Roth: "Ich kann es immer noch nicht fassen"

Es gab kein Happy End für den SV Werder Bremen und Trainerin Carmen Roth. Der Klub ist in einem dramatischen Saisonfinale aus der Allianz Frauen-Bundesliga abgestiegen. Roth wird den Verein nun auf eigenen Wunsch verlassen und in ihren Beruf bei einer Versicherung zurückkehren. Im DFB.de-Interview spricht die 40-Jährige über einen der traurigsten Tage ihrer Trainerkarriere.

DFB.de: Frau Roth, Sie hatten nun einige Tage Zeit, um den Abstieg zu verarbeiten. Wie haben Sie die Ereignisse reflektiert?

Carmen Roth: Wirklich verarbeitet habe ich es noch nicht. Ich kann es immer noch nicht fassen. Es war ein sehr emotionaler und trauriger Tag. Ich denke, dass es noch viel Zeit braucht, um das zu realisieren und zu akzeptieren. Man fühlt sich leer. Es ist insgesamt einfach sehr enttäuschend.

DFB.de: Für Sie in doppelter Hinsicht enttäuschend: Es war Ihr letztes Spiel als Trainerin des SV Werder Bremen.

Roth: Ich persönlich hatte auch das Ziel, die Mannschaft und den Verein als Erstligist zu verlassen. Ich bin dankbar für die Möglichkeiten, die ich hier hatte. Ich wollte alles zurückgeben und habe bis zum Schluss alles gegeben und gekämpft. Ich hatte mir für alle Beteiligten gewünscht, dass wir es schaffen. So ist es für mich ein bitterer und trauriger Abgang.

DFB.de: Wie haben Sie das Drama im Fernduell mit Bayer 04 Leverkusen erlebt?

Roth: Wir mussten natürlich verfolgen, was im Duell zwischen Leverkusen und Essen passiert. Aber wir haben auch besprochen, dass wir uns in erster Linie auf uns konzentrieren und in Freiburg eine gute Leistung zeigen wollen. Leider hatten wir am Mittwoch zuvor noch ein schweres Spiel gegen den FC Bayern München, das uns viel Kraft gekostet hat. Für eine Mannschaft wie uns ist eine englische Woche so spät in der Saison eine schwierige Konstellation. Aber wir haben alles gegeben.

DFB.de: Sie hatten in Freiburg sogar einen guten Start und sind mit 1:0 in Führung gegangen.

Roth: Die Spannung, der Wille und der Glaube - alles war da. Freiburg hat nach unserer Führung viel Druck gemacht. Sie haben alles gegeben und uns nichts geschenkt, was aber auch genau richtig war. Wir wollten nichts geschenkt bekommen. Kurz vor der Pause ist Freiburg dann das 1:1 gelungen. Wir hätten die Führung gerne mit in die zweite Halbzeit genommen. Aber wir haben natürlich auch mitbekommen, dass Essen nach 45 Minuten mit 1:0 in Leverkusen geführt hat. Das hat uns perfekt in die Karten gespielt. Der Mannschaft haben wir es aber nicht gesagt, weil die Spielerinnen sich nur auf die eigene Aufgabe konzentrieren sollten.

DFB.de: Aber dann hat sich das Blatt doch gegen Sie gewendet.

Roth: Wir wussten, dass die zweite Hälfte für uns schwer werden würde. Freiburg ist spielerisch eine starke Mannschaft. Wir haben uns in jeden Ball geworfen und dagegengehalten. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass wir das 1:1 und damit den Punkt halten können. Dann kam die Info aus Leverkusen, dass dort das 1:1 gefallen sei. Das hätte uns ja immer noch gereicht.

DFB.de: Aber dann hat Leverkusen den Siegtreffer erzielt.

Roth: Wir hatten dann noch sechs Minuten, um nochmal alles nach vorne zu werfen. In dem Moment haben wir der Mannschaft signalisiert, dass wir noch ein Tor brauchen. Die Spielerinnen haben sehr gut reagiert und waren mental stark. Wir haben dann nochmal alle Kräfte gebündelt und hatten in den letzten Minuten sogar auch noch zwei hochkarätige Chancen, aber wir haben sie nicht genutzt. So hatten wir am Ende kein Happy End. Es war dann einer der traurigsten Fußballtage für mich und für die Spielerinnen.

