Nagelsmann: "Trainergeschäft? Vielleicht eine göttliche Fügung"

Was für ein Jahr für Julian Nagelsmann: Mit der U 19 der TSG Hoffenheim erreichte der heute 28 Jahre alte Trainer im Mai erneut die Endrunde um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft, scheiterte erst im Finale am FC Schalke 04 (1:3). Damit verpasste Nagelsmann mit der TSG Historisches. Es wäre nach dem Titelgewinn 2014 die zweite Deutsche Meisterschaft in Serie gewesen. Das gelang seit Einführung der A-Junioren-Bundesliga noch keiner U 19. Ab der kommenden Saison übernimmt Nagelsmann die Hoffenheimer Profis. Damit steht fest: Der angehende Fußballlehrer wird der jüngste Trainer der Bundesligageschichte.

Im aktuellen DFB.de-Interview spricht Julian Nagelsmann mit dem Journalisten Christian Knoth über sein ereignisreiches Jahr 2015, die Dreifachbelastung Junioren, Profis und Fußballlehrer-Ausbildung und den stetigen Austausch mit TSG-Cheftrainer Huub Stevens.

DFB.de: Das Jahr 2015 befindet sich auf der Zielgeraden. Wie fällt Ihr Fazit aus, Herr Nagelsmann?

Julian Nagelsmann: Es war ein ereignisreiches Jahr mit Höhen und Tiefen, wobei die Höhen überwogen haben. Das verlorene Finale um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft war sicher ein Tiefpunkt. Wir waren nah dran am zweiten Titel in Folge, haben es aber leider nicht geschafft. Eine gute erste halbe Stunde reicht in so einem wichtigen Spiel nun einmal nicht aus. In dieser Saison sehe ich bei meiner Mannschaft noch viel Luft nach oben. Es gibt noch viele verborgene Talente. Auch in meinem letzten halben Jahr als U 19-Trainer mache ich es mir zur Aufgabe, sie zu entdecken und die Spieler weiter zu verbessern.

DFB.de: Was war Ihr Höhepunkt in diesem Jahr?

Nagelsmann: Der erneute Finaleinzug mit der U 19 war das schönste Erlebnis. Wenn ich mich daran erinnere, wie die Jungs nach dem Halbfinalsieg gegen RB Leipzig gestrahlt haben, ist das nicht zu überbieten. Die frühzeitige Beförderung zum Cheftrainer der Profis zu Beginn der kommenden Saison war für mich persönlich ein einzigartiger Moment. Ich sehe mich aber als Teamplayer und stelle den Erfolg mit der Mannschaft ganz klar in den Vordergrund. Positive Erlebnisse als Team erreichen mehr Herzen als persönliche Höhepunkte.

DFB.de: Neben Ihrer Tätigkeit bei der U 19 absolvieren Sie die Ausbildung zum Fußballlehrer im rund 250 Kilometer entfernten Hennef in Nordrhein-Westfalen. Außerdem werden Sie bei den Planungen für die Profis bereits mit einbezogen. Ist es ein "24-Stunden-Job"?

Nagelsmann: Es gibt definitiv viel zu tun. Ich muss sehr viel planen, um alles unter einen Hut zu bekommen. Da kommen schon einige Stunden zusammen, das stimmt. Es ist aber nicht so, dass ich den ganzen Tag arbeite. Mein vor kurzem ein Jahr gewordener Sohn Maximilian möchte seinen Papa ja auch so häufig wie möglich sehen. Die Zeit mit ihm genieße ich in vollen Zügen.

DFB.de: Wie vereinbaren Sie die vielen Aufgaben miteinander? Wird es manchmal auch zu stressig?

