Erstligist gegen Zweitligist: Die bisherigen Duelle im Pokalfinale

Zu den Gesetzen des Pokals gehört auch der Leitsatz, dass ihn jeder gewinnen kann. Theoretisch. Es ist ein schrankenloser Wettbewerb, an dem sich jeder Klub beteiligen kann. Normalerweise stehen sich am Saisonende in Berlin aber zwei Bundesligisten gegenüber, wie seit 2011 immer. Dieses Jahr nicht. Bereits zum elften Mal bei mittlerweile 81 Ausspielungen gibt es ein Finale zwischen einem Erstligisten und einem Zweitligisten – und zweimal feierte der "Kleine". Ein Rückblick in zehn Kapiteln.

1965 Borussia Dortmund – Alemannia Aachen 2:0.

Der erste Störenfried im elitären Kreis der Finalisten kam 30 Jahre nach der Premiere 1935. Alemannia Aachen, das sich 1965 als Regionalligist (damals zweitklassig) durchschlug und am Tivoli die Bundesligisten Hannover 96 und Schalke 04 eliminiert hatte. Das 4:3 im Halbfinale gegen die Königsblauen verhinderte ein Revier-Derby, denn das Finale erreichte Schalkes Erz-Rivale Borussia Dortmund. Trotzdem war das Niedersachsen-Stadion in Hannover am 22. Mai 1965 mit 55.000 Zuschauern ausverkauft. Sie erlebten einen Beleg dafür, dass sich David und Goliath keineswegs immer auf Augenhöhe duellieren. Die Borussen machten kurzen Prozess und führten schon nach 18 Minuten durch Tore von Aki Schmidt und Lothar Emmerich mit 2:0 – danach passierte wenig und es gab viele Pfiffe. "Es war ein Sieg eiskalter Routine", schrieb das Sport Magazin. "Das Beste an diesem Spiel war die Militärmusik und der Sonnenschein", spottete Alt-Bundestrainer Sepp Herberger. Wir ergänzen: und der noch immer aktuelle Pokal, der 1965 erstmals übergeben wurde. Sein vasenähnlicher Vorgänger hatte 1964 ausgedient.

1968 1. FC Köln – VfL Bochum 4:1.

Das Ergebnis täuscht etwas über den Spielverlauf hinweg, Regionalligist Bochum wehrte sich tapfer. Selbst Kölns Trainer Willi Multhaup sagte: "Vielleicht ist unser Sieg um ein Tor zu hoch ausgefallen." Kollege Hermann Eppenhoff, der bereits seine dritte Mannschaft ins Finale geführt hatte, pflichtete ihm bei und freute sich "dass wir beweisen konnten, dass wir nicht unberechtigt das Endspiel erreicht hatten." Das wagte auch niemand laut zu sagen, hatte der VfL doch vier Bundesligisten aus dem Weg geräumt, darunter Borussia Mönchengladbach und die Bayern. In Ludwigshafen war Köln allerdings eine Nummer zu groß gewesen. Fatal war, dass der VfL zunächst durch Werner Jablonski ein Eigentor schoss und unmittelbar nach dem Ausgleich durch Karl-Heinz Böttcher wieder in Rückstand geriet. Carlheinz Rühl (2) und Johannes Löhr schossen die Tore für den Sieger und die Stars jener Tage zogen ein großes Spiel auf. "Das Mittelfeld gehörte Overath-Flohe", titelte das Sport Magazin. Als die Kölner zurückkehrten, gab es aber nicht mal eine Feier für die Sieger in einem Spiel, in dem sie nur verlieren konnten.

1970: Kickers Offenbach – 1. FC Köln 2:1.

Das Finale von 1970 ist ein Sonderfall. Kickers Offenbach begann den Wettbewerb zwar als Regionalligist (2. Liga), aber das erst im August ausgetragene Endspiel bestritten die Hessen schon als Bundesligist. Sie gewannen mit 2:1, Klaus Winkler und Horst Gecks trafen, für Köln Hannes Löhr. Held des Tages in Hannover war Torwart Karl-Heinz Volz, der einen Elfmeter von Werner Biskup hielt. Wolfgang Overath gratulierte: "Offenbach, das bemerke ich neidlos, hat verdient gewonnen." Dass der OFC der Außenseiter war, belegt eine Anekdote vom offiziellen Bankett: auf den Tischen standen vorbereitete Wimpel mit der Aufschrift "Pokalsieger 1970 – 1. FC Köln".

