Nur eins wurde Weltmeister: Deutsche U-Teams bei WM-Turnieren

Die deutsche U 17-Nationalmannschaft, die jetzt in Indonesien das Finale der U 17-WM erreicht hat, ist schon eine echte Rarität. Denn allzu dick ist das Kapitel nicht, das von Erfolgsgeschichten deutscher Juniorennationalteams bei Weltmeisterschaften kündet. Ausgetragen wurden sie für die U 16 (später U 17) ab 1985, für die U 20 ab 1977.

Über allem steht noch immer die Auswahl von 1981, die damals in Australien U 20-Weltmeister wurde. Der bundesligaerfahrene Trainer Dietrich Weise hatte mit dem Stamm des Teams vier Monate zuvor schon die U 18-EM im eigenen Land gewonnen und reiste dann mit den eigentlich viel zu jungen Spielern nach Down Under. "Ich hatte damals einige Probleme", erinnerte sich Weise noch 2019, kurz vor seinem Tod, im Gespräch mit dem DFB-Journal. "Die Vereine gaben ihre Spieler nicht heraus für die U 20-WM in Australien. Ich wollte einen Thomas von Heesen, Reinhold Mathy oder Uwe Rahn mitnehmen. Aber die Bundesliga ging eben vor. Da habe ich halt meine U 18 genommen, weshalb wir in Australien die mit Abstand jüngste Mannschaft waren."

U 20-Weltmeister 1981: "Wir wollten nur die Vorrunde überstehen"

Entsprechend niedrig waren die Erwartungen an das Team um die Dortmunder Leistungsträger Michael Zorc und Ralf Loose. Weise: "Wir wollten nur die Vorrunde überstehen. Dass wir Weltmeister wurden, ist nur gelungen, weil jeder jeden kannte. Das war gewachsen und kein Zufall."

Nach vier Siegen und einer Niederlage erreichten sie am 4. Oktober 1981 das Finale. Katar wurde in einer legendären Regenschlacht souverän mit 4:0 geschlagen. Dass aus dieser verheißungsvollen Elf nur zwei Spieler (Michael Zorc und Roland Wohlfarth) jemals A-Länderspiele bestritten und keiner bei einem großen Turnier mitwirkte, verwundert in der Retrospektive. Vergeblich hatte Weise in Telefonaten mit den Vereinstrainern den Einsatz seiner Spieler in der Liga gefordert, der kurzfristige Erfolg im Alltag war den meisten wichtiger.

1987: U 20 um Andreas Möller wird Vizeweltmeister

Sechs Jahre später kam erneut eine U 20 ins WM-Finale. In Chile gewann die DFB-Auswahl die Vorrundengruppe souverän, schaltete im Viertelfinale Schottland glücklich im Elfmeterschießen aus und deklassierte im Halbfinale die Gastgeber mit 4:0. Der Kicker sprach von einer "Sternstunde des deutschen Fußballs". Als Favorit ging die Auswahl von Berti Vogts  am 25. Oktober 1987 gegen Jugoslawien ins Finale von Santiago, doch nach 90 und 120 Minuten hieß es 1:1 - und diesmal war das Elfmeterschießen kein Freifahrtschein für eine deutsche Mannschaft.

Marcel Witeczek, der im Spiel einen Elfmeter verwandelt hatte, scheiterte gleich mit dem ersten Schuss, alle anderen Versuche waren drin - und so gab es "nur" Silber für die Deutschen, deren größter Star ein gewisser Andreas Möller werden sollte. Vogts prophezeite damals: "Ich bin überzeugt, dass sechs von ihnen A-Nationalspieler werden." Doch neben Möller schaffte es nur der Leverkusener Knut Reinhardt in die Nationalmannschaft. Die meisten Spieler waren damals schon Profis, begnügten sich bei der WM aber mit 20 Mark Taschengeld am Tag und zwei Anrufen in die Heimat während der Dauer des dreiwöchigen Turniers.

U 16 Vizeweltmeister 1985 - und Witeczek Torschützenkönig

Auch die Vizeweltmeister bei der U 16-WM 1985 in China hatten es später nicht leicht. Aus ihren Reihen entsprang kein A-Nationalspieler. Am weitesten brachte es noch Marcel Witeczek, 1997 Meister mit Bayern München. Er war auch der überragende Spieler der Auswahl von Horst Köppel und wurde in China mit acht Treffern Torschützenkönig. Nur beim 0:2 im Finale gegen Nigeria, das der spätere Bundesligaspieler Jonathan Akpoborie entschied, ging Witeczek leer aus.

