Patrick Helmes: Der WM-Traum lebt

Er war Nationalspieler, ein Stürmer in Top-Form. Bis eine Diagnose plötzlich alles veränderte: Kreuzbandriss, Operation, Pause. Patrick Helmes ließ sich davon nicht beeindrucken. Er arbeitete täglich im Reha-Zentrum und er schaffte früher als die meisten anderen die Rückkehr auf den Fußballplatz.

Helmes hat für seine Karriere gekämpft. Und er hat den Traum von der WM-Teilnahme nie aufgegeben, auch wenn er immer noch in weiter Ferne scheint. Philipp Selldorf von der Süddeutschen Zeitung über einen vorbildlichen Profi und Patienten.

Der Unglückstag war kein Freitag und kein 13., es war ein gewöhnlicher Mittwoch. Der Kalender zeigte den 10. Juni 2009 an, als Patrick Helmes seine Fußballschuhe in die Sporttasche packte, sie im Wagen verstaute und sich auf den Weg nach Kaan-Marienborn machte. Der Angreifer von Bayer 04 Leverkusen befand sich zwar mitten in seinem Sommerurlaub, aber er konnte nicht widerstehen, als ihn ein alter Freund und Mannschaftskollege aus seiner Heimatstadt Siegen zur Feier mit Spaßkick auf einem Kunstrasenplatz einlud. „Wenn man Fußballer ist und die Kumpels kicken, dann kann man den Ball nicht liegen lassen“, sagt Patrick Helmes noch heute. Obwohl die Sache damals gewaltig schiefging, hat er seine Meinung nicht geändert: Ein Fußballer bleibt auch im Urlaub ein Fußballer.

“Die Bewegung kennt das Knie nicht“

Anfangs, das räumt Helmes ein, gab es ein paar kleine Irritationen. Bayer Leverkusen meldete am Tag der Operation, dass sich der Profi „bei der aktiven Erholung im Urlaub“ einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie zugezogen habe. „Aktive Erholung“: Das klingt ein wenig nach Geheimniskrämerei, dabei gab es ja gar nichts zu verbergen, Helmes hatte nichts Halsbrecherisches riskiert. Er hatte einen Unfall erlitten, wie er jedem Fußballer jeden Tag passieren kann, im Trainingsbetrieb, im Kampf um Punkte in der Liga oder eben beim Freizeitkick. Niemand hat ihn umgetreten, er hatte einfach Pech gehabt.

„Ich will nach rechts rüber und dabei knicke ich links weg“, erinnert sich Helmes, „und da habe ich schon gedacht: Okay, diese Bewegung kennt das Knie nicht.“ Der Schmerz hält sich zunächst in Grenzen, doch nachts schwillt das Knie an, am nächsten Morgen ist es dick. Patrick Helmes sucht den Arzt auf, die Diagnose ist eindeutig. Wenig später nimmt Professor Peter Schäferhoff in Köln die Operation vor.

Mindestens sechs Monate Pause, so lautete damals die Prognose für den Stürmer, allgemeines Mitgefühl ist ihm gewiss. „Das ist Pech, dass ihm das ausgerechnet im Urlaub passiert“, sagte Joachim Löw. „Patrick wird der Nationalmannschaft fehlen, in der er zuletzt ein fester Bestandteil war.“ Doch dem Bundestrainer fiel auch Ermutigendes ein. Löw erinnerte an das Exempel von Philipp Lahm. „Er ist nach einer solchen Verletzung vor der WM 2006 auch noch rechtzeitig wiedergekommen.“

Helmes folgt dem guten Beispiel seines Mitspielers. Er braucht keine sechs Monate, bis er sein Comeback bei Bayer 04 in der Bundesliga feiert. Am 29. November wechselt ihn Jupp Heynckes eine Viertelstunde vor dem Abpfiff des Spiels gegen Nürnberg ein, und wenn auch noch die Wettkampfpraxis und die nötige Kondition fehlen, so kann er doch endlich einen kleinen Haken hinter seine Krankenzeit machen. „Es war eine lange Zeit, aber es ging doch recht zügig“, stellt er fest und ist selbst ein wenig verblüfft darüber.



