Nur dreimal: Zwei Sieger aus einer Stadt

Für RB Leipzig ist das DFB-Pokalfinale heute Abend (ab 20 Uhr, live in der ARD und bei Sky) gegen den FC Bayern München in Berlin Neuland, folglich wäre ein Triumph über die Bayern auch der erste Pokalgewinn für die Rasenballer. Für ihre Heimatstadt wäre es jedoch der zweite, vor ihnen holte der VfB Leipzig den Tschammer-Pokal. Zwei Sieger aus einer Stadt, das hat es erst dreimal gegeben. DFB.de schaut zurück.

Wien: Rapid und Vienna

8. Januar 1939: Rapid Wien - FSV Frankfurt 3:1

Dieses Kunststück lässt sich wohl nicht mehr wiederholen, denn die Wiener Klubs durften nur während der längst überwundenen Zeit des Nationalsozialismus um den deutschen Pokal mitspielen. Durch den "Anschluss" Österreichs an das deutsche Reich nahmen sie von 1938 bis 1943 am damaligen "Tschammer-Pokal" teil. Dafür wurde 1938, unmittelbar nach dem "Anschluss" im März, ein zweites Viertelfinale ausgetragen, in das vier österreichische und vier deutsche Teams einzogen.

Die Meistermannschaft von Rapid Wien, die dafür berühmt war, ihre Spiele in den letzten 15 Minuten zu entscheiden ("Rapid-Viertelstunde"), warf zunächst Waldhof Mannheim (3:2) raus und eliminierte im Halbfinale den nicht minder berühmten Rekordmeister 1. FC Nürnberg. Im erst im Januar 1939 ausgetragenen Finale gegen den FSV Frankfurt waren sie klarer Favorit. Während beim FSV kein einziger Nationalspieler zu finden war, hatte Rapid deren sieben, von denen Torwart Rudolf Raftl und die Feldspieler Franz Wagner, Stefan Skoumal und Hans Pesser im Sommer 1938 dem WM-Aufgebot von "Groß-Deutschland" angehört hatten.

Und der Name von Mittelstürmer Franz "Bimbo" Binder hatte einen Ruf wie Donnerhall. Die Rollen waren also klar verteilt. Die Rahmenbedingungen waren ungemütlich. Wegen der Schneemengen wurden die Oberränge nicht geräumt, so konnten nur 36.200 Zuschauer das große Spiel bei fürchterlichem Wetter - Eisregen, Wind - verfolgen. Unter den Augen der Fußball-Prominenz - auch Reichstrainer Sepp Herberger und sein Vorgänger Dr. Otto Nerz sahen dem beinahe irregulären Treiben zu - entwickelte sich auf Schneeboden ein packendes Spiel.

Der FSV begann ohne Scheu und bejubelte in der 17. Minute das 1:0 durch Dosedzals Kopfball. Es hätte das Tor des Tages sein können, doch nach 70 Minuten verletzte sich Verteidiger May nach einem Zusammenprall mit Schors. Mancher rief Foul, aber die Tat blieb für Rapid folgenlos. Für den FSV nicht; May schied aus, Auswechseln war verboten. Und so kippte das Spiel in der "Rapid-Viertelstunde". Schors glich aus (80.), Hofstädter (85.) und Binder trafen auch noch und ersparten allen Beteiligten eine Verlängerung, was auch wegen der zunehmenden Härte ein Segen war. Dennoch lobte der Kicker: "Ein Endspiel von wirklichem Format".

31. Oktober 1943: First Vienna - LSV Hamburg 3:2 n.V.

Auch das letzte Finale vor dem Zusammenbruch des dritten Reiches erreichte eine Wiener Elf und auch sie gewann. Der älteste österreichische Fußballverein First Vienna Wien traf mitten im Krieg auf den erst zehn Monate jungen Luftwaffensportverein Hamburg, den der Krieg geboren hatte. Er bestand aus Flakschützen aus allen Landesteilen, die ihr Kriegsdienst nach Hamburg verschlagen hatte. Eine Sondergenehmigung erlaubte ihren Einsatz.

