Oberdorf vor Bayern-Duell: "Wir haben es selbst in der Hand"

Showdown in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga: In der Begegnung des VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München heute (ab 13 Uhr, live im NDR, im BR und bei MagentaSport) geht's drei Runden vor Saisonende um entscheidende Punkte im Meisterschaftsrennen. Die 19 Jahre alte Nationalspielerin Lena Oberdorf erklärt im DFB.de-Interview, warum sie fest an einen Sieg ihres zurzeit zwei Punkte hinter Bayern zurückliegenden VfL glaubt - und welche Rolle eine Wette mit ihrem Bruder dabei spielt.

DFB.de: Lena, sehen Sie es auch so, dass in dem Duell eine Entscheidung im Meisterkampf fallen kann?

Lena Oberdorf: Es ist zumindest ein vorentscheidendes Spiel. Aber man darf nicht vergessen, dass beide Teams danach noch zwei Begegnungen zu bestreiten haben. Allen bei uns ist aber die Wichtigkeit der Partie bewusst.

DFB.de: Wer hat aus Ihrer Sicht mehr zu verlieren?

Oberdorf: Schwer einzuschätzen. Wolfsburg ist Titelverteidiger, Bayern hatte zwischenzeitlich fünf Punkte Vorsprung und das bessere Torverhältnis. Für viele waren sie schon durch, aber plötzlich ist wieder alles offen. Vielleicht hat deshalb München etwas mehr zu verlieren. Letztlich haben jedoch meiner Meinung nach beide Mannschaften eher etwas zu gewinnen, als zu verlieren.

DFB.de: Gilt für Sie aufgrund der Tabellensituation: Nur ein Sieg zählt?

Oberdorf: Ja, auf jeden Fall. Wir wollen gewinnen und dann an Bayern vorbeiziehen. Ein Unentschieden würde uns nicht viel bringen, weil wir es dann weiterhin nicht aus eigener Kraft schaffen könnten und auf Hilfe der Konkurrenz angewiesen wären. Diese Ausgangslage wollen wir unbedingt vermeiden.

DFB.de: Sie waren die gesamte Saison in der Rolle des Jägers, bei einem Erfolg wären Sie plötzlich wieder die Gejagten.

Oberdorf: Das war immer unser Ziel. Wir haben schon früh gesagt, dass wir dranbleiben und den Druck auf die Bayern hochhalten wollen. Dank des Erfolgs der TSG Hoffenheim in München haben wir alles jetzt wieder selbst in der Hand. Das ist die Chance, auf die wir die gesamte Saison gewartet haben. Jetzt müssen wir sie nutzen.

DFB.de: Bayern hat 18 Siege und eine Niederlage auf dem Konto. Sie haben 17 Erfolge gefeiert, einmal Unentschieden gespielt und einmal verloren. Sind das nicht beides Bilanzen eines Deutschen Meisters?

Oberdorf: Ja, das stimmt schon. Beide Mannschaften spielen eine super Saison, beide Mannschaften haben die Liga bislang dominiert. Jetzt kommt es zum Showdown. Am Ende kann nur einer ganz oben stehen. Aber mir ist es ganz wichtig zu betonen, dass man heute in keine Begegnung mehr gehen kann mit der Gewissheit, dass wir den Platz sowieso als Siegerinnen verlassen werden. Das war vielleicht früher mal so, heute ist das definitiv nicht mehr der Fall. Die FLYERALARM Frauen-Bundesliga ist meiner Meinung nach einfach total interessant geworden.

DFB.de: Kann es ein Vorteil für Wolfsburg sein, dass die Spielerinnen schon oft bewiesen haben, mit solchen Drucksituationen umgehen zu können?

Oberdorf: Das könnte natürlich ein Vorteil sein - aber wenn überhaupt, dann nur teilweise. Ich persönlich habe so ein entscheidendes Spiel auch noch nicht erlebt. Das DFB-Pokalspiel kürzlich hatte einen ähnlichen Charakter: Sieg oder Niederlage, hopp oder top.

DFB.de: Wie gehen Sie ganz persönlich mit einem Alles-oder-Nichts-Spiel um?

Oberdorf: Für mich ist es auf jeden Fall eines der wichtigsten Spiele meiner Karriere. Dennoch versuche ich, soweit es geht locker reinzugehen. Der Fokus ist da, ich mache mir dennoch nicht unnötig Druck. Ich bin noch jung, ich will einfach Spaß haben am Spiel. Ich bin vor einem Jahr nach Wolfsburg gekommen, um Titel zu sammeln. Diese Begegnung ist eine gute Chance, um einen großen Schritt in die richtige Richtung zu machen.

DFB.de: Sogar zwei Titel sind noch möglich.

