Otto Rehhagel besucht JVA Oldenburg

Die Anreise war nicht weit – aus Bremen kam Otto Rehhagel mit dem PKW in die Justizvollzugsanstalt an der Cloppenburger Straße in Oldenburg. Der 76-jährige Essener verbringt derzeit einige vorweihnachtliche Tage in der Hansestadt. Dort, wo er einst die größten sportlichen Siege mit dem SV Werder feierte. In der Haftanstalt sind nicht nur diese Erfolge bestens bekannt. 17 männliche Strafgefangene sitzen Rehhagel an diesem Dezember-Vormittag im Stuhlkreis gegenüber. Als Rehhagel den Raum betritt, gibt es spontan Applaus.

Mit dem früheren Meistertrainer ist Eugen Gehlenborg in die Haftanstalt gekommen. Der pensionierte Ministerialbeamte ist seit Oktober 2013 als DFB-Vizepräsident für Sozial- und Gesellschaftspolitik auch Vorsitzender der Sepp-Herberger-Stiftung. Gemeinsam mit Rehhagel hat Gehlenborg in diesem Jahr bereits drei Haftanstalten besucht - Wuppertal, Berlin, jetzt Oldenburg. "Diese Termine haben in unserer Stiftung eine lange Tradition. Sepp Herberger selbst hatte in den 1970er-Jahren mit diesem Engagement begonnen", berichtet Gehlenborg: "Wir wollen den Inhaftierten zeigen, dass sie nicht vergessen sind und es nach der Inhaftierung neue Chancen und Möglichkeiten gibt – auch im Fußball."

Prominente Persönlichkeiten wie Otto Rehhagel pflegen dieses Vermächtnis Herbergers. Der Europameister-Coach berichtet seinen Zuhörern aus seinem Sportler-Leben, hat viele Anekdoten dabei. Klar, dass es insbesondere um die Zeit an der Weser geht, aber auch die aktuelle Tabellensituation in der Bundesliga wird besprochen. Rehhagel nimmt sich viel Zeit an diesem Vormittag, fesselt seine Zuhörer und bringt sie zum Nachdenken, als er den Dichter Johann Friedrich von Schiller zitiert: "Dreifach ist der Schritt der Zeit", sagt Rehhagel: "Heute denken Sie, Sie sind noch jung, haben noch so viel Zeit. Aber vergessen Sie nicht, das Leben ist sehr schnell vorüber. Verbringen Sie es nicht nur im Gefängnis. Das wäre Wahnsinn!"

Vertrauen zahlt sich aus

Als das "Kind der Bundesliga" seine wichtigste Maxime als Trainer unterstreicht ("Ich habe meinen Spielern immer gesagt, ich kritisiere Sie als Sportler, als Menschen sind Sie mir heilig") nickt der neben ihm sitzende Leiter der Justizvollzugsanstalt. Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Anna Abraham leitet Gerd Koop die 404 Haftplätze umfassende Justizvollzugsanstalt. "Otto Rehhagels Worte spiegeln auch unsere Philosophie wider. Wir begegnen den Inhaftierten als Menschen. Unser Wirken ist darauf ausgerichtet, sie in die Gesellschaft zurück zu bringen, denn sie können schon morgen wieder unsere Nachbarn sein", so Koop.

Koop hat eine besondere Verbindung zu seiner Haftanstalt. Gemeinsam mit 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat er Ende der 1990er-Jahre nicht nur die Bauphase begleitet, sondern durfte den Neubau architektonisch, baulich und konzeptionell begleiten. "Ich bin quasi der erste Anstaltsleiter, der sich sein Gefängnis selbst bauen durfte", schmunzelt Koop. In der Haftanstalt geht es getreu dem Leitmotiv konsequent und liberal zu. "Wir geben den Inhaftierten zu Beginn viel Vertrauen und gewähren umfangreiche Vergünstigungen. Wird unser Vertrauen enttäuscht, werden diese sofort und ohne Diskussion gestrichen", sagt der Anstaltsleiter: "Wie im Sport gibt es hier klare Regeln und Prinzipien." Die Philosophie scheint aufzugehen. Aktuelle Studien bestätigen der JVA Oldenburg, dass sie bundesweit eine der Haftanstalten mit den niedrigsten Gewaltquoten ist.

