dass man hier, so wirken die ersten Eindrücke auf mich jedenfalls, in Ruhe arbeiten kann.

DFB.de: Verspüren Sie in Ingolstadt noch eine gewisse Enttäuschung über den Abstieg?

Saibene: Selten. Nur manchmal, wenn man längere Gespräche führt, kommt das Thema noch einmal auf. Das ist auch völlig klar und lässt sich nicht von heute auf morgen verdrängen. Ich verspüre aber vor allem eine Aufbruchstimmung und positive Energie, hier etwas Neues aufbauen zu wollen und das Alte vergessen zu machen. Wichtig ist, dass wir uns zur 3. Liga bekennen und diese auch annehmen. Niemand darf glauben, dass es einfach wird. Im Gegenteil: Das wird ein richtiger Kampf. Wenn wir diesen annehmen, bin ich aber überzeugt, dass wir eine gute Rolle spielen.

DFB.de: Trotz des Abstiegs gab es keinen radikalen Umbruch. Etwa acht bis zehn Spieler dürften der Mannschaft aus der Vorsaison erhalten bleiben. Dazu zählen Akteure wie Björn Paulsen, Jonatan Kotzke, Tobias Schröck, Robin Krauße und Stefan Kutschke. Ist es wichtig, von Anfang an ein gewisses Fundament zu haben?

Saibene: Ja, das war unser Ziel. Wir wollten einen guten Mix aus routinierten Spielern und jungen Talenten haben. Unsere Nachwuchsabteilung leistet sehr gute Arbeit. Die U 19 wurde Dritter in der Bundesliga – noch vor dem FC Bayern München. Das ist kein Zufall. Ich habe bereits wahrgenommen, dass es hier viele gute Talente gibt. Einige haben bereits für die DFB-Auswahl gespielt.

DFB.de: Konstantin Kerschbaumer, der in Bielefeld unter Ihnen gespielt hat, möchte den Verein laut eigener Aussage gerne verlassen. Müssen Sie ohne den Mittelfeldspieler planen?

Saibene: Er ist bei uns im Training, hat bisher jede Einheit und jedes Spiel mitgemacht. So lange er hier ist, gehört er für mich genauso zur Mannschaft wie jeder andere Spieler. Alles andere kann ich nicht beeinflussen. Er ist jedenfalls ein zu wertvoller Spieler und hat seinen Preis. Er ist ein guter Junge und hat in Bielefeld gut unter mir gespielt. Ich hätte also kein Problem damit, wenn er hierbleiben würde.

DFB.de: Würden Sie Ihre Mannschaft selber noch gerne mit neuen Spielern verstärken?

Saibene: Wir sind auf der Suche. In der Defensive sind wir sehr stabil. Offensiv könnte allerdings noch etwas passieren. Ob das nun ein Außenbahnspieler oder Stürmer sein wird, sehen wir dann.

DFB.de: Im August steht die 1. Runde des DFB-Pokals an. Der FC Ingolstadt hat den Bundesliga-Absteiger 1. FC Nürnberg gezogen. Ist das ein gutes und vielleicht auch machbares Los?

Saibene: Sicherlich ist das eher machbar als ein Spiel gegen einen Top-Erstligisten. Das Spiel hat Derby-Charakter und ist daher ein gutes Los. Wir sind natürlich nicht der Favorit, werden aber auch nicht chancenlos sein.

DFB.de: Sie sind den deutschen Fußball-Fans als Trainer von Arminia Bielefeld bekannt. Sie sicherten dem Verein 2017 zunächst den Klassenerhalt und führten die Arminia in der Folgesaison auf einen starken vierten Tabellenplatz. Wie groß war Ihre Enttäuschung darüber, nach einer Durststrecke im Dezember 2018 entlassen worden zu sein?

Saibene: Natürlich war die Enttäuschung groß. Aber alleine in der letzten Saison wurden 14 oder 15 Trainer entlassen. Das zeigt, wie die Abläufe in diesem Geschäft sind. Entlassungen gehören dazu. Daher ist das Thema für mich abgehakt. Ich denke nicht mehr an Bielefeld, sondern lediglich an Ingolstadt. Hier fühle ich mich wohl, hier habe ich meinen Spaß. Trotzdem war Bielefeld eine super Erfahrung. Der Verein hat mir die Chance gegeben, in Deutschland Fuß zu fassen. Daher werde ich den Verein immer in guter Erinnerung haben.

DFB.de: In Deutschland ist eine Debatte entstanden, ob mit Trainern respektlos umgegangen wird, also ob sie zu früh in Frage gestellt und freigestellt werden. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Saibene: Ich bin der Meinung, dass den Vereinen mehr Kontinuität und Ruhe guttun würde. Aber der Druck ist enorm groß. Es steht so viel auf dem Spiel. Jeder will den kurzfristigen Erfolg. Die meisten Vereine kippen bei der ersten Krise sofort um. Das ist leider überall so. Nach drei oder vier sieglosen Spielen wird der Trainer in Frage gestellt. Der Druck wächst, der Einfluss von den Zuschauern kommt hinzu. Trainerwechsel bringen dann oft einen kurzfristigen Impuls und damit Erfolg. Das liegt einfach daran, dass alle Spieler unter einem neuen Trainer eine neue Chance bekommen. Aber über eine längere Zeit pendelt sich alles wieder ein. Mein Gefühl ist, dass Trainerwechsel über einen längeren Zeitraum nur wenig ausmachen.

DFB.de: Was schließen Sie daraus?

Saibene: Es wäre schön, wenn die Vereine generell auf mehr Kontinuität auf dieser Schlüsselposition setzen würden. Aber dazu braucht es ein starkes Rückgrat, um standhaft zu bleiben und nicht gleich umzukippen. Ich bin schon der Meinung, dass es den Clubs gut tun würde, langfristig mit dem gleichen Trainer zu arbeiten.