Pernille Harder: "Wir sind gewarnt"

Das Endspiel der Women's Champions League ist nur noch einen Schritt entfernt. Aber auf dem Weg dorthin müssen die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg eine hohe Hürde überwinden. Im Halbfinale trifft die Mannschaft von Trainer Stephan Lerch auf den FC Chelsea. Das Hinspiel findet am heutigen Sonntag (ab 19.05 Uhr MESZ) in England statt. In großartiger Form ist seit Wochen Wolfsburgs Angreiferin Pernille Harder. Im DFB.de-Interview spricht die 25 Jahre alte dänische Nationalspielerin über das Duell mit Chelsea, über ihren Traum vom Gewinn des Triples und wie sie ihre Zeit in Wolfsburg bisher erlebt hat.

DFB.de: Frau Harder, wie groß ist die Anspannung vor dem Halbfinale in der Champions League?

Pernille Harder: Zuletzt ist die Anspannung von Tag zu Tag gewachsen. Ich würde nicht von Druck sprechen, den wir verspüren. Ich empfinde eher eine riesige Vorfreude. Diese Begegnungen sind die großen Spiele in einer Saison, auf die man lange hinarbeitet. Jetzt wollen wir zeigen, dass wir bereit sind, um den Schritt ins Endspiel zu gehen.

DFB.de: Was ist dafür nötig?

Harder: Auf jeden Fall eine Topleistung unsererseits. Chelsea hat bisher in der Champions League eine super Serie gespielt und steht auch in der englischen Liga ganz oben. Die haben eine tolle Mannschaft zusammen. Aber das gilt natürlich auch für uns. Wenn wir unsere Qualität auf den Platz bringen können, haben wir gute Chancen, ins Finale zu kommen. Davon bin ich absolut überzeugt.

DFB.de: Chelsea hat sich in der Champions League gegen München, Rosengard und Montpellier durchgesetzt - allesamt Topteams.

Harder: Ja, ganz klar, wir sind gewarnt. Ein Halbfinale in der Champions League erreicht man nicht mit Glück. Aber der Weg von Chelsea ist schon beachtlich. Sie haben starke Gegner aus dem Weg geräumt.

DFB.de: Was macht Chelsea aus Ihrer Sicht so stark?

Harder: Das Gesamtpaket stimmt. Sie sind in der Defensive sehr gut aufgestellt. Und nach vorne haben sie einige schnelle und gefährliche Spielerinnen, die wir auf keinen Fall aus den Augen lassen dürfen. Ich denke zum Beispiel an Ramona Bachmann, die ja auch mal in Wolfsburg unter Vertrag stand. Wir wollen uns in London eine gute Ausgangslage für das Rückspiel eine Woche später erarbeiten. Ich persönlich stehe zum ersten Mal in einem Halbfinale der Champions League. Und ich werde alles dafür tun, dass hier noch nicht Endstation ist.

DFB.de: Träumen Sie vom Einzug ins Finale?

Harder: Nicht nur das. Ich träume auch davon, die Champions League zu gewinnen. Das ist doch fast das Größte, was im Vereinsfußball möglich ist. Aber wir tun gut daran, nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Wir wissen ganz genau, dass mit Chelsea jetzt eine extrem hohe Hürde auf uns wartet. Aber wir sind in der Lage, diese zu nehmen.

DFB.de: Woher nehmen Sie diese Zuversicht?

Harder: Wir spielen bislang eine tolle Saison. Im DFB-Pokal haben wir am vergangenen Wochenende das Finale erreicht. Im Endspiel am 19. Mai treffen wir auf Bayern München. Das wird auch ein großer Tag. In der Allianz Frauen-Bundesliga stehen wir ganz oben. Wir haben uns viel Selbstvertrauen erarbeitet. Es ist alles möglich.

DFB.de: Also auch das Triple?

Harder: Die Chance dazu ist da. Aber um das zu erreichen, muss einfach alles passen. Jetzt richtet sich unsere gesamte Konzentration auf Chelsea. Alles andere muss warten.

DFB.de: Sie sind seit eineinhalb Jahren in Wolfsburg. Wie haben Sie die Zeit beim VfL bisher erlebt?

Harder: Ich bin großartig aufgenommen worden und konnte mich hier super entwickeln. Es war genau die richtige Entscheidung, diesen Schritt zu gehen. Der Verein ist familiär und sehr professionell zugleich. Diese Kombination ist perfekt. Dazu haben wir viel Qualität in der Mannschaft. Es macht großen Spaß, hier Fußball zu spielen.

DFB.de: Wie bewerten Sie sportlich Ihre Zeit bislang in Wolfsburg?

Harder: Es wird immer besser. In dieser Saison habe ich viel Einsatzzeit bekommen und regelmäßig meine Treffer gemacht. Aber Tore sind nicht alles. Für mich ist der Teamgedanke ganz wichtig. Ich fühle mich hier wohl – auf dem Rasen genauso wie außerhalb des Platzes. Meiner Meinung nach ist das eine Grundvoraussetzung, um Erfolg zu haben. Und zudem ist mir natürlich ganz klar bewusst, dass ich als Angreiferin nur erfolgreich sein kann, wenn ich die entsprechenden Vorlagen von meinen Kolleginnen bekomme. Und das ist hier ebenfalls absolut der Fall.

DFB.de: Nach Chelsea geht es Schlag auf Schlag weiter. Am Mittwoch steht in der Allianz Frauen-Bundesliga schon die Partie beim FF USV Jena auf dem Programm.

Harder: Ehrlich gesagt schaue ich noch gar nicht so weit nach vorne. Wir haben jetzt bis zum Saisonende fast nur noch Englische Wochen. In dieser Zeit können wir etwas Großes erreichen, wenn wir den Fokus nicht verlieren. Wir sollten immer nur die nächste Aufgabe im Blick haben.

DFB.de: Haben Sie keine Sorge, dass diese Belastungen irgendwann zu einem Problem werden könnten?

Harder: Nein, das glaube ich nicht. Wir haben auch in der Breite eine große Qualität. Wer eine Pause braucht, bekommt diese und wird fast gleichwertig ersetzt. Wir sind auf alles vorbereitet, was jetzt kommt. Und außerdem sind wir ein Team, das Titel gewinnen will. Alle wissen, dass jetzt jeder Ausrutscher große Folgen haben kann.