NFV-Kreis-Lehrwart verantwortet Sportangebot

Bei der Verhinderung von Gewalt spielt auch der Sport in der Haftanstalt eine besondere Rolle. Zusammen mit einem Kollegen organisiert Wilfried Dannebaum ein umfassendes Angebot. Wöchentlich gibt es 18 Sportgruppen, verschiedene Teamsportarten und eine Laufgruppe werden angeboten. "Ein abwechslungsreiches Sportangebot ist für alle Inhaftierten von Bedeutung. Sport wirkt gerade im Strafvollzug als Ventil", sagt Dannebaum: "Im Vordergrund steht auch bei uns der Fußballsport." Der Fußball, das ist Dannebaums Paradedisziplin. Der Niedersachse war selbst viele Jahre als Spieler aktiv, coacht heute die A-Jugend beim SV Blau-Weiß Ramsloh und ist zudem Lehrwart im NFV-Fußballkreis Cloppenburg. Über seine Kontakte lotst der Trainer-Ausbilder regelmäßig Teams von draußen in die JVA: "Das sind besondere Höhepunkte in unserem Sportjahr."

Ein ganz besonderer Höhepunkt war auch der Besuch Rehhagels. Nach der Gesprächsrunde begleitet der Meistertrainer ein Futsal-Turnier. Zwei Teams der JVA Oldenburg und ein Gastteam der JVA Vechta traten gegeneinander an. Wer am Ende gewonnen hat, weiß keiner. An diesem Tag lag die Wahrheit ausnahmsweise einmal nicht auf dem Platz.

[dfb]

Die Anreise war nicht weit – aus Bremen kam Otto Rehhagel mit dem PKW in die Justizvollzugsanstalt an der Cloppenburger Straße in Oldenburg. Der 76-jährige Essener verbringt derzeit einige vorweihnachtliche Tage in der Hansestadt. Dort, wo er einst die größten sportlichen Siege mit dem SV Werder feierte. In der Haftanstalt sind nicht nur diese Erfolge bestens bekannt. 17 männliche Strafgefangene sitzen Rehhagel an diesem Dezember-Vormittag im Stuhlkreis gegenüber. Als Rehhagel den Raum betritt, gibt es spontan Applaus.

Mit dem früheren Meistertrainer ist Eugen Gehlenborg in die Haftanstalt gekommen. Der pensionierte Ministerialbeamte ist seit Oktober 2013 als DFB-Vizepräsident für Sozial- und Gesellschaftspolitik auch Vorsitzender der Sepp-Herberger-Stiftung. Gemeinsam mit Rehhagel hat Gehlenborg in diesem Jahr bereits drei Haftanstalten besucht - Wuppertal, Berlin, jetzt Oldenburg. "Diese Termine haben in unserer Stiftung eine lange Tradition. Sepp Herberger selbst hatte in den 1970er-Jahren mit diesem Engagement begonnen", berichtet Gehlenborg: "Wir wollen den Inhaftierten zeigen, dass sie nicht vergessen sind und es nach der Inhaftierung neue Chancen und Möglichkeiten gibt – auch im Fußball."

