Nationalspielerin Knaak: "Alle sehnen sich nach Normalität"

Die Corona-Pandemie zwingt Turid Knaak gerade dazu, doppelt im Homeoffice zu arbeiten. Einmal als Dozentin an der Uni Köln und einmal als Nationalspielerin der SGS Essen in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Im DFB.de-Interview erklärt die 29 Jahre alte Mittelfeldspielerin, wie sie digitale Prüfungen plant, wie sie sich fit hält und wie sie das Beste aus der Situation macht.

DFB.de: Turid, normalerweise spielt sich Ihr Leben hauptsächlich an der Uni Köln, bei der SGS Essen oder auf der Autobahn ab. Im Moment ist auch bei Ihnen alles anders.

Turid Knaak: Ich befinde mich derzeit wie viele andere auch im Homeoffice – und das sogar in doppelter Hinsicht. An der Uni bin ich als Dozentin tätig. Mit den Studentinnen und Studenten ist derzeit kein persönlicher Kontakt möglich. Ich versuche, den Lehrbetrieb so weit es geht aus dem Homeoffice aufrecht zu halten. Wahrscheinlich wird das ganze Sommersemester so ablaufen.

DFB.de: Wie läuft das konkret?

Knaak: Ich gebe Seminare online von zuhause aus. Da ich auch vor Corona schon regelmäßig ein bis zwei Tage die Woche aus dem Homeoffice gearbeitet habe, bin ich in dieser Hinsicht gut ausgestattet. Ich habe in meiner Wohnung ein kleines Büro und von dort Zugriff auf alle relevanten Informationen und Netzwerke. Das ist für mich nichts Neues. Ungewöhnlich ist es aber schon, dass man die Studierenden während eines gesamten Semesters wahrscheinlich nicht einmal persönlich zu Gesicht bekommt. Das wird eine große Herausforderung für alle.

DFB.de: Wie schwierig ist es, wenn der persönliche Kontakt zu den Studierenden plötzlich wegfällt?

Knaak: Man muss da etwas differenzieren. Der Austausch an der Uni zwischen Dozenten und Studierenden ist nicht so eng wie beispielsweise zwischen Lehrern und Schülern. Das liegt alleine schon daran, dass ich die meisten Studierenden nur ein Semester lang habe. Was aber aktuell leider wegfällt, ist die Möglichkeit für die Studierenden, einfachere Fragen nach dem Seminar zu stellen. Da wird der persönliche Kontakt schon fehlen. Das läuft derzeit eher per Mail. Das merke ich deutlich daran, dass wesentlich mehr Nachrichten in meinem Postfach einlaufen. Die digitalen Kanäle gewinnen aktuell sehr an Bedeutung.

DFB.de: Nutzen Sie für digitale Seminare Plattformen wie Zoom?

Knaak: Da bin ich eher vorsichtig. Man hat ja zuletzt viel Negatives gehört, auch im Hinblick auf die Sicherheit der verschiedenen Dienste. Ich nutze eher die Online-Tools, die uns von der Uni auch schon vor der Krise zur Verfügung gestellt wurden.

DFB.de: Und wie sollen die Prüfungen ablaufen?

Knaak: Einige Klausuren wurden zunächst verschoben, vor allem die mündlichen Prüfungen. Wir überlegen gerade in unserem Institut, wie alternative Prüfungsformen aussehen könnten. Da entwickeln wir im Moment einen Fahrplan für das Semester.

DFB.de: Wie erleben Sie die Corona-Pandemie in Ihrem persönlichen Umfeld?

Knaak: Die Stimmung ist angespannt. Natürlich habe ich in der Familie auch Personen, die zur Risikogruppe gehören. Bis jetzt gab es in meinem direkten Umfeld zum Glück noch keinen Corona-Fall. Aber grundsätzlich stelle ich mir auch die Frage, wie weit man noch Kontakt zur Familie suchen kann und darf. Es ist ja auch keine Lösung, die Verbindung vollständig abzubrechen. Ostern haben wir uns teilweise gesehen, aber natürlich immer unter den vorgegebenen Bestimmungen. Es ist schon für alle eine sehr schwierige Situation. Alle sehnen sich nach Normalität. Aber wie sieht diese dann aus? Das ist eine Frage, die im Moment wahrscheinlich niemand seriös beantworten kann.

