Niemeyer: "Vielleicht ein Wunder schaffen"

132 Pflichtspiele für Hertha BSC: Das ist die Bilanz von Peter Niemeyer, seit Sommer 2020 Sportdirektor beim SC Preußen Münster in der Regionalliga West. Heute (ab 18.30 Uhr, live bei Sky) kommt es im DFB-Pokal zum Wiedersehen. Im DFB.de-Interview spricht der 37 Jahre alte Ex-Profi über das Zweitrundenduell.

DFB.de: Ist mit dem Bundesligisten Hertha BSC Ihr persönliches Wunschlos für die zweite Runde im DFB-Pokal in Erfüllung gegangen, Herr Niemeyer?

Peter Niemeyer: Ich sehe das zwiegespalten. Persönlich: auf jeden Fall. Als Sportdirektor und aus Vereinssicht hätten wir uns eher einen Zweitligisten gewünscht. Allerdings war ohnehin klar, dass auf uns als Regionalligist nur schwere Aufgaben warten.

DFB.de: Welche Erlebnisse aus Ihrer Zeit in Berlin fallen Ihnen als erstes ein?

Niemeyer: Vor allem die beiden Bundesliga-Aufstiege als Mannschaftskapitän und Zweitliga-Meister. Dann natürlich noch die Stadtderbys gegen den 1. FC Union. Gleich bei meinem ersten Duell war mir sogar ein Treffer gelungen. Es gab aber auch Tiefen wie den Abstieg aus der Bundesliga. Der Platzsturm in der Relegation bei Fortuna Düsseldorf und die anschließende Gerichtsverhandlung war der wohl schwierigste Moment meiner Karriere. Insgesamt überwiegen aber ganz klar die schönen Erinnerungen. Die Heimspiele im Olympiastadion waren jedes Mal ein Highlight.

DFB.de: Ihre Profikarriere beendeten Sie nach drei Jahren beim SV Darmstadt 98. War eine Rückkehr nach Berlin ein Thema?

Niemeyer: Sportlich hatten sich unsere Wege getrennt, menschlich dagegen nicht. Obwohl ich mich dafür entschieden hatte, meine Karriere noch fortzusetzen, hatte ich von Hertha BSC einen Anschlussvertrag für die Zeit nach meiner aktiven Laufbahn bekommen. Darauf bin ich stolz. In Absprache mit dem Verein hatte ich mich dann allerdings entschieden, meinen eigenen Weg zu gehen. Der Schritt in die Niederlande zum FC Twente Enschede, bei dem ich auch den Schritt in den Profifußball geschafft hatte, war bewusst gewählt. Als "Head of Development" war ich Nachwuchsleiter und Co-Trainer bei den Profis. Zu jedem meiner Ex-Vereine ist ein gutes Verhältnis geblieben. Ich bin immer durch die Vordertür rein- oder rausgegangen. Darüber bin ich sehr glücklich.

DFB.de: Der SC Preußen Münster steht vor allem deshalb in der zweiten Runde, weil dem VfL Wolfsburg beim 3:1 nach Verlängerung in Münster ein Wechselfehler unterlaufen war. Spielt das in den Köpfen noch eine Rolle?

Niemeyer: Zunächst einmal: Dass ein Spielerwechsel zu viel vorgenommen wurde, ist nicht der Fehler eines Einzelnen. Da spielen mehrere Faktoren rein. Nach der Verhandlung haben wir uns auch nicht wirklich als Gewinner gefühlt. Da wir aber sportlich sehr nah an einer Überraschung dran waren, war der Schritt folgerichtig, wegen der sechsten Auswechslung Protest beim DFB-Sportgericht einzulegen. Die Motivation, jetzt auch sportlich noch eine Runde weiterzukommen, ist bei jedem spürbar.

DFB.de: Ist der Meisterschaftskonkurrent Rot-Weiss Essen, der in der zurückliegenden Saison im DFB-Pokal mehrere klassenhöhere Vereine besiegt und das Viertelfinale erreicht hatte, ein Vorbild?

