Melika Foroutan: “Eine Bereicherung für mein Selbstbewusstsein”

Rund 50.000 Mitglieder hat der Fan Club Nationalmannschaft powered by Coca-Cola. Aber der DFB-Auswahl drücken noch viel mehr Menschen die Daumen. Darunter auch zahlreiche bekannte Größen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Zum zehnjährigen Bestehen des Fan Club Nationalmannschaft sprechen sie in der neuen Rubrik „Prominente Fans“ über ihre Fußball-Leidenschaft.

Das Interesse für den Fußball ist bei Melika Foroutan familiär bedingt. Quasi genetisch übertragen vom Vater. Denn Bahman Foroutan ist Fußballer durch und durch, trainierte unter anderem die iranische Nationalmannschaft, Türkiyemspor Berlin, den Berliner AK und aktuell Mes Rafsanjan.

Seine Leidenschaft hat die Schauspielerin gleichsam fasziniert wie inspiriert. Als Jugendliche spielte die gebürtige Teheranerin selbst Fußball. Die Erfolge bezeichnet sie als “Bereicherung für mein Selbstbewusstsein”. Allerdings gab sie das Fußballspielen nach ein paar Jahren auf. Eine blöde Bemerkung blieb ihr im Kopf hängen.

Dennoch blieb sie dem Fußball treu. “Es gibt kein Entkommen”, sagt Melika Foroutan in Anspielung auf all die fußballbegeisterten Menschen in ihrem Umfeld. Insofern passt es auch, dass die 36-Jährige in einem Fußball-Film mitwirkte. Im fanclub.dfb.de-Interview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer spricht die Schauspielerin über Michael Zorc, Marilyn Monroe, Christoph-Maria Herbst, Fußball-Kneipen und Fußball-Philosophie.

fanclub.dfb.de: Frau Foroutan, haben Sie in Ihrer Kindheit den Kicker gelesen?

Melika Foroutan: Ja, tatsächlich. Weil ich alles gelesen habe, was bei uns Zuhause rumlag. Und der Kicker war immer da, weil mein Vater in regelmäßig gekauft hat. Am liebsten hatte ich eine Rubrik mit persönlichen Fragen an die Spieler.

fanclub.dfb.de: Für welchen Spieler haben Sie damals geschwärmt?

Melika Foroutan: Für Michael Zorc. Ich habe mir das Zimmer mit meinem Bruder geteilt, bis ich zwölf Jahre alt war. Er hatte Fußball-Poster auf seiner Seite hängen. Darunter eines von Michael Zorc. Er hatte das Dortmund-Trikot mit der Uhu-Werbung an. Und mir hat er einfach gefallen.

fanclub.dfb.de: War der Fußball für Sie Ersatz, weil in Ihrer Familie die ”Bravo” und Marilyn Monroe verpönt waren?

Melika Foroutan: Die Bravo habe ich bei Freunden gelesen. Und Filme mit Marilyn Monoroe & Co. durfte ich trotzdem daheim sehen. Deswegen würde ich nicht von einem Ersatz sprechen. Ich habe Fußball als einen schönen Sport empfunden.

fanclub.dfb.de: Wie sind Sie zum Fußball gekommen?

Melika Foroutan: Eine Bekannte der Familie hatte, als ich acht Jahre alt war, die erste Mädchenmannschaft in meinem Heimatort gegründet. Sie hat meine Eltern gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen. Und ich habe mitgemacht.

fanclub.dfb.de: Was hat Sie am Fußball begeistert?

Melika Foroutan: Als wir anfingen, konnten wir einen Fußball nicht von einer Zitrone unterscheiden. Wir waren ein zusammegewürfelter Haufen Mädchen, der lostapste, um ein Tor zu erzielen. Unser erstes Spiel haben wir 17:0 verloren. Weil wir Einzelwesen auf dem Feld waren, die Glück hatten, wenn sie den Ball berühren konnten. Aber unsere Trainerin, Frau Neuser, hatte großen Enthusiasmus, sie hat sehr ernsthaft mit uns trainiert und öfter als es gewöhnlich ist für solch ein Team. Und es hat uns Spaß gemacht. Sie hat uns das beigebracht, was ich für das Wesentliche am Fußball halte. Nämlich, dass man zusammenspielt. Wir sind danach zu einer Mannschaft zusammengewachsen. Und damit kamen die Erfolge. Das war eine solche Bereicherung für mein Selbstbewusstsein. Zusammen mit anderen ein Ziel zu haben, auf das man trainiert, für das man kämpft und das man auch erreicht. Das hat mich am Fußball extrem begeistert.

fanclub.dfb.de: Wie sehr sind Sie in Sachen Fußball von Ihrem Vater geprägt worden?