DFB.de: Wie gehen Sie als Nationalspielerin damit um, im Moment kein Fußball spielen zu können?

Knaak: Auch das macht mir zu schaffen. Ich habe vom Verein und dem DFB Pläne bekommen, wie ich mich fit halten kann. Kraft, Ausdauer, Sprintprogramme – da ist alles dabei. Aber das ersetzt kein Mannschaftstraining und ein Pflichtspiel sowieso nicht.

DFB.de: Haben Sie denn die Voraussetzungen, um die Pläne umzusetzen?

Knaak: Ja, das ist eigentlich kein Problem. Ich wohne sehr ländlich, da gibt es genügend Möglichkeiten, um die Laufeinheiten durchzuführen. In der Garage habe ich mir inzwischen einen kleinen Fitnessraum eingerichtet, in dem ich meine Übungen absolvieren kann. Das klappt soweit ganz gut.

DFB.de: Und wie halten Sie sich fußballerisch fit?

Knaak: Ich gehe öfters mit meinem Freund auf einer Wiese neben unserer Wohnung Fußball spielen, damit ich das Gefühl für den Ball nicht verliere.

DFB.de: Wie sehr fehlt Ihnen denn die Gemeinschaft in der Kabine?

Knaak: Sehr! Das ist ja eigentlich das Schönste am Mannschaftssport. Ich bin es gewohnt, dass man sich fast täglich in der Kabine sieht und die neuesten Geschichten austauscht. Das fällt im Moment alles weg. Klar telefoniere oder schreibe ich auch derzeit mit der einen oder anderen Mitspielerin. Aber das alles ersetzt nicht den persönlichen Austausch in der Kabine. Das ist total schade. Vor allem, weil wir total plötzlich aus unserem Alltag rausgerissen wurden. Wir haben an einem Freitag erfahren, dass ab sofort kein Training mehr stattfinden wird. Das war schon krass.

DFB.de: Wann haben Sie denn zuletzt "richtig" Fußball gespielt?

Knaak: Gefühlt ist das schon unfassbar lange her. Ich vermisse den Fußball sehr. Nicht nur selbst zu spielen, sondern auch zu schauen. Das letzte Pflichtspiel, das ich bestritten habe, war mit der Nationalmannschaft beim Algarve Cup gegen Norwegen. Das war das letzte Mal Fußball für mich. Seitdem ist alles vorbei.

DFB.de: Haben die Corona-Einschränkungen bei allen Problemen für Sie auch einen positiven Aspekt?

Knaak: Ich bin ein Typ, der versucht, aus jeder Situation etwas Positives zu ziehen. So ist es auch in diesem Fall – bei allen Problemen und schlimmen Ereignissen der vergangenen Tage und Wochen. Normalerweise war mein Leben geprägt von Stress und Hektik. Ich habe fast jeden Tag drei oder mehr Stunden auf der Autobahn verbracht. Wie oft habe ich mich geärgert, wenn ich im Stau zwischen Köln und Essen gestanden habe? Das ist jetzt ist anders. Ich spüre, dass ich gerade etwas entschleunigen und mich auf Dinge konzentrieren kann, zu denen ich vorher keine Zeit hatte. Das ist ein schöner Nebeneffekt.

DFB.de: Zum Beispiel?

Knaak: Ich glaube, dass mein Garten in diesem Jahr so schön und ordentlich aussehen wird, wie nie zuvor. Seitdem das Wetter so angenehm ist, habe ich dort viel Zeit verbracht und viele Dinge erledigen können. Sonst ist die Hecke vielleicht das ganze Jahr nicht geschnitten worden. Im Moment habe ich Zeit, um alles auf Vordermann zu bringen. Das sind Kleinigkeiten, über die man sich in dieser schwierigen Zeit freuen kann. Aber die Sehnsucht nach dem Fußball wird trotzdem jeden Tag größer. Vielleicht können wir die Saison noch zu Ende bringen. Darauf hoffen wir alle. Andererseits gibt es derzeit andere Dinge, die viel, viel wichtiger sind.