Ab 1991 traten an die Stelle der U 16-WM nun Weltturniere der U 17 als Bühne für die jüngsten Jahrgänge. Dabei belegte Deutschland noch zwei beachtliche dritte Plätze: 2007 in Südkorea und 2011 in Mexiko. 2007 unter DFB-Trainer Heiko Herrlich wurden die Deutschen Gruppensieger, warfen die USA und England raus und scheiterten im Halbfinale an Nigeria (1:3). Im Spiel um Platz drei wurde Ghana 2:1 geschlagen, und die Spieler feierten ihre Bronzemedaille. Gold gab es für Toni Kroos, der zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde und es wie Sebastian Rudy und Kevin Trapp später zum A-Nationalspieler brachte.

Can und Ducksch 2011 WM-Dritter mit der U 17

2011 in Mexiko wurden alle Gruppenspiele gewonnen, danach wiederum die USA und England ausgeschaltet. Im Halbfinale unterlag die Auswahl von DFB-Trainer Steffen Freund den Gastgebern in letzter Minute mit 2:3, raffte sich aber im dramatischen Spiel um Platz 3 vor 95.000 (!) Zuschauern im Aztekenstadion noch einmal auf und besiegte Brasilien nach 1:3-Rückstand mit 4:3. Der Leverkusener Samed Yesil erzielte sechs WM-Treffer und belegte den zweiten Platz in der Torjägerliste. In die A-Nationalmannschaft schafften es nur Kapitän Emre Can und, gerade erst, Marvin Ducksch.

Freund bilanzierte damals: "Meine Mannschaft hatte die Qualität, den Titel zu holen." Vielleich gelingt es ja jetzt der Klasse von 2023. Am Samstag (ab 13 Uhr MEZ, live bei RTL, Sky Sport News und FIFA+) hat sie im Manahan Stadium von Surakarta gegen Frankreich die Chance, zum zweiten Mal überhaupt WM-Gold für den DFB im Juniorenbereich zu holen.

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Die deutsche U 17-Nationalmannschaft, die jetzt in Indonesien das Finale der U 17-WM erreicht hat, ist schon eine echte Rarität. Denn allzu dick ist das Kapitel nicht, das von Erfolgsgeschichten deutscher Juniorennationalteams bei Weltmeisterschaften kündet. Ausgetragen wurden sie für die U 16 (später U 17) ab 1985, für die U 20 ab 1977.

Über allem steht noch immer die Auswahl von 1981, die damals in Australien U 20-Weltmeister wurde. Der bundesligaerfahrene Trainer Dietrich Weise hatte mit dem Stamm des Teams vier Monate zuvor schon die U 18-EM im eigenen Land gewonnen und reiste dann mit den eigentlich viel zu jungen Spielern nach Down Under. "Ich hatte damals einige Probleme", erinnerte sich Weise noch 2019, kurz vor seinem Tod, im Gespräch mit dem DFB-Journal. "Die Vereine gaben ihre Spieler nicht heraus für die U 20-WM in Australien. Ich wollte einen Thomas von Heesen, Reinhold Mathy oder Uwe Rahn mitnehmen. Aber die Bundesliga ging eben vor. Da habe ich halt meine U 18 genommen, weshalb wir in Australien die mit Abstand jüngste Mannschaft waren."

U 20-Weltmeister 1981: "Wir wollten nur die Vorrunde überstehen"

Entsprechend niedrig waren die Erwartungen an das Team um die Dortmunder Leistungsträger Michael Zorc und Ralf Loose. Weise: "Wir wollten nur die Vorrunde überstehen. Dass wir Weltmeister wurden, ist nur gelungen, weil jeder jeden kannte. Das war gewachsen und kein Zufall."

Nach vier Siegen und einer Niederlage erreichten sie am 4. Oktober 1981 das Finale. Katar wurde in einer legendären Regenschlacht souverän mit 4:0 geschlagen. Dass aus dieser verheißungsvollen Elf nur zwei Spieler (Michael Zorc und Roland Wohlfarth) jemals A-Länderspiele bestritten und keiner bei einem großen Turnier mitwirkte, verwundert in der Retrospektive. Vergeblich hatte Weise in Telefonaten mit den Vereinstrainern den Einsatz seiner Spieler in der Liga gefordert, der kurzfristige Erfolg im Alltag war den meisten wichtiger.