1983 1. FC Köln – Fortuna Köln 1:0.

Das einzige Finale zweier Klubs aus einer Stadt fand sinnvollerweise auch in beider Heimat statt. 60.000 freuten sich im Müngersdorfer Stadion auf ein prickelndes Derby. Der Sieger stand im Grunde schon vorher fest: beim 1. FC spielten Nationalspieler wie Toni Schumacher, Klaus Fischer und Pierre Littbarski. Doch Fortuna hatte im Halbfinale Borussia Dortmund 5:0 demontiert und setzte auf Torjäger Dieter Schatzschneider (31 Saisontreffer), der schon bei Meister HSV unterschrieben hatte. FC-Trainer Rinus Michels warnte: "Wer die unterschätzt, ist selber schuld." Ein Lattenschuss von Hans-Jürgen "Zico" Gede aus 30 Metern unterstrich seine Worte und das 0:0 zur Pause war für den 1. FC noch schmeichelhaft. Trotzdem lachte am Ende der Geißbock, denn Pierre Littbarskis Tor (68. Minute) brachte den Sieg. Das Publikum war jedoch unzufrieden und so ergab es sich, dass ein Pokalsieger im eigenen Stadion bei der Ehrung ausgepfiffen wurde. Alle anderen David gegen Goliath-Spiele ereigneten sich in Berlin.

1987 Hamburger SV – Stuttgarter Kickers 3:1.

An diesem Juni-Samstag ging eine Ära standesgemäß zu Ende. Der große Ernst Happel saß letztmals auf der HSV-Bank und seine Spieler schenkten ihm zum Abschied den Pokal. Zweitligist Kickers Stuttgart, im Geiste nach dem Aufstieg bereits erstklassig, gab lange den Spielverderber. Dirk Kurtenbach brachte die Blauen nach 13 Minuten gar in Führung und nach Dietmar Beiersdorfers sofortigem Ausgleich blieb das Spiel bis kurz vor Schluss offen. Da legte sich Manfred Kaltz in der 87. Minute den Ball zum Freistoß zurecht. Alles rechnete mit einer seiner berühmten Bananenflanken, doch Kaltz überlistete Torwart Jäger mit einem Schlenzer ins kurze Eck. Armin Jäger erklärte: "Dass er flankt, haben 76.000 Leute im Stadion gedacht, warum sollte ich da was anderes annehmen? Im letzten Augenblick habe ich dann gesehen, dass der Kaltz was anderes vorhat, aber da war’s schon zu spät."

Ein Eigentor sorgte für den Endstand und Kickers-Trainer Dieter Renner schwäbelte fatalistisch: "So isch Fußball." Günter Netzer lobte den Verlierer immerhin in seiner Kicker-Kolumne: "Ich ziehe meinen Hut vor den Stuttgarter Kickers."

1992 Hannover 96 – Borussia Mönchengladbach 4:3 n. E.

Endlich gab es mehr als nur Lob für den Außenseiter. Im ersten torlosen Finale der Pokal-Historie mussten nach zwei Stunden Elfmeter entscheiden. Beide Teams hatten ausgesprochene Elfmeter-Töter im Tor: Gladbachs Uwe Kamps hatte im Halbfinale gegen Leverkusen gleich vier gehalten, Hannovers Jörg Sievers hielt gegen Werder einen Schuss und erzielte das entscheidende Tor selbst. Im Finale gewann Sievers das Duell der Elfmeter-Töter mit 2:1, Karl-Heinz Pflipsen und Holger Fach scheiterten am Zweitliga-Torwart. Und so gewann mit Hannover 96 zum ersten und bisher einzigen Mal ein unterklassiger Verein ein Pokal-Finale. Dabei hatten sie als Motto ausgegeben: "Wenn schon verlieren, dann mit Anstand."

