Pokalspezialistin van Bonn beim HSV: "Jeden Grashalm ummähen"

Kaum eine Spielerin kennt den DFB-Pokal der Frauen besser: Anne van Bonn erreichte schon sechsmal das Finale, zweimal gewann sie den "Pott". Jetzt will die 36 Jahre alte Mittelfeldspielerin mit dem Hamburger SV aus der Regionalliga Nord heute (ab 15 Uhr) gegen Bundesligist SGS Essen überraschen. Im DFB.de-Interview spricht van Bonn mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über ihre Karriere.

DFB.de: Im bisherigen Pokal-Wettbewerb besiegte der HSV mit Holstein Kiel schon einen Regionalligisten und mit dem FSV Gütersloh einen Gegner aus der 2. Frauen-Bundesliga. Ist das Aufeinandertreffen mit dem Bundesligisten SGS Essen im Achtelfinale des DFB-Pokals der Frauen also die logische Folge, Frau van Bonn?

Anne van Bonn: Das haben wir uns auf jeden Fall verdient. Mit jeder Pokalrunde ist die Dichte an Bundesligisten höher geworden. Umso mehr freuen wir uns, dass wir noch dabei sind. Wir konnten bislang in jeder Partie wichtige Erfahrungen sammeln. Jede Runde war ein Erlebnis. Das wird auch gegen die SGS Essen so sein.

DFB.de: Was hat das Team bislang im DFB-Pokal ausgezeichnet?

van Bonn: Gegen unseren Ligakonkurrenten Holstein Kiel sind wir sehr dominant aufgetreten. Auch in der Höhe war das 7:0 verdient. Gegen den FSV Gütersloh war es ein offener Schlagabtausch, es ging hin und her. Mit dem Sieg im Elfmeterschießen haben wir uns dafür belohnt, in den Aktionen etwas zwingender gewesen zu sein. Unsere Fans haben uns zu der Leistung getragen. Wir waren also schon erfolgreich, wenn wir selbst die Initiative übernommen haben. Gegen Gütersloh haben wir aber auch unsere Stärke im Umschaltspiel gezeigt. Beides zusammen stimmt uns positiv.

DFB.de: Wie Erfolg im DFB-Pokal geht, wissen Sie bestens. Sie standen nicht weniger als sechsmal im Finale, zweimal konnten Sie den Wettbewerb gewinnen. Waren das Highlights Ihrer Karriere?

van Bonn: Die DFB-Pokal-Siege mit dem damaligen FCR Duisburg waren auf jeden Fall Meilensteine. Der DFB-Pokal ist schließlich ein Wettbewerb mit hoher Bedeutung. Mit Duisburg gehörten wir zum Favoritenkreis. Daher erinnere ich mich auch immer gerne an die Finalteilnahmen mit dem SC Sand 2016 und 2017. Da war schon der Einzug in das Endspiel eine riesige Sensation. Genauso gehören aber auch der U 19-Weltmeistertitel 2004 und der Gewinn der UEFA Women's Champions League 2009 dazu. Mir fällt es schwer, einen Moment besonders hervorzuheben.

DFB.de: Bis 2020 waren Sie noch in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga für den SC Sand am Ball. Warum hatten Sie sich für den Wechsel zum Hamburger SV in die Regionalliga Nord entschieden?

van Bonn: Ich wollte bewusst den Berufseinstieg wagen. Nach so langer Zeit hatte ich das Gefühl, dass es Zeit für etwas Neues war. Ich hatte zunächst komplett mit dem Fußball aufgehört. Nach vier Wochen habe ich es aber nicht mehr ohne ausgehalten. (lacht) Der HSV hat mich schnell von seinem nachhaltigen Weg überzeugt. Die Zielsetzung des Vereins reizt mich. Als Team wollen wir die Rückkehr in die 2. Frauen-Bundesliga schaffen. Mit meiner Arbeit als Bauingenieurin kann ich das auch gut verbinden. Die Stadt ist ohnehin dafür prädestiniert, weil Hamburg ständig in Bewegung ist.