Niemeyer: Dafür sind die Ausgangslagen zu individuell. Im Fußball lässt sich kaum eine Situation miteinander vergleichen. Was klar ist: Auch wir wollen im DFB-Pokal so weit wie möglich kommen. Uns ist aber bewusst, dass dafür alles zusammenkommen muss.

DFB.de: Was sagt das Weiterkommen der West-Regionalligisten über die Qualität der Liga aus?

Niemeyer: Während der Corona-Pandemie ist noch einmal deutlich geworden, auf welchem Niveau sich die Regionalliga West befindet. Als eine der ersten Staffeln waren wir wieder im Spielbetrieb. Die Regionalliga West wurde von den Behörden und in der öffentlichen Wahrnehmung als Profifußball anerkannt. Dass die U 23 von Borussia Dortmund als letztjähriger Meister - ähnlich wie ein Jahr zuvor schon der SC Verl - jetzt auch in der 3. Liga eine gute Rolle spielt, unterstreicht nochmals die Qualität.

DFB.de: Die Teilnahme an der zweiten Runde bedeutet auch Mehreinnahmen für den Verein. Wofür wird das Geld verwendet?

Niemeyer: Wir haben aktuell Pech mit einigen Verletzungen. So fällt mit Dennis Daube ein Führungsspieler wegen eines Kreuzbandrisses lange Zeit aus. Wir werden die Einnahmen allerdings punktuell einsetzen, um das Umfeld noch weiter zu verbessern. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit den Strukturen die Grundlage für langfristigen sportlichen Erfolg schaffen können. Gerade während der Corona-Pandemie tut das Geld, mit dem wir vorher nicht geplant hatten, besonders gut.

DFB.de: Seit 1985 findet das DFB-Pokalfinale in Berlin statt. Seitdem hat Hertha BSC auch den Wunschtraum, im eigenen Stadion im Endspiel zu stehen. Gelungen ist das nur der zweiten Mannschaft 1993. Wie wäre es für Sie, diesmal der "Spielverderber" zu sein?

Niemeyer: Schon zu meiner Zeit als Spieler bei Hertha BSC war das DFB-Pokalfinale ein sehr präsentes Thema und auch ein Saisonziel. Ich drücke dem Verein die Daumen, dass irgendwann das Endspiel im eigenen Stadion erreicht wird. In meiner Rolle als Sportdirektor von Preußen Münster sehe ich das differenzierter. Hertha BSC muss also hoffentlich noch zumindest ein Jahr warten.

DFB.de: Sie selbst kennen dagegen die Situation, im Endspiel zu stehen. Mit Werder Bremen haben Sie 2009 den Wettbewerb gewonnen. Was war das für ein Gefühl?

Niemeyer: Das war unbeschreiblich. Während meiner Karriere gab es nicht viele Gelegenheiten, einen Titel zu gewinnen. Daher ist das definitiv ein Highlight meiner aktiven Laufbahn. Werder Bremen hatte damals jedem Spieler eine Miniatur-Ausführung des Pokals anfertigen lassen. Meine Version habe ich bei mir im Wohnzimmer stehen. Ich werde also für immer an diesen Moment erinnert werden.

DFB.de: Wie wollen die Preußen Hertha BSC ein Bein stellen?

Niemeyer: Tugenden wie Leidenschaft sind für jeden unterklassigen Verein im DFB-Pokal unerlässlich. In der Regionalliga West gehört unsere Spielkultur zu unseren Stärken. Die wollen wir auch gegen einen Gegner wie Hertha BSC auf den Platz bringen. Unsere Fans werden für eine ganz besondere Atmosphäre sorgen. Gemeinsam können wir für einen unvergesslichen Abend sorgen und vielleicht ein Wunder schaffen, das nur alle paar Jahre auftritt. Dafür werden wir alles geben.