DFB.de: Sehen Sie es auch so, dass die Mannschaft nicht am letzten Spieltag abgestiegen ist?

Roth: Ja, natürlich. Wir haben vorher Punkte liegen gelassen. Ich denke an die beiden Spiele gegen Leverkusen. Zuhause haben wir verdient verloren. Aber im Rückspiel in Leverkusen haben wir das gesamte Spiel gemacht, aber das Tor nicht getroffen. Wenn wir dort das Spiel für uns entscheiden, hätten wir uns eine bessere Ausgangslage verschaffen können. Dann haben wir Essen ganz spät den Ausgleich kassiert und so zwei Punkte liegen gelassen. Auch das 0:1 gegen München in der Nachspielzeit hat uns wehgetan. Da hätten wir auch gerne einen Punkt mitgenommen. Irgendwie lief es am Ende gegen uns und das Quäntchen Glück hat gefehlt. Das war bitter.

DFB.de: Wie ist die Mannschaft mit dem Abstieg umgegangen?

Roth: Nach dem Abpfiff waren alle niedergeschlagen, enttäuscht, traurig, fassungslos. Auf der Busfahrt nach Hause war erstmal Stille. Nach drei Stunden hat man dann die Spielerinnen wieder reden hören. Sie haben versucht, sich etwas abzulenken. Aber trotzdem waren wir alle sehr am Boden zerstört. Ich glaube, sie konnten auch noch nicht registrieren und verstehen, was am Sonntag wirklich passiert ist. Bei aller Enttäuschung ist es dennoch so, dass wir eine tolle Rückrunde gespielt haben. Im Dezember hat niemand mehr an uns geglaubt. Aber wir haben neun Punkte geholt und unser Torverhältnis war wesentlich besser als von anderen Mannschaften. Das zeigt auch, dass wir gut gearbeitet und uns gut entwickelt haben.

DFB.de: Wie geht es jetzt unter Ihrem Nachfolger Alexander Kluge weiter?

Roth: Ich bin davon überzeugt, dass die Spielerinnen noch stärker zurückkommen und das Ziel haben werden, direkt wieder aufzusteigen. Und ich bin mir auch sicher, dass das möglich ist und dass sie das schaffen werden. Ich werde das aus der Ferne genau beobachten. Denn ich bin immer noch ein Teil davon und wünsche mir, dass wir im Sommer 2020 jubeln können, weil der SV Werder dann wieder in der Frauen-Bundesliga spielen wird. Dort gehört der Verein meiner Meinung nach auch hin.

DFB.de: Sie persönlich kehren nun nach zwei Jahren in Bremen und neun Jahren als Trainerin in den Versicherungsberuf zurück. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied vom Fußball?

Roth: Ich habe 1997 als Spielerin erstmals in der Bundesliga gespielt. Ich glaube, ich kann es noch gar nicht richtig greifen, dass dieser Abschnitt jetzt erstmal vorbei ist. Das kommt, wenn ich wieder in München und in meinen Beruf in der Versicherung zurückgekehrt bin. Im Moment überschattet der Abstieg alles. Aber es gibt auch ein Leben ohne Fußball - zumindest für einen gewissen Zeitrahmen. Ich freue mich darauf, mehr Zeit für die Familie sowie Freunde zu haben und einfach mal für mich zu sein.

DFB.de: Kann es für Sie auch wieder ein Leben mit dem Fußball geben?

Roth: Wenn ich auf meine Familie und meine Freunde höre, dann gibt es für mich gar kein Leben ohne Fußball. Ich weiß nicht, wann ich zurückkehre. Ich habe mir keine Deadline gesetzt. Ich schaue einfach, was passiert. Aber mein Herz schlägt für den Fußball. Deshalb gehe ich davon aus, dass ich dieses Kapitel jetzt nicht für immer schließen werde.