Das Spiel fand in Stuttgart statt, Berlin war noch nicht gesetzt als Finalort und in jenen Tagen besonders starken Bombenangriffen ausgesetzt. Auch in Stuttgart drohte an jenem 31. Oktober 1943 latent Fliegeralarm, weshalb die Anstoßzeit erst kurzfristig bekanntgegeben worden war. Trotzdem fanden sich 45.000 Zuschauer im späteren Neckar-Stadion ein.

Stuttgarts Oberbürgermeister Strölin lud die Mannschaften schon am Vorabend in den Festsaal des Ratskellers, bat aber um Mitbringen der Lebensmittelmarken für 15 Gramm Fett, 50 Gramm Fleisch und Brot. Zwei Stunden verbrachten die Finalisten an der Festtafel und am nächsten Tag auch auf dem Platz, wo sich die Vienna erst in der Verlängerung mit 3:2 durchsetzte. Verdient, wie alle Kritiker übereinstimmten, auch wenn sich der LSV benachteiligt fühlte bei der Aberkennung eines Tores und bei der Verhängung eines Handelfmeters gegen sich.

Star der Vienna war Karli Decker (acht Länderspiele für Deutschland), dem das 2:1 gelang. Kuriosum am Rande: Das Siegtor für Wien schoss ein Hamburger - der vom HSV entliehene Rudolf Noack (113. Minute). Nicht weniger amüsant, dass der zweite Hamburger in Vienna-Diensten, Friedrich Dörfel, per Hand ein Eigentor fabrizierte, das dem LSV erst die Verlängerung ermöglichte. Dass die Wiener dieses Missgeschick verkrafteten, deutete die Fußball Woche ganz im Sinne der Propaganda, die nach Stalingrad gefragt war: "…die unumgängliche Voraussetzung zum Sieg in einem solchen Nervenkampf wurde erfüllt: niemals den Glauben an den Endsieg zu verlieren."

Nachspiel: 1969 wurden die acht noch lebenden Vienna-Sieger vom DFB-Präsidenten Dr. Gößmann im Rahmen eines Länderspiels in Wien mit der goldenen DFB-Medaille geehrt. Als Dank dafür, dass die Vienna den Pokal durch die Kriegswirren brachte und dem DFB 1953 zurückgegeben hatte - kurz bevor das erste Finale nach dem Krieg gespielt wurde.



Für RB Leipzig ist das DFB-Pokalfinale heute Abend (ab 20 Uhr, live in der ARD und bei Sky) gegen den FC Bayern München in Berlin Neuland, folglich wäre ein Triumph über die Bayern auch der erste Pokalgewinn für die Rasenballer. Für ihre Heimatstadt wäre es jedoch der zweite, vor ihnen holte der VfB Leipzig den Tschammer-Pokal. Zwei Sieger aus einer Stadt, das hat es erst dreimal gegeben. DFB.de schaut zurück.

Wien: Rapid und Vienna

8. Januar 1939: Rapid Wien - FSV Frankfurt 3:1

Dieses Kunststück lässt sich wohl nicht mehr wiederholen, denn die Wiener Klubs durften nur während der längst überwundenen Zeit des Nationalsozialismus um den deutschen Pokal mitspielen. Durch den "Anschluss" Österreichs an das deutsche Reich nahmen sie von 1938 bis 1943 am damaligen "Tschammer-Pokal" teil. Dafür wurde 1938, unmittelbar nach dem "Anschluss" im März, ein zweites Viertelfinale ausgetragen, in das vier österreichische und vier deutsche Teams einzogen.

Die Meistermannschaft von Rapid Wien, die dafür berühmt war, ihre Spiele in den letzten 15 Minuten zu entscheiden ("Rapid-Viertelstunde"), warf zunächst Waldhof Mannheim (3:2) raus und eliminierte im Halbfinale den nicht minder berühmten Rekordmeister 1. FC Nürnberg. Im erst im Januar 1939 ausgetragenen Finale gegen den FSV Frankfurt waren sie klarer Favorit. Während beim FSV kein einziger Nationalspieler zu finden war, hatte Rapid deren sieben, von denen Torwart Rudolf Raftl und die Feldspieler Franz Wagner, Stefan Skoumal und Hans Pesser im Sommer 1938 dem WM-Aufgebot von "Groß-Deutschland" angehört hatten.