DFB.de: Sie haben mehr als 300 Einsätze in der höchsten deutschen Spielklasse absolviert. Wie sehen Sie Ihre Rolle innerhalb der Mannschaft?

van Bonn: Ich bin glücklich darüber, dass ich so viele Spiele absolvieren durfte. Das ist auch ein Beleg dafür, dass ich von größeren Verletzungen verschont geblieben bin. Ich habe während meiner Karriere eine Menge erlebt. Diesen Erfahrungsschatz will ich gerne weitergeben. Beim HSV haben wir viele junge und talentierte Spielerinnen. Mein Ziel ist es, meinen Mitspielerinnen und der Mannschaft bei ihrer Entwicklung zu helfen. So kann ich den Mädels vermitteln, was man für den Weg nach oben tun und manchmal auch opfern muss. Dabei ist es aber wichtig, auch Studium oder Beruf immer im Blick zu haben. Auf dem Platz kommt dem Team auch meine Ruhe am Ball zu Gute.

DFB.de: Wie sind Sie überhaupt zum Fußball gekommen?

van Bonn: Ich hatte meinen zwei Jahre älteren Bruder Daniel zu einem Fußballturnier begleitet. Da die Mannschaft nicht genug Spieler hatte, wurde ich vom Trainer gefragt, ob ich nicht mitspielen will. Ich war sofort begeistert. Meine Aufgabe war es, den größten Gegenspieler zu bewachen und möglichst zu verhindern, dass er an den Ball kommt. Ich habe zwar selbst kaum den Ball gesehen, muss es aber gut gemacht haben. Mein Gegenspieler hatte jedenfalls keine Lust mehr und wollte nicht mehr weiterspielen. (lacht)

DFB.de: Hätten Sie eine solche Karriere für möglich gehalten?

van Bonn: Als ich 13 Jahre alt war, haben mir meine Eltern erzählt, dass es schon Angebote von anderen Vereinen gab, sie diese aber bislang immer abgelehnt hatten. Ab diesem Zeitpunkt durfte ich selbst darüber entscheiden. Ich wollte aber weiter für meinen Heimatverein GSV Geldern spielen. Zwei Jahre später bin ich dann nach Duisburg gewechselt, schon im Alter von 16 Jahren gab ich mein Debüt in der Bundesliga. Es lief irgendwie. Das hat sich einfach so entwickelt. Ich habe jeden Moment genossen.

DFB.de: Mit 36 Jahren sind Sie die älteste Spielerin in der Mannschaft. Wie lange soll Ihre Karriere noch gehen?

van Bonn: Da mache ich mir keinen Druck. Das hängt davon ab, ob ich im nächsten Sommer noch die gleiche Lust verspüre und mein Körper noch dazu in der Lage ist. Es ist nicht so, dass ich das allein vom sportlichen Verlauf abhängig mache. Ich kann mir gut vorstellen, nach einem möglichen Aufstieg in die 2. Bundesliga beim HSV zu bleiben oder auch weiterhin in der Regionalliga zu spielen. Aktuell hoffe ich einfach darauf, dass wir nach dem letztjährigen Corona-Abbruch die Spielzeit komplett absolvieren können.

DFB.de: Was wäre höher zu bewerten: Eine erneute Überraschung im DFB-Pokal oder der Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga?

van Bonn: Ein Erfolg gegen die SGS Essen würde definitiv für mehr Aufsehen sorgen. Unser vorrangiges Ziel ist aber der Aufstieg. Der HSV war früher schon viele Jahre im Bundesligafußball vertreten. Da wollen wir irgendwann wieder hin. Dabei spüren wir die Unterstützung des gesamten Vereins.

DFB.de: Wie wollen Sie mit Ihren Teamkolleginnen der SGS Essen ein Bein stellen?

van Bonn: Von uns wird eine geschlossene Mannschaftsleistung gefragt sein. Jede Spielerin muss bereit sein, notfalls jeden Grashalm umzumähen. Wir benötigen einen Sahnetag, während die SGS nicht zu ihrer Normalform finden darf.