1994 Werder Bremen – Rot-Weiß Essen 3:1.

Otto Rehhagel gegen seine alte Liebe – das war das Brisanteste an diesem einseitigen Finale zwischen dem Bundesligisten und dem feststehenden Absteiger aus der 2. Liga. RWE bestritt seit Wochen Freundschaftsspiele, weil die Lizenz für die laufende Saison entzogen worden war. Werder führte zur Pause schon 2:0 durch Beiersdorfer und Andreas Herzog. Als Daouda Bangoura nach 50 Minuten Oliver Reck überwand, wurde es wieder spannend. Wynton Rufer sorgte erst spät für die Entscheidung. Mario Basler, auch ein Ex-Essener, war wegen seiner Auswechslung beleidigt und wollte die Siegerehrung schwänzen. Er kam dann doch, in Badelatschen.

1995: Mönchengladbach – VfL Wolfsburg 3:0.

Zum vierten Mal in Folge schaffte es ein unterklassiger Klub ins Finale. Zweitligist VfL Wolfsburg hatte kurz zuvor in Berlin den Aufstieg verspielt, nun platzte auch der zweite Traum in diesem Stadion. Martin Dahlin, Stefan Effenberg und Heiko Herrlich in seinem letzten Spiel für Borussia schossen die Tore gegen überforderte Wölfe, die noch kurz vor dem Finale den Trainer gewechselt hatten (Roggensack für Krautzun).

2004: Werder Bremen – Alemannia Aachen 3:2.

Die Aachener hatten am Tivoli Bayern und Mönchengladbach rausgeworfen und erreichten nach 1965 erneut als Zweitligist das Finale. Trainer Jörg Berger bewies einmal mehr seine besonderen Fähigkeiten als Motivator. Werder stand als Meister fest und sorgte vor der Pause durch Tim Borowski und Ivan Klasnic für eine 2:0-Führung. ZDF-Experte Franz Beckenbauer sagte schon: "Wir können nach Hause gehen." Doch Stefan Blank brachte Aachen heran, und erst ein zweites Borowski-Tor (84.) entschied das Finale, Aachens Mittelstürmer Erik Meijer, heute Sky-Experte, verkürzte in der Schlussminute. Auf dem Aachener Rathausmarkt wurden die Verlierer dennoch gefeiert - wie jeder David, der sich Goliath in den Weg stellt. Zumal sie mit dem Einzug in den Uefa-Pokal belohnt wurden.

2011 Schalke – MSV Duisburg 5:0

Natürlich waren die Rollen vor diesem Revierderby auf Berliner Finalbühne verteilt, aber dass sich beide Teams so genau daran hielten, das wollte niemand. Von Spannung konnte keine Rede sein. Die Schalker wollten die Fans entschädigen für eine missratene Bundesligasaison (Platz 14), die der erst im März für Felix Magath eingesprungene Trainer Ralf Rangnick noch zu retten suchte. Das erste Ziel, der Klassenerhalt, war geschafft und für das Aus im Halbfinale der Champions League gab es mehr Beifall als Kritik. In dieser Mannschaft steckte mehr, als sie aus sich herausholte. Die Bühne von Berlin nutzte sie dann, es zu beweisen. Der MSV, im dritten Jahr nach dem Abstieg zweitklassig (8. Platz) stand auf verlorenem Posten. Schon nach 22 Minuten zweifelte kaum jemand am Ausgang, der überragende Jungstar Julian Draxler und Mittelstürmer Jan-Klaas Huntelaar stellten die Anzeige auf 2:0. Ein Kopfball von benedikt Höwedes sorgte noch vor der Halbzeit (42.) für die Vorentscheidung. Jose Manuel Jurado (55.) und erneut Huntelaar (70.) schraubten den Spielstand auf das Rekordergebnis für ein Finale. 5:0 – das hatte zuvor nur Schalke selbst 1972 gegen Kaiserslautern geschafft. So ging der kaum geprüfte Torwart Manuel Neuer als Pokalsieger nach München, auch Weltstar Raul bestritt seit letztes Spiel in Königsblau und jubilierte: "Ich musste nach Deutschland kommen, um einmal Pokalsieger zu werden." Das war ihm bei Real Madrid nicht vergönnt. Die MSV-Fans feierten ihre Mannschaft unverdrossen schon vor dem Abpfiff minutenlang und Trainer Milan Sasic war gerührt: "Ich fühlte mich eigentlich am Tiefpunkt. Dann kam die Geste der Fans. Das war eine tolle Aktion." Wenn David und Goliath in Berlin aufeinandertreffen, dann gibt es eben fast nie einen Verlierer.

