Meinert: "Wir haben gemeinsam viel auf den Weg gebracht"

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind mehr als 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute. 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de prägende Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: die ehemalige Nationaltorhüterin Maren Meinert, Welt- und Europameisterin als Spielerin und jahrelang erfolgreiche Trainerin im Nachwuchsbereich des DFB. Unter anderem wurde sie U 20-Weltmeisterin 2010 und 2014.

DFB.de: Frau Meinert, Sie haben die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland als Spielerin und Trainerin geprägt. Was ist Ihnen ganz persönlich besonders in Erinnerung geblieben?

Maren Meinert: Für mich als Spielerin war der Gewinn der Weltmeisterschaft 2003 ohne Zweifel ein Höhepunkt. Wir haben den Titel erstmals holen können, dazu in den USA. Und im Halbfinale haben wir in einem spektakulären Spiel die Gastgeberinnen besiegt. Das ist bis heute aus meiner Sicht ein Meilenstein in der Entwicklung des deutschen Frauenfußballs.

DFB.de: Im Endspiel gegen Schweden ist Ihnen dann das wichtige 1:1 gelungen, bevor Nia Künzer in der Verlängerung per Golden Goal die Entscheidung herbeigeführt hat.

Meinert: Ein Finale ist immer etwas ganz Besonderes. Dass ich in so einem wichtigen Spiel treffen konnte, macht die Geschichte natürlich noch größer. Aber für mich war das Halbfinale das Spiel der Spiele in diesem Turnier. Die USA waren schon zu dieser Zeit eine der führenden Nationen im Frauenfußball. Aber wir haben in deren Stadion mit 3:0 gewonnen – vor 30.000 Zuschauern, die logischerweise total gegen uns waren. Das war ein beeindruckendes Erlebnis.

DFB.de: Welchen Stellenwert hat für Sie die Europameisterschaft, die Sie dreimal gewinnen konnten?

Meinert: Für mich war vor allem die EM 2001 besonders, weil das Turnier in Deutschland stattgefunden hat und wir den Titel holen konnten. Uns haben sehr viele Zuschauer durch die Spiele begleitet. Aus meiner Erfahrung ist es nicht so leicht, im eigenen Land ein großes Turnier zu gewinnen, weil die Erwartungshaltung sehr hoch ist. Aber wir haben es geschafft. 

DFB.de: Ist damit ein Kindheitstraum wahr geworden?

Meinert: Über solche Dinge habe ich mir als Kind überhaupt keine Gedanken gemacht. Ich habe den Fußball einfach sehr früh lieben gelernt. Dass ich Talent habe und es ziemlich weit nach oben schaffen kann, ist mir erst nach und nach bewusst geworden. Erst als ich die EM 1989 im Fernsehen verfolgt habe, habe ich realisiert, dass das auch mein Weg sein könnte. Aber eigentlich ging es mir immer nur darum, das nächste Spiel zu gewinnen.

DFB.de: Wie sind Sie als Kind überhaupt zum Fußball gekommen?

Meinert: Ich habe mit meinem Bruder, meinem Cousin und deren Freunden bei uns im Garten gespielt. Da standen viele Bäume, so dass ich früh eine enge Ballführung lernen musste (lacht). Etwas später habe ich dann in der F-Jugend bei einem Verein in der Nähe begonnen. Da war ich mit Jungs in einer Mannschaft. Eigentlich habe ich immer und überall Fußball gespielt, auf dem Bolzplatz, auf dem Schulhof, in der Straße. Das war eine tolle Zeit. 

DFB.de: In Deutschland haben Sie für den FC Rumeln-Kaldenhausen, den FCR Duisburg und Grün-Weiß Brauweiler gespielt.  Wie denken Sie heute über diese Zeit? 