Nagelsmann: Fakt ist, dass es sehr anstrengend, aber nicht zu stressig ist. Bei der U 19 habe ich mit meinem Co-Trainer Matthias Kaltenbach jemanden, der mich tatkräftig unterstützt und mir auch sehr viel Arbeit abnimmt, wenn ich beispielsweise in Hennef unterwegs bin. Bei den Planungen für die erste Mannschaft arbeite ich eng mit Sportdirektor Alexander Rosen zusammen. Die Kommunikation und Organisation im Verein ist sehr gut, so dass alles bewältigt werden kann - auch wenn einiges ansteht.

DFB.de: Wie gehen Sie damit um, dass Sie schon vor dem Abschluss Ihrer Ausbildung als neuer Cheftrainer der Profis feststehen?

Nagelsmann: Ziel ist, die Ausbildung so erfolgreich wie möglich abzuschließen. Äußere Faktoren spielen dabei keine Rolle. Ich verspüre keinen zusätzlichen Druck.

DFB.de: Wie stolz sind Sie, dass der Verein Ihnen ein so großes Vertrauen schenkt?

Nagelsmann: Das macht mich sehr stolz. So etwas ist keineswegs alltäglich und ich bin dem Klub dafür dankbar. Allerdings habe ich in den vergangenen Jahren auch sehr viel investiert, um so weit zu kommen. Die TSG gibt mir jetzt etwas dafür zurück. Es ist wie beinahe immer im Leben ein Geben und Nehmen.

DFB.de: Mit Huub Stevens leitet bis Saisonende ein sehr erfahrener Trainer die Profis. Wie sieht der Austausch aus?

Nagelsmann: Wir sprechen häufig über unsere Mannschaften und Spieler. Das ist aber ein ganz normaler Austausch zwischen Chef - und Jugendtrainer. Dass ich sein Nachfolger bin, hat damit nichts zu tun.

DFB.de: Sie sagten einmal, dass das Alter kein Merkmal für Qualität ist. Gibt es dennoch Vor- oder Nachteile, wenn man als Trainer jünger als einige Spieler ist?

Nagelsmann: Es hat vor allem einen großen Vorteil, wenn der Altersunterschied zwischen Spielern und Trainer nicht so groß ist. Man spricht dieselbe Sprache und weiß, wie die Jungs ticken. Die Interessen sind nicht vollkommen unterschiedlich, sondern decken sich sogar oft. Die Nutzung und Bedeutung der sozialen Medien ist zum Beispiel ein Thema, das meine Spieler und mich beschäftigt. Grundsätzlich sehe ich es aber weiterhin so, dass der Erfolg als Trainer wenig mit dem Alter zu tun hat. Es kommt vielmehr darauf an, mit welcher Art und Weise man den Job ausfüllt.

DFB.de: Als 25-Jähriger waren Sie unter Marco Kurz und Markus Gisdol in der Rückserie der Saison 2012/2013 bereits Assistent bei der ersten Mannschaft der TSG. Wie bewerten Sie heute die damals gesammelten Erfahrungen?

Nagelsmann: Ich bin durch diese sechs Monate definitiv gereift und habe mich weiterentwickelt. Auch mein Selbstbild war nach dieser Zeit gefestigter. Bei den Spielern hatte ich schnell eine große Akzeptanz. Insgesamt war es ein lehrreiches und sehr emotionales halbes Jahr, das mit den Relegationsspielen gegen den 1. FC Kaiserslautern und dem geschafften Klassenverbleib endete. Es war alles drin, was man benötigt - und vielleicht noch etwas mehr. (lacht)

DFB.de: Damals sagten Sie, dass Sie mit den Spielern eher wie mit Freunden geredet hätten. Ist das immer noch der Fall?

Nagelsmann: "Wie mit Freunden" ist vielleicht der falsche Ausdruck. Die Spieler wissen immer, dass sie sich gerade mit dem Trainer unterhalten und nicht mit einem guten Kollegen. Dennoch pflege ich einen engen Kontakt zu meinen Spielern. Das habe ich schon immer so gehandhabt und werde ich auch so fortführen. Es hilft nichts, seinen Charakter zu ändern, nur um autoritärer zu wirken. Das möchte ich auch gar nicht. Es ist wichtig, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Ich spreche mit den Jungs auch über private Dinge und betone immer wieder, dass sie keine Angst davor haben sollen, das Gespräch mit mir zu suchen.

