Marozsan: Hier spricht die Kapitänin

Sie soll das Spiel lenken – und die Mannschaft führen. Dzsenifer Marozsán ist die neue Kapitänin der Frauen-Nationalmannschaft. 24 ist sie erst, und eine Lautsprecherin war sie noch nie. Muss sie auch nicht sein. Bundestrainerin Steffi Jones verlangt von ihrer Spielführerin vor allem Persönlichkeit und Ausstrahlung, "das hat Dzseni". Und im kommenden Jahr steht über allem ein großes Ziel: die Titelverteidigung bei der EM in den Niederlanden.

Dzsenifer Marozsán hatte keine Wahl. Sie musste Schluss machen. Ihre Liebe musste ruhen. Immer wenn die Dunkelheit hereinbrach, war das so. Ihre Eltern gestatteten keine Ausnahmen. Wenn der Tag ging und die Nacht kam, war es vorbei. Am nächsten Mittag, meist nach der Schule, ging die ganze Geschichte wieder von vorne los. Der Ranzen flog in die Ecke, mit dem Ball ging es auf den Bolzplatz. Dann konnte sie wieder das machen, was ihr am meisten Spaß bereitete. Ihr Bruder David war natürlich auch immer dabei. Auch die Freunde aus der Nachbarschaft. Sie kickten stundenlang. Manchmal merkten sie gar nicht, dass die Laternen bereits leuchteten und die Sonne am Horizont untergegangen war. Es war der Zeitpunkt, als Marozsán wieder Schluss machen musste. Es gab kaum einen Tag, an dem sie nicht Fußball spielte.

Wenn Marozsán solche Anekdoten aus ihrer Kindheit erzählt, leuchten ihre Augen. Der vorläufige Höhepunkt dieser Geschichte ist hinlänglich bekannt. Marozsán ist selbst dafür verantwortlich: Kürzlich hat Bundestrainerin Steffi Jones sie zur Kapitänin der Nationalmannschaft ernannt. Im Sommer ist sie vom 1. FFC Frankfurt zu Olympique Lyon gewechselt, der womöglich besten Frauen-Vereinsmannschaft der Welt. Marozsán ist längst kein Talent mehr. Mit 24 Jahren ist sie eine besten Fußballerinnen der Welt. Aber ihre Entwicklung ist noch lange nicht am Ende angekommen.

Neid: "Je älter sie wird, umso besser wird sie"

Im Sommer bei den Olympischen Spielen hatte Marozsán alle Kritiker widerlegt. In den entscheidenden Spielen tauche sie regelmäßig ab, so lautete der Vorwurf. Dann kam Maracanã, das Endspiel um die Goldmedaille gegen Schweden, Marozsáns großer Auftritt. Das 1:0 erzielte sie selbst, den zweiten deutschen Treffer bereitete sie sehenswert vor. Silvia Neid fand nachher für sie ungewöhnlich überschwängliche Worte. "Je älter sie wird, umso besser wird sie", sagte Neid über Marozsán: "In vier Jahren ist sie eine Granate. Ich werde das dann von der Tribüne beobachten und mich freuen."

Wenn man zum Ursprung dieser Entwicklung reisen will, muss man nach Ungarn, Budapest. Hier wurde Marozsán geboren, hier lebte sie bis zu ihrem vierten Lebensjahr. "Ich habe keine genauen Erinnerungen mehr an diese Zeit", sagt die Mittelfeldspielerin heute: "Aber ich weiß noch, dass ich schon damals viel Zeit auf der Straße vor unserem Haus mit dem Fußballspielen verbracht habe. Wir hatten keine Handys oder Computer. Wir sind einfach mit dem Ball oder den Spielsachen rausgegangen. Es war eine wunderschöne Zeit."



Sie soll das Spiel lenken – und die Mannschaft führen. Dzsenifer Marozsán ist die neue Kapitänin der Frauen-Nationalmannschaft. 24 ist sie erst, und eine Lautsprecherin war sie noch nie. Muss sie auch nicht sein. Bundestrainerin Steffi Jones verlangt von ihrer Spielführerin vor allem Persönlichkeit und Ausstrahlung, "das hat Dzseni". Und im kommenden Jahr steht über allem ein großes Ziel: die Titelverteidigung bei der EM in den Niederlanden.

