Ostermeier: Emsig nicht nur auf dem Platz

Lena Ostermeier ist ein echtes Multitalent: Sie ist nicht nur Fußballerin bei der SGS Essen, sondern auch bei der Freiwilligen Feuerwehr in Dortmund im Einsatz. Darüber hinaus hat sie im Sommer vergangenen Jahres ihr Studium an der TU Dortmund in Chemie abgeschlossen. Seitdem trägt sie einen Doktortitel. Wie passt das alles zusammen? Und worauf wird es am Dienstag (ab 18.30 Uhr) im Viertelfinale des DFB-Pokals bei Bayer 04 Leverkusen ankommen?

Lena Ostermeier muss nicht lange überlegen. Sie hat schon viele Einsätze hinter sich. Natürlich als Fußballerin, aber auch in ihrer Tätigkeit für die Freiwillige Feuerwehr. Dabei war sie in brennenden Gebäuden, hat verletzte Menschen versorgt und mehrere besonders gefährliche Situationen erlebt. Aber ein Ereignis hat sich bei ihr besonders eingeprägt. Im Sommer 2021 war Ostermeier nach der Hochwasser-Katastrophe in Schleiden in der Eifel gefragt. "Es war eigentlich ein Training mit der SGS Essen angesetzt. Aber als klar war, dass ich im Katastrophengebiet gebraucht werde, habe ich sofort unseren Trainer angerufen und ihm gesagt, dass ich nicht dabei sein könne. Das war auch überhaupt kein Problem. In Schleiden ging es um Existenzen. Das hatte eine andere Dimension als Fußball", sagt Ostermeier rückblickend.

Was sie dort in den ersten Stunden und Tagen nach dem verheerenden Unwetter erlebt und gesehen hat, wird sie nie wieder vergessen. "Es war wirklich alles kaputt. Solche Bilder kennt man normalerweise nur aus dem Krieg", sagt sie. "Obwohl die Menschen dort wirklich alles verloren hatten, waren sie unfassbar freundlich und dankbar über unsere Hilfe. Sie hatten nichts mehr, aber sie haben uns – wenn es noch möglich war – mit Kaffee und Kuchen versorgt. Diese Menschlichkeit hat mich wirklich beeindruckt."

Die 27-Jährige ist praktisch ihr gesamtes Leben bei der Feuerwehr. Schon als Kind und Jugendliche hat sie sich in der Jugendfeuerwehr engagiert. Dank ihres Vaters, der ebenfalls dabei ist, ist sie dazu gekommen. Inzwischen führt Ostermeier manchmal auch den Trupp, das entspricht dem Dienstgrad Unterbrandmeister. "Wenn man bei der Freiwilligen Feuerwehr arbeitet, kann man helfen und in besonders kritischen Fällen sogar Leben retten", sagt Ostermeier. "Aber auch die kleineren Einsätze können kompliziert werden. Wenn wir beispielsweise zu einer Wohnungsöffnung angefordert werden, ist das sehr speziell. Niemand weiß, was einen hinter der Tür erwartet." Ostermeier kann sich sogar vorstellen, nach ihrer Karriere bei der Berufsfeuerwehr zu arbeiten.

Zwei Schritte bis zum Finale

Aber so weit ist es noch nicht. Zunächst möchte Ostermeier noch ein paar Jahre Fußball spielen – denn im Moment läuft es für sie und die SGS Essen richtig gut. In der Google Pixel Frauen-Bundesliga belegt das Team derzeit Rang acht, der fünfte Platz ist allerdings nur zwei Zähler entfernt. Aber noch wichtiger ist zunächst das Viertelfinale des DFB-Pokals am Dienstag (ab 18.30 Uhr) bei Bayer 04 Leverkusen. Die Essenerinnen haben gute Chancen, ins Halbfinale einzuziehen. Das große Finale im RheinEnergieStadion in Köln am 9. Mai ist nur noch zwei Schritte entfernt.

"Essen war in den vergangenen Jahren zweimal im Endspiel dabei. 2014 stand ich zwar im Kader, saß aber 90 Minuten auf der Bank. 2020 war ich dann auch auf dem Rasen dabei, aber wegen Corona durften keine Zuschauerinnen und Zuschauer im Stadion dabei sein. Es wäre ein Traum, dort einmal vor großen Kulisse und vielen Essener Fans auflaufen zu können", sagt Ostermeier. Beide genannten Endspiele gingen übrigens verloren. Sind aller guten Dinge in diesem Jahr also drei?

"Wir konzentrieren uns zunächst auf Leverkusen. Das wird eine verdammt schwere Aufgabe, zumal wir dort in den vergangenen Jahren oft nicht gut ausgesehen haben. Aber wir haben das Potenzial, um in Leverkusen zu gewinnen. Vor zwei Jahren haben wir gegen Bayer im Viertelfinale verloren. Das haben wir nicht vergessen. Wir haben also noch etwas wiedergutzumachen", betont Ostermeier.