Melika Foroutan: Er hatte da natürlich einen sehr großen Einfluss. Mein Vater lebt Fußball. Ich habe durch ihn so unglaublich viele Diskussionen mitbekommen, die sich um diesen Sport gedreht haben. Er hat Fußball in einen gesellschaftlichen, politischen und philosophischen Kontext gesetzt, gab ihm damit eine Tiefe, die so spannend war, dass ich, obwohl ich nicht alles verstand, die Leidenschaft, die man für diesen Sport empfinden kann, bis heute noch nachvollziehen kann. Wenn ich ihm zugehört habe, während er darüber sprach, welchen Spieler er nun zum Kapitän ernennen soll, war das Psychologie. Ich hatte das Gefühl, da wird etwas ganz Tolles verhandelt. Deswegen verstehe ich, dass er heute noch trainiert. Er wird Fußball-Trainer bis zum Ende seines Lebens sein.

fanclub.dfb.de: Wie würden Sie Ihr Fußball-Talent einstufen?

Melika Foroutan: Ich glaube, eine Birgit Prinz wäre nicht aus mir geworden. Aber zumindest hatte ich großen Spaß an dem Sport, und am Training im Besonderen. Das war wie später am Theater, da hatte ich auch auf den Proben viel Freude. Ich weiß nicht, was für eine Spielerin aus mir geworden wäre. Aber ein bisschen Talent hatte ich schon. Ich habe im Angriff gespielt und habe auch ein paar Tore geschossen.

fanclub.dfb.de: Warum haben Sie aufgehört, Fußball zu spielen?

Melika Foroutan: Ich habe aufgehört, weil ich anfing, mich für andere Dinge zu interessieren. Meine Mutter leitete eine kleine Theater-Gruppe. Sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, da etwas zu spielen. Ich bin aber auch gewechselt, weil ich damals nicht emanzipiert genug war, um einige dieser typischen Bemerkung zu verkraften, die vom Spielfeldrand gerufen wurden. “Die sehen ja aus wie Jungs.” Hätte mir eigentlich egal sein müssen. War es aber nicht.

fanclub.dfb.de: Wären Sie heute jung, würden Sie wieder so reagieren und den Fußball aufgeben?

Melika Foroutan: Vermutlich würde es heute nicht mehr solche dummen Sprüche geben.

fanclub.dfb.de: Wie haben Sie Ihr Faible für den Fußball bewahrt?

Melika Foroutan: Es gibt kein Entkommen. Durch die Familie geht es gar nicht anders. Ich verfolge zwar nicht regelmäßig die Bundesliga, aber bei WM und EM bin ich immer dabei. Für Spiele der Champions League interessiere ich mich manchmal. Ich habe einen Mann, der sich für Fußball interessiert. Mein Vater ist Fußball-Trainer. Mein Schwager ist begeisterter Gladbach-Fan. Mein Bruder ist Trainer im Nachwuchs-Leistungs-Zentrum der TuS Koblenz. Fußball spielt in meiner Familie einfach eine große Rolle. Auch wenn ich es gar nicht wollte, ich würde es trotzdem mitbekommen. Ich glaube, der Kontakt zu diesem Sport wird nie abreißen.

fanclub.dfb.de: Und Sie gehen auch in Fußball-Kneipen?

Melika Foroutan: Ich habe mal in einer Bar gearbeitet, in der FC Magnet Mitte-Bar in Berlin. Da habe ich während meiner Schauspiel-Schulzeit gejobbt. Da hingen keine Wimpel und da standen auch keine Pokale, das war kein Vereinsheim im klassischen Sinne, eher eine Szene-Bar, in der regelmäßig Spiele liefen.

fanclub.dfb.de: Das heißt, Ihren Ehemann haben Sie dort nicht kennengelernt, weil Sie mal ein Spiel schauen wollten?

Melika Foroutan: Naja, ich habe hinter der Bar gearbeitet. Und er kam zum Kickern. Und dann hat er bei mir sein Bier bestellt. Und das dann immer regelmäßiger. Ein bestimmtes Spiel lief bei unserem Kennenlernen nicht.

fanclub.dfb.de: Stimmt es, dass Sie aus Liebe zu Ihrem Mann die Seiten vom FC Schalke 04 zu Borussia Dortmund gewechselt haben?