[sw]

Es gab kein Happy End für den SV Werder Bremen und Trainerin Carmen Roth. Der Klub ist in einem dramatischen Saisonfinale aus der Allianz Frauen-Bundesliga abgestiegen. Roth wird den Verein nun auf eigenen Wunsch verlassen und in ihren Beruf bei einer Versicherung zurückkehren. Im DFB.de-Interview spricht die 40-Jährige über einen der traurigsten Tage ihrer Trainerkarriere.

DFB.de: Frau Roth, Sie hatten nun einige Tage Zeit, um den Abstieg zu verarbeiten. Wie haben Sie die Ereignisse reflektiert?

Carmen Roth: Wirklich verarbeitet habe ich es noch nicht. Ich kann es immer noch nicht fassen. Es war ein sehr emotionaler und trauriger Tag. Ich denke, dass es noch viel Zeit braucht, um das zu realisieren und zu akzeptieren. Man fühlt sich leer. Es ist insgesamt einfach sehr enttäuschend.

DFB.de: Für Sie in doppelter Hinsicht enttäuschend: Es war Ihr letztes Spiel als Trainerin des SV Werder Bremen.

Roth: Ich persönlich hatte auch das Ziel, die Mannschaft und den Verein als Erstligist zu verlassen. Ich bin dankbar für die Möglichkeiten, die ich hier hatte. Ich wollte alles zurückgeben und habe bis zum Schluss alles gegeben und gekämpft. Ich hatte mir für alle Beteiligten gewünscht, dass wir es schaffen. So ist es für mich ein bitterer und trauriger Abgang.

DFB.de: Wie haben Sie das Drama im Fernduell mit Bayer 04 Leverkusen erlebt?

Roth: Wir mussten natürlich verfolgen, was im Duell zwischen Leverkusen und Essen passiert. Aber wir haben auch besprochen, dass wir uns in erster Linie auf uns konzentrieren und in Freiburg eine gute Leistung zeigen wollen. Leider hatten wir am Mittwoch zuvor noch ein schweres Spiel gegen den FC Bayern München, das uns viel Kraft gekostet hat. Für eine Mannschaft wie uns ist eine englische Woche so spät in der Saison eine schwierige Konstellation. Aber wir haben alles gegeben.

DFB.de: Sie hatten in Freiburg sogar einen guten Start und sind mit 1:0 in Führung gegangen.

Roth: Die Spannung, der Wille und der Glaube - alles war da. Freiburg hat nach unserer Führung viel Druck gemacht. Sie haben alles gegeben und uns nichts geschenkt, was aber auch genau richtig war. Wir wollten nichts geschenkt bekommen. Kurz vor der Pause ist Freiburg dann das 1:1 gelungen. Wir hätten die Führung gerne mit in die zweite Halbzeit genommen. Aber wir haben natürlich auch mitbekommen, dass Essen nach 45 Minuten mit 1:0 in Leverkusen geführt hat. Das hat uns perfekt in die Karten gespielt. Der Mannschaft haben wir es aber nicht gesagt, weil die Spielerinnen sich nur auf die eigene Aufgabe konzentrieren sollten.

DFB.de: Aber dann hat sich das Blatt doch gegen Sie gewendet.

Roth: Wir wussten, dass die zweite Hälfte für uns schwer werden würde. Freiburg ist spielerisch eine starke Mannschaft. Wir haben uns in jeden Ball geworfen und dagegengehalten. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass wir das 1:1 und damit den Punkt halten können. Dann kam die Info aus Leverkusen, dass dort das 1:1 gefallen sei. Das hätte uns ja immer noch gereicht.

DFB.de: Aber dann hat Leverkusen den Siegtreffer erzielt.

Roth: Wir hatten dann noch sechs Minuten, um nochmal alles nach vorne zu werfen. In dem Moment haben wir der Mannschaft signalisiert, dass wir noch ein Tor brauchen. Die Spielerinnen haben sehr gut reagiert und waren mental stark. Wir haben dann nochmal alle Kräfte gebündelt und hatten in den letzten Minuten sogar auch noch zwei hochkarätige Chancen, aber wir haben sie nicht genutzt. So hatten wir am Ende kein Happy End. Es war dann einer der traurigsten Fußballtage für mich und für die Spielerinnen.

