Nachreiner: "Keine Ausweitung von Kollektivstrafen"

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat heute mit seinem Beschluss zur Haftung der Fußballvereine für das Verhalten ihrer Anhänger die ständige Rechtsprechung der DFB-Sportgerichtsbarkeit bestätigt. Als Reflex darauf wird jetzt teilweise in der Öffentlichkeit kolportiert, der DFB könne und würde nun wieder mehr Kollektivstrafen aussprechen wollen, obwohl es im konkreten Fall Carl Zeiss Jena vor dem BGH überhaupt nicht um eine Kollektivstrafe ging. Deshalb spricht Dr. Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses, im DFB.de-Interview mit Redakteur Michael Morsch über die gängige Rechtspraxis seines Gremiums und tritt dabei den Gerüchten entgegen.

DFB.de: Herr Nachreiner, der BGH hat die Rechtsprechung der DFB-Sportgerichtsbarkeit mit seinem heutigen Beschluss bestätigt. Muss jetzt wieder mit mehr Kollektivstrafen gerechnet werden?

Dr. Anton Nachreiner: Ich bin überrascht, dass im Zusammenhang mit verhängten Geldstrafen für Carl Zeiss Jena überhaupt der Begriff Kollektivstrafe ins Spiel gebracht wird. Eine Geldstrafe ist keine Kollektivstrafe. Ein Kollektivstrafe ist zum Beispiel ein Teilausschluss der Zuschauer. Aber Zuschauerausschlüsse waren, sind und werden auch in Zukunft immer nur das letzte Mittel für den Kontrollausschuss und die DFB-Sportgerichtsbarkeit sein.

DFB.de: Können Sie uns das bitte genauer erklären?

Nachreiner: Das Wirken des Kontrollausschusses ist schon seit Jahren darauf ausgerichtet, bei Zuschauerfehlverhalten im Stadion primär Sanktionen zu beantragen, die letztlich auf die Täter einwirken - und nicht gegen das Kollektiv gerichtet sind. Die sogenannte "Täterorientierte Sanktionierung" ist der zentrale Leitgedanke in der Richtlinie für die Arbeit des Kontrollausschusses, die das DFB-Präsidium seinerzeit auf den Weg gebracht hat.

DFB.de: Was sind die Inhalte dieser Richtlinie?

Nachreiner: Zur Erklärung muss man erst mal vorwegschicken, dass der DFB zwar eine Rechtsbeziehung zu seinen Vereinen hat, nicht aber zu dem Zuschauer, der sich zum Beispiel ein Ligaspiel anschaut. Diese Rechtsbeziehung zum Zuschauer hat aber der Klub, dessen Eintrittskarte der Fußballanhänger kauft und bei dem er möglicherweise auch Mitglied ist. Der DFB hält seine Vereine deshalb dazu an, bei Zuschauervergehen eine konsequente Tataufklärung und Täterermittlung durchzuführen. Mit dem klaren Ziel, dass im Endeffekt auch der oder die wirklichen Täter bestraft werden – und nicht das Kollektiv.

DFB.de: Wie sieht das in der Praxis aus?

Nachreiner: Im Strafzumessungsleitfaden für den Kontrollausschuss ist festgelegt, dass die Geldstrafe für den Verein um bis zu 75 Prozent reduziert werden kann, wenn er bei Zuschauerfehlverhalten die Täter ermittelt und benennt. Zudem ermutigt der DFB seine Klubs, die vom Sportgericht verhängten Geldstrafen auf zivilrechtlichem Wege im Rahmen des Regresses auf die ermittelten Täter umzulegen. Eine Praxis, die viele Vereine auch schon leben und die in einem vorherigen Urteil des BGH ebenfalls bestätigt wurde. So treffen die Strafen nämlich im Endeffekt die wirklichen Täter und nicht die friedlichen Fußballfans beziehungsweise den Verein.

DFB.de:  Aber was ist denn bitte dann mit Kollektivstrafen?

Nachreiner: Kollektivstrafen wie Zuschauerausschlüsse sind für die zuständigen Gremien des DFB immer nur die letzte Option. Daran hat sich überhaupt nichts geändert, und es wird sich auch in absehbarer Zeit nichts daran ändern. Der Kontrollausschuss hat zunächst erst mal andere Möglichkeiten, kann neben Geldstrafen zum Beispiel auch sicherheitsfördernde Auflagen und Bewährungsstrafen beim DFB-Sportgericht beantragen.

DFB.de: Wie sieht´s aktuell beim Thema Pyrotechnik aus?

Nachreiner: Das Verbot des Zündens von Pyrotechnik im Stadion ist kein Selbstzweck. Vielmehr stehen die Sicherheit und die Unversehrtheit eines jeden einzelnen Zuschauers als oberste Priorität über allem! Denn das Abbrennen von Pyrotechnik ist nicht nur für den oder die jeweiligen Zündler gefährlich, sondern auch für die vielen anderen Menschen auf den Zuschauerrängen und dem Rasen. Deshalb wird es entsprechend sanktioniert.