Meinert: Ungewöhnlich an dieser Geschichte ist sicher, dass ich zu meiner Zeit beim FC Rumeln-Kaldenhausen Nationalspielerin geworden bin. Wir haben damals noch in der Verbandsliga gespielt, aber Gero Bisanz hat mein Potenzial gesehen und mich eingeladen. Später ist der Verein dann in den FCR Duisburg übergegangen und wir haben es geschafft, 2000 deutscher Meister zu werden. Es war spannend, diesen Weg aus der Verbandsliga bis an die Spitze mitzugehen.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr erstes Länderspiel für die A-Nationalmannschaft?

Meinert: Oh je, das war im Oktober 1991 gegen Belgien. Wir haben 3:1 gewonnen, aber ich war hinterher überhaupt nicht zufrieden. Für mich hat es sich so angefühlt, als ob ich im Preisausschreiben gewonnen habe und nur deshalb mitspielen durfte. Heute würde man sagen, dass ich stets bemüht war. Aber viele Ballaktionen hatte ich nicht. Ich würde mir das Spiel gerne nochmal anschauen. Mal sehen, ob meiner Einschätzung zutrifft. Es war eine Erfahrung, die mich ernüchtert und erst im Nachhinein vorangebracht hat. Als ich nach der Begegnung mit meinem Vater nach Hause gefahren bin, war ich sehr schweigsam, weil ich alles erst einmal verarbeiten musste. Eigentlich sagt man, dass das erste Länderspiel immer toll ist. Ich habe eher die gegenteilige Erfahrung gemacht. Zum Glück wurde es dann sehr schnell sehr viel besser. In den Tagen nach diesem Ereignis war ich auf jeden Fall froh, wieder in meinem bekannten Umfeld im Rumeln-Kaldenhausen zu sein.

DFB.de: Wie war die Anfangszeit dort?

Meinert: Im Grunde war das zunächst echter Amateurfußball. Wir haben dreimal in der Woche trainiert, später kam eine vierte Einheit dazu. Als wir uns dann Schritt für Schritt nach oben entwickelten, wurden auch die Strukturen angepasst. Wir hatten dann irgendwann auch täglich Training, teilweise sogar zweimal am Tag.

DFB.de: Haben Sie also auf diesem Weg die Entwicklung des Frauenfußballs vom Amateur- zum Profisport miterleben können? 

Meinert: Ja, so kann man es sagen. Aber darüber habe ich mir früher keine Gedanken gemacht. Das war ja ein Prozess, der sich über viele Jahre gezogen hat. Eltern sehen auch nicht, dass ihr Kind täglich größer wird. Was ich aber durchaus wahrgenommen habe, war die Tatsache, dass der Fußball mit den Jahren immer mehr Zeit bei mir Anspruch genommen hat. In Rumeln-Kaldenhausen war Fußball für uns im Grunde noch ein Hobby. Später in den USA, wo ich dann auch meine Karriere beendet habe, war Fußball mein Beruf und ich konnte von meinem Gehalt leben. Ich habe bis 2003 bei den Boston Breakers gespielt. Das war dort echter Profifußball und wirklich eine tolle Zeit. So wie es dort ablief, habe ich es mir immer gewünscht. Das einzige Problem war dann für mich, dass ich aus  den USA meine Diplomarbeit fertig stellen musste. Aber auch das habe ich gelöst bekommen.

DFB.de: Nach dem WM-Gewinn 2003 haben Sie auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere Schluss gemacht. Die richtige Entscheidung?

Meinert: Ja, davon bin ich auch heute noch überzeugt. Ich war satt und wollte nicht mehr. Deshalb habe ich diesen Zeitpunkt sehr bewusst gewählt. Es war der Moment gekommen, an dem ich mich einer neuen Herausforderung stellen wollte.

DFB.de: Sie sind als Nachwuchstrainerin beim DFB eingestiegen.

Meinert: Das war eine Aufgabe, die mir sehr am Herzen liegt. Ich bin dankbar, dass ich das Vertrauen bekommen habe. Silvia Neid hat zu diesem Zeitpunkt die U 19 verlassen und Tina Theune als Bundestrainerin beerbt. Deshalb wurde die Position im Nachwuchsbereich für mich frei. Wir haben tolle Erfolge gefeiert. Es war eine wunderbare Zeit. Ich denke, dass wir gemeinsam viel auf den Weg gebracht haben.

