Rasierschaum für den richtigen Abstand

Showdown in Agadir. Toni Kroos steht bereit. Er legt sich den Ball zurecht. Plötzlich greift der Schiedsrichter an sein Halfter, zieht und drückt ab.

Was klingt wie aus einen Western von Sergio Leone mit Clint Eastwood in der Hauptrolle, beschreibt tatsächlich eine mögliche Szene bei der FIFA Klub-Weltmeisterschaft in Marokko. Zum Abschluss ihres Rekordjahres 2013 werden die Spieler des FC Bayern München erstmals Bekanntschaft mit dem Freistoß-Spray machen, das die FIFA seit einiger Zeit testet.

Nach den Weltmeisterschaften der U 20- und U 17- ist die Klub-WM das dritte FIFA-Turnier, bei dem das Freistoß-Spray testweise eingesetzt wird. "Die große Mehrheit der Offiziellen hat das Spray als nützliches und sinnvolles Hilfsmittel angesehen", beschreibt Massimo Bussaca, Leiter der Schiedsrichterabteilung der FIFA, die Eindrücke der ersten Testläufe: "Nach der Klub-Weltmeisterschaft in Marokko werden wir die Ergebnisse überprüfen und dann darüber sprechen, ob das Spray auch zukünftig bei FIFA-Wettbewerben zum Einsatz kommen soll."

Farbe verschwindet nach einer Minute wieder

Die Funktionsweise des Freistoß-Sprays ist simpel. Der Schiedsrichter schreitet die festgelegten 9,15 Meter vom Freistoßpunkt zum nächsten Verteidiger ab und sprüht eine weiße Linie auf den Platz, um die richtige Position der Mauer zu markieren. Nach einer Minute ist die Linie nicht mehr sichtbar. Spurlos verschwunden. Auch für Natur und Umwelt besteht keine Gefahr. "Es ist eine Flüssiggas-Substanz, biologisch abbaubar und harmlos für den Rasen", heißt es auf der Website des Herstellers. Eine Art Rasierschaum auf Wasserbasis. Ohne Giftstoffe, geruchsneutral und umweltverträglich.

Erfunden wurde das Spray in Südamerika. Ob nun zuerst in Brasilien oder Argentinien, ist nicht ganz klar. Bei der Klub-WM kommt jedenfalls das Spray des Argentiniers Pablo Silva zum Einsatz. Ihm kam die Idee auf der Heimfahrt nach einem enttäuschenden Auswärtsspiel. Seine Amateurmannschaft hatte 0:1 verloren, in den Schlussminuten blockte die gegnerische Mauer seinen Freistoß ab, indem sie viel zu nah an den Freistoßpunkt heranrückte. Aus Frust überlegte er sich, was man gegen diesen Regelverstoß tun kann. Das Freistoß-Spray "9.15 Fairplay Limit" wurde geboren.

Produziert wird es von der gleichnamigen argentinischen Firma, seit 2009 ist es in den höchsten Ligen Argentiniens im Einsatz. Auch in Brasilien und Mexiko nutzen die Schiedsrichter seit Jahren ein ähnliches Spray. Der südamerikanische Verband CONMEBOL hat "9.15 Fairplay Limit" jüngst für seine Turniere Copa Sudamericana und Copa Libertatodes übernommen. 2012 beschloss das International Football Association Board (IFAB) der FIFA, dass das Spray in Zukunft von jedem Verband und in jedem Turnier eingesetzt werden kann. Selbst startete man mit zwei Nachwuchs-Weltmeisterschaften in diesem Jahr, die Klub-WM ist der dritte große Testlauf.

Noch keine Entscheidung über zukünftige Verwendung gefallen

Die ersten Eindrücke bei der FIFA sind positiv. "Das Spray hat einen deutlich präventiven Effekt: Der Abstand wurde immer eingehalten, so dass bei den beiden Turnieren, bei denen das Spray bisher zum Einsatz kam, keine Gelben Karten für die Nichteinhaltung des Abstandes gezeigt werden mussten", sagt Bussacca. Dem stimmt auch Lutz-Michael Fröhlich, Mitglied der DFB-Schiedsrichterkommission Elite, zu: "Verstöße der Spieler gegen den korrekten Abstand der Mauer werden dadurch offensichtlicher. Das kann vielleicht eine Erleichterung sein." Allerdings zeige die Erfahrung auch, dass die Schiedsrichter den Abstand der Mauer über Persönlichkeit und Kommunikation – ohne den Einsatz eines Sprays – erfolgreich regeln können und dass die Spieler die Vorgaben der Schiedsrichter gut einhalten.

Für die Schiedsrichter bedeutet die Verwendung des Sprays eine gewisse Umstellung. Die Spraydose tragen Sie in einem Halfter an der Hüfte. Eine Dose reicht für etwa fünf Linien mit einer Länge von je zwei Metern. Die Schiedsrichter-Assistenten und der 4. Offizielle haben Ersatzmunition für den Notfall. Wichtig ist laut Fröhlich, dass die Bewegungsfreiheit nicht beeinträchtigt wird. "Die Schiedsrichter sind technisch mit dem Headsetsystem gut ausgerüstet. Und mit Blick auf die Torlinientechnologie muss man jetzt mal abwarten, wie sich das entwickelt und was unter Umständen noch an Equipment hinzukommt." Vielleicht ja irgendwann auch die Spraydose im Halfter an der Hüfte.

