Nietgen: "Klassenverbleib steht über allem"

Der Abstiegskampf in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga spitzt sich zu. Am Sonntag (ab 14 Uhr) muss der 1. FC Köln als Vorletzter beim Drittletzten MSV Duisburg antreten. Im DFB.de-Interview spricht die 33 Jahre alte Peggy Nietgen über die Bedeutung des Duells und ihre besondere Rolle beim FC.

DFB.de: Frau Nietgen, welche Bedeutung hat für Sie das Duell mit Duisburg?

Peggy Nietgen: Der MSV ist ein direkter Konkurrent im Kampf gegen den Abstieg. Sie stehen gerade wegen des besseren Torverhältnisses gegenüber uns über dem Stich, wir sind Vorletzter. Das wollen wir ändern. Deshalb ist es ein wichtiges Spiel. Aber wir dürfen uns auch nicht zu sehr unter Druck setzen. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht, dass wir auch gegen andere Gegner punkten werden. Nur mit Siegen gegen Duisburg werden wir nicht die Klasse halten.

DFB.de: Ist das Duell für Sie schon eine Art erstes Endspiel?

Nietgen: Nein, so weit würde ich nicht gehen wollen. Auch wenn wir verlieren, ist es noch nicht vorbei.

DFB.de: Aber Sie hätten dann drei Punkte Rückstand und das schlechtere Torverhältnis.

Nietgen: Es stimmt, dass die Ausgangslage dann sehr schwierig wäre. Im Grunde sind es durch das Torverhältnis vier Zähler, die wir auf Duisburg aufholen müssten. Aber ich beschäftige mich im Vorfeld nicht mit dem Gedanken, was bei einer Niederlage passiert. Wir gehen in die Begegnung, um zu gewinnen.

DFB.de: Sie haben die Hinrunde mit sieben Zählern beendet. Wie bewerten Sie das?

Nietgen: Die Hinrunde war für uns sehr durchwachsen. Wir haben zum Beispiel gegen Potsdam und Freiburg leichtfertig Zähler liegen gelassen. Das tut uns jetzt weh. Wir hätten durchaus den einen oder anderen Punkt mehr auf dem Konto haben können. Dann wäre unsere Ausgangslage nun eine ganz andere. Aber das können wir jetzt nicht mehr ändern. Ich persönlich bin nicht zufrieden. Wir stehen derzeit auf einem Abstiegsplatz. Wenn jetzt die Saison beendet wäre, müssten wir zurück in die 2. Bundesliga. Stand jetzt haben wir unser Ziel nicht erreicht. Zum Glück haben wir noch Zeit, um die Situation zu unseren Gunsten zu ändern. Gegen Duisburg wollen wir damit beginnen.

DFB.de: Wie schätzen Sie Duisburg ein?

Nietgen: Es ist immer unangenehm, dort zu spielen. Es wird ein Kampfspiel. Beide sind unter Zugzwang, beide spielen eine durchwachsene Saison. Es wird ein Spiel auf Augenhöhe. Sie sind in einer ähnliche Lage wie wir. Wir müssen dort um unser Leben laufen. Dann können wir etwas erreichen. Ich denke, dass Duisburg bis zum Ende mit uns um den Klassenverbleib spielen wird. Dazu kommen noch Jena und Leverkusen. Zwei aus dem Quartett werden es schaffen, zwei nicht. Wir wollen zu der ersten Gruppe gehören.

DFB.de: Was macht Ihnen Hoffnung, den Abstieg vermeiden zu können?

Nietgen: Die Qualität in unserem Kader. Wir haben das Potenzial, um unser Ziel zu erreichen. Aber klar ist auch, dass wir nicht mehr sehr viel Zeit haben. Wir müssen langsam starten, zu punkten.

DFB.de: Sie sind 2017 nach Köln gekommen und in ihrem ersten Jahr mit dem FC direkt in die 2. Bundesliga abgestiegen. Sehen Sie Parallelen zu damals?