DFB.de: Sehen Sie es auch so, dass die Mannschaft nicht am letzten Spieltag abgestiegen ist?

Roth: Ja, natürlich. Wir haben vorher Punkte liegen gelassen. Ich denke an die beiden Spiele gegen Leverkusen. Zuhause haben wir verdient verloren. Aber im Rückspiel in Leverkusen haben wir das gesamte Spiel gemacht, aber das Tor nicht getroffen. Wenn wir dort das Spiel für uns entscheiden, hätten wir uns eine bessere Ausgangslage verschaffen können. Dann haben wir Essen ganz spät den Ausgleich kassiert und so zwei Punkte liegen gelassen. Auch das 0:1 gegen München in der Nachspielzeit hat uns wehgetan. Da hätten wir auch gerne einen Punkt mitgenommen. Irgendwie lief es am Ende gegen uns und das Quäntchen Glück hat gefehlt. Das war bitter.

DFB.de: Wie ist die Mannschaft mit dem Abstieg umgegangen?

Roth: Nach dem Abpfiff waren alle niedergeschlagen, enttäuscht, traurig, fassungslos. Auf der Busfahrt nach Hause war erstmal Stille. Nach drei Stunden hat man dann die Spielerinnen wieder reden hören. Sie haben versucht, sich etwas abzulenken. Aber trotzdem waren wir alle sehr am Boden zerstört. Ich glaube, sie konnten auch noch nicht registrieren und verstehen, was am Sonntag wirklich passiert ist. Bei aller Enttäuschung ist es dennoch so, dass wir eine tolle Rückrunde gespielt haben. Im Dezember hat niemand mehr an uns geglaubt. Aber wir haben neun Punkte geholt und unser Torverhältnis war wesentlich besser als von anderen Mannschaften. Das zeigt auch, dass wir gut gearbeitet und uns gut entwickelt haben.

DFB.de: Wie geht es jetzt unter Ihrem Nachfolger Alexander Kluge weiter?

Roth: Ich bin davon überzeugt, dass die Spielerinnen noch stärker zurückkommen und das Ziel haben werden, direkt wieder aufzusteigen. Und ich bin mir auch sicher, dass das möglich ist und dass sie das schaffen werden. Ich werde das aus der Ferne genau beobachten. Denn ich bin immer noch ein Teil davon und wünsche mir, dass wir im Sommer 2020 jubeln können, weil der SV Werder dann wieder in der Frauen-Bundesliga spielen wird. Dort gehört der Verein meiner Meinung nach auch hin.

DFB.de: Sie persönlich kehren nun nach zwei Jahren in Bremen und neun Jahren als Trainerin in den Versicherungsberuf zurück. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied vom Fußball?

Roth: Ich habe 1997 als Spielerin erstmals in der Bundesliga gespielt. Ich glaube, ich kann es noch gar nicht richtig greifen, dass dieser Abschnitt jetzt erstmal vorbei ist. Das kommt, wenn ich wieder in München und in meinen Beruf in der Versicherung zurückgekehrt bin. Im Moment überschattet der Abstieg alles. Aber es gibt auch ein Leben ohne Fußball - zumindest für einen gewissen Zeitrahmen. Ich freue mich darauf, mehr Zeit für die Familie sowie Freunde zu haben und einfach mal für mich zu sein.

DFB.de: Kann es für Sie auch wieder ein Leben mit dem Fußball geben?

Roth: Wenn ich auf meine Familie und meine Freunde höre, dann gibt es für mich gar kein Leben ohne Fußball. Ich weiß nicht, wann ich zurückkehre. Ich habe mir keine Deadline gesetzt. Ich schaue einfach, was passiert. Aber mein Herz schlägt für den Fußball. Deshalb gehe ich davon aus, dass ich dieses Kapitel jetzt nicht für immer schließen werde.

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