Mit Trikotaktion in der Coronazeit bestehen

Fußball? Spielt im Moment kaum eine Rolle. Auf- und Abstiege? Sind in ganz weite Ferne gerückt. Training und Zweikämpfe? Ausgeschlossen derzeit. Was können Fußballer dann noch machen? Spieler und Trainer des West-Regionalligisten SV Bergisch Gladbach 09 haben mehrere Maßnahmen getroffen, um während der Corona-Pandemie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden.

Zum Beispiel haben sie über Facebook das Angebot ausgerufen, für Risikopersonen den Einkauf oder andere Tätigkeiten zu erledigen. "Das Feedback dazu, war schon sehr gut", sagt Trainer Helge Hohl. "Ich war beispielsweise für eine ältere Dame bei der Post und habe für sie ein Paket weggebracht. Ich weiß von meinen Spielern, dass sie ähnliche Aufgaben übernommen haben. Ich denke, dass es unsere Pflicht ist, in dieser schwierigen und außergewöhnlichen Zeit zu helfen."

Ganze Mannschaft geht Blutspenden

Und deshalb haben sie ihr Engagement noch deutlich erweitert. Da Hohl mehrfach gelesen hatte, dass im Zuge von Corona die Bereitschaft der Menschen zum Blutspenden deutlich abgenommen habe, haben sich viele Spieler, Trainer und Betreuer auf den Weg gemacht, um dabei zu helfen, diesem Engpass entgegen zu wirken. "Ich habe den Vorschlag in unseren Gruppenchat geschrieben, dass wir gemeinsam zum Blutspenden gehen können. Fast alle waren sofort begeistert", sagt Hohl. "Ich bin wirklich stolz auf die Hilfsbereitschaft der Spieler. Viele der Jungs erleben derzeit erstmals, wie wichtig soziale und gesellschaftliche Verantwortung ist. Ich bin davon überzeugt, dass sie von diesen Erfahrungen für ihren weiteren Lebensweg profitieren können."

Die Idee zu einer deutschlandweit ziemlich einzigartigen Aktion hatte der 28-Jährige dann bei sich in der Küche. Er startete eine Trikot-Auktion, deren Einnahmen dem guten Zweck dienen – die möglichst in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen sollte. Bei den Trikots handelt es sich um Shirts bekannter Fußballer, die Hohl selbst oder seine Spieler über private Kontakte organisiert haben.

Trikot von Andres Iniesta versteigert

"Ich kenne Gert Engels, den ehemaligen Co-Trainer von Vissel Köbe in Japan, der mir ein Trikot von Andreas Iniesta besorgt hat", sagt Hohl. Dieses brachte über 1000 Euro. Das Shirt der deutschen Nationalspielerin Alexandra Popp hat Hohl über Wolfsburgs Frauen-Trainer Stephan Lerch organisiert, mit dem er zusammen die Aufnahmeprüfung zum Fußball-Lehrer-Lehrgang absolviert hat. Aber auch seine Spieler haben sich bei der Aktion eingebracht. Kapitän Ajet Shabani beispielsweise hat einen guten Draht zu Marco Höger vom 1. FC Köln, der direkt vier Trikots zur Verfügung gestellt hat – auch Raritäten aus dessen Zeit bei Schalke 04.

"Es ist beeindruckend, wie viele Trikots wir auf diesem Weg bekommen haben", sagt Hohl. "Ein altes Trikot von Raul aus seiner Schalker Zeit war dabei, ein stark limitiertes von Oliver Kahn, das im Rahmen des Abschiedsspiel getragen wurde und sehr viele mehr, ein aktuelles von Nationalspieler Kai Havertz aus der Bundesliga etwa. Auch Lukas Klünter von Hertha BSC hat sich gerne beteiligt, ihn habe ich in der Jugend selbst noch trainiert. Ich bin wirklich begeistert darüber, dass wirklich jeder mitgemacht hat, den wir angefragt haben." Die Trikots wurden oder werden noch zum Beispiel über private Facebook-Accounts der Spieler oder Trainer ober die offiziellen Kanäle des Vereins versteigert. "Wir versuchen, das möglichst breit zu streuen, um so viele Interessierte wie möglich anzusprechen", sagt Hohl.

Viel für das Image getan

Der Verein hat in den vergangenen Tagen und Wochen enormen Zuspruch für seine Aktivitäten während der Corona-Pandemie erfahren und so gleichzeitig viel für sein Image in der Region getan. "Das ist ein schöner Nebeneffekt, war aber nie der Grund für unsere Hilfe", sagt Präsident Rolf Menzel. "Wir wollen der Stadt und der Region mit unseren Mitteln etwas zurückgeben. Man merkt deutlich, dass alle in dieser schwierigen Situation enger zusammenrücken, um gemeinsam gegen das Virus zu kämpfen. Es wäre schön, wenn wir dieses Verhalten beibehalten können."