Dzsenifer Marozsán hatte keine Wahl. Sie musste Schluss machen. Ihre Liebe musste ruhen. Immer wenn die Dunkelheit hereinbrach, war das so. Ihre Eltern gestatteten keine Ausnahmen. Wenn der Tag ging und die Nacht kam, war es vorbei. Am nächsten Mittag, meist nach der Schule, ging die ganze Geschichte wieder von vorne los. Der Ranzen flog in die Ecke, mit dem Ball ging es auf den Bolzplatz. Dann konnte sie wieder das machen, was ihr am meisten Spaß bereitete. Ihr Bruder David war natürlich auch immer dabei. Auch die Freunde aus der Nachbarschaft. Sie kickten stundenlang. Manchmal merkten sie gar nicht, dass die Laternen bereits leuchteten und die Sonne am Horizont untergegangen war. Es war der Zeitpunkt, als Marozsán wieder Schluss machen musste. Es gab kaum einen Tag, an dem sie nicht Fußball spielte.

Wenn Marozsán solche Anekdoten aus ihrer Kindheit erzählt, leuchten ihre Augen. Der vorläufige Höhepunkt dieser Geschichte ist hinlänglich bekannt. Marozsán ist selbst dafür verantwortlich: Kürzlich hat Bundestrainerin Steffi Jones sie zur Kapitänin der Nationalmannschaft ernannt. Im Sommer ist sie vom 1. FFC Frankfurt zu Olympique Lyon gewechselt, der womöglich besten Frauen-Vereinsmannschaft der Welt. Marozsán ist längst kein Talent mehr. Mit 24 Jahren ist sie eine besten Fußballerinnen der Welt. Aber ihre Entwicklung ist noch lange nicht am Ende angekommen.

Neid: "Je älter sie wird, umso besser wird sie"

Im Sommer bei den Olympischen Spielen hatte Marozsán alle Kritiker widerlegt. In den entscheidenden Spielen tauche sie regelmäßig ab, so lautete der Vorwurf. Dann kam Maracanã, das Endspiel um die Goldmedaille gegen Schweden, Marozsáns großer Auftritt. Das 1:0 erzielte sie selbst, den zweiten deutschen Treffer bereitete sie sehenswert vor. Silvia Neid fand nachher für sie ungewöhnlich überschwängliche Worte. "Je älter sie wird, umso besser wird sie", sagte Neid über Marozsán: "In vier Jahren ist sie eine Granate. Ich werde das dann von der Tribüne beobachten und mich freuen."

Wenn man zum Ursprung dieser Entwicklung reisen will, muss man nach Ungarn, Budapest. Hier wurde Marozsán geboren, hier lebte sie bis zu ihrem vierten Lebensjahr. "Ich habe keine genauen Erinnerungen mehr an diese Zeit", sagt die Mittelfeldspielerin heute: "Aber ich weiß noch, dass ich schon damals viel Zeit auf der Straße vor unserem Haus mit dem Fußballspielen verbracht habe. Wir hatten keine Handys oder Computer. Wir sind einfach mit dem Ball oder den Spielsachen rausgegangen. Es war eine wunderschöne Zeit."

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Marozsans zogen 1996 nach Deutschland

1996 zog die Familie nach Deutschland. Vater János war ungarischer Nationalspieler und unterschrieb einen Vertrag beim damaligen Regionalligisten 1. FC Saarbrücken. "Es war anfangs nicht einfach für uns in Deutschland", erinnert sich Marozsán: "Wir konnten die Sprache nicht und es hat gedauert, bis wir Anschluss gefunden hatten. Für mich persönlich war es nicht ganz so kompliziert wie für meine Eltern. Ich habe im Kindergarten sehr schnell neue Freunde gefunden und auf diesem Weg Deutsch gelernt." Zwei Jahre später – nach dem Karriereende ihres Vaters – wollte die Familie eigentlich zurück nach Ungarn. Aber die beiden Kinder waren in Deutschland längst heimisch geworden und wollten nicht mehr weg. "Wir haben unsere Eltern angefleht, ob wir nicht bleiben können. Irgendwann hatten sie ein Einsehen und haben ihre persönlichen Interessen für unseren Wunsch hinten angestellt. Dafür bin ich unglaublich dankbar."

