Rottenberg: "Torhüterinnen müssen aktiv das Spiel beeinflussen können"

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Silke Rottenberg (48), 126-mal Torhüterin der deutschen Nationalmannschaft und mittlerweile als Torwarttrainerin im Nachwuchsbereich des DFB verantwortlich.

DFB.de: Frau Rottenberg, Deutschland hatte auch im Frauenfußball immer großartige Torhüterinnen. Wieso eigentlich? Gibt es dafür eine Erklärung?

Silke Rottenberg: Natürlich. Ich komme aus einer Zeit, da gab es im Grunde kein Torwarttraining, wie wir es heute kennen. Ich war fast 18 Jahre alt, als ich das erste Mal im Tor stand. Tina Theune hat mir damals den Tipp gegeben, das doch mal zu versuchen. Bis dahin hatte ich nur im Feld gespielt. Mein erstes echtes Torwarttraining hatte ich dann nochmal sieben Jahre später, als ich 25 war. In den Zeiten von Marion Isbert, mir und auch noch bei Nadine Angerer lag es an dem ganz großen Willen der genannten Personen, diese Position im Tor möglichst perfekt auszuüben. Ich war getrieben von dem Wunsch, mit meinen jeweiligen Mannschaften Ziele zu erreichen und Titel zu gewinnen.

DFB.de: Was ja auch ganz gut gelungen ist: Sie sind viermal deutsche Meisterin, haben ebenso oft den DFB-Pokal gewonnen, dreimal die Europameisterschaft, zweimal die Weltmeisterschaft. Eine beeindruckende Bilanz bei 126 Länderspielen.

Rottenberg: Darauf bin ich stolz. Aber diese Erfolge habe ich vielen anderen Menschen zu verdanken. Ich hatte immer tolle Mitspielerinnen in grandiosen Mannschaften, viele Torwarttrainer, die mich besser gemacht haben und die heute zu meinem engen Freundeskreis zählen. Meine Eltern haben mich auch extrem unterstützt. Das war für mich super wichtig und man hört ja leider immer wieder Geschichten, wo das nicht der Fall ist. Der Fußball und diese Erfolge haben mich total geprägt. Ich habe viel erreicht, weil ich sehr ehrgeizig und fleißig war. Aber ich hatte auch ein wenig Talent (lacht). Umso schöner ist es, dass ich meine Erfahrungen heute im Nachwuchsbereich des DFB als Torwarttrainerin weitergeben kann. Ich glaube, dass es gerade für junge Mädchen wichtig ist, dass sie merken, wenn jemand vor ihnen steht, der im sportlichen Bereich alles erlebt, vieles gewonnen hat, aber auch weiß wovon er spricht.

DFB.de: Gibt es einen Titel in der Sammlung, der heraussticht?

Rottenberg: Ich bin ganz ehrlich: Der Gewinn der Weltmeisterschaft 2003 überstrahlt alles und wenn man im Anschluss auch noch als Welttorhüterin ausgezeichnet wird, dann ist und bleibt dieses Turnier sehr besonders. Das war einfach überragend. Der WM-Titel ist das Nonplusultra, mehr geht nicht. Mit diesem Triumph haben wir dem Frauenfußball in Deutschland nochmal einen neuen Stellenwert gegeben und eine große Euphorie ausgelöst. Durch diesen Boom sind viele Mädchen zu unserer Sportart gekommen. Und davon profitieren wir heute noch. Dieser Titel hat einen besonderen Stellenwert in meinem Leben. Aber es ist unglaublich, dass seitdem fast schon wieder 17 Jahre vergangen sind.

DFB.de: Wie haben sich die Zeiten seitdem geändert?