Melika Foroutan: Nicht so ganz. Ich wäre eine ernsthafte Beleidigung für jeden Schalke -Fan gewesen. In unserem Kinderzimmer hing auch die Fahne vom HSV und anderen Mannschaften. Und ich glaube, das klingt jetzt wirklich schrecklich, mir haben die Farben des Vereins gefallen: Königsblau und weiß. Deswegen muss ich mich wahrscheinlich bei jedem Schalker entschuldigen, dass ich mich mal als Fan bezeichnet habe. Mein Mann ist aber in Dortmund groß geworden und daher richtiger Borussia-Fan. Dadurch habe ich angefangen, mich für seine Mannschaft zu interessieren. Und mittlerweile kann ich sagen: Ich supporte den BVB! Das ist ein klares Bekenntnis: Das ist die beste Mannschaft, die es gibt, nicht nur wegen der Farben!

fanclub.dfb.de: Wie ist das bei Länderspielen? Für Deutschland? Für den Iran? Für beide?

Melika Foroutan: Das ist eine schwierige Frage. Ich finde, die Iraner spielen guten Fußball, dennoch ist es ausbaufähig. Wenn aber der Iran und Deutschland aufeinandertreffen, dann ist Iran der Außenseiter – und mein Herz schlägt in solchen Spielen für die Underdogs.

fanclub.dfb.de: Damit vermeiden Sie wahrscheinlich auch einen Konflikt in der Familie. Ihr Vater hält doch bestimmt zum Iran.

Melika Foroutan: Mein Vater war zwar mal Trainer der iranischen Nationalmannschaft, aber er ist, egal bei welchem Spiel, immer für die bessere Mannschaft. Er hält grundsätzlich zu dem Team, das den moderneren und schöneren Fußball spielt. Er ärgert sich wahnsinnig über unschönen Fußball.

fanclub.dfb.de: Das heißt, er ist konfliktfreudig?

Melika Foroutan: Ja, wir sind alle konfliktfreudig.

fanclub.dfb.de: Ihre Schwester Naika arbeitet als Sozialwissenschaftlerin, hat sich besonders in der Sarrazin-Debatte hervorgetan. Ist das bei Ihnen auf ähnlichen Niveau?

Melika Foroutan: Ich gehe keinem Konflikt aus dem Weg, wenn ich das Gefühl habe, das er ausgetragen werden muss. Ich bin kein Freund von Dingen, die verschwiegen oder unter den Teppich gekehrt werden. Sonst kommt es irgendwann zur Explosion, und das heißt, man reagiert heftiger. Da ist es besser, Konflikte vorher anständig auszutragen.

fanclub.dfb.de: Sind Sie ein emotionaler oder sachlicher Mensch in solchen Situationen? Oder kommt bei Konflikten die Schauspielerinnen in Ihnen durch?

Melika Foroutan: Wie lösen Schauspielerinnen Konflikte? Eine Maske kann jeder aufsetzen. Sie verhalten sich auch in der Familie anders, wie wenn sie zum Bäcker gehen. Wir haben alle Verhaltensmuster, die wir in verschiedenen Situationen unterschiedlich einsetzen. Vielleicht ist man als Schauspielerin geübter darin, aber ich setze es sehr selten ein. Ich mag das nicht so gerne. Ich versuche, sachlich zu bleiben. Und wenn ich dann nicht weiter komme, dann werde ich emotional, aber wahrhaft emotional.

fanclub.dfb.de: Welche Rollen spielen Sie gerne?

Melika Foroutan: Zur Zeit spiele ich gerne Komödien. Ende April werde ich in einer Kino-Komödie mitwirken. Da freue ich mich sehr drauf. So ganz neu ist es nicht. Am Theater habe ich das häufiger gemacht. Im Fernsehen hat man mich weniger in heiteren Rollen gesehen. Und momentan habe ich Lust, das auszubauen.

fanclub.dfb.de: Sie haben in dem Fußball-Film ”66/67 – Fairplay war gestern” mitgespielt. Eine besonderes schöne Aufgabe für Sie?

