Kauczinski: "Dort bleiben, wo wir stehen"

Markus Kauczinski empfängt heute (ab 14 Uhr, live im BR, MDR und auf MagentaSport) mit Tabellenführer Dynamo Dresden den FC Ingolstadt zum Topspiel der 3. Liga. Für den Coach ist das eine besondere Konstellation: Er trainierte Ingolstadt 2016 in der Bundesliga. Im DFB.de-Interview spricht der 51 Jahre alte Fußball-Lehrer mit Mitarbeiter Oliver Jensen über das Spitzenspiel, Erinnerungen an Ingolstadt und seine aktive Zeit.

DFB.de: Herr Kauczinski, Dynamo Dresden ist mit einer fast komplett neu zusammengestellten Mannschaft in die Saison gestartet und steht dennoch auf dem ersten Tabellenplatz. Muss der Aufstieg, der vor der Saison noch nicht als Ziel ausgegeben wurde, nun das logische Ziel sein?

Markus Kauczinski: Ja. Wir haben über die Hälfte der Saison hinter uns. Es zeigt sich, dass sich vier bis fünf Mannschaften absetzen. An dem Punkt, an dem wir stehen, können wir nicht sagen, dass wir mit Tabellenplatz vier zufrieden wären. Wir wollen dort bleiben, wo wir stehen. Ich tue mich aber schwer damit, jetzt bereits über das Saisonende zu sprechen. Als Trainer habe ich immer das nächste Spiel im Kopf.

DFB.de: Sie wissen, wie man aufsteigt. Sie sind bereits im Jahre 2013 mit den Karlsruher SC von der 3. Liga in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Worauf kommt es an, um auch im Saisonfinish oben zu bleiben?

Kauczinski: Auf die gleichen Dinge wie sonst auch. Es geht darum, leidenschaftlich zu spielen, motiviert zu sein, eine Spielidee zu haben, aber auch variabel zu bleiben. Wir haben in dieser Saison bereits viele Ausfälle kompensiert. Das zeigt, dass der Kader gut zusammengestellt ist. Man muss hartnäckig sein, darf sich nicht unterkriegen lassen, muss auch nach Niederlagen wieder zurückkommen. Heißt also: Man muss einfach konstant die Punkte holen. (lacht) Bislang ist uns das gut gelungen.

DFB.de: Ist der Aufstiegsdruck ohne Zuschauer ein anderer als mit Zuschauer?

Kauczinski: Es ist natürlich anders. Druck hat man aber immer. Ich als Trainer habe immer die Aufgabe, Spiele zu gewinnen - ob ich nun gegen den Abstieg kämpfe oder um den Aufstieg mitspiele. Mit den Fans fehlt natürlich ein bisschen Emotionalität. Die Fans sind das Salz in der Suppe und machen einen großen Teil unseres Berufs aus.

DFB.de: Nun steht das Spiel gegen den FC Ingolstadt bevor, die ebenfalls mit um den Aufstieg spielen. In der Hinrunde unterlagen Sie 0:1. Was zeichnet Ingolstadt aus?

Kauczinski: Ingolstadt hat eine kompakte Mannschaft, die sehr viel Geduld und sehr gute Umschaltmomente hat und über sehr gute Einzelspieler verfügt. Das ist eine sehr unbequeme Mannschaft, die nie aufgibt und eine gute Physis aufweist. Ingolstadt hat eine gute Mischung und spielt zurecht um den Aufstieg mit.

DFB.de: Sie waren selbst einst Trainer in Ingolstadt. In der Saison 2016 trainierten Sie den Verein in der Bundesliga, wurden allerdings nach zehn sieglosen Spielen wieder freigestellt. Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute an Ihre bislang einzige Bundesligastation zurück?

Kauczinski: Es war sehr schade, dass es so schnell zu Ende ging. Ingolstadt hat ein gutes und professionelles Umfeld. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt und hatte viel Spaß. Leider waren die Ergebnisse nicht entsprechend. Ich wäre gerne länger dort geblieben und hatte auch das Gefühl, dass wir das packen können. Der Umgang war immer fair und offen. Ich habe noch immer einen guten Kontakt nach Ingolstadt.

DFB.de: Hätten Sie sich damals mehr Vertrauen gewünscht? Schlussendlich gelang auch unter Ihren Nachfolgern nicht der Klassenerhalt…

Kauczinski: Wie gesagt, letztendlich haben die Ergebnisse nicht gestimmt. Die Verantwortlichen waren immer sehr offen und ehrlich mit mir. Das ist das Wichtigste. Die Verantwortlichen müssen dann eben entscheiden, ob sie das mit dem Trainer durchziehen wollen oder einen neuen Impuls brauchen. Ich bin mit Ingolstadt aber im Reinen. Und das kann der Verein ebenfalls sein.

DFB.de: Auch beim FC St. Pauli wurden Sie nach knapp eineinhalb Jahren freigestellt, ohne dass es für den Verein danach wirklich besser lief. Haben Sie das Gefühl, dass viele Verantwortliche einen Trainerwechsel als einfache Lösung betrachten?