[mspw]

132 Pflichtspiele für Hertha BSC: Das ist die Bilanz von Peter Niemeyer, seit Sommer 2020 Sportdirektor beim SC Preußen Münster in der Regionalliga West. Heute (ab 18.30 Uhr, live bei Sky) kommt es im DFB-Pokal zum Wiedersehen. Im DFB.de-Interview spricht der 37 Jahre alte Ex-Profi über das Zweitrundenduell.

DFB.de: Ist mit dem Bundesligisten Hertha BSC Ihr persönliches Wunschlos für die zweite Runde im DFB-Pokal in Erfüllung gegangen, Herr Niemeyer?

Peter Niemeyer: Ich sehe das zwiegespalten. Persönlich: auf jeden Fall. Als Sportdirektor und aus Vereinssicht hätten wir uns eher einen Zweitligisten gewünscht. Allerdings war ohnehin klar, dass auf uns als Regionalligist nur schwere Aufgaben warten.

DFB.de: Welche Erlebnisse aus Ihrer Zeit in Berlin fallen Ihnen als erstes ein?

Niemeyer: Vor allem die beiden Bundesliga-Aufstiege als Mannschaftskapitän und Zweitliga-Meister. Dann natürlich noch die Stadtderbys gegen den 1. FC Union. Gleich bei meinem ersten Duell war mir sogar ein Treffer gelungen. Es gab aber auch Tiefen wie den Abstieg aus der Bundesliga. Der Platzsturm in der Relegation bei Fortuna Düsseldorf und die anschließende Gerichtsverhandlung war der wohl schwierigste Moment meiner Karriere. Insgesamt überwiegen aber ganz klar die schönen Erinnerungen. Die Heimspiele im Olympiastadion waren jedes Mal ein Highlight.

DFB.de: Ihre Profikarriere beendeten Sie nach drei Jahren beim SV Darmstadt 98. War eine Rückkehr nach Berlin ein Thema?

Niemeyer: Sportlich hatten sich unsere Wege getrennt, menschlich dagegen nicht. Obwohl ich mich dafür entschieden hatte, meine Karriere noch fortzusetzen, hatte ich von Hertha BSC einen Anschlussvertrag für die Zeit nach meiner aktiven Laufbahn bekommen. Darauf bin ich stolz. In Absprache mit dem Verein hatte ich mich dann allerdings entschieden, meinen eigenen Weg zu gehen. Der Schritt in die Niederlande zum FC Twente Enschede, bei dem ich auch den Schritt in den Profifußball geschafft hatte, war bewusst gewählt. Als "Head of Development" war ich Nachwuchsleiter und Co-Trainer bei den Profis. Zu jedem meiner Ex-Vereine ist ein gutes Verhältnis geblieben. Ich bin immer durch die Vordertür rein- oder rausgegangen. Darüber bin ich sehr glücklich.

DFB.de: Der SC Preußen Münster steht vor allem deshalb in der zweiten Runde, weil dem VfL Wolfsburg beim 3:1 nach Verlängerung in Münster ein Wechselfehler unterlaufen war. Spielt das in den Köpfen noch eine Rolle?

Niemeyer: Zunächst einmal: Dass ein Spielerwechsel zu viel vorgenommen wurde, ist nicht der Fehler eines Einzelnen. Da spielen mehrere Faktoren rein. Nach der Verhandlung haben wir uns auch nicht wirklich als Gewinner gefühlt. Da wir aber sportlich sehr nah an einer Überraschung dran waren, war der Schritt folgerichtig, wegen der sechsten Auswechslung Protest beim DFB-Sportgericht einzulegen. Die Motivation, jetzt auch sportlich noch eine Runde weiterzukommen, ist bei jedem spürbar.

DFB.de: Ist der Meisterschaftskonkurrent Rot-Weiss Essen, der in der zurückliegenden Saison im DFB-Pokal mehrere klassenhöhere Vereine besiegt und das Viertelfinale erreicht hatte, ein Vorbild?