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Er war Nationalspieler, ein Stürmer in Top-Form. Bis eine Diagnose plötzlich alles veränderte: Kreuzbandriss, Operation, Pause. Patrick Helmes ließ sich davon nicht beeindrucken. Er arbeitete täglich im Reha-Zentrum und er schaffte früher als die meisten anderen die Rückkehr auf den Fußballplatz.

Helmes hat für seine Karriere gekämpft. Und er hat den Traum von der WM-Teilnahme nie aufgegeben, auch wenn er immer noch in weiter Ferne scheint. Philipp Selldorf von der Süddeutschen Zeitung über einen vorbildlichen Profi und Patienten.

Der Unglückstag war kein Freitag und kein 13., es war ein gewöhnlicher Mittwoch. Der Kalender zeigte den 10. Juni 2009 an, als Patrick Helmes seine Fußballschuhe in die Sporttasche packte, sie im Wagen verstaute und sich auf den Weg nach Kaan-Marienborn machte. Der Angreifer von Bayer 04 Leverkusen befand sich zwar mitten in seinem Sommerurlaub, aber er konnte nicht widerstehen, als ihn ein alter Freund und Mannschaftskollege aus seiner Heimatstadt Siegen zur Feier mit Spaßkick auf einem Kunstrasenplatz einlud. „Wenn man Fußballer ist und die Kumpels kicken, dann kann man den Ball nicht liegen lassen“, sagt Patrick Helmes noch heute. Obwohl die Sache damals gewaltig schiefging, hat er seine Meinung nicht geändert: Ein Fußballer bleibt auch im Urlaub ein Fußballer.

“Die Bewegung kennt das Knie nicht“

Anfangs, das räumt Helmes ein, gab es ein paar kleine Irritationen. Bayer Leverkusen meldete am Tag der Operation, dass sich der Profi „bei der aktiven Erholung im Urlaub“ einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie zugezogen habe. „Aktive Erholung“: Das klingt ein wenig nach Geheimniskrämerei, dabei gab es ja gar nichts zu verbergen, Helmes hatte nichts Halsbrecherisches riskiert. Er hatte einen Unfall erlitten, wie er jedem Fußballer jeden Tag passieren kann, im Trainingsbetrieb, im Kampf um Punkte in der Liga oder eben beim Freizeitkick. Niemand hat ihn umgetreten, er hatte einfach Pech gehabt.

„Ich will nach rechts rüber und dabei knicke ich links weg“, erinnert sich Helmes, „und da habe ich schon gedacht: Okay, diese Bewegung kennt das Knie nicht.“ Der Schmerz hält sich zunächst in Grenzen, doch nachts schwillt das Knie an, am nächsten Morgen ist es dick. Patrick Helmes sucht den Arzt auf, die Diagnose ist eindeutig. Wenig später nimmt Professor Peter Schäferhoff in Köln die Operation vor.

Mindestens sechs Monate Pause, so lautete damals die Prognose für den Stürmer, allgemeines Mitgefühl ist ihm gewiss. „Das ist Pech, dass ihm das ausgerechnet im Urlaub passiert“, sagte Joachim Löw. „Patrick wird der Nationalmannschaft fehlen, in der er zuletzt ein fester Bestandteil war.“ Doch dem Bundestrainer fiel auch Ermutigendes ein. Löw erinnerte an das Exempel von Philipp Lahm. „Er ist nach einer solchen Verletzung vor der WM 2006 auch noch rechtzeitig wiedergekommen.“

Helmes folgt dem guten Beispiel seines Mitspielers. Er braucht keine sechs Monate, bis er sein Comeback bei Bayer 04 in der Bundesliga feiert. Am 29. November wechselt ihn Jupp Heynckes eine Viertelstunde vor dem Abpfiff des Spiels gegen Nürnberg ein, und wenn auch noch die Wettkampfpraxis und die nötige Kondition fehlen, so kann er doch endlich einen kleinen Haken hinter seine Krankenzeit machen. „Es war eine lange Zeit, aber es ging doch recht zügig“, stellt er fest und ist selbst ein wenig verblüfft darüber.