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Zu den Gesetzen des Pokals gehört auch der Leitsatz, dass ihn jeder gewinnen kann. Theoretisch. Es ist ein schrankenloser Wettbewerb, an dem sich jeder Klub beteiligen kann. Normalerweise stehen sich am Saisonende in Berlin aber zwei Bundesligisten gegenüber, wie seit 2011 immer. Dieses Jahr nicht. Bereits zum elften Mal bei mittlerweile 81 Ausspielungen gibt es ein Finale zwischen einem Erstligisten und einem Zweitligisten – und zweimal feierte der "Kleine". Ein Rückblick in zehn Kapiteln.

1965 Borussia Dortmund – Alemannia Aachen 2:0.

Der erste Störenfried im elitären Kreis der Finalisten kam 30 Jahre nach der Premiere 1935. Alemannia Aachen, das sich 1965 als Regionalligist (damals zweitklassig) durchschlug und am Tivoli die Bundesligisten Hannover 96 und Schalke 04 eliminiert hatte. Das 4:3 im Halbfinale gegen die Königsblauen verhinderte ein Revier-Derby, denn das Finale erreichte Schalkes Erz-Rivale Borussia Dortmund. Trotzdem war das Niedersachsen-Stadion in Hannover am 22. Mai 1965 mit 55.000 Zuschauern ausverkauft. Sie erlebten einen Beleg dafür, dass sich David und Goliath keineswegs immer auf Augenhöhe duellieren. Die Borussen machten kurzen Prozess und führten schon nach 18 Minuten durch Tore von Aki Schmidt und Lothar Emmerich mit 2:0 – danach passierte wenig und es gab viele Pfiffe. "Es war ein Sieg eiskalter Routine", schrieb das Sport Magazin. "Das Beste an diesem Spiel war die Militärmusik und der Sonnenschein", spottete Alt-Bundestrainer Sepp Herberger. Wir ergänzen: und der noch immer aktuelle Pokal, der 1965 erstmals übergeben wurde. Sein vasenähnlicher Vorgänger hatte 1964 ausgedient.

1968 1. FC Köln – VfL Bochum 4:1.

Das Ergebnis täuscht etwas über den Spielverlauf hinweg, Regionalligist Bochum wehrte sich tapfer. Selbst Kölns Trainer Willi Multhaup sagte: "Vielleicht ist unser Sieg um ein Tor zu hoch ausgefallen." Kollege Hermann Eppenhoff, der bereits seine dritte Mannschaft ins Finale geführt hatte, pflichtete ihm bei und freute sich "dass wir beweisen konnten, dass wir nicht unberechtigt das Endspiel erreicht hatten." Das wagte auch niemand laut zu sagen, hatte der VfL doch vier Bundesligisten aus dem Weg geräumt, darunter Borussia Mönchengladbach und die Bayern. In Ludwigshafen war Köln allerdings eine Nummer zu groß gewesen. Fatal war, dass der VfL zunächst durch Werner Jablonski ein Eigentor schoss und unmittelbar nach dem Ausgleich durch Karl-Heinz Böttcher wieder in Rückstand geriet. Carlheinz Rühl (2) und Johannes Löhr schossen die Tore für den Sieger und die Stars jener Tage zogen ein großes Spiel auf. "Das Mittelfeld gehörte Overath-Flohe", titelte das Sport Magazin. Als die Kölner zurückkehrten, gab es aber nicht mal eine Feier für die Sieger in einem Spiel, in dem sie nur verlieren konnten.

1970: Kickers Offenbach – 1. FC Köln 2:1.

Das Finale von 1970 ist ein Sonderfall. Kickers Offenbach begann den Wettbewerb zwar als Regionalligist (2. Liga), aber das erst im August ausgetragene Endspiel bestritten die Hessen schon als Bundesligist. Sie gewannen mit 2:1, Klaus Winkler und Horst Gecks trafen, für Köln Hannes Löhr. Held des Tages in Hannover war Torwart Karl-Heinz Volz, der einen Elfmeter von Werner Biskup hielt. Wolfgang Overath gratulierte: "Offenbach, das bemerke ich neidlos, hat verdient gewonnen." Dass der OFC der Außenseiter war, belegt eine Anekdote vom offiziellen Bankett: auf den Tischen standen vorbereitete Wimpel mit der Aufschrift "Pokalsieger 1970 – 1. FC Köln".

