Moguenara: Bereit für den großen Sprung

Die Sprunggrube flimmert in der Mittagshitze, doch ein heftiger Wind pfeift in Zweibrücken durchs Westpfalzstadion. Für alle Fälle wirft sich Sosthene Moguenara einen Pulli über die Muckis. Nichts riskieren beim DFB.de-Interview im Schatten des Sonnensegels, so kurz vorm Saisonhöhepunkt. "Sicher und stark? Das gefällt mir", sagt die Weitspringerin mit einem breitem Grinsen, angesprochen auf die Bedeutung ihres seltenen, altgriechischen Vornamens. Sicher und stark - das will Sosthene sein, wenn in Berlin die 24. Leichtathletik-EM vom 7. bis 12. August steigt.

Moguenara gilt als deutsche Medaillen-Hoffnung. Ein Gesicht der Europameisterschaft 2018 ist sie längst. In "Urban Records", dem hippen Image-Film der EM in Berlin, wirbt sie an der Seite von Sprintstar Julian Reus und Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler. Dass sie die prominente Rolle beim großen Leichtathletik-Fest in Berlin sportlich auch ausfüllen kann, untermauerte die 28-Jährige im Frühjahr: Mit Bronze bei der Hallen-WM in Birmingham bewies sie eindrucksvoll ihre Form, und dass sie bereit ist für den nächsten Karrieresprung.

"Ich will mit um die Medaillen springen"

Auf die Stimmung im Olympiastadion freut sich die Sympathieträgerin besonders. Als Tribünen-Gast der WM 2009 wurde sie von der Atmosphäre in Berlin angefixt: "Das war Bombe, das will ich jetzt selbst erleben." Tausende Fans, Adrenalinschübe, und die Tatsache, im eigenen Land vor Familie und Freunden zu springen, sind ihr eine riesige Motivation. Das Ziel ist klar: "Wenn der Vorkampf überstanden ist, will ich mit um die Medaillen springen." Ein internationaler Freiluft-Erfolg ist ihr Traum. Dieses Edelmetall fehlt noch in der Wohnzimmer-Vitrine in der Wahlheimat Saarbrücken. Ihr Verlobter Raphael Holzdeppe, Weltmeister im Stabhochsprung von Moskau 2013, liegt in der internen Medaillenwertung des Power-Pärchens leicht vorne. 

Schon für Bronze in Berlin werden wohl mehr als 6,85 Meter nötig sein, vermutet Moguenara, die in Zweibrücken und dem benachbarten Saarbrücken trainiert, seit Anfang des Jahres aber wieder für ihren Stammverein TV Wattenscheid 01 startet. "Die Serbin Ivana Spanovic ruft große Weiten ohne Ende ab." Auch im deutschen Team lauert Konkurrenz: "Malaika Mihambo ist super drauf." Der Athletin von der LG Kurpfalz ist mit 6,99 Metern der weiteste Satz dieses Jahres gelungen. "Jeder will es, viele können es. Da kommt einiges auf mich zu", sagt Moguenara und füllt das Sonnensegel mit einem Lachen. Will heißen: Herausforderung akzeptiert.

"Es ist unbeschreiblich, einen Moment lang zu fliegen"

Moguenara ist es gewohnt, Herausforderungen zu meistern. Mit neun Jahren kommt sie aus dem Tschad in Zentralafrika nach Deutschland und wächst bei ihrem Adoptiv-Vater in Essen auf. Der Wechsel in eine fremde Welt - kein Problem für die immer schon "sehr lebendige und fröhliche" Sosthene, die heute alle nur "Sossi" nennen. "Ich habe schnell die Sprache gelernt und Freunde gefunden und auch meinen Sport, für den ich Feuer und Flamme bin." Die Bundesjugendspiele wecken ihr Interesse an der Leichtathletik, und irgendwann entdeckt sie, dass Springen ihr Ding ist. "Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, einen Moment lang zu fliegen." Wenn der perfekte Sprung gelingt, fühlt sie sich schon mal "geflasht" oder "out of space", wie jüngst in Birmingham.