[mspw]

Kaum eine Spielerin kennt den DFB-Pokal der Frauen besser: Anne van Bonn erreichte schon sechsmal das Finale, zweimal gewann sie den "Pott". Jetzt will die 36 Jahre alte Mittelfeldspielerin mit dem Hamburger SV aus der Regionalliga Nord heute (ab 15 Uhr) gegen Bundesligist SGS Essen überraschen. Im DFB.de-Interview spricht van Bonn mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über ihre Karriere.

DFB.de: Im bisherigen Pokal-Wettbewerb besiegte der HSV mit Holstein Kiel schon einen Regionalligisten und mit dem FSV Gütersloh einen Gegner aus der 2. Frauen-Bundesliga. Ist das Aufeinandertreffen mit dem Bundesligisten SGS Essen im Achtelfinale des DFB-Pokals der Frauen also die logische Folge, Frau van Bonn?

Anne van Bonn: Das haben wir uns auf jeden Fall verdient. Mit jeder Pokalrunde ist die Dichte an Bundesligisten höher geworden. Umso mehr freuen wir uns, dass wir noch dabei sind. Wir konnten bislang in jeder Partie wichtige Erfahrungen sammeln. Jede Runde war ein Erlebnis. Das wird auch gegen die SGS Essen so sein.

DFB.de: Was hat das Team bislang im DFB-Pokal ausgezeichnet?

van Bonn: Gegen unseren Ligakonkurrenten Holstein Kiel sind wir sehr dominant aufgetreten. Auch in der Höhe war das 7:0 verdient. Gegen den FSV Gütersloh war es ein offener Schlagabtausch, es ging hin und her. Mit dem Sieg im Elfmeterschießen haben wir uns dafür belohnt, in den Aktionen etwas zwingender gewesen zu sein. Unsere Fans haben uns zu der Leistung getragen. Wir waren also schon erfolgreich, wenn wir selbst die Initiative übernommen haben. Gegen Gütersloh haben wir aber auch unsere Stärke im Umschaltspiel gezeigt. Beides zusammen stimmt uns positiv.

DFB.de: Wie Erfolg im DFB-Pokal geht, wissen Sie bestens. Sie standen nicht weniger als sechsmal im Finale, zweimal konnten Sie den Wettbewerb gewinnen. Waren das Highlights Ihrer Karriere?

van Bonn: Die DFB-Pokal-Siege mit dem damaligen FCR Duisburg waren auf jeden Fall Meilensteine. Der DFB-Pokal ist schließlich ein Wettbewerb mit hoher Bedeutung. Mit Duisburg gehörten wir zum Favoritenkreis. Daher erinnere ich mich auch immer gerne an die Finalteilnahmen mit dem SC Sand 2016 und 2017. Da war schon der Einzug in das Endspiel eine riesige Sensation. Genauso gehören aber auch der U 19-Weltmeistertitel 2004 und der Gewinn der UEFA Women's Champions League 2009 dazu. Mir fällt es schwer, einen Moment besonders hervorzuheben.

DFB.de: Bis 2020 waren Sie noch in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga für den SC Sand am Ball. Warum hatten Sie sich für den Wechsel zum Hamburger SV in die Regionalliga Nord entschieden?

van Bonn: Ich wollte bewusst den Berufseinstieg wagen. Nach so langer Zeit hatte ich das Gefühl, dass es Zeit für etwas Neues war. Ich hatte zunächst komplett mit dem Fußball aufgehört. Nach vier Wochen habe ich es aber nicht mehr ohne ausgehalten. (lacht) Der HSV hat mich schnell von seinem nachhaltigen Weg überzeugt. Die Zielsetzung des Vereins reizt mich. Als Team wollen wir die Rückkehr in die 2. Frauen-Bundesliga schaffen. Mit meiner Arbeit als Bauingenieurin kann ich das auch gut verbinden. Die Stadt ist ohnehin dafür prädestiniert, weil Hamburg ständig in Bewegung ist.