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Die Corona-Pandemie zwingt Turid Knaak gerade dazu, doppelt im Homeoffice zu arbeiten. Einmal als Dozentin an der Uni Köln und einmal als Nationalspielerin der SGS Essen in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Im DFB.de-Interview erklärt die 29 Jahre alte Mittelfeldspielerin, wie sie digitale Prüfungen plant, wie sie sich fit hält und wie sie das Beste aus der Situation macht.

DFB.de: Turid, normalerweise spielt sich Ihr Leben hauptsächlich an der Uni Köln, bei der SGS Essen oder auf der Autobahn ab. Im Moment ist auch bei Ihnen alles anders.

Turid Knaak: Ich befinde mich derzeit wie viele andere auch im Homeoffice – und das sogar in doppelter Hinsicht. An der Uni bin ich als Dozentin tätig. Mit den Studentinnen und Studenten ist derzeit kein persönlicher Kontakt möglich. Ich versuche, den Lehrbetrieb so weit es geht aus dem Homeoffice aufrecht zu halten. Wahrscheinlich wird das ganze Sommersemester so ablaufen.

DFB.de: Wie läuft das konkret?

Knaak: Ich gebe Seminare online von zuhause aus. Da ich auch vor Corona schon regelmäßig ein bis zwei Tage die Woche aus dem Homeoffice gearbeitet habe, bin ich in dieser Hinsicht gut ausgestattet. Ich habe in meiner Wohnung ein kleines Büro und von dort Zugriff auf alle relevanten Informationen und Netzwerke. Das ist für mich nichts Neues. Ungewöhnlich ist es aber schon, dass man die Studierenden während eines gesamten Semesters wahrscheinlich nicht einmal persönlich zu Gesicht bekommt. Das wird eine große Herausforderung für alle.

DFB.de: Wie schwierig ist es, wenn der persönliche Kontakt zu den Studierenden plötzlich wegfällt?

Knaak: Man muss da etwas differenzieren. Der Austausch an der Uni zwischen Dozenten und Studierenden ist nicht so eng wie beispielsweise zwischen Lehrern und Schülern. Das liegt alleine schon daran, dass ich die meisten Studierenden nur ein Semester lang habe. Was aber aktuell leider wegfällt, ist die Möglichkeit für die Studierenden, einfachere Fragen nach dem Seminar zu stellen. Da wird der persönliche Kontakt schon fehlen. Das läuft derzeit eher per Mail. Das merke ich deutlich daran, dass wesentlich mehr Nachrichten in meinem Postfach einlaufen. Die digitalen Kanäle gewinnen aktuell sehr an Bedeutung.

DFB.de: Nutzen Sie für digitale Seminare Plattformen wie Zoom?

Knaak: Da bin ich eher vorsichtig. Man hat ja zuletzt viel Negatives gehört, auch im Hinblick auf die Sicherheit der verschiedenen Dienste. Ich nutze eher die Online-Tools, die uns von der Uni auch schon vor der Krise zur Verfügung gestellt wurden.

DFB.de: Und wie sollen die Prüfungen ablaufen?

Knaak: Einige Klausuren wurden zunächst verschoben, vor allem die mündlichen Prüfungen. Wir überlegen gerade in unserem Institut, wie alternative Prüfungsformen aussehen könnten. Da entwickeln wir im Moment einen Fahrplan für das Semester.

DFB.de: Wie erleben Sie die Corona-Pandemie in Ihrem persönlichen Umfeld?

Knaak: Die Stimmung ist angespannt. Natürlich habe ich in der Familie auch Personen, die zur Risikogruppe gehören. Bis jetzt gab es in meinem direkten Umfeld zum Glück noch keinen Corona-Fall. Aber grundsätzlich stelle ich mir auch die Frage, wie weit man noch Kontakt zur Familie suchen kann und darf. Es ist ja auch keine Lösung, die Verbindung vollständig abzubrechen. Ostern haben wir uns teilweise gesehen, aber natürlich immer unter den vorgegebenen Bestimmungen. Es ist schon für alle eine sehr schwierige Situation. Alle sehnen sich nach Normalität. Aber wie sieht diese dann aus? Das ist eine Frage, die im Moment wahrscheinlich niemand seriös beantworten kann.