Nietgen: Man kann das nicht vergleichen. Wir sind jetzt eine komplett andere Mannschaft mit mehr Qualität. Der Verein unterstützt uns in jeder Hinsicht, damit wir uns in der Bundesliga etablieren können.

DFB.de: Wie ist das möglich?

Nietgen: Wir wollen nicht dauerhaft immer nur gegen den Abstieg spielen, sondern den Sprung ins Mittelfeld oder mittelfristig vielleicht sogar in die Spitzengruppe schaffen. Klar ist der Weg dorthin weit. Aber die Verantwortlichen stehen hinter uns. Der Frauenfußball beim FC wird sehr ernst genommen. Das Vertrauen müssen wir nun zurückgeben. Ich war schon immer jemand, der sich ambitionierte Ziele gesetzt hat. Oft war das der richtige Weg.

DFB.de: Sie haben im Frauenfußball auf Vereinsebene nahezu alles gewonnen, was man gewinnen kann. Was reizt sie an der Aufgabe in Köln?

Nietgen: Ganz viele Dinge. Erstens wohne ich in der Nähe und mag die Stadt und den Verein total gerne. Außerdem ist es für mich nochmal eine ganz andere Herausforderung. Schon nach den ersten Gesprächen mit den Verantwortlichen war mir klar, dass ich das hier machen will. Zu Beginn meiner Karriere in Potsdam haben wir immer um Titel mitgespielt. Jetzt beschäftigt mich der Abstiegskampf. Das ist auch für den Kopf eine ganz andere Herausforderung. Ich bin davon überzeugt, dass mich diese Erfahrungen als Persönlichkeit nach vorne bringen.

DFB.de: Welche Rolle nehmen Sie in der Mannschaft ein?

Nietgen: Ich habe schon viel erlebt im Fußball. Diese Erfahrungen versuche ich, positiv in die Mannschaft einzubringen. Mein Anspruch ist es, voranzugehen und den jungen Spielerinnen zu helfen. Ich möchte Ruhe und Sicherheit ausstrahlen. Auch Selbstbewusstsein ist in unserer Situation ein ganz entscheidender Faktor. Wir dürfen nicht die Köpfe hängen lassen.

DFB.de: Müssen Sie in diesem Punkt gerade Aufbauarbeit leisten?

Nietgen: Wir mussten zuletzt durch ein Wechselbad der Gefühle gehen. Erst haben wir in einem sehr emotionalen Spiel Leverkusen mit 4:3 geschlagen. Am vergangenen Wochenende kam dann das bittere 1:2 beim SC Sand. Das war wieder ein echter Rückschlag für uns. Dadurch sind wir erneut unter den Strich gerutscht und alle sind sehr traurig. Es ist keine einfache Situation.

DFB.de: Was ist das größte Manko bisher aus Ihrer Sicht?

Nietgen: Uns fehlt die Konstanz. Das ist ein ganz großes Problem. Zudem brechen uns die vielen Gegentore regelmäßig das Genick. Wir können nicht in jedem Spiel drei oder vier Treffer erzielen. Wir müssen es schaffen, mal 1:0 oder 2:0 zu gewinnen. Wir stehen unten drin, da bekommt man nicht in jeder Begegnung zehn Chancen. Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, wird es schwierig.

DFB.de: Ist die fehlende Konstanz eine Qualitätsfrage?

Nietgen: Nein, das denke ich überhaupt nicht. Aus meiner Sicht ist es eher eine Kopfsache. Wir haben schon mehrfach gezeigt, dass wir mitspielen können. Aber in manchen Phasen der 90 Minuten schalten wir kurz ab und werden dafür sofort bestraft. Deshalb stehen wir im Moment dort, wo wir stehen...

DFB.de: Wie fühlt es sich für Sie an, gegen den Abstieg zu spielen?

Nietgen: Es ist echt eine Herausforderung. Schön ist es nicht, aber es prägt einen. Wir müssen irgendwie den Klassenverbleib schaffen. Dann können wir sehr positiv in die Zukunft schauen. Davon bin ich überzeugt. Auch das zeigt mir meine Erfahrung. Ich spiele seit 17 Jahren fast durchgehend in der Bundesliga.