“Ich war kein schwerer Patient“

Von einer Leidenszeit will der 25-Jährige deswegen auch nicht reden. „Ich war kein schwerer Patient“, sagt er, „mein Knie hat nie eine böse Reaktion gezeigt, und die Reha verlief optimal.“ Patienten mit seiner Mentalität sind den Ärzten, Physiotherapeuten und sonstigen Aufbauhelfern wahrscheinlich die liebsten. Helmes: „Es ist monoton, und gerade in den ersten Wochen und Monaten gibt es Tage, an denen du dich fragst: Muss das heute wieder sein? Die drei bis vier Stunden in der Reha-Klinik, die ständigen Übungen zur Stabilisation. Aber mit meiner Art, wie ich halt so bin, komme ich damit recht gut klar. Verletzungen gehören dazu, so was haben viele Spieler vor mir durchgemacht.“

Auch Patrick Helmes hatte bereits Erfahrung mit einer schweren Verletzung, im September 2006 erlitt er einen Mittelfußbruch. Fast fünf Monate vergingen bis zum nächsten Einsatz, seitdem weiß er, wie man durch die Reha kommt: „Du steckst dir jeden Tag ein anderes Ziel“, erzählt er: „Dann freust du dich auf einmal auf die Weichbodenmatte oder aufs Trampolinspringen, aufs Joggen, dann aufs Laufen, dann aufs Sprinten. Es sind lauter kleine Dinge, die für einen gesunden Profi eigentlich zum Alltag gehören. Aber plötzlich ist so was ein richtiger Fortschritt und man ist froh darüber.“

Während der ersten Wochen hatte er es nicht weit bis zu seinem Arbeitsplatz in der Reha-Klinik im Kölner Mediapark. Der Bayer-Torjäger wohnt mitten in der Kölner Innenstadt, Tür an Tür mit diversen Leverkusener Kollegen. Im selben Haus wie er wohnen Renato Augusto, Eren Derdiyok und Daniel Schwaab. Seine erste Zeit im Aufbautraining verbrachte er mit Aquajogging, „das ist gang und gäbe die ersten acht Wochen“, sagt er, „dann steigst du irgendwann aus dem Wasser und beginnst mit den Stabi-Übungen, und nach drei Monaten darfst du das erste Mal raus und laufen gehen. Erst Kurvenläufe, dann Steigerungsläufe, und nach dreieinhalb Monaten kam der Ball wieder ins Spiel, das ist dann eine echte Befreiung.“

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“60 Prozent weniger im linken Oberschenkel“

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte Patrick Helmes alle Bedenken und Zweifel hinter sich gelassen. „Am Anfang“, erzählt er, „macht man sich noch Gedanken über die Verletzung und die Gefahr, dass so was ja wieder passieren kann. Und man kann ja beinahe zusehen, wie die Muskeln verschwinden: Ich hatte im Nu im linken Oberschenkel 60 Prozent weniger drin als vorher. Aber wenn du hinter dem Ball herjagst, dann vergisst du all diese Gedanken wieder.“ Dafür eröffnete sich ihm ein anderes Problem, eines mit dem er nicht gerechnet hatte: Patrick Helmes, Fußballer aus Leidenschaft, konnte keine Fußballschuhe mehr tragen. „Ich hatte ja immer nur Turnschuhe angehabt. Auf einmal hatte ich Riesenprobleme mit Fußballschuhen, mir taten nach dem Training die Füße weh.“ Nach drei bis vier Einheiten passten ihm die alten Schuhe – wieder ein kleiner Fortschritt auf dem langen Weg zurück.

Den Aufstieg seiner Leverkusener Kollegen bis zur Tabellenspitze erlebte Patrick Helmes meistens im Stadion, „das hatte ich mir schlimmer vorgestellt: Aber das Zuschauen von der Tribüne hat echt Spaß gemacht.“ Er sieht es als Vorteil an, dass Bayer auch ohne ihn Erfolg hatte: „So war ich und bin ich nicht gezwungen zu spielen und habe die Zeit, um richtig fit zu werden.“ Im Januar, zum Start der Rückrunde, will er wieder „richtig angreifen“.

So sollte ihm auch genügend Zeit bleiben, um sich für die Nationalmannschaft und die WM in Südafrika zu empfehlen. „Die WM ist ein Traum, ohne Zweifel“, sagt Patrick Helmes – und bleibt ein kluger Patient: „Ich setze mich jetzt nicht unter Druck. Erst mal muss ich richtig fit werden und spielen, und wenn ich das geschafft habe, dann ergibt sich alles von selbst.“