Und der Name von Mittelstürmer Franz "Bimbo" Binder hatte einen Ruf wie Donnerhall. Die Rollen waren also klar verteilt. Die Rahmenbedingungen waren ungemütlich. Wegen der Schneemengen wurden die Oberränge nicht geräumt, so konnten nur 36.200 Zuschauer das große Spiel bei fürchterlichem Wetter - Eisregen, Wind - verfolgen. Unter den Augen der Fußball-Prominenz - auch Reichstrainer Sepp Herberger und sein Vorgänger Dr. Otto Nerz sahen dem beinahe irregulären Treiben zu - entwickelte sich auf Schneeboden ein packendes Spiel.

Der FSV begann ohne Scheu und bejubelte in der 17. Minute das 1:0 durch Dosedzals Kopfball. Es hätte das Tor des Tages sein können, doch nach 70 Minuten verletzte sich Verteidiger May nach einem Zusammenprall mit Schors. Mancher rief Foul, aber die Tat blieb für Rapid folgenlos. Für den FSV nicht; May schied aus, Auswechseln war verboten. Und so kippte das Spiel in der "Rapid-Viertelstunde". Schors glich aus (80.), Hofstädter (85.) und Binder trafen auch noch und ersparten allen Beteiligten eine Verlängerung, was auch wegen der zunehmenden Härte ein Segen war. Dennoch lobte der Kicker: "Ein Endspiel von wirklichem Format".

31. Oktober 1943: First Vienna - LSV Hamburg 3:2 n.V.

Auch das letzte Finale vor dem Zusammenbruch des dritten Reiches erreichte eine Wiener Elf und auch sie gewann. Der älteste österreichische Fußballverein First Vienna Wien traf mitten im Krieg auf den erst zehn Monate jungen Luftwaffensportverein Hamburg, den der Krieg geboren hatte. Er bestand aus Flakschützen aus allen Landesteilen, die ihr Kriegsdienst nach Hamburg verschlagen hatte. Eine Sondergenehmigung erlaubte ihren Einsatz.

Das Spiel fand in Stuttgart statt, Berlin war noch nicht gesetzt als Finalort und in jenen Tagen besonders starken Bombenangriffen ausgesetzt. Auch in Stuttgart drohte an jenem 31. Oktober 1943 latent Fliegeralarm, weshalb die Anstoßzeit erst kurzfristig bekanntgegeben worden war. Trotzdem fanden sich 45.000 Zuschauer im späteren Neckar-Stadion ein.

Stuttgarts Oberbürgermeister Strölin lud die Mannschaften schon am Vorabend in den Festsaal des Ratskellers, bat aber um Mitbringen der Lebensmittelmarken für 15 Gramm Fett, 50 Gramm Fleisch und Brot. Zwei Stunden verbrachten die Finalisten an der Festtafel und am nächsten Tag auch auf dem Platz, wo sich die Vienna erst in der Verlängerung mit 3:2 durchsetzte. Verdient, wie alle Kritiker übereinstimmten, auch wenn sich der LSV benachteiligt fühlte bei der Aberkennung eines Tores und bei der Verhängung eines Handelfmeters gegen sich.

Star der Vienna war Karli Decker (acht Länderspiele für Deutschland), dem das 2:1 gelang. Kuriosum am Rande: Das Siegtor für Wien schoss ein Hamburger - der vom HSV entliehene Rudolf Noack (113. Minute). Nicht weniger amüsant, dass der zweite Hamburger in Vienna-Diensten, Friedrich Dörfel, per Hand ein Eigentor fabrizierte, das dem LSV erst die Verlängerung ermöglichte. Dass die Wiener dieses Missgeschick verkrafteten, deutete die Fußball Woche ganz im Sinne der Propaganda, die nach Stalingrad gefragt war: "…die unumgängliche Voraussetzung zum Sieg in einem solchen Nervenkampf wurde erfüllt: niemals den Glauben an den Endsieg zu verlieren."

