Mike Büskens: "Ich bin doch nicht der Samariter"

"Mike Büskens ist eine ehrliche Haut und vermittelt das an seine Spieler", hat Huub Stevens mal über ihn gesagt. Der heute 44-Jährige Bundesligatrainer, der im von Stevens trainierten Schalker UEFA-Cup-Siegerteam 1997 stand, wird am Dienstag für sein vorbildlich faires Verhalten ausgezeichnet. Am Morgen des WM-Qualifikationsspiels gegen Schweden wird Büskens im Festsaal des Berliner Abgeordnetenhaus die DFB-Medaille "Fair ist Mehr" verliehen.

Warum? Weil er vor jedem Heimspiel der SpVgg. Greuther Fürth die Spieler und Trainer der Gastmannschaft per Handschlag begrüßt. Im aktuellen DFB.de-Interview spricht Redakteur Thomas Hackbarth mit Mike Büskens über Chancen und Grenzen des Fairplay im Leistungssport.

DFB.de: Der Handschlag vor den Heimspielen – wann hat das angefangen?

Mike Büskens: Mir war überhaupt nicht bewusst, dass der Handschlag wahrgenommen wird. Ist doch nichts Außergewöhnliches. Ich gehe vor dem Spiel zur Gästebank und begrüße die Trainer und Spieler. Das mache ich seitdem ich als Cheftrainer der Spielvereinigung Greuther Fürth in der Verantwortung stehe, also seit unserem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern. Das war im Januar 2010. Nur einmal nicht, nämlich bei unserem Heimspiel gegen Schalke 04 am dritten Spieltag der laufenden Bundesliga-Saison. Auf Grund meiner Schalker Vergangenheit dachte ich mir, irgendjemand könnte mir den Handschlag als zu große Vertrautheit negativ auslegen. Ansonsten mache ich das aber sehr kontinuierlich. Unser Gegner ist eben auch unser Gast.

DFB.de: Was wollen Sie mit dem Handschlag ausdrücken?

Büskens: Natürlich steht man im Wettbewerb, natürlich misst man sich, natürlich wollen wir das Spiel gewinnen. Mir geht es trotzdem auch darum, dass man respektvoll miteinander umgeht.

DFB.de: Die SpVgg Greuther Fürth hat mit einem Etat von rund 13 Millionen Euro nicht den teuersten Kader der Liga. Muss man da nicht noch mehr kratzen und beißen und an der Kante spielen als die anderen?

Büskens: Nein, nein, das stimmt so nicht. Uns fällt es doch nicht schwer, fair zu spielen. Wir sind bereit, viel zu investieren. Das fordere ich auch als Trainer von meinen Spielern, dass man über seine eigene Schmerzgrenze geht, dass man sich überwindet. Doch Respekt ist eine Grundeinstellung. Respekt auch im Wettbewerb ist elementar und unverzichtbar.

DFB.de: Wer nicht foult, der strengt sich nicht richtig an - stimmt das etwa nicht?

Büskens: Fußball ist ein körperbetontes Spiel. Fouls lassen sich nicht komplett vermeiden. Wichtig ist, dass man immer respektvoll miteinander umgeht.

DFB.de: Untersuchungen zeigen, dass Kinder eher Foul spielen, je länger sie im Verein sind. So sprechen Kinder nach ein paar Jahren im Klub vom "fairen Foul". Das klingt erst mal entmutigend, oder?

Büskens: Wie gesagt, Fußball ist ein körperbetontes Spiel. Entscheidend ist, dass kein Spieler mit Vorsatz versucht, einen anderen zu verletzen. Ich habe in meiner gesamten Laufbahn allerdings auch keinen Spieler erlebt, der bewusst und zielgerichtet unfair gespielt hat.

DFB.de: Huub Stevens hat mal gesagt: "Mike ist eine ehrliche Haut und vermittelt das an seine Spieler". Hat er Recht?

Büskens: Hat Huub Stevens schon jemals etwas Falsches gesagt? (lacht)

DFB.de: Ich glaube, nicht.

Büskens: Na, sehen Sie, dann wird es wohl stimmen. Noch einmal, ich bin immer einer der Einsatz einfordert, der Leidenschaft einfordert, der großen Willen einfordert. Ich möchte sicher nicht, dass sich Spieler im Zweikampf schonen. Aber ich leite meine Spieler genauso entschlossen dazu an, fair zu spielen.