DFB.de: Wie ordnen Sie Ihre Karriere im Rückblick bis jetzt selbst ein?

Nietgen: Die Titelgewinne mit Potsdam und Frankfurt waren überragend. Aber es gab auch schwierige Situationen. Ich denke zum Beispiel an meinen Abschied aus Frankfurt, der problematisch war oder an meinen Abstieg mit dem 1. FC Köln vor zwei Jahren. Das sind Dinge, die mich geprägt und mich zu der Person gemacht haben, die ich heute bin. Aus Niederlagen lernt man oft am meisten. Insgesamt geht es immer besser. Aber im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, so wie es gelaufen.

DFB.de: Sie haben oft ungewöhnliche Schritte gemacht: Zum Beispiel der Wechsel 2008 von Turbine Potsdam als eines der besten Teams weltweit zu diesem Zeitpunkt zu Lokomotive Leipzig in die 2. Bundesliga.

Nietgen: Ich stelle mich immer gerne neuen Herausforderungen. Ich bin ein Mensch, der sich in Gesprächen von bestimmten Projekten begeistern lässt. Dann bin ich bereit, auch den einen oder anderen Schritt zurückzugehen. Ich hatte das Glück, alles erleben zu können: Ich habe um Titel gespielt, um den Aufstieg, gegen den Abstieg. Das waren alles Ereignisse, die mich geprägt haben. Ich möchte nichts davon missen. Ich bin sicher nicht immer nur auf der Erfolgswelle mitgeschwommen. Auch wenn das vielleicht möglich gewesen wäre.

DFB.de: Sie sind seit 17 Jahren ganz oben dabei. Was hat Ihnen der Fußball in dieser Zeit gegeben?

Nietgen: Extrem viel. Als Sportlerin wird man ständig vor neue Entscheidungen gestellt. Fußball ist ein Mannschaftssport. Mal muss man sich unterordnen, mal muss man vorangehen. Das ist wie im normalen Leben. Ich bin mit mir im Reinen, auch wenn ich sicher Fehler gemacht habe.

DFB.de: Was bereuen Sie zum Beispiel?

Nietgen: Ach, ich möchte jetzt keine alten Wunden aufreißen. Klar ist aber, dass ich ein Mensch bin, der geradeaus ist und seine Meinung sagt. Charakterlich bin ich manchmal sehr impulsiv. Gleichzeitig bin ich jemand, der sich immer selbst hinterfragt und die Schuld eher bei sich selbst sucht als bei anderen. Ich bin älter und reifer geworden. Heute denke ich manchmal: "Okay, Peggy, in dem einen oder anderen Moment wäre es besser gewesen, einfach mal den Mund zu halten." Das habe ich nicht gemacht. Deshalb musste ich mit den Konsequenzen leben.

DFB.de: Wenn wir zum Abschluss noch den Blick nach vorne richten: Welche sportlichen Ziele verfolgen Sie noch?

Nietgen: Über allem steht im Moment der Klassenverbleib mit dem 1. FC Köln. Dafür werde ich alles tun, was in meiner Macht steht. Das ist für den Verein und den Frauenfußball in Köln super wichtig.

DFB.de: Wie lange wollen Sie noch auf dem Niveau Fußball spielen?

Nietgen: Gerne so lange, wie es mir möglich ist. Ich habe mir kein Limit gesetzt. Mir ist es wichtig, dass ich selbst irgendwann entscheide, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um Schluss zu machen. Ich möchte kein Ende, das zum Beispiel durch eine Verletzung fremdbestimmt wird. Vielleicht spiele ich noch ein Jahr, vielleicht noch fünf. Warten wir es ab. Ich weiß es selbst noch nicht. Im Moment fühle ich mich gut. Aber ich habe auch gelernt, dass es schwierig ist, im Leben etwas über einen längeren Zeitraum zu planen.