Oberdorf: Und das, obwohl uns einige zeitweise schon abgeschrieben hatten. Zeitweise sind wir stark in die Außenseiterrolle gerutscht, obwohl wir eine unfassbare Qualität auf dem Platz haben und auch konstant unsere Leistungen abrufen. Deswegen war die Kritik für mich teilweise auch unverständlich. Einiges wurde für meinen Geschmack zu negativ dargestellt. Das gilt ebenfalls für die Champions League. Auch wenn wir an Chelsea gescheitert sind, haben wir uns sehr gut verkauft. Wir waren meiner Meinung nach nicht das schlechtere Team. Aber Chelsea hat zur richtigen Zeit die Tore gemacht, das ist uns leider nicht gelungen.

DFB.de: Hat diese Kritik bei Ihnen auch eine Jetzt-erst-recht-Reaktion ausgelöst?

Oberdorf: Die Kritik von außerhalb haben wir nicht in die Mannschaft hineingetragen. Wir haben immer den Fokus auf unsere eigene Leistung gelegt. Nur das können wir direkt beeinflussen, alles andere nicht.

DFB.de: Hat der VfL Wolfsburg die Messlatte möglicherweise mit den überragenden Leistungen in den vergangenen Jahren sehr hoch - zu hoch - gelegt?

Oberdorf: Ja, das stimmt auf jeden Fall. Wir sind auch ein großer Klub und haben immer den Anspruch, Titel zu gewinnen. Aber trotzdem finde ich, dass die Öffentlichkeit erkennen muss, dass die Bayern viel gemacht haben, um mit uns auf Augenhöhe zu kommen.

DFB.de: Merken Sie persönlich auch, dass das Kribbeln vor dem Duell Tag für Tag geworden ist?

Oberdorf: Ja, klar. Man merkt schon, dass jetzt eine Vorentscheidung fallen kann und die Anspannung wächst. Aber ich glaube, dass wir als Team gut damit umgehen können und uns die Erfahrung der vergangenen Jahre helfen kann. Wir sollten uns einfach auf das Spiel freuen und alles dafür tun, um es zu gewinnen.

DFB.de: Wie wichtig war in diesem Zusammenhang der Sieg im DFB-Pokal gegen die Bayern kürzlich?

Oberdorf: Sehr wichtig, weil wir wissen, dass wir sie besiegen können. Auch sie werden alles dafür tun, einen sehr großen Schritt Richtung Titelgewinn zu gehen. Ich weiß nicht, ob sie nach dem Ausscheiden in der Champions League in ein Loch gefallen sind. Und falls das so sein sollte, werden sie genug Erfahrung haben, um dort rechtzeitig wieder herauszukommen. Ich glaube, es wird ein richtig spannendes Spiel - ich kann nur allen Fußballinteressierten empfehlen, es sich anzuschauen.

DFB.de: Sie spielen mal im defensiven Mittelfeld, mal in der Innenverteidigung. Wo sehen Sie Ihre Position?

Oberdorf: Immer dort, wo der Trainer mich aufstellt. Grundsätzlich ist es so, dass ich beide Positionen gut spielen kann. Im Mittelfeld sehe ich den Vorteil, dass ich mehr nach vorne machen und das eine oder andere Tor erzielen kann. Das ist für mich auch deshalb wichtig, weil ich mit meinem Bruder eine Wette laufen habe, wer im Monat mehr Tore macht. Als Innenverteidigerin komme ich natürlich seltener in den gegnerischen Strafraum, was meine Chancen nicht erhöht. Dann müsste ich wohl häufiger die Rechnung nach dem Essengehen begleichen - wenn das irgendwann mal wieder möglich ist. (lacht)

DFB.de: Sie haben kürzlich vorzeitig Ihren Vertrag verlängert und dabei gesagt, dass Sie die Zukunft des VfL Wolfsburg mitgestalten wollen. Was meinen Sie damit?

Oberdorf: Bevor ich zum VfL gekommen bin, war für mich immer klar, dass Alex Popp den VfL Wolfsburg verkörpert. Poppi ist Wolfsburg, und Wolfsburg ist Poppi. Ich möchte es auch gerne erreichen, dass man spontan an Wolfsburg denkt, wenn man meinen Namen hört. Ich möchte den Verein prägen und ihn in eine gute Zukunft begleiten. Ich sehe mich immer mehr in einer Rolle, in der ich Führungsaufgaben übernehmen möchte. Wir haben mit Almuth Schult und Alex Popp zwei hervorragende Kapitäninnen. Ich bin allerdings der Meinung, dass es nicht schaden kann, wenn weitere Spielerinnen Verantwortung übernehmen. Ich bin nicht der Typ, der Verantwortung weiterschiebt.

