Plötzlich auf'm Platz

Die Länderspielhistorie der deutschen Nationalmannschaft enthält zahlreiche Glanzlichter. Vier WM-Titel fallen darunter, Fußballfeste wie das Wunder von Bern oder der Rausch 2014 beim 7:1 gegen Brasilien. In der Historie finden sich aber auch Begegnungen, die keine Ruhmesblätter sind. Besonders bemerkenswert war ein 0:3 gegen Belgien aus dem Jahr 1910. Für Deutschland spielten vier Spieler, die dieses Spiel eigentlich als Zuschauer verfolgen wollten.

Im Jahr 1910 steckte der Fußball in Deutschland in den Kinderschuhen, die Nationalmannschaft erst recht. Einen Bundestrainer gab es nicht, um die Belange der DFB-Auswahl kümmerte sich der Spielausschuss des DFB. Wie wenig professionell die Abläufe waren, zeigen die kuriosen Umstände des neunten Länderspiels: Deutschland gegen Belgien. Das Spiel war angesetzt für den 16. Mai, Pfingstmontag, und damit für den Tag nach dem Finale um die Deutsche Meisterschaft zwischen dem Karlsruher FV und Holstein Kiel (1:0).

Und, nicht ganz überraschend, die aus Karlsruhe und Kiel für die Nationalmannschaft nominierten Spieler verspürten kein ausgeprägtes Bedürfnis danach, am Tag nach dem Endspiel in Köln ein Länderspiel in Duisburg zu bestreiten. Wie viele der vom Spielausschuss ursprünglich nominierten Spieler tatsächlich nicht gekommen sind, ist nicht zweifelsfrei zu belegen. Im Jahrbuch von 1911 des DFB wurde festgehalten, dass lediglich drei der nominierten Spieler in Duisburg aufgetaucht sind. Der Abgleich der Prognose aus dem Jahrbuch 1910 und der Aufstellung im Spielbericht, legt eine höhere Zahl nahe: acht. Wobei im Jahrbuch 1910 notiert ist: "Die Zusammenstellung kann während der Drucklegung dieses Berichts noch geändert werden."

Weder komplett noch spielfähig

Klar ist: Die Nationalmannschaft war weder komplett noch spielfähig an diesem Pfingstmontag. Die Lösung: Unter den Zuschauern wurde nach spielwilligen Fußballern gesucht. So kamen am 16. Mai 1910 in Duisburg Fußballer zu Länderspielehren, die nur im Stadion waren, um das Spiel als Zuschauer zu verfolgen, die vier B’s: Alfred Berghausen (Preußen Duisburg), Lothar Budzinski-Kreth (Duisburger Spielverein), Peco Bauwens (Kölner SC 1899), der später DFB-Präsident wurde, und Andreas Breynk (Preußen Duisburg), der in der 55. Minute nach der Verletzung von Bauwens eingewechselt wurde. Der Name Christian Schilling wird in diesem Zusammenhang häufig genannt, allerdings zu Unrecht. Schillings Name gehörte zu denen, die sich bereits in der Aufstellung des Jahrbuchs von 1910 fanden. Schilling absolvierte gegen die Niederlande später auch noch ein weiteres Länderspiel.

Die Nationalmannschaft bestand an diesem 16. Mai 1910 also zu fast einem Drittel aus Zuschauern. Kein Wunder, dass Belgien das Spiel weitestgehend im Griff hatte. Im Spielbericht der Neuen Sportwoche ist festgehalten: "Das Spiel selbst brachte auch, entsprechend der fragwürdigen Zusammensetzung, keine fußballtechnischen Überraschungen; die deutsche Mannschaft spielte recht und schlecht mit wenigen Ausnahmen. Die belgische Mannschaft, durchweg kräftige Gestalten, lieferte ein schönes Spiel, ohne hervorragend zu sein."

Angesichts der Ausgangslage schlug sich die deutsche Mannschaft noch beachtlich. In der ersten Hälfte kassierte das Team lediglich einen Treffer, Louis Saeys traf in der 20. Minute für die Gäste. Erst nach Saeys' zweitem Tor in der 48. Minute schwanden bei Deutschland erst die Kräfte und nach dem 0:3 durch Edmond Van Staceghem auch die Hoffnung. Die Neue Sportwoche fällte insgesamt ein mildes Urteil und stellte eine gewagte Prognose auf: "Wir brauchen diese Niederlage im allgemeinen nicht zu tragisch zu nehmen; unsere wirklich gute erste Klasse, wie sie in manchen Kämpfen erprobt ist, hätte die Belgier glatt geschlagen."