DFB.de: Fairplay auf dem Rasen, Fairplay auf den Rängen - gibt es da einen Zusammenhang?

Büskens: Fairplay auf den Tribünen ist genauso elementar. Der Fußball lebt von Rivalität, aber auch beim Fanverhalten müssen Grenzen des Fairplay und des Respekts gelten.

DFB.de: Sie sind Vater von zwei Töchtern. Sind die beiden Fußballerinnen.

Büskens: Neeeein.

DFB.de: Warum so gequält?

Büskens: Ich wollte fast schon sagen "Also bitte!" Aber es ist einfach so, dass die beiden eher klassische Mädchen-Sportarten betreiben: Ballett und Reiten.

DFB.de: Fairplay beim Reiten gibt es eher nicht, oder?

Büskens: Generell im Leben geht es darum, dass wir fair miteinander umgehen und uns gegenseitig respektieren. Auch dem Pferd gegenüber sollte sich der Reitsportler fair verhalten. Der Reiter und das Pferd sind aufeinander angewiesen, und es geht auch beim Reiten um das gegenseitige Vertrauen. Das Tier legt doch sein Schicksal in die Hände des Reiters, dass es vernünftig gepflegt und geritten wird.

DFB.de: Der UEFA-Pokal-Sieg ist schon eine Weile her, und trotzdem schwärmen die Schalker Fans bis heute von den "Euro-Fightern". Valencia wurde ausgeschaltet, Inter Mailand damals im Finale geschlagen. Was macht diese Mannschaft bis heute so besonders?

Büskens: Das war der erste internationale Titel von Schalke. Wir haben damals von unserem Spirit gelebt. Die Mannschaft hat sich nicht durch ihre überragende fußballerische Qualität definiert. Unsere Gegner waren oftmals personell besser bestückt. Aber wir waren ein Team. Jeder wusste, dass es Opfer bedarf, um diesen Titel zu holen. Wir haben es geschafft, ein Miteinander zu leben, und das beweist sich vor allem auch dann, wenn man für die Fehler des Anderen einsteht. "Hart, aber fair" - das ist vielleicht eine Qualität, die den Fußball des Ruhrgebiets ausmacht. Im Pott hat jeder erfahren, wie hart gearbeitet wird, dazu wird der offene, unverstellte Umgang miteinander gelebt.

DFB.de: Die Region lässt Sie nicht los. Bis jetzt pendeln Sie von Fürth nach Gelsenkirchen, wo ihre Familie lebt. Wollen Sie nicht doch mal ein richtiger Franke werden?

Büskens: (lacht) Mein Dienstwagen braucht einfach die Bewegung, so ein Auto muss ja auch ausgefahren werden. Im Ernst, du weißt es doch nie im Fußball, wir arbeiten in einem schnelllebigen Geschäft. Mir ist es wichtig, dass meine Kinder und meine Frau in ihrem gewohnten Umfeld bleiben.

DFB.de: Wie wichtig ist das Fairplay gegenüber dem Schiedsrichter?

Büskens: Natürlich sehr wichtig. Und trotzdem erwische ich mich dabei, dass ich nicht immer meinen eigenen Ansprüchen gerecht werde. Ich fluche auch mal, wenn ich mich während eines Spiels benachteiligt fühle. Manchmal stößt sich ein Trainer an einem Pfiff, nicht mal, weil wir es anders gesehen haben, sondern einfach weil wir es anders haben möchten. Auch nach 23 Jahren Berufsfußball möchte ich nicht einen Tag mit einem Schiedsrichter tauschen. Weil ich weiß, wie schwer diese Aufgabe ist. Nur manchmal muss der Ärger auch raus.

DFB.de: Herr Büskens, herzlichen Glückwunsch zum Fairplay-Preis des DFB!

Büskens: Dankeschön, darüber freue ich mich sehr. Aber auch wenn ich Preisträger werde, ich trage sicher keinen Heiligenschein.