DFB.de: Geht es beim Frauenfußball weiterhin in die richtige Richtung?

Meinert: Auf jeden Fall. Wir sind auf dem richtigen Weg und haben viel erreicht. Es gibt immer Menschen, die noch mehr und noch schneller größere Schritte erwarten. Aber diese Entwicklung ist dann oft nicht nachhaltig. Schauen Sie nur mal, wo der Frauenfußball herkommt und wo er jetzt steht. Das ist doch toll, nach nur 50 Jahren. Man muss aber auch sagen, dass wir durch den DFB immer super unterstützt wurden. Wir gehören ja nicht nur mit der A-Nationalmannschaft zu den weltweit führenden Nationen. Auch im Nachwuchs haben wir zahlreiche Titel geholt. In ganz Deutschland und in allen Altersklassen hat eine Professionalisierung stattgefunden. Auch in den kleineren Vereinen und in den verschiedenen Ligen. Es ist beeindruckend, was vor allem an der Basis entstanden ist. Aber wir müssen weiter aufmerksam bleiben und diese Entwicklung aktiv fördern und unterstützen.

DFB.de: Kritische Stimmen argumentieren, dass in den vergangenen Jahren die Erfolge ausblieben, der letzte Titel bei einer EM 2013 geholt wurde. 

Meinert: Das bezieht sich auf die A-Nationalmannschaft, die übrigens danach noch 2016 die Goldmedaille bei Olympia holte. Auch im Nachwuchsbereich haben wir nach 2013 noch große Erfolge gefeiert. Wir haben zum Beispiel die U 20-Weltmeisterschaft 2014 gewonnen. Die Mannschaft habe ich übrigens trainiert. Danach waren wir in zahlreichen weiteren Finals vertreten. Vor zwei Jahren haben wir mit der U 17 noch die Europameisterschaft geholt. Wir sind da schon ziemlich weit vorne mit dabei. Die Kritiker sollten sich mal von dem Gedanken verabschieden, dass Deutschland im Frauenfußball jeden Titel holen muss. Das ist doch unrealistisch. Aber es sollte schon unser Anspruch sein, dass wir zu den drei Top-Nationen auf der Welt gehören. Wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind.

DFB.de: Teilen Sie den Eindruck, dass andere Nationen aufgeholt haben?

Meinert: Die Weltspitze ist auf jeden Fall breiter geworden. Das haben die großen Turniere zuletzt gezeigt. Nationen wie die Niederlande oder Belgien haben auf sich aufmerksam gemacht und treten selbstbewusst auf. Wir dürfen allerdings nicht zu viel Angst haben, überholt zu werden. Wir müssen an unseren Tugenden festhalten, um unseren eigenen Weg weiterzugehen.

DFB.de: Inzwischen sind Sie als Referentin Spielbetrieb Frauen und Männer beim Westdeutschen Fußballverband tätig. 

Meinert: Ich kümmere mich in erster Linie um den Spielbetrieb der Regionalliga der Frauen. Nebenbei läuft hier ein großes Projekt, das auch im Zusammenhang mit 50 Jahre Frauenfußball in Deutschland steht. In den kommenden drei Jahren wollen wir viele nachhaltige Dinge in unserem Verband anstoßen, um noch mehr Mädchen und Jugendliche vom Fußball zu begeistern. Das ist meiner Meinung nach eine sehr wichtige Aufgabe. 

DFB.de: Ist das für Sie eine Rückkehr zu den Wurzeln?

Meinert: Genauso fühlt es sich an. Es gibt immer verschiedene Abschnitte im Leben. In den vergangenen 20 Jahren habe ich viel von der Welt gesehen. Aber jetzt ist es auch schön, wieder dauerhaft zuhause zu sein. Wichtig ist es für mich nur, dass mein Job mit Fußball zu tun hat. Wenn das der Fall ist, ist alles in Ordnung.