Prominente Persönlichkeiten wie Otto Rehhagel pflegen dieses Vermächtnis Herbergers. Der Europameister-Coach berichtet seinen Zuhörern aus seinem Sportler-Leben, hat viele Anekdoten dabei. Klar, dass es insbesondere um die Zeit an der Weser geht, aber auch die aktuelle Tabellensituation in der Bundesliga wird besprochen. Rehhagel nimmt sich viel Zeit an diesem Vormittag, fesselt seine Zuhörer und bringt sie zum Nachdenken, als er den Dichter Johann Friedrich von Schiller zitiert: "Dreifach ist der Schritt der Zeit", sagt Rehhagel: "Heute denken Sie, Sie sind noch jung, haben noch so viel Zeit. Aber vergessen Sie nicht, das Leben ist sehr schnell vorüber. Verbringen Sie es nicht nur im Gefängnis. Das wäre Wahnsinn!"

Vertrauen zahlt sich aus

Als das "Kind der Bundesliga" seine wichtigste Maxime als Trainer unterstreicht ("Ich habe meinen Spielern immer gesagt, ich kritisiere Sie als Sportler, als Menschen sind Sie mir heilig") nickt der neben ihm sitzende Leiter der Justizvollzugsanstalt. Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Anna Abraham leitet Gerd Koop die 404 Haftplätze umfassende Justizvollzugsanstalt. "Otto Rehhagels Worte spiegeln auch unsere Philosophie wider. Wir begegnen den Inhaftierten als Menschen. Unser Wirken ist darauf ausgerichtet, sie in die Gesellschaft zurück zu bringen, denn sie können schon morgen wieder unsere Nachbarn sein", so Koop.

Koop hat eine besondere Verbindung zu seiner Haftanstalt. Gemeinsam mit 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat er Ende der 1990er-Jahre nicht nur die Bauphase begleitet, sondern durfte den Neubau architektonisch, baulich und konzeptionell begleiten. "Ich bin quasi der erste Anstaltsleiter, der sich sein Gefängnis selbst bauen durfte", schmunzelt Koop. In der Haftanstalt geht es getreu dem Leitmotiv konsequent und liberal zu. "Wir geben den Inhaftierten zu Beginn viel Vertrauen und gewähren umfangreiche Vergünstigungen. Wird unser Vertrauen enttäuscht, werden diese sofort und ohne Diskussion gestrichen", sagt der Anstaltsleiter: "Wie im Sport gibt es hier klare Regeln und Prinzipien." Die Philosophie scheint aufzugehen. Aktuelle Studien bestätigen der JVA Oldenburg, dass sie bundesweit eine der Haftanstalten mit den niedrigsten Gewaltquoten ist.

NFV-Kreis-Lehrwart verantwortet Sportangebot

Bei der Verhinderung von Gewalt spielt auch der Sport in der Haftanstalt eine besondere Rolle. Zusammen mit einem Kollegen organisiert Wilfried Dannebaum ein umfassendes Angebot. Wöchentlich gibt es 18 Sportgruppen, verschiedene Teamsportarten und eine Laufgruppe werden angeboten. "Ein abwechslungsreiches Sportangebot ist für alle Inhaftierten von Bedeutung. Sport wirkt gerade im Strafvollzug als Ventil", sagt Dannebaum: "Im Vordergrund steht auch bei uns der Fußballsport." Der Fußball, das ist Dannebaums Paradedisziplin. Der Niedersachse war selbst viele Jahre als Spieler aktiv, coacht heute die A-Jugend beim SV Blau-Weiß Ramsloh und ist zudem Lehrwart im NFV-Fußballkreis Cloppenburg. Über seine Kontakte lotst der Trainer-Ausbilder regelmäßig Teams von draußen in die JVA: "Das sind besondere Höhepunkte in unserem Sportjahr."

Ein ganz besonderer Höhepunkt war auch der Besuch Rehhagels. Nach der Gesprächsrunde begleitet der Meistertrainer ein Futsal-Turnier. Zwei Teams der JVA Oldenburg und ein Gastteam der JVA Vechta traten gegeneinander an. Wer am Ende gewonnen hat, weiß keiner. An diesem Tag lag die Wahrheit ausnahmsweise einmal nicht auf dem Platz.