[sw]

Showdown in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga: In der Begegnung des VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München heute (ab 13 Uhr, live im NDR, im BR und bei MagentaSport) geht's drei Runden vor Saisonende um entscheidende Punkte im Meisterschaftsrennen. Die 19 Jahre alte Nationalspielerin Lena Oberdorf erklärt im DFB.de-Interview, warum sie fest an einen Sieg ihres zurzeit zwei Punkte hinter Bayern zurückliegenden VfL glaubt - und welche Rolle eine Wette mit ihrem Bruder dabei spielt.

DFB.de: Lena, sehen Sie es auch so, dass in dem Duell eine Entscheidung im Meisterkampf fallen kann?

Lena Oberdorf: Es ist zumindest ein vorentscheidendes Spiel. Aber man darf nicht vergessen, dass beide Teams danach noch zwei Begegnungen zu bestreiten haben. Allen bei uns ist aber die Wichtigkeit der Partie bewusst.

DFB.de: Wer hat aus Ihrer Sicht mehr zu verlieren?

Oberdorf: Schwer einzuschätzen. Wolfsburg ist Titelverteidiger, Bayern hatte zwischenzeitlich fünf Punkte Vorsprung und das bessere Torverhältnis. Für viele waren sie schon durch, aber plötzlich ist wieder alles offen. Vielleicht hat deshalb München etwas mehr zu verlieren. Letztlich haben jedoch meiner Meinung nach beide Mannschaften eher etwas zu gewinnen, als zu verlieren.

DFB.de: Gilt für Sie aufgrund der Tabellensituation: Nur ein Sieg zählt?

Oberdorf: Ja, auf jeden Fall. Wir wollen gewinnen und dann an Bayern vorbeiziehen. Ein Unentschieden würde uns nicht viel bringen, weil wir es dann weiterhin nicht aus eigener Kraft schaffen könnten und auf Hilfe der Konkurrenz angewiesen wären. Diese Ausgangslage wollen wir unbedingt vermeiden.

DFB.de: Sie waren die gesamte Saison in der Rolle des Jägers, bei einem Erfolg wären Sie plötzlich wieder die Gejagten.

Oberdorf: Das war immer unser Ziel. Wir haben schon früh gesagt, dass wir dranbleiben und den Druck auf die Bayern hochhalten wollen. Dank des Erfolgs der TSG Hoffenheim in München haben wir alles jetzt wieder selbst in der Hand. Das ist die Chance, auf die wir die gesamte Saison gewartet haben. Jetzt müssen wir sie nutzen.

DFB.de: Bayern hat 18 Siege und eine Niederlage auf dem Konto. Sie haben 17 Erfolge gefeiert, einmal Unentschieden gespielt und einmal verloren. Sind das nicht beides Bilanzen eines Deutschen Meisters?

Oberdorf: Ja, das stimmt schon. Beide Mannschaften spielen eine super Saison, beide Mannschaften haben die Liga bislang dominiert. Jetzt kommt es zum Showdown. Am Ende kann nur einer ganz oben stehen. Aber mir ist es ganz wichtig zu betonen, dass man heute in keine Begegnung mehr gehen kann mit der Gewissheit, dass wir den Platz sowieso als Siegerinnen verlassen werden. Das war vielleicht früher mal so, heute ist das definitiv nicht mehr der Fall. Die FLYERALARM Frauen-Bundesliga ist meiner Meinung nach einfach total interessant geworden.

DFB.de: Kann es ein Vorteil für Wolfsburg sein, dass die Spielerinnen schon oft bewiesen haben, mit solchen Drucksituationen umgehen zu können?

Oberdorf: Das könnte natürlich ein Vorteil sein - aber wenn überhaupt, dann nur teilweise. Ich persönlich habe so ein entscheidendes Spiel auch noch nicht erlebt. Das DFB-Pokalspiel kürzlich hatte einen ähnlichen Charakter: Sieg oder Niederlage, hopp oder top.

DFB.de: Wie gehen Sie ganz persönlich mit einem Alles-oder-Nichts-Spiel um?

Oberdorf: Für mich ist es auf jeden Fall eines der wichtigsten Spiele meiner Karriere. Dennoch versuche ich, soweit es geht locker reinzugehen. Der Fokus ist da, ich mache mir dennoch nicht unnötig Druck. Ich bin noch jung, ich will einfach Spaß haben am Spiel. Ich bin vor einem Jahr nach Wolfsburg gekommen, um Titel zu sammeln. Diese Begegnung ist eine gute Chance, um einen großen Schritt in die richtige Richtung zu machen.

DFB.de: Sogar zwei Titel sind noch möglich.