Nachspiel: 1969 wurden die acht noch lebenden Vienna-Sieger vom DFB-Präsidenten Dr. Gößmann im Rahmen eines Länderspiels in Wien mit der goldenen DFB-Medaille geehrt. Als Dank dafür, dass die Vienna den Pokal durch die Kriegswirren brachte und dem DFB 1953 zurückgegeben hatte - kurz bevor das erste Finale nach dem Krieg gespielt wurde.

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München: TSV 1860 und FC Bayern

15. November 1942: TSV 1860 München - FC Schalke 04 2:0

Die Frage, ob nun die Roten oder Blauen Münchens Nummer 1 seien, war viele Jahrzehnte offen. Die Bayern holten 1932 zwar die erste Meisterschaft nach München, dafür präsentierten die "Löwen" zuerst den Pokal auf dem Marienplatz. Man schrieb das Kriegsjahr 1942, als der TSV 1860 erstmals ein Finale erreichte - gegen Schalke 04, das schon sein fünftes bestritt, waren sie Außenseiter. Doch die eigenen Gesetze des Pokals griffen auch an jenem 15. November im Berliner Olympiastadion. Schalke hatte zwar schon drei Endspiele verloren, kam aber als bereits sechsfacher Meister und als amtierender obendrein mit breiter Brust.

Die Löwen aber hatten sich auch Mut angeschossen und mit 53:7 Toren einen Pokalrekord aufgestellt. Starken Anteil daran hatte Trainer Dr. Max Schäfer, ein früher Jürgen Klopp. Verteidiger Georg Pledl: "Er hat es verstanden, uns so zu begeistern dass wir sogar in Freundschaftsspielen gedacht haben es ginge um die Weltmeisterschaft."

Erst kurz vor der Abfahrt traf Torjäger Ernst Willimowski ein, der als Soldat in Westfalen stationiert war. Damit waren die Löwen die größte Sorge los, ohne ihre Tormaschine waren sie quasi eine andere Mannschaft. Willimowski ließ sich diesmal bis zur 79. Minute Zeit für sein 14. Pokaltor der Saison (damals Rekord), das die Schalker Stars um Fritz Szepan und Ernst Kuzorra schockte. Die "Knappen" machten nun auf, Ernst Schmidhuber startete von der Mittellinie einen Konter und entschied nach 88 Minuten das Spiel, zur Überraschung der 75.000 Zuschauer.

Den Siegern winkte ein stürmischer Empfang in München und eine Prämie von 180 Mark pro Kopf. Sowie ein Ehrenring aus Silber, Gold war 1942 Mangelware. 1964 konnte der TSV 1860 den Triumph wiederholen (2:0 gegen Eintracht Frankfurt), doch da war der FC Bayern schon mit ihnen gleichgezogen. Der Rekordpokalsieger startete seinen Erfolgslauf auf Schneeboden am 29. Dezember 1957. Auch nach dem Krieg wurde das Finale zunächst noch am Jahresende ausgetragen, was zu Lasten der Attraktivität ging.

29. Dezember 1957: FC Bayern München - Fortuna Düsseldorf 1:0

Der FC Bayern wollte 1957 aus Kostengründen erst gar nicht teilnehmen, schon die Reise ins hessische Neu-Isenburg in der 1. Runde war dem Vorstand zu weit. Man wollte verzichten, doch Trainer Willibald Hahn, ein Österreicher, intervenierte. Damit gab er ein Signal: Dem Trainer bedeutet der Pokal etwas, also strengen wir uns an! Der Abstieg aus der Oberliga Süd lag noch nicht lange zurück (1955), da konnten die Bayern eine Imagepolitur gut gebrauchen. Und so kamen sie schließlich bis Augsburg, wo das Finale 1957 stattfand. Dort wartete Fortuna Düsseldorf.