Aber auch die Verantwortlichen treibt natürlich die Frage um, wie es sportlich weitergeht? Wird die Saison zu Ende gespielt. Gibt es Absteiger aus der Regionalliga West? Diese Frage interessiert den SV Bergisch Gladbach 09 als Tabellenletzten besonders? Was passiert in der kommenden Spielzeit? Ist es realistisch, über eine Serie 2020/2021 nachzudenken? Und welche finanziellen Auswirkungen wird die Corona-Pandemie für Vereine wie den SV Bergisch Gladbach 09 haben?

"Wir haben schon einige Sponsoren verloren, die gerade einfach andere Sorgen haben, als einen Fußballverein zu unterstützen", sagt Menzel. "Deshalb ist jetzt Kreativität gefragt, andere Wege zu finden, um den Spielbetrieb in der Jugend und der ersten Mannschaft aufrecht zu erhalten." Im Fall von Bergisch Gladbach gewinnt die Jugendarbeit nochmal an Bedeutung. "Wir müssen es schaffen, dass noch mehr Spieler aus unserem eigenen Nachwuchs den Sprung in die erste Mannschaft schaffen", sagt Menzel. "Wir brauchen dort ein starkes Fundament und eine hohe Identifikation mit dem Verein. Nicht zuletzt deshalb hat der Neubau der Sanitär- und Umkleideanlagen in unserem Jugendzentrum absolute Priorität."

Nachwuchsarbeit wird noch wichtiger

Um den Zusammenhalt zwischen Senioren- und Nachwuchsbereich zu stärken, hat die erste Mannschaft am vergangenen Wochenende eine weitere Aktion durchgeführt. Spieler, Trainer und Betreuer des Regionalliga-Teams haben allen Nachwuchsspielern als Überraschung einen kleinen Präsentkorb nach Hause gebracht. "Ich habe mir von der U 8 bis U 13 alle Adressen der Spieler geben lassen. Dann haben wir diese innerhalb unserer Mannschaft verteilt und jeder konnte einige der Talente zu Hause überraschen", sagt Trainer Hohl. "Die Freude beim Nachwuchs war riesig. Zugleich haben wir eine #Stayathomechallenge gestartet mit Videos von Spielern der ersten Mannschaft und die Spieler bei unserem Besuch darauf aufmerksam gemacht."

Aber über allem bleibt natürlich die unbeantwortete Frage, wann es wieder mit dem Fußball weitergehen kann. "Am Anfang konnte man die Zeit gut nutzen, um einfach mal abzuschalten und auf andere Gedanken zu kommen", sagt Hohl. "Inzwischen ist die Sehnsucht nach dem Fußball, nach den Spielen und dem gemeinsamen Training riesig. Wir alle hoffen darauf, dass es bald wieder losgeht. Aber mein Gefühl sagt mir, dass wir noch viel Geduld brauchen werden."

[sw]

Fußball? Spielt im Moment kaum eine Rolle. Auf- und Abstiege? Sind in ganz weite Ferne gerückt. Training und Zweikämpfe? Ausgeschlossen derzeit. Was können Fußballer dann noch machen? Spieler und Trainer des West-Regionalligisten SV Bergisch Gladbach 09 haben mehrere Maßnahmen getroffen, um während der Corona-Pandemie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden.

Zum Beispiel haben sie über Facebook das Angebot ausgerufen, für Risikopersonen den Einkauf oder andere Tätigkeiten zu erledigen. "Das Feedback dazu, war schon sehr gut", sagt Trainer Helge Hohl. "Ich war beispielsweise für eine ältere Dame bei der Post und habe für sie ein Paket weggebracht. Ich weiß von meinen Spielern, dass sie ähnliche Aufgaben übernommen haben. Ich denke, dass es unsere Pflicht ist, in dieser schwierigen und außergewöhnlichen Zeit zu helfen."

Ganze Mannschaft geht Blutspenden

Und deshalb haben sie ihr Engagement noch deutlich erweitert. Da Hohl mehrfach gelesen hatte, dass im Zuge von Corona die Bereitschaft der Menschen zum Blutspenden deutlich abgenommen habe, haben sich viele Spieler, Trainer und Betreuer auf den Weg gemacht, um dabei zu helfen, diesem Engpass entgegen zu wirken. "Ich habe den Vorschlag in unseren Gruppenchat geschrieben, dass wir gemeinsam zum Blutspenden gehen können. Fast alle waren sofort begeistert", sagt Hohl. "Ich bin wirklich stolz auf die Hilfsbereitschaft der Spieler. Viele der Jungs erleben derzeit erstmals, wie wichtig soziale und gesellschaftliche Verantwortung ist. Ich bin davon überzeugt, dass sie von diesen Erfahrungen für ihren weiteren Lebensweg profitieren können."

Die Idee zu einer deutschlandweit ziemlich einzigartigen Aktion hatte der 28-Jährige dann bei sich in der Küche. Er startete eine Trikot-Auktion, deren Einnahmen dem guten Zweck dienen – die möglichst in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen sollte. Bei den Trikots handelt es sich um Shirts bekannter Fußballer, die Hohl selbst oder seine Spieler über private Kontakte organisiert haben.