Melika Foroutan: Ja, eine ganz, ganz tolle Erfahrung. Weil wir ein gutes Team waren. Ich hatte mit Schauspiel-Kollegen zu tun, die ich alle sehr gerne mag. Es war ein bisschen eine Ferienlager-Stimmung beim Dreh. Es wurde viel vorher geprobt, es war für alle eine Herzens-Angelegenheit. Und ich finde, das spürt man. Das ist eine große Freude, so zu arbeiten.

fanclub.dfb.de: Weil alle Fußball-Fans sind?

Melika Foroutan: Es ist nicht ausschließlich ein Fußball-Film. Es geht ums Erwachsenwerden, darum, sich von Sicherheiten, die einem in der Jugend Halt gegeben haben, zu lösen. Es geht um die hässliche Seite des Fußballs, um Hooligans. Es geht um Jungs, die verloren sind, und sich über das Thema definieren und darin finden. Es ist ein kritischer und kluger Film.

fanclub.dfb.de: Schön, dass sie diesen Film derart präsent haben. Es ist keine Selbstverständlichkeit, schließlich haben Sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren in 13 Filmen mitgewirkt. Kommt Ihre Karriere gerade in Fahrt?

Melika Foroutan: Da möchte ich mit den Worten von Franz Beckenbauer antworten: Schau’n mer mal.

fanclub.dfb.de: Wann sind wieder Filme von Ihnen zu sehen?

Melika Foroutan: Bei „Weißensee“ habe ich mitgewirkt, die Serie wird im Herbst ausgestrahlt, und in einem sehr düsteren Cop-Movie von Lars Becker, “Unter Feinden", in dem ich eine knallharte iranische Statsanwältin spiele – mit Kopftuch. Das war eine interessante Erfahrung. Ende April fahre ich nach Wien und Marokko, drehe dort die Kino-Komödie “Die Mamba" mit Michael Niavarani und Christoph-Maria Herbst.

fanclub.dfb.de: Und wann ist da noch Zeit für Fußball? Etwa für Stadion-Besuche?

Melika Foroutan: Naja, ins Stadion würde es ja immer samstags gehen. Da habe ich frei. Und wenn wir dann mal in Dortmund sind, geben uns meine Schwiegereltern auch mal ihre Dauerkarten vom BVB. Allerdings nur wenn es kein Top-Spiel ist.

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Rund 50.000 Mitglieder hat der Fan Club Nationalmannschaft powered by Coca-Cola. Aber der DFB-Auswahl drücken noch viel mehr Menschen die Daumen. Darunter auch zahlreiche bekannte Größen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Zum zehnjährigen Bestehen des Fan Club Nationalmannschaft sprechen sie in der neuen Rubrik „Prominente Fans“ über ihre Fußball-Leidenschaft.

Das Interesse für den Fußball ist bei Melika Foroutan familiär bedingt. Quasi genetisch übertragen vom Vater. Denn Bahman Foroutan ist Fußballer durch und durch, trainierte unter anderem die iranische Nationalmannschaft, Türkiyemspor Berlin, den Berliner AK und aktuell Mes Rafsanjan.

Seine Leidenschaft hat die Schauspielerin gleichsam fasziniert wie inspiriert. Als Jugendliche spielte die gebürtige Teheranerin selbst Fußball. Die Erfolge bezeichnet sie als “Bereicherung für mein Selbstbewusstsein”. Allerdings gab sie das Fußballspielen nach ein paar Jahren auf. Eine blöde Bemerkung blieb ihr im Kopf hängen.

Dennoch blieb sie dem Fußball treu. “Es gibt kein Entkommen”, sagt Melika Foroutan in Anspielung auf all die fußballbegeisterten Menschen in ihrem Umfeld. Insofern passt es auch, dass die 36-Jährige in einem Fußball-Film mitwirkte. Im fanclub.dfb.de-Interview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer spricht die Schauspielerin über Michael Zorc, Marilyn Monroe, Christoph-Maria Herbst, Fußball-Kneipen und Fußball-Philosophie.

fanclub.dfb.de: Frau Foroutan, haben Sie in Ihrer Kindheit den Kicker gelesen?

Melika Foroutan: Ja, tatsächlich. Weil ich alles gelesen habe, was bei uns Zuhause rumlag. Und der Kicker war immer da, weil mein Vater in regelmäßig gekauft hat. Am liebsten hatte ich eine Rubrik mit persönlichen Fragen an die Spieler.

fanclub.dfb.de: Für welchen Spieler haben Sie damals geschwärmt?