Die Defensivspielerin hat inzwischen über 200 Begegnungen für die SGS Essen bestritten. Seit 2012 steht sie ohne Unterbrechung bei dem Klub aus dem Ruhrgebiet unter Vertrag. "Ich fühle mich hier total wohl. Es ist familiär und professionell zugleich", sagt sie. "Außerdem bekommt man bei der SGS die Freiheiten, um sich ein Standbein neben dem Fußball aufzubauen. Das ist mir persönlich extrem wichtig."

Doktortitel nach Dissertation

Sie ist mit 16 Jahren nach Essen gekommen und hat zunächst ihr Abitur erfolgreich gemeistert. Im Anschluss hat Ostermeier an der TU Dortmund Chemie studiert. Im vergangenen Sommer hat sie ihre Dissertation abgelegt und trägt seitdem einen Doktortitel in Naturwissenschaften. Ihre Doktorarbeit hat sie zum Thema "Stabilität ausgewählter Flüssig-Flüssig-Phasentrennungen in biomolekularen Systemen" verfasst. Vereinfacht gesagt hat sie untersucht, wie zum Beispiel Reaktionen in den Phasentrennungen beschleunigt werden können oder wie andere biomolekulare Systeme dadurch beeinflusst werden.

"Die naturwissenschaftlichen Aspekte sind genau mein Ding. Ich finde es total spannend, in diese Themenfelder vorzudringen", sagt Ostermeier. Trotz Fußball und Feuerwehr, trotz Doppel- und Dreifachbelastung hat sie ihr Studium sogar ein Semester kürzer als die Regelstudienzeit beendet. "Es gab Zeiten, da war ich eigentlich nur zum Schlafen zu Hause. Selbst im Bus bei Auswärtsfahren habe ich teilweise gelernt", sagt sie und muss schmunzeln. "Mir war schon immer die Ausbildung für das, was man nach dem Sport macht, wichtiger. Ich habe von Anfang an gesagt, ich möchte mein Abitur ordentlich machen und dann vernünftig in die Uni starten. Das hatte bei mir immer Priorität. Man weiß nie, wie lange man noch Fußball spielen kann. Das kann im schlechtesten Fall von jetzt auf gleich mit einer blöden Verletzung vorbei sein und man hat nichts mehr. Von daher wollte ich nie etwas aufschieben und zügig damit durchkommen."

Das ist ihr auf vorbildliche Art und Weise gelungen. Nun möchte sie es auch sportlich weiter durchziehen – zunächst möglichst mit dem Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals.

[sw]

Lena Ostermeier ist ein echtes Multitalent: Sie ist nicht nur Fußballerin bei der SGS Essen, sondern auch bei der Freiwilligen Feuerwehr in Dortmund im Einsatz. Darüber hinaus hat sie im Sommer vergangenen Jahres ihr Studium an der TU Dortmund in Chemie abgeschlossen. Seitdem trägt sie einen Doktortitel. Wie passt das alles zusammen? Und worauf wird es am Dienstag (ab 18.30 Uhr) im Viertelfinale des DFB-Pokals bei Bayer 04 Leverkusen ankommen?

Lena Ostermeier muss nicht lange überlegen. Sie hat schon viele Einsätze hinter sich. Natürlich als Fußballerin, aber auch in ihrer Tätigkeit für die Freiwillige Feuerwehr. Dabei war sie in brennenden Gebäuden, hat verletzte Menschen versorgt und mehrere besonders gefährliche Situationen erlebt. Aber ein Ereignis hat sich bei ihr besonders eingeprägt. Im Sommer 2021 war Ostermeier nach der Hochwasser-Katastrophe in Schleiden in der Eifel gefragt. "Es war eigentlich ein Training mit der SGS Essen angesetzt. Aber als klar war, dass ich im Katastrophengebiet gebraucht werde, habe ich sofort unseren Trainer angerufen und ihm gesagt, dass ich nicht dabei sein könne. Das war auch überhaupt kein Problem. In Schleiden ging es um Existenzen. Das hatte eine andere Dimension als Fußball", sagt Ostermeier rückblickend.

Was sie dort in den ersten Stunden und Tagen nach dem verheerenden Unwetter erlebt und gesehen hat, wird sie nie wieder vergessen. "Es war wirklich alles kaputt. Solche Bilder kennt man normalerweise nur aus dem Krieg", sagt sie. "Obwohl die Menschen dort wirklich alles verloren hatten, waren sie unfassbar freundlich und dankbar über unsere Hilfe. Sie hatten nichts mehr, aber sie haben uns – wenn es noch möglich war – mit Kaffee und Kuchen versorgt. Diese Menschlichkeit hat mich wirklich beeindruckt."