Rottenberg: Gerade auf der Position der Torhüterin ist unfassbar viel passiert. Der DFB hat 2007 mit Michael Fuchs erstmals einen Torwarttrainer für den Frauenbereich fest angestellt. Er ist bis heute für die A-Nationalmannschaft verantwortlich. Ich bin dann 2009 hinzugekommen und kümmere mich seitdem um den weiblichen Nachwuchs. In dieser Zusammenarbeit, aber auch in den Kooperationen mit den Landesverbänden, Vereinen und den DFB-Stützpunkten ist unglaublich viel entstanden. Inzwischen ist es Standard, dass die Vereine einen Torwarttrainer in ihrem Stab haben. So muss es sein, das bringt uns noch weiter nach vorne. Wir haben vor einiger Zeit einen Leitfaden "Torwartspiel" geschrieben. An diesem können sich die Mädels, aber auch die Trainer orientieren. Ich bekomme immer wieder das Feedback, dass dieser sehr hilfreich ist – auch deshalb, weil sich das Torwartspiel in den vergangenen Jahren extrem gewandelt hat. Wir haben schon seit vielen Jahren einen roten Faden in unserer Torwartausbildung.

DFB.de: Reicht springen, fangen, fausten nicht mehr aus?

Rottenberg: Nein, schon lange nicht mehr. Auch nicht bei den Frauen. Wer heute eine gute Torhüterin sein will, muss zwingend mit dem Ball am Fuß umgehen können. Ich spreche da aus Erfahrung, weil ich lange im Feld trainiert habe. Das ist mir nach meinem Wechsel ins Tor auf jeden Fall sehr zugute gekommen. Ich war sicherlich keine 1A-Fußballerin. Aber immerhin konnte ich viele brenzlige Situationen frühzeitig entschärfen. Einfach nur den Ball möglichst lang und hoch rauszuschlagen ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Die Torhüterin ist heutzutage oft die erste Spielerin, die den Ball verteilt und damit natürlich deutlichen Einfluss auf das weitere Geschehen auf dem Rasen hat.

DFB.de: Werden die Torhüterinnen also auch dementsprechend ausgebildet?

Rottenberg: Ja, ganz klar. Umso häufiger Torhüterinnen und Torhüter auch auf dem Feld eingesetzt werden, umso besser können sie dann logischerweise mit dem Ball umgehen. Und sie bekommen ein ganz anderes Spielverständnis. Ich bin absolut davon überzeugt, dass heutzutage niemand mehr Nationaltorhüterin werden kann, die keine gute Fußballerin ist.

DFB.de: Marion Isbert war eine gute Fußballerin, sie auch, Nadine Angerer ebenfalls. War das nicht früher auch schon so?

Rottenberg: Doch, aber diese Erkenntnis hat sich noch verstärkt. Früher haben wir oft noch mit Libero gespielt, heute übernehmen die Torhüterinnen meist schon "diese Position" im Spielaufbau. Wir können es uns in der Weltspitze nicht leisten, das Spielsystem auf die Torhüterin abzustellen. Der Weg andersherum ist der richtige: Torhüterinnen müssen alle Spielsysteme beherrschen. Ich gehe sogar noch weiter: sie müssen aktiv das Spiel beeinflussen können.

DFB.de: Wo stehen wir heute auf der Position der Torhüterinnen?

Rottenberg: Almuth Schult, Merle Frohms, Laura Benkarth, Carina Schlüter, Lisa Schmitz und noch einige andere sind allesamt sehr gute Torhüterinnen. Alle Genannten haben von der U 15 an alle U-Nationalmannschaften und Torhüter-Camps durchlaufen. Da haben wir wirklich überhaupt kein Problem. Auch im Nachwuchs sehe ich uns sehr gut aufgestellt. Es kommen einige sehr interessante Talente nach, zum Beispiel Vanessa Fischer in Potsdam, Stina Johannes in Essen, Wiebke Willebrandt, die bis dato noch bei den Jungs gespielt hat, Maria Luisa Grohs, die beim FC Bayern München zuhause ist oder Laura Dick von der TSG 1899 Hoffenheim. Ich könnte noch viele weitere Namen aufzählen – bis hinunter in die U 15. Daher habe ich in diesem Bereich keine Angst vor der Zukunft. Da sind wir wirklich prima aufgestellt.

DFB.de: Wie stehen wir weltweiten Vergleich dar?

Rottenberg: Frankreich hatte immer sehr gute Torhüterinnen, die USA auch. Die Top-Nationen sind ebenfalls gut dabei. Aber ich glaube dennoch, dass wir im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern immer noch die Nase vorne habe. Viele schauen, was und wie wir es in Deutschland machen. Wir sind aber weit davon weg, "müde“ zu werden. Wir wollen und müssen uns auch in der Zukunft weiterentwickeln.