[sw]

Der Abstiegskampf in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga spitzt sich zu. Am Sonntag (ab 14 Uhr) muss der 1. FC Köln als Vorletzter beim Drittletzten MSV Duisburg antreten. Im DFB.de-Interview spricht die 33 Jahre alte Peggy Nietgen über die Bedeutung des Duells und ihre besondere Rolle beim FC.

DFB.de: Frau Nietgen, welche Bedeutung hat für Sie das Duell mit Duisburg?

Peggy Nietgen: Der MSV ist ein direkter Konkurrent im Kampf gegen den Abstieg. Sie stehen gerade wegen des besseren Torverhältnisses gegenüber uns über dem Stich, wir sind Vorletzter. Das wollen wir ändern. Deshalb ist es ein wichtiges Spiel. Aber wir dürfen uns auch nicht zu sehr unter Druck setzen. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht, dass wir auch gegen andere Gegner punkten werden. Nur mit Siegen gegen Duisburg werden wir nicht die Klasse halten.

DFB.de: Ist das Duell für Sie schon eine Art erstes Endspiel?

Nietgen: Nein, so weit würde ich nicht gehen wollen. Auch wenn wir verlieren, ist es noch nicht vorbei.

DFB.de: Aber Sie hätten dann drei Punkte Rückstand und das schlechtere Torverhältnis.

Nietgen: Es stimmt, dass die Ausgangslage dann sehr schwierig wäre. Im Grunde sind es durch das Torverhältnis vier Zähler, die wir auf Duisburg aufholen müssten. Aber ich beschäftige mich im Vorfeld nicht mit dem Gedanken, was bei einer Niederlage passiert. Wir gehen in die Begegnung, um zu gewinnen.

DFB.de: Sie haben die Hinrunde mit sieben Zählern beendet. Wie bewerten Sie das?

Nietgen: Die Hinrunde war für uns sehr durchwachsen. Wir haben zum Beispiel gegen Potsdam und Freiburg leichtfertig Zähler liegen gelassen. Das tut uns jetzt weh. Wir hätten durchaus den einen oder anderen Punkt mehr auf dem Konto haben können. Dann wäre unsere Ausgangslage nun eine ganz andere. Aber das können wir jetzt nicht mehr ändern. Ich persönlich bin nicht zufrieden. Wir stehen derzeit auf einem Abstiegsplatz. Wenn jetzt die Saison beendet wäre, müssten wir zurück in die 2. Bundesliga. Stand jetzt haben wir unser Ziel nicht erreicht. Zum Glück haben wir noch Zeit, um die Situation zu unseren Gunsten zu ändern. Gegen Duisburg wollen wir damit beginnen.

DFB.de: Wie schätzen Sie Duisburg ein?

Nietgen: Es ist immer unangenehm, dort zu spielen. Es wird ein Kampfspiel. Beide sind unter Zugzwang, beide spielen eine durchwachsene Saison. Es wird ein Spiel auf Augenhöhe. Sie sind in einer ähnliche Lage wie wir. Wir müssen dort um unser Leben laufen. Dann können wir etwas erreichen. Ich denke, dass Duisburg bis zum Ende mit uns um den Klassenverbleib spielen wird. Dazu kommen noch Jena und Leverkusen. Zwei aus dem Quartett werden es schaffen, zwei nicht. Wir wollen zu der ersten Gruppe gehören.

DFB.de: Was macht Ihnen Hoffnung, den Abstieg vermeiden zu können?

Nietgen: Die Qualität in unserem Kader. Wir haben das Potenzial, um unser Ziel zu erreichen. Aber klar ist auch, dass wir nicht mehr sehr viel Zeit haben. Wir müssen langsam starten, zu punkten.

DFB.de: Sie sind 2017 nach Köln gekommen und in ihrem ersten Jahr mit dem FC direkt in die 2. Bundesliga abgestiegen. Sehen Sie Parallelen zu damals?