Die 27-Jährige ist praktisch ihr gesamtes Leben bei der Feuerwehr. Schon als Kind und Jugendliche hat sie sich in der Jugendfeuerwehr engagiert. Dank ihres Vaters, der ebenfalls dabei ist, ist sie dazu gekommen. Inzwischen führt Ostermeier manchmal auch den Trupp, das entspricht dem Dienstgrad Unterbrandmeister. "Wenn man bei der Freiwilligen Feuerwehr arbeitet, kann man helfen und in besonders kritischen Fällen sogar Leben retten", sagt Ostermeier. "Aber auch die kleineren Einsätze können kompliziert werden. Wenn wir beispielsweise zu einer Wohnungsöffnung angefordert werden, ist das sehr speziell. Niemand weiß, was einen hinter der Tür erwartet." Ostermeier kann sich sogar vorstellen, nach ihrer Karriere bei der Berufsfeuerwehr zu arbeiten.

Zwei Schritte bis zum Finale

Aber so weit ist es noch nicht. Zunächst möchte Ostermeier noch ein paar Jahre Fußball spielen – denn im Moment läuft es für sie und die SGS Essen richtig gut. In der Google Pixel Frauen-Bundesliga belegt das Team derzeit Rang acht, der fünfte Platz ist allerdings nur zwei Zähler entfernt. Aber noch wichtiger ist zunächst das Viertelfinale des DFB-Pokals am Dienstag (ab 18.30 Uhr) bei Bayer 04 Leverkusen. Die Essenerinnen haben gute Chancen, ins Halbfinale einzuziehen. Das große Finale im RheinEnergieStadion in Köln am 9. Mai ist nur noch zwei Schritte entfernt.

"Essen war in den vergangenen Jahren zweimal im Endspiel dabei. 2014 stand ich zwar im Kader, saß aber 90 Minuten auf der Bank. 2020 war ich dann auch auf dem Rasen dabei, aber wegen Corona durften keine Zuschauerinnen und Zuschauer im Stadion dabei sein. Es wäre ein Traum, dort einmal vor großen Kulisse und vielen Essener Fans auflaufen zu können", sagt Ostermeier. Beide genannten Endspiele gingen übrigens verloren. Sind aller guten Dinge in diesem Jahr also drei?

"Wir konzentrieren uns zunächst auf Leverkusen. Das wird eine verdammt schwere Aufgabe, zumal wir dort in den vergangenen Jahren oft nicht gut ausgesehen haben. Aber wir haben das Potenzial, um in Leverkusen zu gewinnen. Vor zwei Jahren haben wir gegen Bayer im Viertelfinale verloren. Das haben wir nicht vergessen. Wir haben also noch etwas wiedergutzumachen", betont Ostermeier.

Die Defensivspielerin hat inzwischen über 200 Begegnungen für die SGS Essen bestritten. Seit 2012 steht sie ohne Unterbrechung bei dem Klub aus dem Ruhrgebiet unter Vertrag. "Ich fühle mich hier total wohl. Es ist familiär und professionell zugleich", sagt sie. "Außerdem bekommt man bei der SGS die Freiheiten, um sich ein Standbein neben dem Fußball aufzubauen. Das ist mir persönlich extrem wichtig."

Doktortitel nach Dissertation

Sie ist mit 16 Jahren nach Essen gekommen und hat zunächst ihr Abitur erfolgreich gemeistert. Im Anschluss hat Ostermeier an der TU Dortmund Chemie studiert. Im vergangenen Sommer hat sie ihre Dissertation abgelegt und trägt seitdem einen Doktortitel in Naturwissenschaften. Ihre Doktorarbeit hat sie zum Thema "Stabilität ausgewählter Flüssig-Flüssig-Phasentrennungen in biomolekularen Systemen" verfasst. Vereinfacht gesagt hat sie untersucht, wie zum Beispiel Reaktionen in den Phasentrennungen beschleunigt werden können oder wie andere biomolekulare Systeme dadurch beeinflusst werden.

"Die naturwissenschaftlichen Aspekte sind genau mein Ding. Ich finde es total spannend, in diese Themenfelder vorzudringen", sagt Ostermeier. Trotz Fußball und Feuerwehr, trotz Doppel- und Dreifachbelastung hat sie ihr Studium sogar ein Semester kürzer als die Regelstudienzeit beendet. "Es gab Zeiten, da war ich eigentlich nur zum Schlafen zu Hause. Selbst im Bus bei Auswärtsfahren habe ich teilweise gelernt", sagt sie und muss schmunzeln. "Mir war schon immer die Ausbildung für das, was man nach dem Sport macht, wichtiger. Ich habe von Anfang an gesagt, ich möchte mein Abitur ordentlich machen und dann vernünftig in die Uni starten. Das hatte bei mir immer Priorität. Man weiß nie, wie lange man noch Fußball spielen kann. Das kann im schlechtesten Fall von jetzt auf gleich mit einer blöden Verletzung vorbei sein und man hat nichts mehr. Von daher wollte ich nie etwas aufschieben und zügig damit durchkommen."

Das ist ihr auf vorbildliche Art und Weise gelungen. Nun möchte sie es auch sportlich weiter durchziehen – zunächst möglichst mit dem Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals.

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