Moguenaras Karriere nimmt früh Fahrt auf. Mit 19 Jahren holt sie ihren ersten von vier Deutschen Meistertiteln - in ihrer Lieblingsumgebung, der "kuscheligen" Halle. 2012 gelingt dem 1,80-Meter-Schlaks mit einem vierten Platz im Freien bei der EM in Helsinki beinahe eine Sensation. Nur ein Zentimeter fehlt zu Bronze. 2015 der internationale Durchbruch mit EM-Silber unterm Dach. Aber auch außerhalb ihrer Komfortzone setzt sie ein Highlight, und was für eins: Im Olympia-Jahr 2016 gelingt ihr open air in Weinheim ein spektakulärer Flug auf 7,16 Meter - bis heute die drittbeste Weite einer deutschen Leichtathletin.

Mit 29 noch längst nicht im Karriere-Herbst

Zu Sportkarrieren gehören Rückschläge. Bei Moguenara ist es ein Anriss der Achillessehne 2017: Die WM in London - plötzlich gestorben. Sie verpasst eine grandiose Sportparty, die wohl kein Teilnehmer je vergessen wird. Oder das Malheur 2016: Nur kurz nach dem Weltklassesprung weit über die sieben Meter, der später bei Olympia für Silber reichen würde, verletzt sie sich - ausgerechnet beim anfangs erwähnten Werbedreh für die EM in Berlin. Doch sie denkt positiv: Die Verletzung 2016 lehrt Moguenara Geduld mit ihrem Körper. Von 2017 bleibt, dass sie es gegen alle Widrigkeiten überhaupt nach Rio schafft und dort noch auf Rang zehn.

Nach vorne schauen, auch diese Sport-Tugend hat Moguenara verinnerlicht. Schließlich bleiben über die EM in Berlin hinaus Ziele für die frühere Sportsoldatin, die sich mit bald 29 Jahren noch längst nicht im Karriereherbst sieht. Auch mit Anfang 30 sei Weltklasse möglich - vielleicht denkt Tennis-Fan Moguenara da an ihr Vorbild Serena Williams. Also noch 2020 in Tokio? "Ich hoffe, dabei zu sein. Das wäre mein drittes Mal Olympia." Und das wäre ganz sicher stark von einer Athletin mit dem passenden, altgriechischen Vornamen Sosthene.

[dfb]

Die Sprunggrube flimmert in der Mittagshitze, doch ein heftiger Wind pfeift in Zweibrücken durchs Westpfalzstadion. Für alle Fälle wirft sich Sosthene Moguenara einen Pulli über die Muckis. Nichts riskieren beim DFB.de-Interview im Schatten des Sonnensegels, so kurz vorm Saisonhöhepunkt. "Sicher und stark? Das gefällt mir", sagt die Weitspringerin mit einem breitem Grinsen, angesprochen auf die Bedeutung ihres seltenen, altgriechischen Vornamens. Sicher und stark - das will Sosthene sein, wenn in Berlin die 24. Leichtathletik-EM vom 7. bis 12. August steigt.

Moguenara gilt als deutsche Medaillen-Hoffnung. Ein Gesicht der Europameisterschaft 2018 ist sie längst. In "Urban Records", dem hippen Image-Film der EM in Berlin, wirbt sie an der Seite von Sprintstar Julian Reus und Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler. Dass sie die prominente Rolle beim großen Leichtathletik-Fest in Berlin sportlich auch ausfüllen kann, untermauerte die 28-Jährige im Frühjahr: Mit Bronze bei der Hallen-WM in Birmingham bewies sie eindrucksvoll ihre Form, und dass sie bereit ist für den nächsten Karrieresprung.

"Ich will mit um die Medaillen springen"

Auf die Stimmung im Olympiastadion freut sich die Sympathieträgerin besonders. Als Tribünen-Gast der WM 2009 wurde sie von der Atmosphäre in Berlin angefixt: "Das war Bombe, das will ich jetzt selbst erleben." Tausende Fans, Adrenalinschübe, und die Tatsache, im eigenen Land vor Familie und Freunden zu springen, sind ihr eine riesige Motivation. Das Ziel ist klar: "Wenn der Vorkampf überstanden ist, will ich mit um die Medaillen springen." Ein internationaler Freiluft-Erfolg ist ihr Traum. Dieses Edelmetall fehlt noch in der Wohnzimmer-Vitrine in der Wahlheimat Saarbrücken. Ihr Verlobter Raphael Holzdeppe, Weltmeister im Stabhochsprung von Moskau 2013, liegt in der internen Medaillenwertung des Power-Pärchens leicht vorne. 