Trikot von Andres Iniesta versteigert

"Ich kenne Gert Engels, den ehemaligen Co-Trainer von Vissel Köbe in Japan, der mir ein Trikot von Andreas Iniesta besorgt hat", sagt Hohl. Dieses brachte über 1000 Euro. Das Shirt der deutschen Nationalspielerin Alexandra Popp hat Hohl über Wolfsburgs Frauen-Trainer Stephan Lerch organisiert, mit dem er zusammen die Aufnahmeprüfung zum Fußball-Lehrer-Lehrgang absolviert hat. Aber auch seine Spieler haben sich bei der Aktion eingebracht. Kapitän Ajet Shabani beispielsweise hat einen guten Draht zu Marco Höger vom 1. FC Köln, der direkt vier Trikots zur Verfügung gestellt hat – auch Raritäten aus dessen Zeit bei Schalke 04.

"Es ist beeindruckend, wie viele Trikots wir auf diesem Weg bekommen haben", sagt Hohl. "Ein altes Trikot von Raul aus seiner Schalker Zeit war dabei, ein stark limitiertes von Oliver Kahn, das im Rahmen des Abschiedsspiel getragen wurde und sehr viele mehr, ein aktuelles von Nationalspieler Kai Havertz aus der Bundesliga etwa. Auch Lukas Klünter von Hertha BSC hat sich gerne beteiligt, ihn habe ich in der Jugend selbst noch trainiert. Ich bin wirklich begeistert darüber, dass wirklich jeder mitgemacht hat, den wir angefragt haben." Die Trikots wurden oder werden noch zum Beispiel über private Facebook-Accounts der Spieler oder Trainer ober die offiziellen Kanäle des Vereins versteigert. "Wir versuchen, das möglichst breit zu streuen, um so viele Interessierte wie möglich anzusprechen", sagt Hohl.

Viel für das Image getan

Der Verein hat in den vergangenen Tagen und Wochen enormen Zuspruch für seine Aktivitäten während der Corona-Pandemie erfahren und so gleichzeitig viel für sein Image in der Region getan. "Das ist ein schöner Nebeneffekt, war aber nie der Grund für unsere Hilfe", sagt Präsident Rolf Menzel. "Wir wollen der Stadt und der Region mit unseren Mitteln etwas zurückgeben. Man merkt deutlich, dass alle in dieser schwierigen Situation enger zusammenrücken, um gemeinsam gegen das Virus zu kämpfen. Es wäre schön, wenn wir dieses Verhalten beibehalten können."

Aber auch die Verantwortlichen treibt natürlich die Frage um, wie es sportlich weitergeht? Wird die Saison zu Ende gespielt. Gibt es Absteiger aus der Regionalliga West? Diese Frage interessiert den SV Bergisch Gladbach 09 als Tabellenletzten besonders? Was passiert in der kommenden Spielzeit? Ist es realistisch, über eine Serie 2020/2021 nachzudenken? Und welche finanziellen Auswirkungen wird die Corona-Pandemie für Vereine wie den SV Bergisch Gladbach 09 haben?

"Wir haben schon einige Sponsoren verloren, die gerade einfach andere Sorgen haben, als einen Fußballverein zu unterstützen", sagt Menzel. "Deshalb ist jetzt Kreativität gefragt, andere Wege zu finden, um den Spielbetrieb in der Jugend und der ersten Mannschaft aufrecht zu erhalten." Im Fall von Bergisch Gladbach gewinnt die Jugendarbeit nochmal an Bedeutung. "Wir müssen es schaffen, dass noch mehr Spieler aus unserem eigenen Nachwuchs den Sprung in die erste Mannschaft schaffen", sagt Menzel. "Wir brauchen dort ein starkes Fundament und eine hohe Identifikation mit dem Verein. Nicht zuletzt deshalb hat der Neubau der Sanitär- und Umkleideanlagen in unserem Jugendzentrum absolute Priorität."

Nachwuchsarbeit wird noch wichtiger

Um den Zusammenhalt zwischen Senioren- und Nachwuchsbereich zu stärken, hat die erste Mannschaft am vergangenen Wochenende eine weitere Aktion durchgeführt. Spieler, Trainer und Betreuer des Regionalliga-Teams haben allen Nachwuchsspielern als Überraschung einen kleinen Präsentkorb nach Hause gebracht. "Ich habe mir von der U 8 bis U 13 alle Adressen der Spieler geben lassen. Dann haben wir diese innerhalb unserer Mannschaft verteilt und jeder konnte einige der Talente zu Hause überraschen", sagt Trainer Hohl. "Die Freude beim Nachwuchs war riesig. Zugleich haben wir eine #Stayathomechallenge gestartet mit Videos von Spielern der ersten Mannschaft und die Spieler bei unserem Besuch darauf aufmerksam gemacht."

Aber über allem bleibt natürlich die unbeantwortete Frage, wann es wieder mit dem Fußball weitergehen kann. "Am Anfang konnte man die Zeit gut nutzen, um einfach mal abzuschalten und auf andere Gedanken zu kommen", sagt Hohl. "Inzwischen ist die Sehnsucht nach dem Fußball, nach den Spielen und dem gemeinsamen Training riesig. Wir alle hoffen darauf, dass es bald wieder losgeht. Aber mein Gefühl sagt mir, dass wir noch viel Geduld brauchen werden."

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