Melika Foroutan: Für Michael Zorc. Ich habe mir das Zimmer mit meinem Bruder geteilt, bis ich zwölf Jahre alt war. Er hatte Fußball-Poster auf seiner Seite hängen. Darunter eines von Michael Zorc. Er hatte das Dortmund-Trikot mit der Uhu-Werbung an. Und mir hat er einfach gefallen.

fanclub.dfb.de: War der Fußball für Sie Ersatz, weil in Ihrer Familie die ”Bravo” und Marilyn Monroe verpönt waren?

Melika Foroutan: Die Bravo habe ich bei Freunden gelesen. Und Filme mit Marilyn Monoroe & Co. durfte ich trotzdem daheim sehen. Deswegen würde ich nicht von einem Ersatz sprechen. Ich habe Fußball als einen schönen Sport empfunden.

fanclub.dfb.de: Wie sind Sie zum Fußball gekommen?

Melika Foroutan: Eine Bekannte der Familie hatte, als ich acht Jahre alt war, die erste Mädchenmannschaft in meinem Heimatort gegründet. Sie hat meine Eltern gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mitzumachen. Und ich habe mitgemacht.

fanclub.dfb.de: Was hat Sie am Fußball begeistert?

Melika Foroutan: Als wir anfingen, konnten wir einen Fußball nicht von einer Zitrone unterscheiden. Wir waren ein zusammegewürfelter Haufen Mädchen, der lostapste, um ein Tor zu erzielen. Unser erstes Spiel haben wir 17:0 verloren. Weil wir Einzelwesen auf dem Feld waren, die Glück hatten, wenn sie den Ball berühren konnten. Aber unsere Trainerin, Frau Neuser, hatte großen Enthusiasmus, sie hat sehr ernsthaft mit uns trainiert und öfter als es gewöhnlich ist für solch ein Team. Und es hat uns Spaß gemacht. Sie hat uns das beigebracht, was ich für das Wesentliche am Fußball halte. Nämlich, dass man zusammenspielt. Wir sind danach zu einer Mannschaft zusammengewachsen. Und damit kamen die Erfolge. Das war eine solche Bereicherung für mein Selbstbewusstsein. Zusammen mit anderen ein Ziel zu haben, auf das man trainiert, für das man kämpft und das man auch erreicht. Das hat mich am Fußball extrem begeistert.

fanclub.dfb.de: Wie sehr sind Sie in Sachen Fußball von Ihrem Vater geprägt worden?

Melika Foroutan: Er hatte da natürlich einen sehr großen Einfluss. Mein Vater lebt Fußball. Ich habe durch ihn so unglaublich viele Diskussionen mitbekommen, die sich um diesen Sport gedreht haben. Er hat Fußball in einen gesellschaftlichen, politischen und philosophischen Kontext gesetzt, gab ihm damit eine Tiefe, die so spannend war, dass ich, obwohl ich nicht alles verstand, die Leidenschaft, die man für diesen Sport empfinden kann, bis heute noch nachvollziehen kann. Wenn ich ihm zugehört habe, während er darüber sprach, welchen Spieler er nun zum Kapitän ernennen soll, war das Psychologie. Ich hatte das Gefühl, da wird etwas ganz Tolles verhandelt. Deswegen verstehe ich, dass er heute noch trainiert. Er wird Fußball-Trainer bis zum Ende seines Lebens sein.

fanclub.dfb.de: Wie würden Sie Ihr Fußball-Talent einstufen?

Melika Foroutan: Ich glaube, eine Birgit Prinz wäre nicht aus mir geworden. Aber zumindest hatte ich großen Spaß an dem Sport, und am Training im Besonderen. Das war wie später am Theater, da hatte ich auch auf den Proben viel Freude. Ich weiß nicht, was für eine Spielerin aus mir geworden wäre. Aber ein bisschen Talent hatte ich schon. Ich habe im Angriff gespielt und habe auch ein paar Tore geschossen.

fanclub.dfb.de: Warum haben Sie aufgehört, Fußball zu spielen?

Melika Foroutan: Ich habe aufgehört, weil ich anfing, mich für andere Dinge zu interessieren. Meine Mutter leitete eine kleine Theater-Gruppe. Sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, da etwas zu spielen. Ich bin aber auch gewechselt, weil ich damals nicht emanzipiert genug war, um einige dieser typischen Bemerkung zu verkraften, die vom Spielfeldrand gerufen wurden. “Die sehen ja aus wie Jungs.” Hätte mir eigentlich egal sein müssen. War es aber nicht.

fanclub.dfb.de: Wären Sie heute jung, würden Sie wieder so reagieren und den Fußball aufgeben?

