Matthäus' wichtigste Länderspiele: Kein perfekter Abgang

Heute wird Lothar Matthäus 60 Jahre alt. Grund genug für DFB.de, dem Welt- und Europameister, Rekordnationalspieler und Ehrenspielführer des DFB eine eigene Serie zu widmen: die Geschichte seiner zehn wichtigsten von 150 Länderspielen. Heute: sein letzter Auftritt im DFB-Dress gegen Portugal bei der Europameisterschaft 2000.

Den perfekten Abgang, von dem alle Sportler träumen, bekam er nicht. Da erging es Lothar Matthäus nicht anders als Franz Beckenbauer, Fritz Walter oder Rudi Völler, um nur einige zu nennen - im letzten Länderspiel für Deutschland gab es eine Niederlage. Eine besonders bittere sogar, an die sich die deutschen Fans noch heute mit Schaudern erinnern und die Matthäus "am liebsten aus meiner Karriere streichen würde". Aber sie gehört zu ihm und hat nicht nur negative Seiten.

Mit 39 zur EURO 2000

Wir schreiben das Jahr 2000. Matthäus ist 39 und ein letztes Mal in die Nationalmannschaft zurückgekehrt, aus der er nach der WM-Enttäuschung 1998 zurückgetreten war. Was dann auch Bundestrainer Berti Vogts getan hatte, dessen Nachfolger Erich Ribbeck aber auf Matthäus nicht verzichten wollte und ihn zum Comeback überredete.

Seit November 1998 heißt der Abwehrchef der Nation wieder Lothar Matthäus, einer der letzten der aussterbenden Spezies des Liberos. Mit ihm glückt die etwas holprige EM-Qualifikation, mit ihm will Ribbeck auch das Turnier in Belgien und den Niederlanden bestreiten. Dabei spielt er seit März 2000 nicht mal mehr in der Bundesliga, ist er doch von München über den großen Teich gezogen zu den New York Metro Stars. Die gern als "Operettenliga" verspottete Major League Soccer (MLS) als letzte Etappe einer großen Karriere, in seinem Alter ein absolut nachvollziehbarer Schritt. Das Ungewöhnliche daran ist nur, dass er eben Nationalspieler bleibt - der erste und bis dato einzige der DFB-Historie in Diensten eine amerikanischen Klubs.

EM 2000: Bitteres Vorrunden-Aus

Es sagt etwas aus über den Zustand der Nationalmannschaft zur Jahrtausendwende, die Erwartungen sind allgemein niedrig und werden keineswegs übertroffen. Einem 1:1 gegen Rumänien folgt ein 0:1 gegen England, so dass im letzten Gruppenspiel gegen Portugal unbedingt ein Sieg her muss, der dennoch zu wenig sein könnte. Immerhin erscheint er möglich, da die bereits qualifizierten Portugiesen mit neun Reservisten antreten. Für Deutschland reicht einer von ihnen: Sergio Conceicao auch bei seinem Klub Lazio Rom Ersatzspieler, schießt alle drei Tore zum 3:0 für sein Land (38., 54., 71), am Ende skandieren die deutschen Fans sarkastisch "Zugabe".

Deutschland scheidet zum zweiten Mal bereits nach der Vorrunde bei einer EM aus. Nur Matthäus hat schon die Premiere aktiv miterlebt, 1984 in Paris treffen die Spanier in letzter Sekunde, und noch zehn Jahre später bezeichnet er jenes 0:1 als "meine schlimmste Niederlage". Bis der Tag von Rotterdam kommt, als an jenem 20. Juni 2000 im Stadion "De Kuip" das beinahe logische Turnieraus erfolgt. Logisch, weil es weder sportlich noch atmosphärisch stimmt im DFB-Kader. Noch 2020 sagt Matthäus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Was die Stimmung angeht, war es mit Sicherheit mein negativstes Turnier. Wir hatten anders als1990 keine stabile, gewachsene Hierarchie in der Mannschaft. Es gab Grüppchenbildung und Eifersüchteleien, jeder hat in erster Linie nur an sich gedacht."