Nietgen: Man kann das nicht vergleichen. Wir sind jetzt eine komplett andere Mannschaft mit mehr Qualität. Der Verein unterstützt uns in jeder Hinsicht, damit wir uns in der Bundesliga etablieren können.

DFB.de: Wie ist das möglich?

Nietgen: Wir wollen nicht dauerhaft immer nur gegen den Abstieg spielen, sondern den Sprung ins Mittelfeld oder mittelfristig vielleicht sogar in die Spitzengruppe schaffen. Klar ist der Weg dorthin weit. Aber die Verantwortlichen stehen hinter uns. Der Frauenfußball beim FC wird sehr ernst genommen. Das Vertrauen müssen wir nun zurückgeben. Ich war schon immer jemand, der sich ambitionierte Ziele gesetzt hat. Oft war das der richtige Weg.

DFB.de: Sie haben im Frauenfußball auf Vereinsebene nahezu alles gewonnen, was man gewinnen kann. Was reizt sie an der Aufgabe in Köln?

Nietgen: Ganz viele Dinge. Erstens wohne ich in der Nähe und mag die Stadt und den Verein total gerne. Außerdem ist es für mich nochmal eine ganz andere Herausforderung. Schon nach den ersten Gesprächen mit den Verantwortlichen war mir klar, dass ich das hier machen will. Zu Beginn meiner Karriere in Potsdam haben wir immer um Titel mitgespielt. Jetzt beschäftigt mich der Abstiegskampf. Das ist auch für den Kopf eine ganz andere Herausforderung. Ich bin davon überzeugt, dass mich diese Erfahrungen als Persönlichkeit nach vorne bringen.

DFB.de: Welche Rolle nehmen Sie in der Mannschaft ein?

Nietgen: Ich habe schon viel erlebt im Fußball. Diese Erfahrungen versuche ich, positiv in die Mannschaft einzubringen. Mein Anspruch ist es, voranzugehen und den jungen Spielerinnen zu helfen. Ich möchte Ruhe und Sicherheit ausstrahlen. Auch Selbstbewusstsein ist in unserer Situation ein ganz entscheidender Faktor. Wir dürfen nicht die Köpfe hängen lassen.

DFB.de: Müssen Sie in diesem Punkt gerade Aufbauarbeit leisten?

Nietgen: Wir mussten zuletzt durch ein Wechselbad der Gefühle gehen. Erst haben wir in einem sehr emotionalen Spiel Leverkusen mit 4:3 geschlagen. Am vergangenen Wochenende kam dann das bittere 1:2 beim SC Sand. Das war wieder ein echter Rückschlag für uns. Dadurch sind wir erneut unter den Strich gerutscht und alle sind sehr traurig. Es ist keine einfache Situation.

DFB.de: Was ist das größte Manko bisher aus Ihrer Sicht?

Nietgen: Uns fehlt die Konstanz. Das ist ein ganz großes Problem. Zudem brechen uns die vielen Gegentore regelmäßig das Genick. Wir können nicht in jedem Spiel drei oder vier Treffer erzielen. Wir müssen es schaffen, mal 1:0 oder 2:0 zu gewinnen. Wir stehen unten drin, da bekommt man nicht in jeder Begegnung zehn Chancen. Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, wird es schwierig.

DFB.de: Ist die fehlende Konstanz eine Qualitätsfrage?

Nietgen: Nein, das denke ich überhaupt nicht. Aus meiner Sicht ist es eher eine Kopfsache. Wir haben schon mehrfach gezeigt, dass wir mitspielen können. Aber in manchen Phasen der 90 Minuten schalten wir kurz ab und werden dafür sofort bestraft. Deshalb stehen wir im Moment dort, wo wir stehen...

DFB.de: Wie fühlt es sich für Sie an, gegen den Abstieg zu spielen?

Nietgen: Es ist echt eine Herausforderung. Schön ist es nicht, aber es prägt einen. Wir müssen irgendwie den Klassenverbleib schaffen. Dann können wir sehr positiv in die Zukunft schauen. Davon bin ich überzeugt. Auch das zeigt mir meine Erfahrung. Ich spiele seit 17 Jahren fast durchgehend in der Bundesliga.