Melika Foroutan: Vermutlich würde es heute nicht mehr solche dummen Sprüche geben.

fanclub.dfb.de: Wie haben Sie Ihr Faible für den Fußball bewahrt?

Melika Foroutan: Es gibt kein Entkommen. Durch die Familie geht es gar nicht anders. Ich verfolge zwar nicht regelmäßig die Bundesliga, aber bei WM und EM bin ich immer dabei. Für Spiele der Champions League interessiere ich mich manchmal. Ich habe einen Mann, der sich für Fußball interessiert. Mein Vater ist Fußball-Trainer. Mein Schwager ist begeisterter Gladbach-Fan. Mein Bruder ist Trainer im Nachwuchs-Leistungs-Zentrum der TuS Koblenz. Fußball spielt in meiner Familie einfach eine große Rolle. Auch wenn ich es gar nicht wollte, ich würde es trotzdem mitbekommen. Ich glaube, der Kontakt zu diesem Sport wird nie abreißen.

fanclub.dfb.de: Und Sie gehen auch in Fußball-Kneipen?

Melika Foroutan: Ich habe mal in einer Bar gearbeitet, in der FC Magnet Mitte-Bar in Berlin. Da habe ich während meiner Schauspiel-Schulzeit gejobbt. Da hingen keine Wimpel und da standen auch keine Pokale, das war kein Vereinsheim im klassischen Sinne, eher eine Szene-Bar, in der regelmäßig Spiele liefen.

fanclub.dfb.de: Das heißt, Ihren Ehemann haben Sie dort nicht kennengelernt, weil Sie mal ein Spiel schauen wollten?

Melika Foroutan: Naja, ich habe hinter der Bar gearbeitet. Und er kam zum Kickern. Und dann hat er bei mir sein Bier bestellt. Und das dann immer regelmäßiger. Ein bestimmtes Spiel lief bei unserem Kennenlernen nicht.

fanclub.dfb.de: Stimmt es, dass Sie aus Liebe zu Ihrem Mann die Seiten vom FC Schalke 04 zu Borussia Dortmund gewechselt haben?

Melika Foroutan: Nicht so ganz. Ich wäre eine ernsthafte Beleidigung für jeden Schalke -Fan gewesen. In unserem Kinderzimmer hing auch die Fahne vom HSV und anderen Mannschaften. Und ich glaube, das klingt jetzt wirklich schrecklich, mir haben die Farben des Vereins gefallen: Königsblau und weiß. Deswegen muss ich mich wahrscheinlich bei jedem Schalker entschuldigen, dass ich mich mal als Fan bezeichnet habe. Mein Mann ist aber in Dortmund groß geworden und daher richtiger Borussia-Fan. Dadurch habe ich angefangen, mich für seine Mannschaft zu interessieren. Und mittlerweile kann ich sagen: Ich supporte den BVB! Das ist ein klares Bekenntnis: Das ist die beste Mannschaft, die es gibt, nicht nur wegen der Farben!

fanclub.dfb.de: Wie ist das bei Länderspielen? Für Deutschland? Für den Iran? Für beide?

Melika Foroutan: Das ist eine schwierige Frage. Ich finde, die Iraner spielen guten Fußball, dennoch ist es ausbaufähig. Wenn aber der Iran und Deutschland aufeinandertreffen, dann ist Iran der Außenseiter – und mein Herz schlägt in solchen Spielen für die Underdogs.

fanclub.dfb.de: Damit vermeiden Sie wahrscheinlich auch einen Konflikt in der Familie. Ihr Vater hält doch bestimmt zum Iran.

Melika Foroutan: Mein Vater war zwar mal Trainer der iranischen Nationalmannschaft, aber er ist, egal bei welchem Spiel, immer für die bessere Mannschaft. Er hält grundsätzlich zu dem Team, das den moderneren und schöneren Fußball spielt. Er ärgert sich wahnsinnig über unschönen Fußball.

fanclub.dfb.de: Das heißt, er ist konfliktfreudig?