Schon für Bronze in Berlin werden wohl mehr als 6,85 Meter nötig sein, vermutet Moguenara, die in Zweibrücken und dem benachbarten Saarbrücken trainiert, seit Anfang des Jahres aber wieder für ihren Stammverein TV Wattenscheid 01 startet. "Die Serbin Ivana Spanovic ruft große Weiten ohne Ende ab." Auch im deutschen Team lauert Konkurrenz: "Malaika Mihambo ist super drauf." Der Athletin von der LG Kurpfalz ist mit 6,99 Metern der weiteste Satz dieses Jahres gelungen. "Jeder will es, viele können es. Da kommt einiges auf mich zu", sagt Moguenara und füllt das Sonnensegel mit einem Lachen. Will heißen: Herausforderung akzeptiert.

"Es ist unbeschreiblich, einen Moment lang zu fliegen"

Moguenara ist es gewohnt, Herausforderungen zu meistern. Mit neun Jahren kommt sie aus dem Tschad in Zentralafrika nach Deutschland und wächst bei ihrem Adoptiv-Vater in Essen auf. Der Wechsel in eine fremde Welt - kein Problem für die immer schon "sehr lebendige und fröhliche" Sosthene, die heute alle nur "Sossi" nennen. "Ich habe schnell die Sprache gelernt und Freunde gefunden und auch meinen Sport, für den ich Feuer und Flamme bin." Die Bundesjugendspiele wecken ihr Interesse an der Leichtathletik, und irgendwann entdeckt sie, dass Springen ihr Ding ist. "Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, einen Moment lang zu fliegen." Wenn der perfekte Sprung gelingt, fühlt sie sich schon mal "geflasht" oder "out of space", wie jüngst in Birmingham.

Moguenaras Karriere nimmt früh Fahrt auf. Mit 19 Jahren holt sie ihren ersten von vier Deutschen Meistertiteln - in ihrer Lieblingsumgebung, der "kuscheligen" Halle. 2012 gelingt dem 1,80-Meter-Schlaks mit einem vierten Platz im Freien bei der EM in Helsinki beinahe eine Sensation. Nur ein Zentimeter fehlt zu Bronze. 2015 der internationale Durchbruch mit EM-Silber unterm Dach. Aber auch außerhalb ihrer Komfortzone setzt sie ein Highlight, und was für eins: Im Olympia-Jahr 2016 gelingt ihr open air in Weinheim ein spektakulärer Flug auf 7,16 Meter - bis heute die drittbeste Weite einer deutschen Leichtathletin.

Mit 29 noch längst nicht im Karriere-Herbst

Zu Sportkarrieren gehören Rückschläge. Bei Moguenara ist es ein Anriss der Achillessehne 2017: Die WM in London - plötzlich gestorben. Sie verpasst eine grandiose Sportparty, die wohl kein Teilnehmer je vergessen wird. Oder das Malheur 2016: Nur kurz nach dem Weltklassesprung weit über die sieben Meter, der später bei Olympia für Silber reichen würde, verletzt sie sich - ausgerechnet beim anfangs erwähnten Werbedreh für die EM in Berlin. Doch sie denkt positiv: Die Verletzung 2016 lehrt Moguenara Geduld mit ihrem Körper. Von 2017 bleibt, dass sie es gegen alle Widrigkeiten überhaupt nach Rio schafft und dort noch auf Rang zehn.

Nach vorne schauen, auch diese Sport-Tugend hat Moguenara verinnerlicht. Schließlich bleiben über die EM in Berlin hinaus Ziele für die frühere Sportsoldatin, die sich mit bald 29 Jahren noch längst nicht im Karriereherbst sieht. Auch mit Anfang 30 sei Weltklasse möglich - vielleicht denkt Tennis-Fan Moguenara da an ihr Vorbild Serena Williams. Also noch 2020 in Tokio? "Ich hoffe, dabei zu sein. Das wäre mein drittes Mal Olympia." Und das wäre ganz sicher stark von einer Athletin mit dem passenden, altgriechischen Vornamen Sosthene.

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