Dzsenifer Marozsán ist ein Familienmensch. So oft es ihre Zeit erlaubt, reist sie von Lyon ins Saarland – alleine schon, weil dort ihre geliebte Hündin derzeit wohnt. "Mein momentaner Lebensrhythmus passt nicht zu dem eines Hundes", sagt Marozsán. Und wenn die Sehnsucht zu groß wird, der Spielplan aber keine Abwesenheit duldet, besuchen ihre Eltern sie in Frankreich.

Jones über Marozsan: "Absolute Teamplayerin"

Ähnlich ist die Situation mit ihrem Bruder. Sie vertrauen sich total, er ist ihr bester Freund. Aber er ist für sie gleichzeitig auch ein warnendes Beispiel. David Marozsán war 17 Jahre alt, als es für viele Experten nur eine Frage der Zeit war, bis er erstmals in der Bundesliga auf dem Platz stehen würde. Doch dann kam die große Katastrophe: ein falscher Schritt mit weitreichenden Folgen. Kreuzbandriss, Knorpelschaden, Meniskus und Innenband kaputt – die Karriere beendet, bevor sie richtig begonnen hat. "Es war von heute auf morgen vorbei. Für uns alle war das damals eine sehr schwere Zeit. Ich habe mit meinem Bruder gelitten", erinnert sich die Mittelfeldspielerin. Dzsenifer Marozsán hat ihre Schlüsse daraus gezogen: "Das macht mir deutlich, dass es ganz schnell gehen kann, umso mehr achte ich auf mich." Und genau solche Dinge versucht sie auch an die jüngeren Spielerinnen bei der Nationalmannschaft weiterzugeben.

Deshalb ist es auch nur für Außenstehende eine Überraschung, dass die oft so introvertiert wirkende Marozsán nun als Nachfolgerin von Saskia Bartusiak die neue Spielführerin der DFB-Auswahl ist. Denn innerhalb der Mannschaft genießt sie wegen ihrer Art höchsten Respekt. "Für mich ist sie die perfekte Spielführerin. Ihr Wort hat Gewicht, sie hat ein hohes Ansehen im Team, spricht Dinge klar an und kommt auf den Punkt. Sie ist eine absolute Teamplayerin und bringt Führungsqualitäten mit", sagt Bundestrainerin Steffi Jones: "Dzseni hat zudem einen unglaublichen Fußballsachverstand und hohe Sozialkompetenz. Sie soll das Bindeglied zwischen der Mannschaft und mir sein und wird das Team auch nach außen hervorragend repräsentieren." Und dann kommen die zwei entscheidenden Sätze von Steffi Jones, die Marozsán perfekt charakterisieren: "Die Spielführerin muss nicht immer die Lauteste sein, sondern Persönlichkeit haben und Ausstrahlung. Das hat Dzseni."

"Persönliche Auszeichnungen bedeuten mir überhaupt nichts"

Marozsán steht nicht gerne im Mittelpunkt. Eher das Gegenteil ist der Fall. Sie hasst es, wenn zu viel Aufhebens um sie gemacht wird. Statt großer Worte lässt sie lieber große Taten sprechen. "Persönliche Auszeichnungen bedeuten mir überhaupt nichts", sagt sie. Und man sollte ihr das glauben. Sie stand mit 15 Jahren erstmals in der Bundesliga auf dem Platz. Jünger war vorher und nachher nie eine Spielerin in Deutschlands höchster Spielklasse. Sie war bei wichtigen Turnieren Torschützenkönigin, sie hat goldene Bälle, silberne Nadeln und bronzene Medaillen bekommen. Aber das alles spielt – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle. Für sie zählt nur eines: der Erfolg der Mannschaft. Deshalb ist diese Liste für Marozsán viel gehaltvoller, weil das Teamerfolge sind: Sie ist Olympiasiegerin, Europameisterin, Junioren-Weltmeisterin, Champions-League-Siegerin, DFB-Pokalsiegerin.

Und es soll weitergehen. Bei der EM im kommenden Jahr in den Niederlanden geht die DFB-Auswahl als Titelverteidiger ins Rennen. Man braucht Marozsán die naheliegende Frage gar nicht zu stellen. Sie gibt die Antwort schon vorher: "Wir fahren dorthin, um die Europameisterschaft erneut zu gewinnen. Das muss unser Anspruch sein." 14 Wörter, zwei Sätze, eine klare Aussage – so spricht die neue Kapitänin.

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