Niemeyer: Dafür sind die Ausgangslagen zu individuell. Im Fußball lässt sich kaum eine Situation miteinander vergleichen. Was klar ist: Auch wir wollen im DFB-Pokal so weit wie möglich kommen. Uns ist aber bewusst, dass dafür alles zusammenkommen muss.

DFB.de: Was sagt das Weiterkommen der West-Regionalligisten über die Qualität der Liga aus?

Niemeyer: Während der Corona-Pandemie ist noch einmal deutlich geworden, auf welchem Niveau sich die Regionalliga West befindet. Als eine der ersten Staffeln waren wir wieder im Spielbetrieb. Die Regionalliga West wurde von den Behörden und in der öffentlichen Wahrnehmung als Profifußball anerkannt. Dass die U 23 von Borussia Dortmund als letztjähriger Meister - ähnlich wie ein Jahr zuvor schon der SC Verl - jetzt auch in der 3. Liga eine gute Rolle spielt, unterstreicht nochmals die Qualität.

DFB.de: Die Teilnahme an der zweiten Runde bedeutet auch Mehreinnahmen für den Verein. Wofür wird das Geld verwendet?

Niemeyer: Wir haben aktuell Pech mit einigen Verletzungen. So fällt mit Dennis Daube ein Führungsspieler wegen eines Kreuzbandrisses lange Zeit aus. Wir werden die Einnahmen allerdings punktuell einsetzen, um das Umfeld noch weiter zu verbessern. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit den Strukturen die Grundlage für langfristigen sportlichen Erfolg schaffen können. Gerade während der Corona-Pandemie tut das Geld, mit dem wir vorher nicht geplant hatten, besonders gut.

DFB.de: Seit 1985 findet das DFB-Pokalfinale in Berlin statt. Seitdem hat Hertha BSC auch den Wunschtraum, im eigenen Stadion im Endspiel zu stehen. Gelungen ist das nur der zweiten Mannschaft 1993. Wie wäre es für Sie, diesmal der "Spielverderber" zu sein?

Niemeyer: Schon zu meiner Zeit als Spieler bei Hertha BSC war das DFB-Pokalfinale ein sehr präsentes Thema und auch ein Saisonziel. Ich drücke dem Verein die Daumen, dass irgendwann das Endspiel im eigenen Stadion erreicht wird. In meiner Rolle als Sportdirektor von Preußen Münster sehe ich das differenzierter. Hertha BSC muss also hoffentlich noch zumindest ein Jahr warten.

DFB.de: Sie selbst kennen dagegen die Situation, im Endspiel zu stehen. Mit Werder Bremen haben Sie 2009 den Wettbewerb gewonnen. Was war das für ein Gefühl?

Niemeyer: Das war unbeschreiblich. Während meiner Karriere gab es nicht viele Gelegenheiten, einen Titel zu gewinnen. Daher ist das definitiv ein Highlight meiner aktiven Laufbahn. Werder Bremen hatte damals jedem Spieler eine Miniatur-Ausführung des Pokals anfertigen lassen. Meine Version habe ich bei mir im Wohnzimmer stehen. Ich werde also für immer an diesen Moment erinnert werden.

DFB.de: Wie wollen die Preußen Hertha BSC ein Bein stellen?

Niemeyer: Tugenden wie Leidenschaft sind für jeden unterklassigen Verein im DFB-Pokal unerlässlich. In der Regionalliga West gehört unsere Spielkultur zu unseren Stärken. Die wollen wir auch gegen einen Gegner wie Hertha BSC auf den Platz bringen. Unsere Fans werden für eine ganz besondere Atmosphäre sorgen. Gemeinsam können wir für einen unvergesslichen Abend sorgen und vielleicht ein Wunder schaffen, das nur alle paar Jahre auftritt. Dafür werden wir alles geben.

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