DFB.de: Wie ordnen Sie Ihre Karriere im Rückblick bis jetzt selbst ein?

Nietgen: Die Titelgewinne mit Potsdam und Frankfurt waren überragend. Aber es gab auch schwierige Situationen. Ich denke zum Beispiel an meinen Abschied aus Frankfurt, der problematisch war oder an meinen Abstieg mit dem 1. FC Köln vor zwei Jahren. Das sind Dinge, die mich geprägt und mich zu der Person gemacht haben, die ich heute bin. Aus Niederlagen lernt man oft am meisten. Insgesamt geht es immer besser. Aber im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, so wie es gelaufen.

DFB.de: Sie haben oft ungewöhnliche Schritte gemacht: Zum Beispiel der Wechsel 2008 von Turbine Potsdam als eines der besten Teams weltweit zu diesem Zeitpunkt zu Lokomotive Leipzig in die 2. Bundesliga.

Nietgen: Ich stelle mich immer gerne neuen Herausforderungen. Ich bin ein Mensch, der sich in Gesprächen von bestimmten Projekten begeistern lässt. Dann bin ich bereit, auch den einen oder anderen Schritt zurückzugehen. Ich hatte das Glück, alles erleben zu können: Ich habe um Titel gespielt, um den Aufstieg, gegen den Abstieg. Das waren alles Ereignisse, die mich geprägt haben. Ich möchte nichts davon missen. Ich bin sicher nicht immer nur auf der Erfolgswelle mitgeschwommen. Auch wenn das vielleicht möglich gewesen wäre.

DFB.de: Sie sind seit 17 Jahren ganz oben dabei. Was hat Ihnen der Fußball in dieser Zeit gegeben?

Nietgen: Extrem viel. Als Sportlerin wird man ständig vor neue Entscheidungen gestellt. Fußball ist ein Mannschaftssport. Mal muss man sich unterordnen, mal muss man vorangehen. Das ist wie im normalen Leben. Ich bin mit mir im Reinen, auch wenn ich sicher Fehler gemacht habe.

DFB.de: Was bereuen Sie zum Beispiel?

Nietgen: Ach, ich möchte jetzt keine alten Wunden aufreißen. Klar ist aber, dass ich ein Mensch bin, der geradeaus ist und seine Meinung sagt. Charakterlich bin ich manchmal sehr impulsiv. Gleichzeitig bin ich jemand, der sich immer selbst hinterfragt und die Schuld eher bei sich selbst sucht als bei anderen. Ich bin älter und reifer geworden. Heute denke ich manchmal: "Okay, Peggy, in dem einen oder anderen Moment wäre es besser gewesen, einfach mal den Mund zu halten." Das habe ich nicht gemacht. Deshalb musste ich mit den Konsequenzen leben.

DFB.de: Wenn wir zum Abschluss noch den Blick nach vorne richten: Welche sportlichen Ziele verfolgen Sie noch?

Nietgen: Über allem steht im Moment der Klassenverbleib mit dem 1. FC Köln. Dafür werde ich alles tun, was in meiner Macht steht. Das ist für den Verein und den Frauenfußball in Köln super wichtig.

DFB.de: Wie lange wollen Sie noch auf dem Niveau Fußball spielen?

Nietgen: Gerne so lange, wie es mir möglich ist. Ich habe mir kein Limit gesetzt. Mir ist es wichtig, dass ich selbst irgendwann entscheide, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um Schluss zu machen. Ich möchte kein Ende, das zum Beispiel durch eine Verletzung fremdbestimmt wird. Vielleicht spiele ich noch ein Jahr, vielleicht noch fünf. Warten wir es ab. Ich weiß es selbst noch nicht. Im Moment fühle ich mich gut. Aber ich habe auch gelernt, dass es schwierig ist, im Leben etwas über einen längeren Zeitraum zu planen.

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