DFB.de: Kann man heute noch große Turniere ohne eine überragende Torhüterin gewinnen?

Rottenberg: Nein, auf keinen Fall. Die beste Mannschaft wird keinen Titel holen, wenn sie keine gute Torhüterin hat. Aber andersherum funktioniert es auch nicht: Selbst eine überragende Torhüterin wird eine durchschnittliche Mannschaft nicht zum Weltmeister machen. Das funktioniert nur im perfekten Zusammenspiel. Das Kollektiv ist am Ende des Tages entscheidend. Uns ist das in den vergangenen Jahren oft gelungen, auch wenn wir natürlich das ein oder andere Tal durchschreiten mussten.

DFB.de: Wo steht der deutsche Frauenfußball Ihrer Meinung nach heute?

Rottenberg: Wir haben richtig tolle Nachwuchsspielerinnen. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat mit ihrem Team eine sehr homogene Truppe geformt. Der Ehrgeiz ist groß, aber auch das Konkurrenzdenken. Das ist gut so. Es gibt keine Spielerin, die 160 Länderspiele gemacht hat und garantiert gesetzt ist. Jede muss sich immer wieder aufs Neue beweisen. Wir sind meiner Einschätzung nach weiterhin absolute Weltspitze. Aber – und das ist aus meiner Sicht entscheidend – wir brauchen dringend mal wieder echte Typen in der Mannschaft. Und das ist leider nicht so einfach, weil das eine Charakterfrage ist und man die Spielerinnen in dieser Hinsicht schwierig so formen kann, wie man es gerne hätte. Wir haben viele tolle Mädels, die total viel mitbringen. Aber ich würde mir wünschen, dass die eine oder andere klare Führungseigenschaften übernimmt und die anderen mitreißt und auch mal klare Worte an der richtigen Stelle findet. In punkto Mentalität dürfen wir uns gerne etwas von den Amerikanerinnen abschauen. Hier ist noch Luft nach oben.

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Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Silke Rottenberg (48), 126-mal Torhüterin der deutschen Nationalmannschaft und mittlerweile als Torwarttrainerin im Nachwuchsbereich des DFB verantwortlich.

DFB.de: Frau Rottenberg, Deutschland hatte auch im Frauenfußball immer großartige Torhüterinnen. Wieso eigentlich? Gibt es dafür eine Erklärung?

Silke Rottenberg: Natürlich. Ich komme aus einer Zeit, da gab es im Grunde kein Torwarttraining, wie wir es heute kennen. Ich war fast 18 Jahre alt, als ich das erste Mal im Tor stand. Tina Theune hat mir damals den Tipp gegeben, das doch mal zu versuchen. Bis dahin hatte ich nur im Feld gespielt. Mein erstes echtes Torwarttraining hatte ich dann nochmal sieben Jahre später, als ich 25 war. In den Zeiten von Marion Isbert, mir und auch noch bei Nadine Angerer lag es an dem ganz großen Willen der genannten Personen, diese Position im Tor möglichst perfekt auszuüben. Ich war getrieben von dem Wunsch, mit meinen jeweiligen Mannschaften Ziele zu erreichen und Titel zu gewinnen.

DFB.de: Was ja auch ganz gut gelungen ist: Sie sind viermal deutsche Meisterin, haben ebenso oft den DFB-Pokal gewonnen, dreimal die Europameisterschaft, zweimal die Weltmeisterschaft. Eine beeindruckende Bilanz bei 126 Länderspielen.