Das meinen DFB-User

"Herzlichen Glückwunsch, Herr Büskens. Es ist heutzutage nicht selbstverständlich, sich fair und respektvoll zu verhalten. Für mich sind Sie ein humanes Vorbild." (Robert Bauer, Freystadt)

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"Mike Büskens ist eine ehrliche Haut und vermittelt das an seine Spieler", hat Huub Stevens mal über ihn gesagt. Der heute 44-Jährige Bundesligatrainer, der im von Stevens trainierten Schalker UEFA-Cup-Siegerteam 1997 stand, wird am Dienstag für sein vorbildlich faires Verhalten ausgezeichnet. Am Morgen des WM-Qualifikationsspiels gegen Schweden wird Büskens im Festsaal des Berliner Abgeordnetenhaus die DFB-Medaille "Fair ist Mehr" verliehen.

Warum? Weil er vor jedem Heimspiel der SpVgg. Greuther Fürth die Spieler und Trainer der Gastmannschaft per Handschlag begrüßt. Im aktuellen DFB.de-Interview spricht Redakteur Thomas Hackbarth mit Mike Büskens über Chancen und Grenzen des Fairplay im Leistungssport.

DFB.de: Der Handschlag vor den Heimspielen – wann hat das angefangen?

Mike Büskens: Mir war überhaupt nicht bewusst, dass der Handschlag wahrgenommen wird. Ist doch nichts Außergewöhnliches. Ich gehe vor dem Spiel zur Gästebank und begrüße die Trainer und Spieler. Das mache ich seitdem ich als Cheftrainer der Spielvereinigung Greuther Fürth in der Verantwortung stehe, also seit unserem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern. Das war im Januar 2010. Nur einmal nicht, nämlich bei unserem Heimspiel gegen Schalke 04 am dritten Spieltag der laufenden Bundesliga-Saison. Auf Grund meiner Schalker Vergangenheit dachte ich mir, irgendjemand könnte mir den Handschlag als zu große Vertrautheit negativ auslegen. Ansonsten mache ich das aber sehr kontinuierlich. Unser Gegner ist eben auch unser Gast.

DFB.de: Was wollen Sie mit dem Handschlag ausdrücken?

Büskens: Natürlich steht man im Wettbewerb, natürlich misst man sich, natürlich wollen wir das Spiel gewinnen. Mir geht es trotzdem auch darum, dass man respektvoll miteinander umgeht.

DFB.de: Die SpVgg Greuther Fürth hat mit einem Etat von rund 13 Millionen Euro nicht den teuersten Kader der Liga. Muss man da nicht noch mehr kratzen und beißen und an der Kante spielen als die anderen?

Büskens: Nein, nein, das stimmt so nicht. Uns fällt es doch nicht schwer, fair zu spielen. Wir sind bereit, viel zu investieren. Das fordere ich auch als Trainer von meinen Spielern, dass man über seine eigene Schmerzgrenze geht, dass man sich überwindet. Doch Respekt ist eine Grundeinstellung. Respekt auch im Wettbewerb ist elementar und unverzichtbar.

DFB.de: Wer nicht foult, der strengt sich nicht richtig an - stimmt das etwa nicht?

Büskens: Fußball ist ein körperbetontes Spiel. Fouls lassen sich nicht komplett vermeiden. Wichtig ist, dass man immer respektvoll miteinander umgeht.

DFB.de: Untersuchungen zeigen, dass Kinder eher Foul spielen, je länger sie im Verein sind. So sprechen Kinder nach ein paar Jahren im Klub vom "fairen Foul". Das klingt erst mal entmutigend, oder?

Büskens: Wie gesagt, Fußball ist ein körperbetontes Spiel. Entscheidend ist, dass kein Spieler mit Vorsatz versucht, einen anderen zu verletzen. Ich habe in meiner gesamten Laufbahn allerdings auch keinen Spieler erlebt, der bewusst und zielgerichtet unfair gespielt hat.

DFB.de: Huub Stevens hat mal gesagt: "Mike ist eine ehrliche Haut und vermittelt das an seine Spieler". Hat er Recht?

Büskens: Hat Huub Stevens schon jemals etwas Falsches gesagt? (lacht)

DFB.de: Ich glaube, nicht.

Büskens: Na, sehen Sie, dann wird es wohl stimmen. Noch einmal, ich bin immer einer der Einsatz einfordert, der Leidenschaft einfordert, der großen Willen einfordert. Ich möchte sicher nicht, dass sich Spieler im Zweikampf schonen. Aber ich leite meine Spieler genauso entschlossen dazu an, fair zu spielen.