DFB.de: Sie haben mehr als 300 Einsätze in der höchsten deutschen Spielklasse absolviert. Wie sehen Sie Ihre Rolle innerhalb der Mannschaft?

van Bonn: Ich bin glücklich darüber, dass ich so viele Spiele absolvieren durfte. Das ist auch ein Beleg dafür, dass ich von größeren Verletzungen verschont geblieben bin. Ich habe während meiner Karriere eine Menge erlebt. Diesen Erfahrungsschatz will ich gerne weitergeben. Beim HSV haben wir viele junge und talentierte Spielerinnen. Mein Ziel ist es, meinen Mitspielerinnen und der Mannschaft bei ihrer Entwicklung zu helfen. So kann ich den Mädels vermitteln, was man für den Weg nach oben tun und manchmal auch opfern muss. Dabei ist es aber wichtig, auch Studium oder Beruf immer im Blick zu haben. Auf dem Platz kommt dem Team auch meine Ruhe am Ball zu Gute.

DFB.de: Wie sind Sie überhaupt zum Fußball gekommen?

van Bonn: Ich hatte meinen zwei Jahre älteren Bruder Daniel zu einem Fußballturnier begleitet. Da die Mannschaft nicht genug Spieler hatte, wurde ich vom Trainer gefragt, ob ich nicht mitspielen will. Ich war sofort begeistert. Meine Aufgabe war es, den größten Gegenspieler zu bewachen und möglichst zu verhindern, dass er an den Ball kommt. Ich habe zwar selbst kaum den Ball gesehen, muss es aber gut gemacht haben. Mein Gegenspieler hatte jedenfalls keine Lust mehr und wollte nicht mehr weiterspielen. (lacht)

DFB.de: Hätten Sie eine solche Karriere für möglich gehalten?

van Bonn: Als ich 13 Jahre alt war, haben mir meine Eltern erzählt, dass es schon Angebote von anderen Vereinen gab, sie diese aber bislang immer abgelehnt hatten. Ab diesem Zeitpunkt durfte ich selbst darüber entscheiden. Ich wollte aber weiter für meinen Heimatverein GSV Geldern spielen. Zwei Jahre später bin ich dann nach Duisburg gewechselt, schon im Alter von 16 Jahren gab ich mein Debüt in der Bundesliga. Es lief irgendwie. Das hat sich einfach so entwickelt. Ich habe jeden Moment genossen.

DFB.de: Mit 36 Jahren sind Sie die älteste Spielerin in der Mannschaft. Wie lange soll Ihre Karriere noch gehen?

van Bonn: Da mache ich mir keinen Druck. Das hängt davon ab, ob ich im nächsten Sommer noch die gleiche Lust verspüre und mein Körper noch dazu in der Lage ist. Es ist nicht so, dass ich das allein vom sportlichen Verlauf abhängig mache. Ich kann mir gut vorstellen, nach einem möglichen Aufstieg in die 2. Bundesliga beim HSV zu bleiben oder auch weiterhin in der Regionalliga zu spielen. Aktuell hoffe ich einfach darauf, dass wir nach dem letztjährigen Corona-Abbruch die Spielzeit komplett absolvieren können.

DFB.de: Was wäre höher zu bewerten: Eine erneute Überraschung im DFB-Pokal oder der Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga?

van Bonn: Ein Erfolg gegen die SGS Essen würde definitiv für mehr Aufsehen sorgen. Unser vorrangiges Ziel ist aber der Aufstieg. Der HSV war früher schon viele Jahre im Bundesligafußball vertreten. Da wollen wir irgendwann wieder hin. Dabei spüren wir die Unterstützung des gesamten Vereins.

DFB.de: Wie wollen Sie mit Ihren Teamkolleginnen der SGS Essen ein Bein stellen?

van Bonn: Von uns wird eine geschlossene Mannschaftsleistung gefragt sein. Jede Spielerin muss bereit sein, notfalls jeden Grashalm umzumähen. Wir benötigen einen Sahnetag, während die SGS nicht zu ihrer Normalform finden darf.

###more###