Rottenberg: Darauf bin ich stolz. Aber diese Erfolge habe ich vielen anderen Menschen zu verdanken. Ich hatte immer tolle Mitspielerinnen in grandiosen Mannschaften, viele Torwarttrainer, die mich besser gemacht haben und die heute zu meinem engen Freundeskreis zählen. Meine Eltern haben mich auch extrem unterstützt. Das war für mich super wichtig und man hört ja leider immer wieder Geschichten, wo das nicht der Fall ist. Der Fußball und diese Erfolge haben mich total geprägt. Ich habe viel erreicht, weil ich sehr ehrgeizig und fleißig war. Aber ich hatte auch ein wenig Talent (lacht). Umso schöner ist es, dass ich meine Erfahrungen heute im Nachwuchsbereich des DFB als Torwarttrainerin weitergeben kann. Ich glaube, dass es gerade für junge Mädchen wichtig ist, dass sie merken, wenn jemand vor ihnen steht, der im sportlichen Bereich alles erlebt, vieles gewonnen hat, aber auch weiß wovon er spricht.

DFB.de: Gibt es einen Titel in der Sammlung, der heraussticht?

Rottenberg: Ich bin ganz ehrlich: Der Gewinn der Weltmeisterschaft 2003 überstrahlt alles und wenn man im Anschluss auch noch als Welttorhüterin ausgezeichnet wird, dann ist und bleibt dieses Turnier sehr besonders. Das war einfach überragend. Der WM-Titel ist das Nonplusultra, mehr geht nicht. Mit diesem Triumph haben wir dem Frauenfußball in Deutschland nochmal einen neuen Stellenwert gegeben und eine große Euphorie ausgelöst. Durch diesen Boom sind viele Mädchen zu unserer Sportart gekommen. Und davon profitieren wir heute noch. Dieser Titel hat einen besonderen Stellenwert in meinem Leben. Aber es ist unglaublich, dass seitdem fast schon wieder 17 Jahre vergangen sind.

DFB.de: Wie haben sich die Zeiten seitdem geändert?

Rottenberg: Gerade auf der Position der Torhüterin ist unfassbar viel passiert. Der DFB hat 2007 mit Michael Fuchs erstmals einen Torwarttrainer für den Frauenbereich fest angestellt. Er ist bis heute für die A-Nationalmannschaft verantwortlich. Ich bin dann 2009 hinzugekommen und kümmere mich seitdem um den weiblichen Nachwuchs. In dieser Zusammenarbeit, aber auch in den Kooperationen mit den Landesverbänden, Vereinen und den DFB-Stützpunkten ist unglaublich viel entstanden. Inzwischen ist es Standard, dass die Vereine einen Torwarttrainer in ihrem Stab haben. So muss es sein, das bringt uns noch weiter nach vorne. Wir haben vor einiger Zeit einen Leitfaden "Torwartspiel" geschrieben. An diesem können sich die Mädels, aber auch die Trainer orientieren. Ich bekomme immer wieder das Feedback, dass dieser sehr hilfreich ist – auch deshalb, weil sich das Torwartspiel in den vergangenen Jahren extrem gewandelt hat. Wir haben schon seit vielen Jahren einen roten Faden in unserer Torwartausbildung.

DFB.de: Reicht springen, fangen, fausten nicht mehr aus?

Rottenberg: Nein, schon lange nicht mehr. Auch nicht bei den Frauen. Wer heute eine gute Torhüterin sein will, muss zwingend mit dem Ball am Fuß umgehen können. Ich spreche da aus Erfahrung, weil ich lange im Feld trainiert habe. Das ist mir nach meinem Wechsel ins Tor auf jeden Fall sehr zugute gekommen. Ich war sicherlich keine 1A-Fußballerin. Aber immerhin konnte ich viele brenzlige Situationen frühzeitig entschärfen. Einfach nur den Ball möglichst lang und hoch rauszuschlagen ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Die Torhüterin ist heutzutage oft die erste Spielerin, die den Ball verteilt und damit natürlich deutlichen Einfluss auf das weitere Geschehen auf dem Rasen hat.

DFB.de: Werden die Torhüterinnen also auch dementsprechend ausgebildet?

Rottenberg: Ja, ganz klar. Umso häufiger Torhüterinnen und Torhüter auch auf dem Feld eingesetzt werden, umso besser können sie dann logischerweise mit dem Ball umgehen. Und sie bekommen ein ganz anderes Spielverständnis. Ich bin absolut davon überzeugt, dass heutzutage niemand mehr Nationaltorhüterin werden kann, die keine gute Fußballerin ist.

