NFL-Star Werner: "Ich muss den Quarterback umhauen"

Fairmont Hotel, Washington, neunter Stock. Björn Werner ist etwas verlegen. Rund vier Millionen Dollar seines NFL-Vertrages sind garantiert, der 22-Jährige ist Millionär. Vor wenigen Wochen nahmen ihn die Indianapolis Colts unter Vertrag. Sie wählten ihn in der ersten Runde der NFL-Draft. Keinem Deutschen war Gleiches bis jetzt gelungen. Doch hier und jetzt soll er den deutschen Nationalspielern über das Leben in der NFL berichten. Der Football-Star ist beeindruckt. Miro Klose, Poldi, Merte, Julian Draxler – das waren und sind auch seine Helden. "Hey, ich bin Deutscher, ich bin ein großer Fan von euch allen und sehr aufgeregt, hier sein zu können", sagt er.

Dann aber berichtet der gebürtige Berliner doch – von einem harten Leben als Footballprofi. Eingeladen hatte ihn Teammanager Oliver Bierhoff. Immer wieder mal sollen junge Sportler aus anderen Profiligen Einblicke geben. Im Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth spricht der NFL-Spieler über seine Karriere und die Sicht eines Footballers auf den deutschen Fußball.

DFB.de: Die NFL-Saison startet erst im September, doch die Colts haben bereits das komplette Team zum ersten Mini-Camp versammelt. Wie waren die ersten Tage in der knallharten NFL?

Björn Werner: Zuerst waren nur die Rookies dort, die neuen Spieler, aber die vergangenen zwei Wochen standen alle 90 Spieler auf dem Footballfeld. Der Wettbewerb war krass, das Niveau richtig hoch. Alles ist so unglaublich viel schneller. Von der High School ins College war es ein Sprung, und den erlebe ich jetzt wieder. Selten schaffen es Frischlinge in die Startformation. Ausnahmen gibt es auch: Robert Griffin Jr. in Washington, auch unser Quarterback, Andrew Luck.

DFB.de: Der hat Sie im April angerufen. Die NFL hatte sie zur Draft nach New York in die Radio City Music Hall eingeladen. Nach drei Stunden Warten nahmen die Colts Sie unter Vertrag, und prompt rief der Star-Quarterback bei Ihnen an. Toll, oder?

Werner: Er spricht etwas Deutsch, denn sein Vater Oliver Luck lebte in Frankfurt und London, er war General Manager der Frankfurt Galaxy. Also kann Andrew ein paar Brocken Deutsch. Wir reden auch im Training und alle regen sich immer auf. "Redet Englisch, wir sind in den USA."

DFB.de: Sind Sie denn schon ein halber Amerikaner?

Werner: Auf jeden Fall, ich lebe schon seit fünf Jahren in dem Land, habe ja für die Florida State Seminoles im College gespielt. Meine Frau Denise ist auch Deutsche, zu hause reden wir Deutsch. Aber wir merken selbst, wie unser Satzbau immer amerikanischer wird oder uns manchmal das englische Wort zuerst einfällt.

DFB.de: Sie wurden in der ersten Runde gedraftet, gerade haben Sie mit Ihrer Frau ein Haus in Indianapolis gekauft. Es läuft ganz gut, oder?

Werner: Und dann meldet sich bei meiner Agentur auch noch Oliver Bierhoff. Das Schlimmste war: die Sekretärin – eine Amerikanerin - kannte ihn nicht, während ich natürlich aus allen Wolken gefallen bin. Der Fußball hat’s noch schwer in Amerika.

DFB.de: Und der Football in Europa. Sie sind ein Defensive End – was muss man auf dieser Position eigentlich machen?

Werner: Als Defensive End muss ich Druck auf den gegnerischen Spielmacher ausüben. Ich muss den Quarterback umhauen, darum geht es. Wenn ich ihn hinter der Linie zu Boden bringe, nennt man das einen ‚Sack’. Im Schnitt braucht ein guter Quarterback 2,6 Sekunden, um einen Pass zu werfen. Im Idealfall bin ich schneller an ihm dran. Das Problem ist, dass 150 Kilo-Kerle für ihn blocken und versuchen, ihn zu beschützen. An denen muss ich vorbei - mit Gewalt oder Finesse.