DFB.de: Fairplay auf dem Rasen, Fairplay auf den Rängen - gibt es da einen Zusammenhang?

Büskens: Fairplay auf den Tribünen ist genauso elementar. Der Fußball lebt von Rivalität, aber auch beim Fanverhalten müssen Grenzen des Fairplay und des Respekts gelten.

DFB.de: Sie sind Vater von zwei Töchtern. Sind die beiden Fußballerinnen.

Büskens: Neeeein.

DFB.de: Warum so gequält?

Büskens: Ich wollte fast schon sagen "Also bitte!" Aber es ist einfach so, dass die beiden eher klassische Mädchen-Sportarten betreiben: Ballett und Reiten.

DFB.de: Fairplay beim Reiten gibt es eher nicht, oder?

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Büskens: Generell im Leben geht es darum, dass wir fair miteinander umgehen und uns gegenseitig respektieren. Auch dem Pferd gegenüber sollte sich der Reitsportler fair verhalten. Der Reiter und das Pferd sind aufeinander angewiesen, und es geht auch beim Reiten um das gegenseitige Vertrauen. Das Tier legt doch sein Schicksal in die Hände des Reiters, dass es vernünftig gepflegt und geritten wird.

DFB.de: Der UEFA-Pokal-Sieg ist schon eine Weile her, und trotzdem schwärmen die Schalker Fans bis heute von den "Euro-Fightern". Valencia wurde ausgeschaltet, Inter Mailand damals im Finale geschlagen. Was macht diese Mannschaft bis heute so besonders?

Büskens: Das war der erste internationale Titel von Schalke. Wir haben damals von unserem Spirit gelebt. Die Mannschaft hat sich nicht durch ihre überragende fußballerische Qualität definiert. Unsere Gegner waren oftmals personell besser bestückt. Aber wir waren ein Team. Jeder wusste, dass es Opfer bedarf, um diesen Titel zu holen. Wir haben es geschafft, ein Miteinander zu leben, und das beweist sich vor allem auch dann, wenn man für die Fehler des Anderen einsteht. "Hart, aber fair" - das ist vielleicht eine Qualität, die den Fußball des Ruhrgebiets ausmacht. Im Pott hat jeder erfahren, wie hart gearbeitet wird, dazu wird der offene, unverstellte Umgang miteinander gelebt.

DFB.de: Die Region lässt Sie nicht los. Bis jetzt pendeln Sie von Fürth nach Gelsenkirchen, wo ihre Familie lebt. Wollen Sie nicht doch mal ein richtiger Franke werden?

Büskens: (lacht) Mein Dienstwagen braucht einfach die Bewegung, so ein Auto muss ja auch ausgefahren werden. Im Ernst, du weißt es doch nie im Fußball, wir arbeiten in einem schnelllebigen Geschäft. Mir ist es wichtig, dass meine Kinder und meine Frau in ihrem gewohnten Umfeld bleiben.

DFB.de: Wie wichtig ist das Fairplay gegenüber dem Schiedsrichter?

Büskens: Natürlich sehr wichtig. Und trotzdem erwische ich mich dabei, dass ich nicht immer meinen eigenen Ansprüchen gerecht werde. Ich fluche auch mal, wenn ich mich während eines Spiels benachteiligt fühle. Manchmal stößt sich ein Trainer an einem Pfiff, nicht mal, weil wir es anders gesehen haben, sondern einfach weil wir es anders haben möchten. Auch nach 23 Jahren Berufsfußball möchte ich nicht einen Tag mit einem Schiedsrichter tauschen. Weil ich weiß, wie schwer diese Aufgabe ist. Nur manchmal muss der Ärger auch raus.

DFB.de: Herr Büskens, herzlichen Glückwunsch zum Fairplay-Preis des DFB!

Büskens: Dankeschön, darüber freue ich mich sehr. Aber auch wenn ich Preisträger werde, ich trage sicher keinen Heiligenschein.

Das meinen DFB-User

"Herzlichen Glückwunsch, Herr Büskens. Es ist heutzutage nicht selbstverständlich, sich fair und respektvoll zu verhalten. Für mich sind Sie ein humanes Vorbild." (Robert Bauer, Freystadt)