1983 1. FC Köln – Fortuna Köln 1:0.

Das einzige Finale zweier Klubs aus einer Stadt fand sinnvollerweise auch in beider Heimat statt. 60.000 freuten sich im Müngersdorfer Stadion auf ein prickelndes Derby. Der Sieger stand im Grunde schon vorher fest: beim 1. FC spielten Nationalspieler wie Toni Schumacher, Klaus Fischer und Pierre Littbarski. Doch Fortuna hatte im Halbfinale Borussia Dortmund 5:0 demontiert und setzte auf Torjäger Dieter Schatzschneider (31 Saisontreffer), der schon bei Meister HSV unterschrieben hatte. FC-Trainer Rinus Michels warnte: "Wer die unterschätzt, ist selber schuld." Ein Lattenschuss von Hans-Jürgen "Zico" Gede aus 30 Metern unterstrich seine Worte und das 0:0 zur Pause war für den 1. FC noch schmeichelhaft. Trotzdem lachte am Ende der Geißbock, denn Pierre Littbarskis Tor (68. Minute) brachte den Sieg. Das Publikum war jedoch unzufrieden und so ergab es sich, dass ein Pokalsieger im eigenen Stadion bei der Ehrung ausgepfiffen wurde. Alle anderen David gegen Goliath-Spiele ereigneten sich in Berlin.

1987 Hamburger SV – Stuttgarter Kickers 3:1.

An diesem Juni-Samstag ging eine Ära standesgemäß zu Ende. Der große Ernst Happel saß letztmals auf der HSV-Bank und seine Spieler schenkten ihm zum Abschied den Pokal. Zweitligist Kickers Stuttgart, im Geiste nach dem Aufstieg bereits erstklassig, gab lange den Spielverderber. Dirk Kurtenbach brachte die Blauen nach 13 Minuten gar in Führung und nach Dietmar Beiersdorfers sofortigem Ausgleich blieb das Spiel bis kurz vor Schluss offen. Da legte sich Manfred Kaltz in der 87. Minute den Ball zum Freistoß zurecht. Alles rechnete mit einer seiner berühmten Bananenflanken, doch Kaltz überlistete Torwart Jäger mit einem Schlenzer ins kurze Eck. Armin Jäger erklärte: "Dass er flankt, haben 76.000 Leute im Stadion gedacht, warum sollte ich da was anderes annehmen? Im letzten Augenblick habe ich dann gesehen, dass der Kaltz was anderes vorhat, aber da war’s schon zu spät."

Ein Eigentor sorgte für den Endstand und Kickers-Trainer Dieter Renner schwäbelte fatalistisch: "So isch Fußball." Günter Netzer lobte den Verlierer immerhin in seiner Kicker-Kolumne: "Ich ziehe meinen Hut vor den Stuttgarter Kickers."

1992 Hannover 96 – Borussia Mönchengladbach 4:3 n. E.

Endlich gab es mehr als nur Lob für den Außenseiter. Im ersten torlosen Finale der Pokal-Historie mussten nach zwei Stunden Elfmeter entscheiden. Beide Teams hatten ausgesprochene Elfmeter-Töter im Tor: Gladbachs Uwe Kamps hatte im Halbfinale gegen Leverkusen gleich vier gehalten, Hannovers Jörg Sievers hielt gegen Werder einen Schuss und erzielte das entscheidende Tor selbst. Im Finale gewann Sievers das Duell der Elfmeter-Töter mit 2:1, Karl-Heinz Pflipsen und Holger Fach scheiterten am Zweitliga-Torwart. Und so gewann mit Hannover 96 zum ersten und bisher einzigen Mal ein unterklassiger Verein ein Pokal-Finale. Dabei hatten sie als Motto ausgegeben: "Wenn schon verlieren, dann mit Anstand."