DFB.de: Klingt nach Spaß.

Werner: Der Quarterback ist die wichtigste Position und bekommt in ziemlich jedem NFL-Team das höchste Gehalt. Der linke Tackle muss ihn besonders beschützen, und kriegt deshalb auch noch einen Batzen. Aber wir Defensive Ends müssen ihn abräumen. Und das wird auch gut bezahlt.

DFB.de: Was sind 'Swim' und 'Rip'?

Werner: Das sind zwei Techniken, um am Blocker vorbeizukommen. Meine Hände sind meine Waffen. Wenn dich so ein Zwei-Meter-Koloss mit seinen langen Armen auf Abstand hält, musst du irgendwie von ihm loskommen. Weil mein eigentliches Ziel ja der Quarterback ist. Beim ‚Swim Move’ mache ich eine Kraulbewegung über die Schulter des Gegners und drücke ihn weg. Beim „Rip“ reißt man den Arm nach oben, um den Gegner aufrecht zu stellen. Dann kann ich leichter vorbeigehen.

DFB.de: Wie lang sind die Trainingstage bei den Colts?

Werner: Ich stehe morgens gegen sechs Uhr auf, und bin erst gegen 18 Uhr wieder zu hause. Trainiert wird nur etwa zwei Stunden, aber dazu kommen Fitness- und Krafttrainings, Meetings und Videoanalyse. Wer viel weiß, spielt besser.

DFB.de: Dwight Freeney, über Jahre der beste Verteidiger im Klub, hat die Colts gerade verlassen. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Werner: Ganz gute, schon in den ersten Trainingseinheiten stand ich viel auf dem Platz. Dass Freeney weg ist, erhöht meine Einsatzchancen. Aber der Konkurrenzkampf ist hart, nichts ist wirklich garantiert. Im Schnitt 'überlebt' ein Profi drei Jahre in der NFL.

DFB.de: Was für ein Ziel setzen sich die Colts?

Werner: Super Bowl. Die Colts haben vor ein paar Jahren, als Peyton Manning hier noch Quarterback war, das Endspiel gewonnen. Das muss jetzt wieder unser Ziel sein.

DFB.de: Gegen wen startet Indianapolis in die Saison?

Werner: Gegen die Oakland Raiders?

DFB.de: Schlagbar, oder?

Werner: Das Leistungsgefälle in der NFL ist eher flach. Seit 2000 haben neun verschiedene Klubs das Super-Bowl-Endspiel gewonnen. Jeder kann jeden schlagen, auch die Raiders uns.

DFB.de: Sie hätten auch Fußballer werden können. Wo haben Sie gespielt?

Werner: Bei einem Klub in Berlin-Wedding. Meine Freunde aus dem Klub haben die gleiche Schule wie Jerome Boatengs Brüder Kevin-Prince und George besucht. Ich habe gerne Fußball gespielt, aber schon mit 12 Jahren war ich zu groß und zu schwer. Dann fing ich mit dem Football an. Ist ganz gut gelaufen.

DFB.de: Was drücken Sie auf der Bank?

Werner: Das Combine ist so eine Art zentrales Sichtungstraining der NFL. Über vier Tage wird dort jeder College-Spieler unter die Lupe genommen. Alleine die medizinische Untersuchung dauert einen ganzen Tag. Jedenfalls musste ich irgendwann auf eine Bühne, im Saal saßen 300 NFL-Coaches, und dann musste man auf Wiederholung 100 Kilogramm drücken. Das habe ich 25 Mal geschafft. Maximalkraft schaffe ich knapp 200 Kilo. Das ist nicht schlecht, aber auch nicht Spitze. Mich gibt’s eher im Paket. Ich bin stark und schnell.

DFB.de: Wie schnell laufen sie die typische Footballstrecke von 40 Yards, also etwa 38 Meter?

Werner: Die bin ich beim Combine in 4,8 Sekunden gelaufen. Aber richtig ausdauernd rennen können wir Footballer nicht. Wir laufen immer nur Intervalle. So lange wie ein Fußballer, mehr als zehn Kilometer in einem Spiel – das würde ich nie packen.