42.000 Zuschauer säumten die Ränge, Bundestrainer Sepp Herberger durfte nicht fehlen. Aus München waren 12.000 "Schlachtenbummler" mitgekommen, um ihrer Elf beizustehen. Die reiste übrigens erst am Spieltag an, während die Fortunen schon Freitagabend ankamen. Gespielt wurde am Sonntag. Die personell sorgenfreien Bayern waren die aktivere Mannschaft, was Experten geahnt hatten - da die Fortunen traditionell keine Schneefußballer waren. Huber, Jobst und Velhorn hatten die Führung schon vor der Pause auf dem Fuß. Der Kicker berichtete von einer "Belagerung des Düsseldorfer Tores", das von Torwart Görtz bestens gehütet wurde.

Längst hätte es in der äußerst einseitigen Partie 3:0 stehen müssen, ehe endlich das Tor des Tages fiel. Im Kicker wurde es so geschildert: "In der 79. Minute war es dann soweit: Siedl hatte einen Zweikampf gegen Juskowiak gewonnen, flankte von der Außenlinie hoch vor das Tor, wobei der Ball Jobst vor die Füße kam, dessen Schuß Görtz nicht festhalten konnte. Ein Nachschuß wurde von Juskowiak auf der Linie abgewehrt, dann schob der freistehende Jobst den Ball ins Tor." So kam der Pokal zum zweiten Mal nach München, nun aber jubelten die Anhänger der Roten.

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Essen: Rot-Weiß und Schwarz-Weiß

1. Mai 1953: Rot-Weiss Essen - Alemannia Aachen 2:1

Nach zehnjähriger Unterbrechung, für die der Krieg verantwortlich war, wurde der Kampf um den deutschen Pokal 1952/1953 endlich fortgesetzt. Viel zu lange für den Geschmack manchen Fans, um die Meisterschaft wurde schließlich schon seit 1948 wieder gespielt. Bei drückender Hitze standen sich am 1. Mai 1953 zwei Klubs aus der Oberliga West gegenüber: Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen. 42.000 Zuschauer im Düsseldorfer Rheinstadion wollten sich die Premiere des DFB-Pokalfinals (unter diesem Namen) nicht entgehen lassen.

Einen klaren Favoriten gab es nicht. In der Liga war RWE (3. Platz) knapp vor Alemannia (5.) gelandet. RWE-Trainer war Karl Hohmann, Teilnehmer an der WM 1934. Aachen überraschte das Publikum mit einer Premiere und hatte zur Feier des Tages erstmals Trikots mit Rückennummern am Leib. Sie begannen druckvoll, Fritz Herkenrath im Essener Tor hatte reichlich zu tun. Der WM-Torwart von 1958 verhinderte mit einer Faustparade das 0:1 durch den späteren Bundestrainer Jupp Derwall.

Eben noch fast in Führung, geriet Aachen nach 32 Minuten in Rückstand. "Völlig unerwartet reift Essens Führung", schrieb das Sport Magazin. Willi Köchling passte über 50 Meter auf Franz Islacker, den alle "Penny" riefen. Frei vor Torwart Heinrichs entschied er sich für einen Lupfer, der ihn zum ersten Torschützen eines DFB-Pokalfinals machte. Kapitän August Gottschalk hätte erhöhen können, köpfte aber in aussichtsreicher Position vorbei.

"Danach hatten wir ganz schön zu tun bei der Affenhitze", gestand Essens Heinz Wewers, der kurz vor der Pause auf der Linie rettete. Alemannia kam wild entschlossen aus der Kabine zurück, "aber im Angriff fehlte der Regisseur und der Vollstrecker", fand das Sport Magazin. Den hatte RWE! Jung-Nationalspieler Helmut Rahn, damals 23, drängte sich für höhere Aufgaben auf, als er eines seiner typischen Dribblings mit einem sehenswerten Schuss aus 18 Metern zum 2:0 abschloss (52.). Derwall zog gar aus 25 Metern ab, traf genau in den Winkel - nur noch 2:1.

Nun wurde es eng für RWE, das mit Islacker, dem die Kniescheibe rausgesprungen war und Termath zwei angeschlagene Spieler hatte. Michel Pfeiffer vergab freistehend den Ausgleich, den Herkenrath noch dreimal verhinderte, ehe Schiedsrichter Alois Reinhardt sein letztes Spiel abpfiff. Es blieb der einzige Pokalcoup von RWE, das 1994 noch mal das Finale erreichte, und 1955 mit fast identischer Besetzung Meister wurde.