1994 Werder Bremen – Rot-Weiß Essen 3:1.

Otto Rehhagel gegen seine alte Liebe – das war das Brisanteste an diesem einseitigen Finale zwischen dem Bundesligisten und dem feststehenden Absteiger aus der 2. Liga. RWE bestritt seit Wochen Freundschaftsspiele, weil die Lizenz für die laufende Saison entzogen worden war. Werder führte zur Pause schon 2:0 durch Beiersdorfer und Andreas Herzog. Als Daouda Bangoura nach 50 Minuten Oliver Reck überwand, wurde es wieder spannend. Wynton Rufer sorgte erst spät für die Entscheidung. Mario Basler, auch ein Ex-Essener, war wegen seiner Auswechslung beleidigt und wollte die Siegerehrung schwänzen. Er kam dann doch, in Badelatschen.

1995: Mönchengladbach – VfL Wolfsburg 3:0.

Zum vierten Mal in Folge schaffte es ein unterklassiger Klub ins Finale. Zweitligist VfL Wolfsburg hatte kurz zuvor in Berlin den Aufstieg verspielt, nun platzte auch der zweite Traum in diesem Stadion. Martin Dahlin, Stefan Effenberg und Heiko Herrlich in seinem letzten Spiel für Borussia schossen die Tore gegen überforderte Wölfe, die noch kurz vor dem Finale den Trainer gewechselt hatten (Roggensack für Krautzun).

2004: Werder Bremen – Alemannia Aachen 3:2.

Die Aachener hatten am Tivoli Bayern und Mönchengladbach rausgeworfen und erreichten nach 1965 erneut als Zweitligist das Finale. Trainer Jörg Berger bewies einmal mehr seine besonderen Fähigkeiten als Motivator. Werder stand als Meister fest und sorgte vor der Pause durch Tim Borowski und Ivan Klasnic für eine 2:0-Führung. ZDF-Experte Franz Beckenbauer sagte schon: "Wir können nach Hause gehen." Doch Stefan Blank brachte Aachen heran, und erst ein zweites Borowski-Tor (84.) entschied das Finale, Aachens Mittelstürmer Erik Meijer, heute Sky-Experte, verkürzte in der Schlussminute. Auf dem Aachener Rathausmarkt wurden die Verlierer dennoch gefeiert - wie jeder David, der sich Goliath in den Weg stellt. Zumal sie mit dem Einzug in den Uefa-Pokal belohnt wurden.

2011 Schalke – MSV Duisburg 5:0

Natürlich waren die Rollen vor diesem Revierderby auf Berliner Finalbühne verteilt, aber dass sich beide Teams so genau daran hielten, das wollte niemand. Von Spannung konnte keine Rede sein. Die Schalker wollten die Fans entschädigen für eine missratene Bundesligasaison (Platz 14), die der erst im März für Felix Magath eingesprungene Trainer Ralf Rangnick noch zu retten suchte. Das erste Ziel, der Klassenerhalt, war geschafft und für das Aus im Halbfinale der Champions League gab es mehr Beifall als Kritik. In dieser Mannschaft steckte mehr, als sie aus sich herausholte. Die Bühne von Berlin nutzte sie dann, es zu beweisen. Der MSV, im dritten Jahr nach dem Abstieg zweitklassig (8. Platz) stand auf verlorenem Posten. Schon nach 22 Minuten zweifelte kaum jemand am Ausgang, der überragende Jungstar Julian Draxler und Mittelstürmer Jan-Klaas Huntelaar stellten die Anzeige auf 2:0. Ein Kopfball von benedikt Höwedes sorgte noch vor der Halbzeit (42.) für die Vorentscheidung. Jose Manuel Jurado (55.) und erneut Huntelaar (70.) schraubten den Spielstand auf das Rekordergebnis für ein Finale. 5:0 – das hatte zuvor nur Schalke selbst 1972 gegen Kaiserslautern geschafft. So ging der kaum geprüfte Torwart Manuel Neuer als Pokalsieger nach München, auch Weltstar Raul bestritt seit letztes Spiel in Königsblau und jubilierte: "Ich musste nach Deutschland kommen, um einmal Pokalsieger zu werden." Das war ihm bei Real Madrid nicht vergönnt. Die MSV-Fans feierten ihre Mannschaft unverdrossen schon vor dem Abpfiff minutenlang und Trainer Milan Sasic war gerührt: "Ich fühlte mich eigentlich am Tiefpunkt. Dann kam die Geste der Fans. Das war eine tolle Aktion." Wenn David und Goliath in Berlin aufeinandertreffen, dann gibt es eben fast nie einen Verlierer.

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