[sl]

Die Länderspielhistorie der deutschen Nationalmannschaft enthält zahlreiche Glanzlichter. Vier WM-Titel fallen darunter, Fußballfeste wie das Wunder von Bern oder der Rausch 2014 beim 7:1 gegen Brasilien. In der Historie finden sich aber auch Begegnungen, die keine Ruhmesblätter sind. Besonders bemerkenswert war ein 0:3 gegen Belgien aus dem Jahr 1910. Für Deutschland spielten vier Spieler, die dieses Spiel eigentlich als Zuschauer verfolgen wollten.

Im Jahr 1910 steckte der Fußball in Deutschland in den Kinderschuhen, die Nationalmannschaft erst recht. Einen Bundestrainer gab es nicht, um die Belange der DFB-Auswahl kümmerte sich der Spielausschuss des DFB. Wie wenig professionell die Abläufe waren, zeigen die kuriosen Umstände des neunten Länderspiels: Deutschland gegen Belgien. Das Spiel war angesetzt für den 16. Mai, Pfingstmontag, und damit für den Tag nach dem Finale um die Deutsche Meisterschaft zwischen dem Karlsruher FV und Holstein Kiel (1:0).

Und, nicht ganz überraschend, die aus Karlsruhe und Kiel für die Nationalmannschaft nominierten Spieler verspürten kein ausgeprägtes Bedürfnis danach, am Tag nach dem Endspiel in Köln ein Länderspiel in Duisburg zu bestreiten. Wie viele der vom Spielausschuss ursprünglich nominierten Spieler tatsächlich nicht gekommen sind, ist nicht zweifelsfrei zu belegen. Im Jahrbuch von 1911 des DFB wurde festgehalten, dass lediglich drei der nominierten Spieler in Duisburg aufgetaucht sind. Der Abgleich der Prognose aus dem Jahrbuch 1910 und der Aufstellung im Spielbericht, legt eine höhere Zahl nahe: acht. Wobei im Jahrbuch 1910 notiert ist: "Die Zusammenstellung kann während der Drucklegung dieses Berichts noch geändert werden."

Weder komplett noch spielfähig

Klar ist: Die Nationalmannschaft war weder komplett noch spielfähig an diesem Pfingstmontag. Die Lösung: Unter den Zuschauern wurde nach spielwilligen Fußballern gesucht. So kamen am 16. Mai 1910 in Duisburg Fußballer zu Länderspielehren, die nur im Stadion waren, um das Spiel als Zuschauer zu verfolgen, die vier B’s: Alfred Berghausen (Preußen Duisburg), Lothar Budzinski-Kreth (Duisburger Spielverein), Peco Bauwens (Kölner SC 1899), der später DFB-Präsident wurde, und Andreas Breynk (Preußen Duisburg), der in der 55. Minute nach der Verletzung von Bauwens eingewechselt wurde. Der Name Christian Schilling wird in diesem Zusammenhang häufig genannt, allerdings zu Unrecht. Schillings Name gehörte zu denen, die sich bereits in der Aufstellung des Jahrbuchs von 1910 fanden. Schilling absolvierte gegen die Niederlande später auch noch ein weiteres Länderspiel.

Die Nationalmannschaft bestand an diesem 16. Mai 1910 also zu fast einem Drittel aus Zuschauern. Kein Wunder, dass Belgien das Spiel weitestgehend im Griff hatte. Im Spielbericht der Neuen Sportwoche ist festgehalten: "Das Spiel selbst brachte auch, entsprechend der fragwürdigen Zusammensetzung, keine fußballtechnischen Überraschungen; die deutsche Mannschaft spielte recht und schlecht mit wenigen Ausnahmen. Die belgische Mannschaft, durchweg kräftige Gestalten, lieferte ein schönes Spiel, ohne hervorragend zu sein."

Angesichts der Ausgangslage schlug sich die deutsche Mannschaft noch beachtlich. In der ersten Hälfte kassierte das Team lediglich einen Treffer, Louis Saeys traf in der 20. Minute für die Gäste. Erst nach Saeys' zweitem Tor in der 48. Minute schwanden bei Deutschland erst die Kräfte und nach dem 0:3 durch Edmond Van Staceghem auch die Hoffnung. Die Neue Sportwoche fällte insgesamt ein mildes Urteil und stellte eine gewagte Prognose auf: "Wir brauchen diese Niederlage im allgemeinen nicht zu tragisch zu nehmen; unsere wirklich gute erste Klasse, wie sie in manchen Kämpfen erprobt ist, hätte die Belgier glatt geschlagen."

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