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Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind mehr als 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute. 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de prägende Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: die ehemalige Nationaltorhüterin Maren Meinert, Welt- und Europameisterin als Spielerin und jahrelang erfolgreiche Trainerin im Nachwuchsbereich des DFB. Unter anderem wurde sie U 20-Weltmeisterin 2010 und 2014.

DFB.de: Frau Meinert, Sie haben die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland als Spielerin und Trainerin geprägt. Was ist Ihnen ganz persönlich besonders in Erinnerung geblieben?

Maren Meinert: Für mich als Spielerin war der Gewinn der Weltmeisterschaft 2003 ohne Zweifel ein Höhepunkt. Wir haben den Titel erstmals holen können, dazu in den USA. Und im Halbfinale haben wir in einem spektakulären Spiel die Gastgeberinnen besiegt. Das ist bis heute aus meiner Sicht ein Meilenstein in der Entwicklung des deutschen Frauenfußballs.

DFB.de: Im Endspiel gegen Schweden ist Ihnen dann das wichtige 1:1 gelungen, bevor Nia Künzer in der Verlängerung per Golden Goal die Entscheidung herbeigeführt hat.

Meinert: Ein Finale ist immer etwas ganz Besonderes. Dass ich in so einem wichtigen Spiel treffen konnte, macht die Geschichte natürlich noch größer. Aber für mich war das Halbfinale das Spiel der Spiele in diesem Turnier. Die USA waren schon zu dieser Zeit eine der führenden Nationen im Frauenfußball. Aber wir haben in deren Stadion mit 3:0 gewonnen – vor 30.000 Zuschauern, die logischerweise total gegen uns waren. Das war ein beeindruckendes Erlebnis.

DFB.de: Welchen Stellenwert hat für Sie die Europameisterschaft, die Sie dreimal gewinnen konnten?

Meinert: Für mich war vor allem die EM 2001 besonders, weil das Turnier in Deutschland stattgefunden hat und wir den Titel holen konnten. Uns haben sehr viele Zuschauer durch die Spiele begleitet. Aus meiner Erfahrung ist es nicht so leicht, im eigenen Land ein großes Turnier zu gewinnen, weil die Erwartungshaltung sehr hoch ist. Aber wir haben es geschafft. 

DFB.de: Ist damit ein Kindheitstraum wahr geworden?

Meinert: Über solche Dinge habe ich mir als Kind überhaupt keine Gedanken gemacht. Ich habe den Fußball einfach sehr früh lieben gelernt. Dass ich Talent habe und es ziemlich weit nach oben schaffen kann, ist mir erst nach und nach bewusst geworden. Erst als ich die EM 1989 im Fernsehen verfolgt habe, habe ich realisiert, dass das auch mein Weg sein könnte. Aber eigentlich ging es mir immer nur darum, das nächste Spiel zu gewinnen.

DFB.de: Wie sind Sie als Kind überhaupt zum Fußball gekommen?

Meinert: Ich habe mit meinem Bruder, meinem Cousin und deren Freunden bei uns im Garten gespielt. Da standen viele Bäume, so dass ich früh eine enge Ballführung lernen musste (lacht). Etwas später habe ich dann in der F-Jugend bei einem Verein in der Nähe begonnen. Da war ich mit Jungs in einer Mannschaft. Eigentlich habe ich immer und überall Fußball gespielt, auf dem Bolzplatz, auf dem Schulhof, in der Straße. Das war eine tolle Zeit. 

DFB.de: In Deutschland haben Sie für den FC Rumeln-Kaldenhausen, den FCR Duisburg und Grün-Weiß Brauweiler gespielt.  Wie denken Sie heute über diese Zeit? 