1987: U 20 um Andreas Möller wird Vizeweltmeister

Sechs Jahre später kam erneut eine U 20 ins WM-Finale. In Chile gewann die DFB-Auswahl die Vorrundengruppe souverän, schaltete im Viertelfinale Schottland glücklich im Elfmeterschießen aus und deklassierte im Halbfinale die Gastgeber mit 4:0. Der Kicker sprach von einer "Sternstunde des deutschen Fußballs". Als Favorit ging die Auswahl von Berti Vogts  am 25. Oktober 1987 gegen Jugoslawien ins Finale von Santiago, doch nach 90 und 120 Minuten hieß es 1:1 - und diesmal war das Elfmeterschießen kein Freifahrtschein für eine deutsche Mannschaft.

Marcel Witeczek, der im Spiel einen Elfmeter verwandelt hatte, scheiterte gleich mit dem ersten Schuss, alle anderen Versuche waren drin - und so gab es "nur" Silber für die Deutschen, deren größter Star ein gewisser Andreas Möller werden sollte. Vogts prophezeite damals: "Ich bin überzeugt, dass sechs von ihnen A-Nationalspieler werden." Doch neben Möller schaffte es nur der Leverkusener Knut Reinhardt in die Nationalmannschaft. Die meisten Spieler waren damals schon Profis, begnügten sich bei der WM aber mit 20 Mark Taschengeld am Tag und zwei Anrufen in die Heimat während der Dauer des dreiwöchigen Turniers.

U 16 Vizeweltmeister 1985 - und Witeczek Torschützenkönig

Auch die Vizeweltmeister bei der U 16-WM 1985 in China hatten es später nicht leicht. Aus ihren Reihen entsprang kein A-Nationalspieler. Am weitesten brachte es noch Marcel Witeczek, 1997 Meister mit Bayern München. Er war auch der überragende Spieler der Auswahl von Horst Köppel und wurde in China mit acht Treffern Torschützenkönig. Nur beim 0:2 im Finale gegen Nigeria, das der spätere Bundesligaspieler Jonathan Akpoborie entschied, ging Witeczek leer aus.

Ab 1991 traten an die Stelle der U 16-WM nun Weltturniere der U 17 als Bühne für die jüngsten Jahrgänge. Dabei belegte Deutschland noch zwei beachtliche dritte Plätze: 2007 in Südkorea und 2011 in Mexiko. 2007 unter DFB-Trainer Heiko Herrlich wurden die Deutschen Gruppensieger, warfen die USA und England raus und scheiterten im Halbfinale an Nigeria (1:3). Im Spiel um Platz drei wurde Ghana 2:1 geschlagen, und die Spieler feierten ihre Bronzemedaille. Gold gab es für Toni Kroos, der zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde und es wie Sebastian Rudy und Kevin Trapp später zum A-Nationalspieler brachte.

Can und Ducksch 2011 WM-Dritter mit der U 17

2011 in Mexiko wurden alle Gruppenspiele gewonnen, danach wiederum die USA und England ausgeschaltet. Im Halbfinale unterlag die Auswahl von DFB-Trainer Steffen Freund den Gastgebern in letzter Minute mit 2:3, raffte sich aber im dramatischen Spiel um Platz 3 vor 95.000 (!) Zuschauern im Aztekenstadion noch einmal auf und besiegte Brasilien nach 1:3-Rückstand mit 4:3. Der Leverkusener Samed Yesil erzielte sechs WM-Treffer und belegte den zweiten Platz in der Torjägerliste. In die A-Nationalmannschaft schafften es nur Kapitän Emre Can und, gerade erst, Marvin Ducksch.

Freund bilanzierte damals: "Meine Mannschaft hatte die Qualität, den Titel zu holen." Vielleich gelingt es ja jetzt der Klasse von 2023. Am Samstag (ab 13 Uhr MEZ, live bei RTL, Sky Sport News und FIFA+) hat sie im Manahan Stadium von Surakarta gegen Frankreich die Chance, zum zweiten Mal überhaupt WM-Gold für den DFB im Juniorenbereich zu holen.

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