[na]

Showdown in Agadir. Toni Kroos steht bereit. Er legt sich den Ball zurecht. Plötzlich greift der Schiedsrichter an sein Halfter, zieht und drückt ab.

Was klingt wie aus einen Western von Sergio Leone mit Clint Eastwood in der Hauptrolle, beschreibt tatsächlich eine mögliche Szene bei der FIFA Klub-Weltmeisterschaft in Marokko. Zum Abschluss ihres Rekordjahres 2013 werden die Spieler des FC Bayern München erstmals Bekanntschaft mit dem Freistoß-Spray machen, das die FIFA seit einiger Zeit testet.

Nach den Weltmeisterschaften der U 20- und U 17- ist die Klub-WM das dritte FIFA-Turnier, bei dem das Freistoß-Spray testweise eingesetzt wird. "Die große Mehrheit der Offiziellen hat das Spray als nützliches und sinnvolles Hilfsmittel angesehen", beschreibt Massimo Bussaca, Leiter der Schiedsrichterabteilung der FIFA, die Eindrücke der ersten Testläufe: "Nach der Klub-Weltmeisterschaft in Marokko werden wir die Ergebnisse überprüfen und dann darüber sprechen, ob das Spray auch zukünftig bei FIFA-Wettbewerben zum Einsatz kommen soll."

Farbe verschwindet nach einer Minute wieder

Die Funktionsweise des Freistoß-Sprays ist simpel. Der Schiedsrichter schreitet die festgelegten 9,15 Meter vom Freistoßpunkt zum nächsten Verteidiger ab und sprüht eine weiße Linie auf den Platz, um die richtige Position der Mauer zu markieren. Nach einer Minute ist die Linie nicht mehr sichtbar. Spurlos verschwunden. Auch für Natur und Umwelt besteht keine Gefahr. "Es ist eine Flüssiggas-Substanz, biologisch abbaubar und harmlos für den Rasen", heißt es auf der Website des Herstellers. Eine Art Rasierschaum auf Wasserbasis. Ohne Giftstoffe, geruchsneutral und umweltverträglich.

Erfunden wurde das Spray in Südamerika. Ob nun zuerst in Brasilien oder Argentinien, ist nicht ganz klar. Bei der Klub-WM kommt jedenfalls das Spray des Argentiniers Pablo Silva zum Einsatz. Ihm kam die Idee auf der Heimfahrt nach einem enttäuschenden Auswärtsspiel. Seine Amateurmannschaft hatte 0:1 verloren, in den Schlussminuten blockte die gegnerische Mauer seinen Freistoß ab, indem sie viel zu nah an den Freistoßpunkt heranrückte. Aus Frust überlegte er sich, was man gegen diesen Regelverstoß tun kann. Das Freistoß-Spray "9.15 Fairplay Limit" wurde geboren.

Produziert wird es von der gleichnamigen argentinischen Firma, seit 2009 ist es in den höchsten Ligen Argentiniens im Einsatz. Auch in Brasilien und Mexiko nutzen die Schiedsrichter seit Jahren ein ähnliches Spray. Der südamerikanische Verband CONMEBOL hat "9.15 Fairplay Limit" jüngst für seine Turniere Copa Sudamericana und Copa Libertatodes übernommen. 2012 beschloss das International Football Association Board (IFAB) der FIFA, dass das Spray in Zukunft von jedem Verband und in jedem Turnier eingesetzt werden kann. Selbst startete man mit zwei Nachwuchs-Weltmeisterschaften in diesem Jahr, die Klub-WM ist der dritte große Testlauf.

Noch keine Entscheidung über zukünftige Verwendung gefallen

Die ersten Eindrücke bei der FIFA sind positiv. "Das Spray hat einen deutlich präventiven Effekt: Der Abstand wurde immer eingehalten, so dass bei den beiden Turnieren, bei denen das Spray bisher zum Einsatz kam, keine Gelben Karten für die Nichteinhaltung des Abstandes gezeigt werden mussten", sagt Bussacca. Dem stimmt auch Lutz-Michael Fröhlich, Mitglied der DFB-Schiedsrichterkommission Elite, zu: "Verstöße der Spieler gegen den korrekten Abstand der Mauer werden dadurch offensichtlicher. Das kann vielleicht eine Erleichterung sein." Allerdings zeige die Erfahrung auch, dass die Schiedsrichter den Abstand der Mauer über Persönlichkeit und Kommunikation – ohne den Einsatz eines Sprays – erfolgreich regeln können und dass die Spieler die Vorgaben der Schiedsrichter gut einhalten.

Für die Schiedsrichter bedeutet die Verwendung des Sprays eine gewisse Umstellung. Die Spraydose tragen Sie in einem Halfter an der Hüfte. Eine Dose reicht für etwa fünf Linien mit einer Länge von je zwei Metern. Die Schiedsrichter-Assistenten und der 4. Offizielle haben Ersatzmunition für den Notfall. Wichtig ist laut Fröhlich, dass die Bewegungsfreiheit nicht beeinträchtigt wird. "Die Schiedsrichter sind technisch mit dem Headsetsystem gut ausgerüstet. Und mit Blick auf die Torlinientechnologie muss man jetzt mal abwarten, wie sich das entwickelt und was unter Umständen noch an Equipment hinzukommt." Vielleicht ja irgendwann auch die Spraydose im Halfter an der Hüfte.