Das komplette Interview sehen Sie hier.

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Fairmont Hotel, Washington, neunter Stock. Björn Werner ist etwas verlegen. Rund vier Millionen Dollar seines NFL-Vertrages sind garantiert, der 22-Jährige ist Millionär. Vor wenigen Wochen nahmen ihn die Indianapolis Colts unter Vertrag. Sie wählten ihn in der ersten Runde der NFL-Draft. Keinem Deutschen war Gleiches bis jetzt gelungen. Doch hier und jetzt soll er den deutschen Nationalspielern über das Leben in der NFL berichten. Der Football-Star ist beeindruckt. Miro Klose, Poldi, Merte, Julian Draxler – das waren und sind auch seine Helden. "Hey, ich bin Deutscher, ich bin ein großer Fan von euch allen und sehr aufgeregt, hier sein zu können", sagt er.

Dann aber berichtet der gebürtige Berliner doch – von einem harten Leben als Footballprofi. Eingeladen hatte ihn Teammanager Oliver Bierhoff. Immer wieder mal sollen junge Sportler aus anderen Profiligen Einblicke geben. Im Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth spricht der NFL-Spieler über seine Karriere und die Sicht eines Footballers auf den deutschen Fußball.

DFB.de: Die NFL-Saison startet erst im September, doch die Colts haben bereits das komplette Team zum ersten Mini-Camp versammelt. Wie waren die ersten Tage in der knallharten NFL?

Björn Werner: Zuerst waren nur die Rookies dort, die neuen Spieler, aber die vergangenen zwei Wochen standen alle 90 Spieler auf dem Footballfeld. Der Wettbewerb war krass, das Niveau richtig hoch. Alles ist so unglaublich viel schneller. Von der High School ins College war es ein Sprung, und den erlebe ich jetzt wieder. Selten schaffen es Frischlinge in die Startformation. Ausnahmen gibt es auch: Robert Griffin Jr. in Washington, auch unser Quarterback, Andrew Luck.

DFB.de: Der hat Sie im April angerufen. Die NFL hatte sie zur Draft nach New York in die Radio City Music Hall eingeladen. Nach drei Stunden Warten nahmen die Colts Sie unter Vertrag, und prompt rief der Star-Quarterback bei Ihnen an. Toll, oder?

Werner: Er spricht etwas Deutsch, denn sein Vater Oliver Luck lebte in Frankfurt und London, er war General Manager der Frankfurt Galaxy. Also kann Andrew ein paar Brocken Deutsch. Wir reden auch im Training und alle regen sich immer auf. "Redet Englisch, wir sind in den USA."

DFB.de: Sind Sie denn schon ein halber Amerikaner?

Werner: Auf jeden Fall, ich lebe schon seit fünf Jahren in dem Land, habe ja für die Florida State Seminoles im College gespielt. Meine Frau Denise ist auch Deutsche, zu hause reden wir Deutsch. Aber wir merken selbst, wie unser Satzbau immer amerikanischer wird oder uns manchmal das englische Wort zuerst einfällt.

DFB.de: Sie wurden in der ersten Runde gedraftet, gerade haben Sie mit Ihrer Frau ein Haus in Indianapolis gekauft. Es läuft ganz gut, oder?

Werner: Und dann meldet sich bei meiner Agentur auch noch Oliver Bierhoff. Das Schlimmste war: die Sekretärin – eine Amerikanerin - kannte ihn nicht, während ich natürlich aus allen Wolken gefallen bin. Der Fußball hat’s noch schwer in Amerika.

DFB.de: Und der Football in Europa. Sie sind ein Defensive End – was muss man auf dieser Position eigentlich machen?

Werner: Als Defensive End muss ich Druck auf den gegnerischen Spielmacher ausüben. Ich muss den Quarterback umhauen, darum geht es. Wenn ich ihn hinter der Linie zu Boden bringe, nennt man das einen ‚Sack’. Im Schnitt braucht ein guter Quarterback 2,6 Sekunden, um einen Pass zu werfen. Im Idealfall bin ich schneller an ihm dran. Das Problem ist, dass 150 Kilo-Kerle für ihn blocken und versuchen, ihn zu beschützen. An denen muss ich vorbei - mit Gewalt oder Finesse.