27. Dezember 1959: ETB Schwarz-Weiß Essen - Borussia Neunkirchen 5:2

Da konnte Lokalrivale ETB Schwarz-Weiß nicht mithalten, in die Nähe der Meisterschale kam die Elf vom Uhlenkrug nie. Aber 1959 stand auch sie im Pokalfinale - gegen Borussia Neunkirchen. Mit dem Finale hatte niemand gerechnet, noch überraschender war der Termin. Vor 60 Jahren mussten sie gleich nach dem Weihnachtsfest, am 27. Dezember, antreten. Es war ein Sonntag und somit quasi der dritte Weihnachtsfeiertag. "Mit solchen Terminen schafft man dem Wettbewerb keine neuen Freunde!", kritisierte das Sport Magazin die ungewöhnliche Ansetzung, die dem laufenden Spielbetrieb in den Oberligen geschuldet war. Eine Winterpause gab es nicht.

So war es kein Wunder, dass im Kasseler Aue-Stadion die zweitschlechteste Finalkulisse verzeichnet wurde - nur 21.000 Zuschauer. Rund 10.000 Karten wurden gar nicht an den Mann gebracht, das gab es nie wieder. Horst Trimhold, damals mit 18 der Benjamin im Essener Team erinnerte sich 2009: "Der Termin hat uns alle amüsiert. Besondere Maßregeln gab es nicht vom Trainer, es hat auch kein Spieler gefragt, ob er nun Gans essen dürfe oder nicht. Wir waren eine große Familie mit fünf Kindern und hatten sowieso nicht so viel zu essen."

Auch der Ort wurde erst eine Woche vorher festgelegt. Der DFB entschied letztlich für Kassel. Zudem gab es sicher attraktivere Partien, beide Mannschaften waren nicht gerade Star-Ensembles und hatten ziemlich überraschend das Finale erreicht. Schwarz-Weiß war Favorit und stellte mit Theo Klöckner den einzigen aktuellen Nationalspieler. Unterwegs hatte es den Lokalrivalen Rot-Weiss, dann Hertha BSC und sogar auswärts den HSV ausgeschaltet.

Die Partie gegen die Saarländer wurde eine der einseitigsten in der Finalgeschichte. Sie endete 5:2 (1:0). Manfred Rummel erzielte die ersten beiden Tore, Theo Klöckner, Horst Trimhold und Hubert Schieth erhöhten bis zur 80. Minute auf 5:0. Schon in der Pause, erinnerte sich Trimhold, tranken die ersten Mitspieler Sekt. In den letzten Minuten gaben die älteren Essener Hubert Schieth und Gerd Kasperski dann die Order aus, "nur noch mit links" gegen den Ball zu treten, was die Fehlpassquote rasant erhöhte, denn zwei Verteidiger waren reine Rechtsfüßler. Das war in Zeiten, als Fußball mehr Spaß als Geschäft war, noch eher möglich. So kam Neunkirchen durch Emser und Dörrenbächer auf 2:5 heran. Essens Trainer Wendlandt entschuldigte: "Ein Haufen junger Leute in meiner Mannschaft. Das 5:0 verführte sie zum Leichtsinn."

Gefeiert wurde der einzige große Titel des ETB nur auf der Rückfahrt im Zug, der Montag früh um 1.25 Uhr im Essener Hauptbahnhof nahezu unbemerkt einfuhr. Die Pokalhelden steuerten flugs das eigene Bett an, denn alle mussten schon morgens wieder zur Arbeit. Für Schriftsetzerlehrling Trimhold begann sie um 7.15 Uhr. Die Siegprämie betrug immerhin 500 Mark, die Jüngeren bekamen die Hälfte.

Das war viel Geld in diesen Tagen für die Essener "Elf der Kameradschaft", in der 1959 nur einer ein Auto besaß - Spielführer Manfred Kasperski. Der spätere Dortmund-Profi Trimhold wohnte noch bei den Eltern und musste 200 Mark abgeben, für den Rest lud er die Familie ins Kino ein.

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