[mm]

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat heute mit seinem Beschluss zur Haftung der Fußballvereine für das Verhalten ihrer Anhänger die ständige Rechtsprechung der DFB-Sportgerichtsbarkeit bestätigt. Als Reflex darauf wird jetzt teilweise in der Öffentlichkeit kolportiert, der DFB könne und würde nun wieder mehr Kollektivstrafen aussprechen wollen, obwohl es im konkreten Fall Carl Zeiss Jena vor dem BGH überhaupt nicht um eine Kollektivstrafe ging. Deshalb spricht Dr. Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses, im DFB.de-Interview mit Redakteur Michael Morsch über die gängige Rechtspraxis seines Gremiums und tritt dabei den Gerüchten entgegen.

DFB.de: Herr Nachreiner, der BGH hat die Rechtsprechung der DFB-Sportgerichtsbarkeit mit seinem heutigen Beschluss bestätigt. Muss jetzt wieder mit mehr Kollektivstrafen gerechnet werden?

Dr. Anton Nachreiner: Ich bin überrascht, dass im Zusammenhang mit verhängten Geldstrafen für Carl Zeiss Jena überhaupt der Begriff Kollektivstrafe ins Spiel gebracht wird. Eine Geldstrafe ist keine Kollektivstrafe. Ein Kollektivstrafe ist zum Beispiel ein Teilausschluss der Zuschauer. Aber Zuschauerausschlüsse waren, sind und werden auch in Zukunft immer nur das letzte Mittel für den Kontrollausschuss und die DFB-Sportgerichtsbarkeit sein.

DFB.de: Können Sie uns das bitte genauer erklären?

Nachreiner: Das Wirken des Kontrollausschusses ist schon seit Jahren darauf ausgerichtet, bei Zuschauerfehlverhalten im Stadion primär Sanktionen zu beantragen, die letztlich auf die Täter einwirken - und nicht gegen das Kollektiv gerichtet sind. Die sogenannte "Täterorientierte Sanktionierung" ist der zentrale Leitgedanke in der Richtlinie für die Arbeit des Kontrollausschusses, die das DFB-Präsidium seinerzeit auf den Weg gebracht hat.

DFB.de: Was sind die Inhalte dieser Richtlinie?

Nachreiner: Zur Erklärung muss man erst mal vorwegschicken, dass der DFB zwar eine Rechtsbeziehung zu seinen Vereinen hat, nicht aber zu dem Zuschauer, der sich zum Beispiel ein Ligaspiel anschaut. Diese Rechtsbeziehung zum Zuschauer hat aber der Klub, dessen Eintrittskarte der Fußballanhänger kauft und bei dem er möglicherweise auch Mitglied ist. Der DFB hält seine Vereine deshalb dazu an, bei Zuschauervergehen eine konsequente Tataufklärung und Täterermittlung durchzuführen. Mit dem klaren Ziel, dass im Endeffekt auch der oder die wirklichen Täter bestraft werden – und nicht das Kollektiv.

DFB.de: Wie sieht das in der Praxis aus?

Nachreiner: Im Strafzumessungsleitfaden für den Kontrollausschuss ist festgelegt, dass die Geldstrafe für den Verein um bis zu 75 Prozent reduziert werden kann, wenn er bei Zuschauerfehlverhalten die Täter ermittelt und benennt. Zudem ermutigt der DFB seine Klubs, die vom Sportgericht verhängten Geldstrafen auf zivilrechtlichem Wege im Rahmen des Regresses auf die ermittelten Täter umzulegen. Eine Praxis, die viele Vereine auch schon leben und die in einem vorherigen Urteil des BGH ebenfalls bestätigt wurde. So treffen die Strafen nämlich im Endeffekt die wirklichen Täter und nicht die friedlichen Fußballfans beziehungsweise den Verein.

DFB.de:  Aber was ist denn bitte dann mit Kollektivstrafen?

Nachreiner: Kollektivstrafen wie Zuschauerausschlüsse sind für die zuständigen Gremien des DFB immer nur die letzte Option. Daran hat sich überhaupt nichts geändert, und es wird sich auch in absehbarer Zeit nichts daran ändern. Der Kontrollausschuss hat zunächst erst mal andere Möglichkeiten, kann neben Geldstrafen zum Beispiel auch sicherheitsfördernde Auflagen und Bewährungsstrafen beim DFB-Sportgericht beantragen.

DFB.de: Wie sieht´s aktuell beim Thema Pyrotechnik aus?

Nachreiner: Das Verbot des Zündens von Pyrotechnik im Stadion ist kein Selbstzweck. Vielmehr stehen die Sicherheit und die Unversehrtheit eines jeden einzelnen Zuschauers als oberste Priorität über allem! Denn das Abbrennen von Pyrotechnik ist nicht nur für den oder die jeweiligen Zündler gefährlich, sondern auch für die vielen anderen Menschen auf den Zuschauerrängen und dem Rasen. Deshalb wird es entsprechend sanktioniert.

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