DFB.de: Ihre aktive Karriere hatten Sie als Spieler der zweiten Mannschaft des FC Augsburg bereits mit 20 Jahren verletzungsbedingt beendet. Warum mussten Sie aufhören?

Nagelsmann: Meine ganze Jugend war geprägt von vielen Verletzungen. Der Grund für das frühe Ende meiner aktiven Laufbahn war ein Meniskusschaden - verbunden mit einem Knorpelschaden. Außerdem war die Chance auf eine erfolgreiche Profikarriere nicht so groß, dass es das Risiko einer erneut schwerwiegenden Verletzung aufgewogen hätte.

DFB.de: Danach arbeiteten Sie zunächst als Scout von Thomas Tuchel in der Jugend des FC Augsburg. Wenige Monate später wurden Sie aber bereits Co-Trainer bei der U 17 des TSV 1860 München, bevor es Sie schließlich 2010 zur TSG Hoffenheim zog. Wie kam es zu Ihrem ungewöhnlich frühen Einstieg in das Trainergeschäft?

Nagelsmann: Das ging damals alles sehr schnell. Nachdem ich den Schlussstrich als Aktiver gezogen hatte, wollte ich zu Beginn dem Fußball erst einmal fern bleiben. Ich habe mich für die Betriebswirtschaftslehre interessiert, wollte im Marketing arbeiten. Dann kam das Angebot des TSV 1860 München und die Begeisterung für den Sport packte mich von hier auf jetzt erneut. Es war vielleicht eine göttliche Fügung. Danach ging es für mich als Trainer sehr schnell nach oben. Das habe ich aber nicht nur mir, sondern auch den Vereinen, Spielern und Mitarbeitern der vergangenen Jahre zu verdanken.

DFB.de: Bei all dem Trubel um Ihre Person: Mit Ihrer aktuellen Mannschaft geht es wieder um die Deutsche Meisterschaft in der A-Junioren-Bundesliga. Nach der ersten Saisonhälfte steht Rang zwei zu Buche, der Rückstand auf den TSV 1860 München beträgt vier Zähler. Wo sehen Sie Luft nach oben?

Nagelsmann: Punktemäßig haben wir zwar viel herausgeholt. Mit der Entwicklung meines Teams bin ich aber eher unzufrieden. Das hat mehrere Gründe. Zunächst einmal hatten wir sehr viel Verletzungspech. Von Schienbeinbrüchen bis zu Kreuzbandrissen war alles dabei. Dadurch war die Auswahl an Spielern am Wochenende nicht mehr ganz so groß. So ging teilweise der Konkurrenzdruck untereinander verloren. Das machte sich im Training durchaus bemerkbar. Der erste Schritt ist jetzt, dass die Jungs - unabhängig von der Personallage - lernen, in jeder Einheit einhundert Prozent zu geben. Außerdem müssen wir in den Partien defensiv noch konsequenter agieren.

DFB.de: Ist der Titelgewinn 2016 möglich?

Nagelsmann: Wenn wir die von mir gewünschte positive Entwicklung nehmen, bin ich davon überzeugt, dass wir uns für die Meisterschaftsendrunde qualifizieren. Der Titelgewinn ist aber ein sehr schwieriges Unterfangen. Die Konkurrenz ist groß. Aus dem Westen haben der FC Schalke 04 und Borussia Dortmund jeweils eine hochkarätige Mannschaft. Im Norden sind der VfL Wolfsburg, RB Leipzig und auch Hannover 96 dazu in der Lage, Deutscher Meister zu werden. Sollten wir am Ende im Finale stehen, muss alles passen. Nicht zuletzt die Tagesform wird dann über Sieg oder Niederlage entscheiden.