Melika Foroutan: Ja, wir sind alle konfliktfreudig.

fanclub.dfb.de: Ihre Schwester Naika arbeitet als Sozialwissenschaftlerin, hat sich besonders in der Sarrazin-Debatte hervorgetan. Ist das bei Ihnen auf ähnlichen Niveau?

Melika Foroutan: Ich gehe keinem Konflikt aus dem Weg, wenn ich das Gefühl habe, das er ausgetragen werden muss. Ich bin kein Freund von Dingen, die verschwiegen oder unter den Teppich gekehrt werden. Sonst kommt es irgendwann zur Explosion, und das heißt, man reagiert heftiger. Da ist es besser, Konflikte vorher anständig auszutragen.

fanclub.dfb.de: Sind Sie ein emotionaler oder sachlicher Mensch in solchen Situationen? Oder kommt bei Konflikten die Schauspielerinnen in Ihnen durch?

Melika Foroutan: Wie lösen Schauspielerinnen Konflikte? Eine Maske kann jeder aufsetzen. Sie verhalten sich auch in der Familie anders, wie wenn sie zum Bäcker gehen. Wir haben alle Verhaltensmuster, die wir in verschiedenen Situationen unterschiedlich einsetzen. Vielleicht ist man als Schauspielerin geübter darin, aber ich setze es sehr selten ein. Ich mag das nicht so gerne. Ich versuche, sachlich zu bleiben. Und wenn ich dann nicht weiter komme, dann werde ich emotional, aber wahrhaft emotional.

fanclub.dfb.de: Welche Rollen spielen Sie gerne?

Melika Foroutan: Zur Zeit spiele ich gerne Komödien. Ende April werde ich in einer Kino-Komödie mitwirken. Da freue ich mich sehr drauf. So ganz neu ist es nicht. Am Theater habe ich das häufiger gemacht. Im Fernsehen hat man mich weniger in heiteren Rollen gesehen. Und momentan habe ich Lust, das auszubauen.

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fanclub.dfb.de: Sie haben in dem Fußball-Film ”66/67 – Fairplay war gestern” mitgespielt. Eine besonderes schöne Aufgabe für Sie?

Melika Foroutan: Ja, eine ganz, ganz tolle Erfahrung. Weil wir ein gutes Team waren. Ich hatte mit Schauspiel-Kollegen zu tun, die ich alle sehr gerne mag. Es war ein bisschen eine Ferienlager-Stimmung beim Dreh. Es wurde viel vorher geprobt, es war für alle eine Herzens-Angelegenheit. Und ich finde, das spürt man. Das ist eine große Freude, so zu arbeiten.

fanclub.dfb.de: Weil alle Fußball-Fans sind?

Melika Foroutan: Es ist nicht ausschließlich ein Fußball-Film. Es geht ums Erwachsenwerden, darum, sich von Sicherheiten, die einem in der Jugend Halt gegeben haben, zu lösen. Es geht um die hässliche Seite des Fußballs, um Hooligans. Es geht um Jungs, die verloren sind, und sich über das Thema definieren und darin finden. Es ist ein kritischer und kluger Film.

fanclub.dfb.de: Schön, dass sie diesen Film derart präsent haben. Es ist keine Selbstverständlichkeit, schließlich haben Sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren in 13 Filmen mitgewirkt. Kommt Ihre Karriere gerade in Fahrt?

Melika Foroutan: Da möchte ich mit den Worten von Franz Beckenbauer antworten: Schau’n mer mal.

fanclub.dfb.de: Wann sind wieder Filme von Ihnen zu sehen?

Melika Foroutan: Bei „Weißensee“ habe ich mitgewirkt, die Serie wird im Herbst ausgestrahlt, und in einem sehr düsteren Cop-Movie von Lars Becker, “Unter Feinden", in dem ich eine knallharte iranische Statsanwältin spiele – mit Kopftuch. Das war eine interessante Erfahrung. Ende April fahre ich nach Wien und Marokko, drehe dort die Kino-Komödie “Die Mamba" mit Michael Niavarani und Christoph-Maria Herbst.

fanclub.dfb.de: Und wann ist da noch Zeit für Fußball? Etwa für Stadion-Besuche?

Melika Foroutan: Naja, ins Stadion würde es ja immer samstags gehen. Da habe ich frei. Und wenn wir dann mal in Dortmund sind, geben uns meine Schwiegereltern auch mal ihre Dauerkarten vom BVB. Allerdings nur wenn es kein Top-Spiel ist.