DFB.de: Wie gehen Sie als Nationalspielerin damit um, im Moment kein Fußball spielen zu können?

Knaak: Auch das macht mir zu schaffen. Ich habe vom Verein und dem DFB Pläne bekommen, wie ich mich fit halten kann. Kraft, Ausdauer, Sprintprogramme – da ist alles dabei. Aber das ersetzt kein Mannschaftstraining und ein Pflichtspiel sowieso nicht.

DFB.de: Haben Sie denn die Voraussetzungen, um die Pläne umzusetzen?

Knaak: Ja, das ist eigentlich kein Problem. Ich wohne sehr ländlich, da gibt es genügend Möglichkeiten, um die Laufeinheiten durchzuführen. In der Garage habe ich mir inzwischen einen kleinen Fitnessraum eingerichtet, in dem ich meine Übungen absolvieren kann. Das klappt soweit ganz gut.

DFB.de: Und wie halten Sie sich fußballerisch fit?

Knaak: Ich gehe öfters mit meinem Freund auf einer Wiese neben unserer Wohnung Fußball spielen, damit ich das Gefühl für den Ball nicht verliere.

DFB.de: Wie sehr fehlt Ihnen denn die Gemeinschaft in der Kabine?

Knaak: Sehr! Das ist ja eigentlich das Schönste am Mannschaftssport. Ich bin es gewohnt, dass man sich fast täglich in der Kabine sieht und die neuesten Geschichten austauscht. Das fällt im Moment alles weg. Klar telefoniere oder schreibe ich auch derzeit mit der einen oder anderen Mitspielerin. Aber das alles ersetzt nicht den persönlichen Austausch in der Kabine. Das ist total schade. Vor allem, weil wir total plötzlich aus unserem Alltag rausgerissen wurden. Wir haben an einem Freitag erfahren, dass ab sofort kein Training mehr stattfinden wird. Das war schon krass.

DFB.de: Wann haben Sie denn zuletzt "richtig" Fußball gespielt?

Knaak: Gefühlt ist das schon unfassbar lange her. Ich vermisse den Fußball sehr. Nicht nur selbst zu spielen, sondern auch zu schauen. Das letzte Pflichtspiel, das ich bestritten habe, war mit der Nationalmannschaft beim Algarve Cup gegen Norwegen. Das war das letzte Mal Fußball für mich. Seitdem ist alles vorbei.

DFB.de: Haben die Corona-Einschränkungen bei allen Problemen für Sie auch einen positiven Aspekt?

Knaak: Ich bin ein Typ, der versucht, aus jeder Situation etwas Positives zu ziehen. So ist es auch in diesem Fall – bei allen Problemen und schlimmen Ereignissen der vergangenen Tage und Wochen. Normalerweise war mein Leben geprägt von Stress und Hektik. Ich habe fast jeden Tag drei oder mehr Stunden auf der Autobahn verbracht. Wie oft habe ich mich geärgert, wenn ich im Stau zwischen Köln und Essen gestanden habe? Das ist jetzt ist anders. Ich spüre, dass ich gerade etwas entschleunigen und mich auf Dinge konzentrieren kann, zu denen ich vorher keine Zeit hatte. Das ist ein schöner Nebeneffekt.

DFB.de: Zum Beispiel?

Knaak: Ich glaube, dass mein Garten in diesem Jahr so schön und ordentlich aussehen wird, wie nie zuvor. Seitdem das Wetter so angenehm ist, habe ich dort viel Zeit verbracht und viele Dinge erledigen können. Sonst ist die Hecke vielleicht das ganze Jahr nicht geschnitten worden. Im Moment habe ich Zeit, um alles auf Vordermann zu bringen. Das sind Kleinigkeiten, über die man sich in dieser schwierigen Zeit freuen kann. Aber die Sehnsucht nach dem Fußball wird trotzdem jeden Tag größer. Vielleicht können wir die Saison noch zu Ende bringen. Darauf hoffen wir alle. Andererseits gibt es derzeit andere Dinge, die viel, viel wichtiger sind.

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