[mspw]

Was für ein Jahr für Julian Nagelsmann: Mit der U 19 der TSG Hoffenheim erreichte der heute 28 Jahre alte Trainer im Mai erneut die Endrunde um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft, scheiterte erst im Finale am FC Schalke 04 (1:3). Damit verpasste Nagelsmann mit der TSG Historisches. Es wäre nach dem Titelgewinn 2014 die zweite Deutsche Meisterschaft in Serie gewesen. Das gelang seit Einführung der A-Junioren-Bundesliga noch keiner U 19. Ab der kommenden Saison übernimmt Nagelsmann die Hoffenheimer Profis. Damit steht fest: Der angehende Fußballlehrer wird der jüngste Trainer der Bundesligageschichte.

Im aktuellen DFB.de-Interview spricht Julian Nagelsmann mit dem Journalisten Christian Knoth über sein ereignisreiches Jahr 2015, die Dreifachbelastung Junioren, Profis und Fußballlehrer-Ausbildung und den stetigen Austausch mit TSG-Cheftrainer Huub Stevens.

DFB.de: Das Jahr 2015 befindet sich auf der Zielgeraden. Wie fällt Ihr Fazit aus, Herr Nagelsmann?

Julian Nagelsmann: Es war ein ereignisreiches Jahr mit Höhen und Tiefen, wobei die Höhen überwogen haben. Das verlorene Finale um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft war sicher ein Tiefpunkt. Wir waren nah dran am zweiten Titel in Folge, haben es aber leider nicht geschafft. Eine gute erste halbe Stunde reicht in so einem wichtigen Spiel nun einmal nicht aus. In dieser Saison sehe ich bei meiner Mannschaft noch viel Luft nach oben. Es gibt noch viele verborgene Talente. Auch in meinem letzten halben Jahr als U 19-Trainer mache ich es mir zur Aufgabe, sie zu entdecken und die Spieler weiter zu verbessern.

DFB.de: Was war Ihr Höhepunkt in diesem Jahr?

Nagelsmann: Der erneute Finaleinzug mit der U 19 war das schönste Erlebnis. Wenn ich mich daran erinnere, wie die Jungs nach dem Halbfinalsieg gegen RB Leipzig gestrahlt haben, ist das nicht zu überbieten. Die frühzeitige Beförderung zum Cheftrainer der Profis zu Beginn der kommenden Saison war für mich persönlich ein einzigartiger Moment. Ich sehe mich aber als Teamplayer und stelle den Erfolg mit der Mannschaft ganz klar in den Vordergrund. Positive Erlebnisse als Team erreichen mehr Herzen als persönliche Höhepunkte.

DFB.de: Neben Ihrer Tätigkeit bei der U 19 absolvieren Sie die Ausbildung zum Fußballlehrer im rund 250 Kilometer entfernten Hennef in Nordrhein-Westfalen. Außerdem werden Sie bei den Planungen für die Profis bereits mit einbezogen. Ist es ein "24-Stunden-Job"?

Nagelsmann: Es gibt definitiv viel zu tun. Ich muss sehr viel planen, um alles unter einen Hut zu bekommen. Da kommen schon einige Stunden zusammen, das stimmt. Es ist aber nicht so, dass ich den ganzen Tag arbeite. Mein vor kurzem ein Jahr gewordener Sohn Maximilian möchte seinen Papa ja auch so häufig wie möglich sehen. Die Zeit mit ihm genieße ich in vollen Zügen.

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DFB.de: Wie vereinbaren Sie die vielen Aufgaben miteinander? Wird es manchmal auch zu stressig?