DFB.de: Marion Isbert war eine gute Fußballerin, sie auch, Nadine Angerer ebenfalls. War das nicht früher auch schon so?

Rottenberg: Doch, aber diese Erkenntnis hat sich noch verstärkt. Früher haben wir oft noch mit Libero gespielt, heute übernehmen die Torhüterinnen meist schon "diese Position" im Spielaufbau. Wir können es uns in der Weltspitze nicht leisten, das Spielsystem auf die Torhüterin abzustellen. Der Weg andersherum ist der richtige: Torhüterinnen müssen alle Spielsysteme beherrschen. Ich gehe sogar noch weiter: sie müssen aktiv das Spiel beeinflussen können.

DFB.de: Wo stehen wir heute auf der Position der Torhüterinnen?

Rottenberg: Almuth Schult, Merle Frohms, Laura Benkarth, Carina Schlüter, Lisa Schmitz und noch einige andere sind allesamt sehr gute Torhüterinnen. Alle Genannten haben von der U 15 an alle U-Nationalmannschaften und Torhüter-Camps durchlaufen. Da haben wir wirklich überhaupt kein Problem. Auch im Nachwuchs sehe ich uns sehr gut aufgestellt. Es kommen einige sehr interessante Talente nach, zum Beispiel Vanessa Fischer in Potsdam, Stina Johannes in Essen, Wiebke Willebrandt, die bis dato noch bei den Jungs gespielt hat, Maria Luisa Grohs, die beim FC Bayern München zuhause ist oder Laura Dick von der TSG 1899 Hoffenheim. Ich könnte noch viele weitere Namen aufzählen – bis hinunter in die U 15. Daher habe ich in diesem Bereich keine Angst vor der Zukunft. Da sind wir wirklich prima aufgestellt.

DFB.de: Wie stehen wir weltweiten Vergleich dar?

Rottenberg: Frankreich hatte immer sehr gute Torhüterinnen, die USA auch. Die Top-Nationen sind ebenfalls gut dabei. Aber ich glaube dennoch, dass wir im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern immer noch die Nase vorne habe. Viele schauen, was und wie wir es in Deutschland machen. Wir sind aber weit davon weg, "müde“ zu werden. Wir wollen und müssen uns auch in der Zukunft weiterentwickeln.

DFB.de: Kann man heute noch große Turniere ohne eine überragende Torhüterin gewinnen?

Rottenberg: Nein, auf keinen Fall. Die beste Mannschaft wird keinen Titel holen, wenn sie keine gute Torhüterin hat. Aber andersherum funktioniert es auch nicht: Selbst eine überragende Torhüterin wird eine durchschnittliche Mannschaft nicht zum Weltmeister machen. Das funktioniert nur im perfekten Zusammenspiel. Das Kollektiv ist am Ende des Tages entscheidend. Uns ist das in den vergangenen Jahren oft gelungen, auch wenn wir natürlich das ein oder andere Tal durchschreiten mussten.

DFB.de: Wo steht der deutsche Frauenfußball Ihrer Meinung nach heute?

Rottenberg: Wir haben richtig tolle Nachwuchsspielerinnen. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat mit ihrem Team eine sehr homogene Truppe geformt. Der Ehrgeiz ist groß, aber auch das Konkurrenzdenken. Das ist gut so. Es gibt keine Spielerin, die 160 Länderspiele gemacht hat und garantiert gesetzt ist. Jede muss sich immer wieder aufs Neue beweisen. Wir sind meiner Einschätzung nach weiterhin absolute Weltspitze. Aber – und das ist aus meiner Sicht entscheidend – wir brauchen dringend mal wieder echte Typen in der Mannschaft. Und das ist leider nicht so einfach, weil das eine Charakterfrage ist und man die Spielerinnen in dieser Hinsicht schwierig so formen kann, wie man es gerne hätte. Wir haben viele tolle Mädels, die total viel mitbringen. Aber ich würde mir wünschen, dass die eine oder andere klare Führungseigenschaften übernimmt und die anderen mitreißt und auch mal klare Worte an der richtigen Stelle findet. In punkto Mentalität dürfen wir uns gerne etwas von den Amerikanerinnen abschauen. Hier ist noch Luft nach oben.

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