Großartige Karriere geht zu Ende

Sogar einen Putschversuch gegen Ribbeck soll es kurz vor Turnierstart gegeben haben, einige Kollegen hätten Matthäus gebeten, er solle dessen Job übernehmen und vom Rasen auf die Trainerbank wechseln. Er weigert sich. "Ich habe gesagt: Das mache ich nicht. Ich hatte Erich Ribbeck einiges zu verdanken, als Mensch war er gutmütig und großzügig." Und so ging er zwar als Verlierer, aber nicht als Verräter seiner Prinzipien, denn "ich schieße grundsätzlich keinen Trainer ab." Bundestrainer hatte er übrigens vier - ausnahmsweise kein Rekord, nur Torwart Jens Lehmann (fünf) übertrifft ihn.

Unter dem Strich bleibt eine großartige Karriere voller Superlative, die noch bestehen werden dürften, wenn er seinen nächsten runden Geburtstag feiert: Deutscher Rekordnationalspieler (150 Einsätze), die längste DFB-Länderspielkarriere (20 Jahre), ältester DFB-Nationalspieler (39 Jahre, 91 Tage), die meisten DFB-Länderspielsiege (85), die meisten Turnierteilnahmen mit dem DFB (9), DFB-Rekordspielführer (75 Mal), WM-Rekordspieler (25 Mal), einziger deutscher Weltfußballer (1990 inoffiziell und 1991). Ein Lothar Matthäus kann zufrieden auf sein Leben schauen, zu dem auch Niederlagen gehören - sonst wäre es kein Fußballerleben.

Die Welt schrieb übrigens am Tag nach der Niederlage, als alle auf die deutschen Versager eindroschen, über Matthäus: "Eine große Länderspiel-Karriere geht bei dieser EM zu Ende. Lothar Matthäus absolvierte gestern in Rotterdam sein 150. Länderspiel, und künftige Generationen werden zu Recht voller Hochachtung über die Leistungen des Wahl-Amerikaners berichten." Wahre Worte.

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Heute wird Lothar Matthäus 60 Jahre alt. Grund genug für DFB.de, dem Welt- und Europameister, Rekordnationalspieler und Ehrenspielführer des DFB eine eigene Serie zu widmen: die Geschichte seiner zehn wichtigsten von 150 Länderspielen. Heute: sein letzter Auftritt im DFB-Dress gegen Portugal bei der Europameisterschaft 2000.

Den perfekten Abgang, von dem alle Sportler träumen, bekam er nicht. Da erging es Lothar Matthäus nicht anders als Franz Beckenbauer, Fritz Walter oder Rudi Völler, um nur einige zu nennen - im letzten Länderspiel für Deutschland gab es eine Niederlage. Eine besonders bittere sogar, an die sich die deutschen Fans noch heute mit Schaudern erinnern und die Matthäus "am liebsten aus meiner Karriere streichen würde". Aber sie gehört zu ihm und hat nicht nur negative Seiten.

Mit 39 zur EURO 2000

Wir schreiben das Jahr 2000. Matthäus ist 39 und ein letztes Mal in die Nationalmannschaft zurückgekehrt, aus der er nach der WM-Enttäuschung 1998 zurückgetreten war. Was dann auch Bundestrainer Berti Vogts getan hatte, dessen Nachfolger Erich Ribbeck aber auf Matthäus nicht verzichten wollte und ihn zum Comeback überredete.

Seit November 1998 heißt der Abwehrchef der Nation wieder Lothar Matthäus, einer der letzten der aussterbenden Spezies des Liberos. Mit ihm glückt die etwas holprige EM-Qualifikation, mit ihm will Ribbeck auch das Turnier in Belgien und den Niederlanden bestreiten. Dabei spielt er seit März 2000 nicht mal mehr in der Bundesliga, ist er doch von München über den großen Teich gezogen zu den New York Metro Stars. Die gern als "Operettenliga" verspottete Major League Soccer (MLS) als letzte Etappe einer großen Karriere, in seinem Alter ein absolut nachvollziehbarer Schritt. Das Ungewöhnliche daran ist nur, dass er eben Nationalspieler bleibt - der erste und bis dato einzige der DFB-Historie in Diensten eine amerikanischen Klubs.