Nagelsmann: Fakt ist, dass es sehr anstrengend, aber nicht zu stressig ist. Bei der U 19 habe ich mit meinem Co-Trainer Matthias Kaltenbach jemanden, der mich tatkräftig unterstützt und mir auch sehr viel Arbeit abnimmt, wenn ich beispielsweise in Hennef unterwegs bin. Bei den Planungen für die erste Mannschaft arbeite ich eng mit Sportdirektor Alexander Rosen zusammen. Die Kommunikation und Organisation im Verein ist sehr gut, so dass alles bewältigt werden kann - auch wenn einiges ansteht.

DFB.de: Wie gehen Sie damit um, dass Sie schon vor dem Abschluss Ihrer Ausbildung als neuer Cheftrainer der Profis feststehen?

Nagelsmann: Ziel ist, die Ausbildung so erfolgreich wie möglich abzuschließen. Äußere Faktoren spielen dabei keine Rolle. Ich verspüre keinen zusätzlichen Druck.

DFB.de: Wie stolz sind Sie, dass der Verein Ihnen ein so großes Vertrauen schenkt?

Nagelsmann: Das macht mich sehr stolz. So etwas ist keineswegs alltäglich und ich bin dem Klub dafür dankbar. Allerdings habe ich in den vergangenen Jahren auch sehr viel investiert, um so weit zu kommen. Die TSG gibt mir jetzt etwas dafür zurück. Es ist wie beinahe immer im Leben ein Geben und Nehmen.

DFB.de: Mit Huub Stevens leitet bis Saisonende ein sehr erfahrener Trainer die Profis. Wie sieht der Austausch aus?

Nagelsmann: Wir sprechen häufig über unsere Mannschaften und Spieler. Das ist aber ein ganz normaler Austausch zwischen Chef - und Jugendtrainer. Dass ich sein Nachfolger bin, hat damit nichts zu tun.

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DFB.de: Sie sagten einmal, dass das Alter kein Merkmal für Qualität ist. Gibt es dennoch Vor- oder Nachteile, wenn man als Trainer jünger als einige Spieler ist?

Nagelsmann: Es hat vor allem einen großen Vorteil, wenn der Altersunterschied zwischen Spielern und Trainer nicht so groß ist. Man spricht dieselbe Sprache und weiß, wie die Jungs ticken. Die Interessen sind nicht vollkommen unterschiedlich, sondern decken sich sogar oft. Die Nutzung und Bedeutung der sozialen Medien ist zum Beispiel ein Thema, das meine Spieler und mich beschäftigt. Grundsätzlich sehe ich es aber weiterhin so, dass der Erfolg als Trainer wenig mit dem Alter zu tun hat. Es kommt vielmehr darauf an, mit welcher Art und Weise man den Job ausfüllt.

DFB.de: Als 25-Jähriger waren Sie unter Marco Kurz und Markus Gisdol in der Rückserie der Saison 2012/2013 bereits Assistent bei der ersten Mannschaft der TSG. Wie bewerten Sie heute die damals gesammelten Erfahrungen?

Nagelsmann: Ich bin durch diese sechs Monate definitiv gereift und habe mich weiterentwickelt. Auch mein Selbstbild war nach dieser Zeit gefestigter. Bei den Spielern hatte ich schnell eine große Akzeptanz. Insgesamt war es ein lehrreiches und sehr emotionales halbes Jahr, das mit den Relegationsspielen gegen den 1. FC Kaiserslautern und dem geschafften Klassenverbleib endete. Es war alles drin, was man benötigt - und vielleicht noch etwas mehr. (lacht)

DFB.de: Damals sagten Sie, dass Sie mit den Spielern eher wie mit Freunden geredet hätten. Ist das immer noch der Fall?

Nagelsmann: "Wie mit Freunden" ist vielleicht der falsche Ausdruck. Die Spieler wissen immer, dass sie sich gerade mit dem Trainer unterhalten und nicht mit einem guten Kollegen. Dennoch pflege ich einen engen Kontakt zu meinen Spielern. Das habe ich schon immer so gehandhabt und werde ich auch so fortführen. Es hilft nichts, seinen Charakter zu ändern, nur um autoritärer zu wirken. Das möchte ich auch gar nicht. Es ist wichtig, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Ich spreche mit den Jungs auch über private Dinge und betone immer wieder, dass sie keine Angst davor haben sollen, das Gespräch mit mir zu suchen.