DFB.de: Klingt nach Spaß.

Werner: Der Quarterback ist die wichtigste Position und bekommt in ziemlich jedem NFL-Team das höchste Gehalt. Der linke Tackle muss ihn besonders beschützen, und kriegt deshalb auch noch einen Batzen. Aber wir Defensive Ends müssen ihn abräumen. Und das wird auch gut bezahlt.

DFB.de: Was sind 'Swim' und 'Rip'?

Werner: Das sind zwei Techniken, um am Blocker vorbeizukommen. Meine Hände sind meine Waffen. Wenn dich so ein Zwei-Meter-Koloss mit seinen langen Armen auf Abstand hält, musst du irgendwie von ihm loskommen. Weil mein eigentliches Ziel ja der Quarterback ist. Beim ‚Swim Move’ mache ich eine Kraulbewegung über die Schulter des Gegners und drücke ihn weg. Beim „Rip“ reißt man den Arm nach oben, um den Gegner aufrecht zu stellen. Dann kann ich leichter vorbeigehen.

DFB.de: Wie lang sind die Trainingstage bei den Colts?

Werner: Ich stehe morgens gegen sechs Uhr auf, und bin erst gegen 18 Uhr wieder zu hause. Trainiert wird nur etwa zwei Stunden, aber dazu kommen Fitness- und Krafttrainings, Meetings und Videoanalyse. Wer viel weiß, spielt besser.

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DFB.de: Dwight Freeney, über Jahre der beste Verteidiger im Klub, hat die Colts gerade verlassen. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Werner: Ganz gute, schon in den ersten Trainingseinheiten stand ich viel auf dem Platz. Dass Freeney weg ist, erhöht meine Einsatzchancen. Aber der Konkurrenzkampf ist hart, nichts ist wirklich garantiert. Im Schnitt 'überlebt' ein Profi drei Jahre in der NFL.

DFB.de: Was für ein Ziel setzen sich die Colts?

Werner: Super Bowl. Die Colts haben vor ein paar Jahren, als Peyton Manning hier noch Quarterback war, das Endspiel gewonnen. Das muss jetzt wieder unser Ziel sein.

DFB.de: Gegen wen startet Indianapolis in die Saison?

Werner: Gegen die Oakland Raiders?

DFB.de: Schlagbar, oder?

Werner: Das Leistungsgefälle in der NFL ist eher flach. Seit 2000 haben neun verschiedene Klubs das Super-Bowl-Endspiel gewonnen. Jeder kann jeden schlagen, auch die Raiders uns.

DFB.de: Sie hätten auch Fußballer werden können. Wo haben Sie gespielt?

Werner: Bei einem Klub in Berlin-Wedding. Meine Freunde aus dem Klub haben die gleiche Schule wie Jerome Boatengs Brüder Kevin-Prince und George besucht. Ich habe gerne Fußball gespielt, aber schon mit 12 Jahren war ich zu groß und zu schwer. Dann fing ich mit dem Football an. Ist ganz gut gelaufen.

DFB.de: Was drücken Sie auf der Bank?

Werner: Das Combine ist so eine Art zentrales Sichtungstraining der NFL. Über vier Tage wird dort jeder College-Spieler unter die Lupe genommen. Alleine die medizinische Untersuchung dauert einen ganzen Tag. Jedenfalls musste ich irgendwann auf eine Bühne, im Saal saßen 300 NFL-Coaches, und dann musste man auf Wiederholung 100 Kilogramm drücken. Das habe ich 25 Mal geschafft. Maximalkraft schaffe ich knapp 200 Kilo. Das ist nicht schlecht, aber auch nicht Spitze. Mich gibt’s eher im Paket. Ich bin stark und schnell.

DFB.de: Wie schnell laufen sie die typische Footballstrecke von 40 Yards, also etwa 38 Meter?

Werner: Die bin ich beim Combine in 4,8 Sekunden gelaufen. Aber richtig ausdauernd rennen können wir Footballer nicht. Wir laufen immer nur Intervalle. So lange wie ein Fußballer, mehr als zehn Kilometer in einem Spiel – das würde ich nie packen.

Das komplette Interview sehen Sie hier.