EM 2000: Bitteres Vorrunden-Aus

Es sagt etwas aus über den Zustand der Nationalmannschaft zur Jahrtausendwende, die Erwartungen sind allgemein niedrig und werden keineswegs übertroffen. Einem 1:1 gegen Rumänien folgt ein 0:1 gegen England, so dass im letzten Gruppenspiel gegen Portugal unbedingt ein Sieg her muss, der dennoch zu wenig sein könnte. Immerhin erscheint er möglich, da die bereits qualifizierten Portugiesen mit neun Reservisten antreten. Für Deutschland reicht einer von ihnen: Sergio Conceicao auch bei seinem Klub Lazio Rom Ersatzspieler, schießt alle drei Tore zum 3:0 für sein Land (38., 54., 71), am Ende skandieren die deutschen Fans sarkastisch "Zugabe".

Deutschland scheidet zum zweiten Mal bereits nach der Vorrunde bei einer EM aus. Nur Matthäus hat schon die Premiere aktiv miterlebt, 1984 in Paris treffen die Spanier in letzter Sekunde, und noch zehn Jahre später bezeichnet er jenes 0:1 als "meine schlimmste Niederlage". Bis der Tag von Rotterdam kommt, als an jenem 20. Juni 2000 im Stadion "De Kuip" das beinahe logische Turnieraus erfolgt. Logisch, weil es weder sportlich noch atmosphärisch stimmt im DFB-Kader. Noch 2020 sagt Matthäus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Was die Stimmung angeht, war es mit Sicherheit mein negativstes Turnier. Wir hatten anders als1990 keine stabile, gewachsene Hierarchie in der Mannschaft. Es gab Grüppchenbildung und Eifersüchteleien, jeder hat in erster Linie nur an sich gedacht."

Großartige Karriere geht zu Ende

Sogar einen Putschversuch gegen Ribbeck soll es kurz vor Turnierstart gegeben haben, einige Kollegen hätten Matthäus gebeten, er solle dessen Job übernehmen und vom Rasen auf die Trainerbank wechseln. Er weigert sich. "Ich habe gesagt: Das mache ich nicht. Ich hatte Erich Ribbeck einiges zu verdanken, als Mensch war er gutmütig und großzügig." Und so ging er zwar als Verlierer, aber nicht als Verräter seiner Prinzipien, denn "ich schieße grundsätzlich keinen Trainer ab." Bundestrainer hatte er übrigens vier - ausnahmsweise kein Rekord, nur Torwart Jens Lehmann (fünf) übertrifft ihn.

Unter dem Strich bleibt eine großartige Karriere voller Superlative, die noch bestehen werden dürften, wenn er seinen nächsten runden Geburtstag feiert: Deutscher Rekordnationalspieler (150 Einsätze), die längste DFB-Länderspielkarriere (20 Jahre), ältester DFB-Nationalspieler (39 Jahre, 91 Tage), die meisten DFB-Länderspielsiege (85), die meisten Turnierteilnahmen mit dem DFB (9), DFB-Rekordspielführer (75 Mal), WM-Rekordspieler (25 Mal), einziger deutscher Weltfußballer (1990 inoffiziell und 1991). Ein Lothar Matthäus kann zufrieden auf sein Leben schauen, zu dem auch Niederlagen gehören - sonst wäre es kein Fußballerleben.

Die Welt schrieb übrigens am Tag nach der Niederlage, als alle auf die deutschen Versager eindroschen, über Matthäus: "Eine große Länderspiel-Karriere geht bei dieser EM zu Ende. Lothar Matthäus absolvierte gestern in Rotterdam sein 150. Länderspiel, und künftige Generationen werden zu Recht voller Hochachtung über die Leistungen des Wahl-Amerikaners berichten." Wahre Worte.

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