Oberdorf: Und das, obwohl uns einige zeitweise schon abgeschrieben hatten. Zeitweise sind wir stark in die Außenseiterrolle gerutscht, obwohl wir eine unfassbare Qualität auf dem Platz haben und auch konstant unsere Leistungen abrufen. Deswegen war die Kritik für mich teilweise auch unverständlich. Einiges wurde für meinen Geschmack zu negativ dargestellt. Das gilt ebenfalls für die Champions League. Auch wenn wir an Chelsea gescheitert sind, haben wir uns sehr gut verkauft. Wir waren meiner Meinung nach nicht das schlechtere Team. Aber Chelsea hat zur richtigen Zeit die Tore gemacht, das ist uns leider nicht gelungen.

DFB.de: Hat diese Kritik bei Ihnen auch eine Jetzt-erst-recht-Reaktion ausgelöst?

Oberdorf: Die Kritik von außerhalb haben wir nicht in die Mannschaft hineingetragen. Wir haben immer den Fokus auf unsere eigene Leistung gelegt. Nur das können wir direkt beeinflussen, alles andere nicht.

DFB.de: Hat der VfL Wolfsburg die Messlatte möglicherweise mit den überragenden Leistungen in den vergangenen Jahren sehr hoch - zu hoch - gelegt?

Oberdorf: Ja, das stimmt auf jeden Fall. Wir sind auch ein großer Klub und haben immer den Anspruch, Titel zu gewinnen. Aber trotzdem finde ich, dass die Öffentlichkeit erkennen muss, dass die Bayern viel gemacht haben, um mit uns auf Augenhöhe zu kommen.

DFB.de: Merken Sie persönlich auch, dass das Kribbeln vor dem Duell Tag für Tag geworden ist?

Oberdorf: Ja, klar. Man merkt schon, dass jetzt eine Vorentscheidung fallen kann und die Anspannung wächst. Aber ich glaube, dass wir als Team gut damit umgehen können und uns die Erfahrung der vergangenen Jahre helfen kann. Wir sollten uns einfach auf das Spiel freuen und alles dafür tun, um es zu gewinnen.

DFB.de: Wie wichtig war in diesem Zusammenhang der Sieg im DFB-Pokal gegen die Bayern kürzlich?

Oberdorf: Sehr wichtig, weil wir wissen, dass wir sie besiegen können. Auch sie werden alles dafür tun, einen sehr großen Schritt Richtung Titelgewinn zu gehen. Ich weiß nicht, ob sie nach dem Ausscheiden in der Champions League in ein Loch gefallen sind. Und falls das so sein sollte, werden sie genug Erfahrung haben, um dort rechtzeitig wieder herauszukommen. Ich glaube, es wird ein richtig spannendes Spiel - ich kann nur allen Fußballinteressierten empfehlen, es sich anzuschauen.

DFB.de: Sie spielen mal im defensiven Mittelfeld, mal in der Innenverteidigung. Wo sehen Sie Ihre Position?

Oberdorf: Immer dort, wo der Trainer mich aufstellt. Grundsätzlich ist es so, dass ich beide Positionen gut spielen kann. Im Mittelfeld sehe ich den Vorteil, dass ich mehr nach vorne machen und das eine oder andere Tor erzielen kann. Das ist für mich auch deshalb wichtig, weil ich mit meinem Bruder eine Wette laufen habe, wer im Monat mehr Tore macht. Als Innenverteidigerin komme ich natürlich seltener in den gegnerischen Strafraum, was meine Chancen nicht erhöht. Dann müsste ich wohl häufiger die Rechnung nach dem Essengehen begleichen - wenn das irgendwann mal wieder möglich ist. (lacht)

DFB.de: Sie haben kürzlich vorzeitig Ihren Vertrag verlängert und dabei gesagt, dass Sie die Zukunft des VfL Wolfsburg mitgestalten wollen. Was meinen Sie damit?

Oberdorf: Bevor ich zum VfL gekommen bin, war für mich immer klar, dass Alex Popp den VfL Wolfsburg verkörpert. Poppi ist Wolfsburg, und Wolfsburg ist Poppi. Ich möchte es auch gerne erreichen, dass man spontan an Wolfsburg denkt, wenn man meinen Namen hört. Ich möchte den Verein prägen und ihn in eine gute Zukunft begleiten. Ich sehe mich immer mehr in einer Rolle, in der ich Führungsaufgaben übernehmen möchte. Wir haben mit Almuth Schult und Alex Popp zwei hervorragende Kapitäninnen. Ich bin allerdings der Meinung, dass es nicht schaden kann, wenn weitere Spielerinnen Verantwortung übernehmen. Ich bin nicht der Typ, der Verantwortung weiterschiebt.

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