Meinert: Ungewöhnlich an dieser Geschichte ist sicher, dass ich zu meiner Zeit beim FC Rumeln-Kaldenhausen Nationalspielerin geworden bin. Wir haben damals noch in der Verbandsliga gespielt, aber Gero Bisanz hat mein Potenzial gesehen und mich eingeladen. Später ist der Verein dann in den FCR Duisburg übergegangen und wir haben es geschafft, 2000 deutscher Meister zu werden. Es war spannend, diesen Weg aus der Verbandsliga bis an die Spitze mitzugehen.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr erstes Länderspiel für die A-Nationalmannschaft?

Meinert: Oh je, das war im Oktober 1991 gegen Belgien. Wir haben 3:1 gewonnen, aber ich war hinterher überhaupt nicht zufrieden. Für mich hat es sich so angefühlt, als ob ich im Preisausschreiben gewonnen habe und nur deshalb mitspielen durfte. Heute würde man sagen, dass ich stets bemüht war. Aber viele Ballaktionen hatte ich nicht. Ich würde mir das Spiel gerne nochmal anschauen. Mal sehen, ob meiner Einschätzung zutrifft. Es war eine Erfahrung, die mich ernüchtert und erst im Nachhinein vorangebracht hat. Als ich nach der Begegnung mit meinem Vater nach Hause gefahren bin, war ich sehr schweigsam, weil ich alles erst einmal verarbeiten musste. Eigentlich sagt man, dass das erste Länderspiel immer toll ist. Ich habe eher die gegenteilige Erfahrung gemacht. Zum Glück wurde es dann sehr schnell sehr viel besser. In den Tagen nach diesem Ereignis war ich auf jeden Fall froh, wieder in meinem bekannten Umfeld im Rumeln-Kaldenhausen zu sein.

DFB.de: Wie war die Anfangszeit dort?

Meinert: Im Grunde war das zunächst echter Amateurfußball. Wir haben dreimal in der Woche trainiert, später kam eine vierte Einheit dazu. Als wir uns dann Schritt für Schritt nach oben entwickelten, wurden auch die Strukturen angepasst. Wir hatten dann irgendwann auch täglich Training, teilweise sogar zweimal am Tag.

DFB.de: Haben Sie also auf diesem Weg die Entwicklung des Frauenfußballs vom Amateur- zum Profisport miterleben können? 

Meinert: Ja, so kann man es sagen. Aber darüber habe ich mir früher keine Gedanken gemacht. Das war ja ein Prozess, der sich über viele Jahre gezogen hat. Eltern sehen auch nicht, dass ihr Kind täglich größer wird. Was ich aber durchaus wahrgenommen habe, war die Tatsache, dass der Fußball mit den Jahren immer mehr Zeit bei mir Anspruch genommen hat. In Rumeln-Kaldenhausen war Fußball für uns im Grunde noch ein Hobby. Später in den USA, wo ich dann auch meine Karriere beendet habe, war Fußball mein Beruf und ich konnte von meinem Gehalt leben. Ich habe bis 2003 bei den Boston Breakers gespielt. Das war dort echter Profifußball und wirklich eine tolle Zeit. So wie es dort ablief, habe ich es mir immer gewünscht. Das einzige Problem war dann für mich, dass ich aus  den USA meine Diplomarbeit fertig stellen musste. Aber auch das habe ich gelöst bekommen.

DFB.de: Nach dem WM-Gewinn 2003 haben Sie auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere Schluss gemacht. Die richtige Entscheidung?

Meinert: Ja, davon bin ich auch heute noch überzeugt. Ich war satt und wollte nicht mehr. Deshalb habe ich diesen Zeitpunkt sehr bewusst gewählt. Es war der Moment gekommen, an dem ich mich einer neuen Herausforderung stellen wollte.

DFB.de: Sie sind als Nachwuchstrainerin beim DFB eingestiegen.

Meinert: Das war eine Aufgabe, die mir sehr am Herzen liegt. Ich bin dankbar, dass ich das Vertrauen bekommen habe. Silvia Neid hat zu diesem Zeitpunkt die U 19 verlassen und Tina Theune als Bundestrainerin beerbt. Deshalb wurde die Position im Nachwuchsbereich für mich frei. Wir haben tolle Erfolge gefeiert. Es war eine wunderbare Zeit. Ich denke, dass wir gemeinsam viel auf den Weg gebracht haben.