DFB.de: Ihre aktive Karriere hatten Sie als Spieler der zweiten Mannschaft des FC Augsburg bereits mit 20 Jahren verletzungsbedingt beendet. Warum mussten Sie aufhören?

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Nagelsmann: Meine ganze Jugend war geprägt von vielen Verletzungen. Der Grund für das frühe Ende meiner aktiven Laufbahn war ein Meniskusschaden - verbunden mit einem Knorpelschaden. Außerdem war die Chance auf eine erfolgreiche Profikarriere nicht so groß, dass es das Risiko einer erneut schwerwiegenden Verletzung aufgewogen hätte.

DFB.de: Danach arbeiteten Sie zunächst als Scout von Thomas Tuchel in der Jugend des FC Augsburg. Wenige Monate später wurden Sie aber bereits Co-Trainer bei der U 17 des TSV 1860 München, bevor es Sie schließlich 2010 zur TSG Hoffenheim zog. Wie kam es zu Ihrem ungewöhnlich frühen Einstieg in das Trainergeschäft?

Nagelsmann: Das ging damals alles sehr schnell. Nachdem ich den Schlussstrich als Aktiver gezogen hatte, wollte ich zu Beginn dem Fußball erst einmal fern bleiben. Ich habe mich für die Betriebswirtschaftslehre interessiert, wollte im Marketing arbeiten. Dann kam das Angebot des TSV 1860 München und die Begeisterung für den Sport packte mich von hier auf jetzt erneut. Es war vielleicht eine göttliche Fügung. Danach ging es für mich als Trainer sehr schnell nach oben. Das habe ich aber nicht nur mir, sondern auch den Vereinen, Spielern und Mitarbeitern der vergangenen Jahre zu verdanken.

DFB.de: Bei all dem Trubel um Ihre Person: Mit Ihrer aktuellen Mannschaft geht es wieder um die Deutsche Meisterschaft in der A-Junioren-Bundesliga. Nach der ersten Saisonhälfte steht Rang zwei zu Buche, der Rückstand auf den TSV 1860 München beträgt vier Zähler. Wo sehen Sie Luft nach oben?

Nagelsmann: Punktemäßig haben wir zwar viel herausgeholt. Mit der Entwicklung meines Teams bin ich aber eher unzufrieden. Das hat mehrere Gründe. Zunächst einmal hatten wir sehr viel Verletzungspech. Von Schienbeinbrüchen bis zu Kreuzbandrissen war alles dabei. Dadurch war die Auswahl an Spielern am Wochenende nicht mehr ganz so groß. So ging teilweise der Konkurrenzdruck untereinander verloren. Das machte sich im Training durchaus bemerkbar. Der erste Schritt ist jetzt, dass die Jungs - unabhängig von der Personallage - lernen, in jeder Einheit einhundert Prozent zu geben. Außerdem müssen wir in den Partien defensiv noch konsequenter agieren.

DFB.de: Ist der Titelgewinn 2016 möglich?

Nagelsmann: Wenn wir die von mir gewünschte positive Entwicklung nehmen, bin ich davon überzeugt, dass wir uns für die Meisterschaftsendrunde qualifizieren. Der Titelgewinn ist aber ein sehr schwieriges Unterfangen. Die Konkurrenz ist groß. Aus dem Westen haben der FC Schalke 04 und Borussia Dortmund jeweils eine hochkarätige Mannschaft. Im Norden sind der VfL Wolfsburg, RB Leipzig und auch Hannover 96 dazu in der Lage, Deutscher Meister zu werden. Sollten wir am Ende im Finale stehen, muss alles passen. Nicht zuletzt die Tagesform wird dann über Sieg oder Niederlage entscheiden.