DFB.de: Geht es beim Frauenfußball weiterhin in die richtige Richtung?

Meinert: Auf jeden Fall. Wir sind auf dem richtigen Weg und haben viel erreicht. Es gibt immer Menschen, die noch mehr und noch schneller größere Schritte erwarten. Aber diese Entwicklung ist dann oft nicht nachhaltig. Schauen Sie nur mal, wo der Frauenfußball herkommt und wo er jetzt steht. Das ist doch toll, nach nur 50 Jahren. Man muss aber auch sagen, dass wir durch den DFB immer super unterstützt wurden. Wir gehören ja nicht nur mit der A-Nationalmannschaft zu den weltweit führenden Nationen. Auch im Nachwuchs haben wir zahlreiche Titel geholt. In ganz Deutschland und in allen Altersklassen hat eine Professionalisierung stattgefunden. Auch in den kleineren Vereinen und in den verschiedenen Ligen. Es ist beeindruckend, was vor allem an der Basis entstanden ist. Aber wir müssen weiter aufmerksam bleiben und diese Entwicklung aktiv fördern und unterstützen.

DFB.de: Kritische Stimmen argumentieren, dass in den vergangenen Jahren die Erfolge ausblieben, der letzte Titel bei einer EM 2013 geholt wurde. 

Meinert: Das bezieht sich auf die A-Nationalmannschaft, die übrigens danach noch 2016 die Goldmedaille bei Olympia holte. Auch im Nachwuchsbereich haben wir nach 2013 noch große Erfolge gefeiert. Wir haben zum Beispiel die U 20-Weltmeisterschaft 2014 gewonnen. Die Mannschaft habe ich übrigens trainiert. Danach waren wir in zahlreichen weiteren Finals vertreten. Vor zwei Jahren haben wir mit der U 17 noch die Europameisterschaft geholt. Wir sind da schon ziemlich weit vorne mit dabei. Die Kritiker sollten sich mal von dem Gedanken verabschieden, dass Deutschland im Frauenfußball jeden Titel holen muss. Das ist doch unrealistisch. Aber es sollte schon unser Anspruch sein, dass wir zu den drei Top-Nationen auf der Welt gehören. Wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind.

DFB.de: Teilen Sie den Eindruck, dass andere Nationen aufgeholt haben?

Meinert: Die Weltspitze ist auf jeden Fall breiter geworden. Das haben die großen Turniere zuletzt gezeigt. Nationen wie die Niederlande oder Belgien haben auf sich aufmerksam gemacht und treten selbstbewusst auf. Wir dürfen allerdings nicht zu viel Angst haben, überholt zu werden. Wir müssen an unseren Tugenden festhalten, um unseren eigenen Weg weiterzugehen.

DFB.de: Inzwischen sind Sie als Referentin Spielbetrieb Frauen und Männer beim Westdeutschen Fußballverband tätig. 

Meinert: Ich kümmere mich in erster Linie um den Spielbetrieb der Regionalliga der Frauen. Nebenbei läuft hier ein großes Projekt, das auch im Zusammenhang mit 50 Jahre Frauenfußball in Deutschland steht. In den kommenden drei Jahren wollen wir viele nachhaltige Dinge in unserem Verband anstoßen, um noch mehr Mädchen und Jugendliche vom Fußball zu begeistern. Das ist meiner Meinung nach eine sehr wichtige Aufgabe. 

DFB.de: Ist das für Sie eine Rückkehr zu den Wurzeln?

Meinert: Genauso fühlt es sich an. Es gibt immer verschiedene Abschnitte im Leben. In den vergangenen 20 Jahren habe ich viel von der Welt gesehen. Aber jetzt ist es auch schön, wieder dauerhaft zuhause zu sein. Wichtig ist es für mich nur, dass mein Job mit Fußball zu tun hat. Wenn das der Fall ist, ist alles in Ordnung.

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