Kauczinski: Das ist schwer zu sagen. In einigen Fällen ist ein Trainerwechsel eben notwendig und für beide Seiten besser, in anderen Fällen nicht. Man muss den Einzelfall betrachten. Wie gesagt: In Ingolstadt war das in Ordnung. Ob das auch bei St. Pauli notwendig war, weiß ich nicht unbedingt. Aber Entlassungen gehören eben zum Berufsbild.

DFB.de: Der FC Ingolstadt wurde erst im Jahre 2004 gegründet und spielte bis 2008 noch in der Regionalliga. Dynamo Dresden hingegen ist ein geschichtsträchtiger Verein, der zu DDR-Zeiten acht Mal die Meisterschaft gewann. Inwiefern spürt man die Unterschiede im Verein und im Umfeld?

Kauczinski: Grundsätzlich habe ich in Ingolstadt genauso viel Leidenschaft und Liebe für den Verein kennengelernt. Auch dort gab es Menschen, die den Verein gelebt haben. Das ist hier bei Dynamo genauso. In Dresden hat das natürlich eine andere Größenordnung. Das liegt auch daran, dass die Stadt über deutlich mehr Einwohner verfügt. Das hat eine andere Größe, eine andere Kultur und dadurch auch eine ganz andere Wucht.

DFB.de: Hatten Sie nach Ihren Erfahrungen in Ingolstadt und Hamburg befürchtet, dass Sie in Dresden nach dem Abstieg entlassen werden und den Wiederaufstieg gar nicht in Angriff nehmen dürfen?

Kauczinski: Nein, befürchtet habe ich das nicht. Wenn der Verein so entschieden hätte, wäre das eben so gewesen. Es macht keinen Sinn, bei einem Verein zu sein, der einen gar nicht mehr haben möchte. Ich habe den Verein im Dezember übernommen. Da standen wir bereits auf dem letzten Platz der 2. Bundesliga. Es war also klar, dass ein Abstieg möglich ist. Wir hatten einen Vertrag für die 3. Liga abgeschlossen.

DFB.de: Seitdem gab es allerdings eine wichtige personelle Veränderung, weil Ralf Becker erst im vergangenen Sommer den Posten als Sport Geschäftsführer von Ralf Minge übernahm…

Kauczinski: Das stimmt. Insgesamt war das erste Halbjahr 2020 mit dem Abstieg und mit Corona für den Verein sehr schwierig. Dennoch hat man, so denke ich jedenfalls, gesehen, dass ich einen guten Job gemacht habe. Daher war für mich relativ schnell klar, dass ich auch in der 3. Liga Trainer dieser Mannschaft sein werde.

DFB.de: Themawechsel: Sie haben sich im Januar mit Corona infiziert und waren zwischenzeitlich auch im Krankenhaus für weitere Untersuchungen. Wie haben Sie diese Erkrankung erlebt?

Kauczinski: Ich bin nach dem positiven Coronatest in Quarantäne gegangen und hatte in dieser Zeit überhaupt keine Symptome. Erst danach bekam ich ein komisches Gefühl und fühlte mich nicht gut. Daraufhin hat unser Mannschaftsarzt mich in die Klinik geschickt. Aber bei den Untersuchungen kam nichts heraus. Ich weiß nicht, ob das überhaupt mit Corona zusammenhing.

DFB.de: Im Gegensatz zu vielen anderen Trainern waren Sie selbst kein Profi, haben allerdings als aktiver Spieler für die zweite Mannschaft des VfL Bochum gespielt. Was hat Ihnen damals zum Profi gefehlt?

Kauczinski: Ich war einfach nicht gut genug. Ich konnte zwar Fußball spielen und war durchaus talentiert. Aber der bezahlte Fußball war für mich weit weg. In der Jugend hatte ich lediglich für Fortuna Gelsenkirchen gespielt. Ich spürte, dass ich mit Fußball nicht meine Familie ernähren könnte. Daraufhin entschied ich mich für ein Sportstudium und ließ den aktiven Fußball nebenher laufen. Bereits mit 20 Jahren fing ich an, parallel dazu Mannschaften zu trainieren. Das war meine Leidenschaft, ich hatte da einfach Bock drauf. Das war offenbar der richtige Weg.

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Markus Kauczinski empfängt heute (ab 14 Uhr, live im BR, MDR und auf MagentaSport) mit Tabellenführer Dynamo Dresden den FC Ingolstadt zum Topspiel der 3. Liga. Für den Coach ist das eine besondere Konstellation: Er trainierte Ingolstadt 2016 in der Bundesliga. Im DFB.de-Interview spricht der 51 Jahre alte Fußball-Lehrer mit Mitarbeiter Oliver Jensen über das Spitzenspiel, Erinnerungen an Ingolstadt und seine aktive Zeit.

DFB.de: Herr Kauczinski, Dynamo Dresden ist mit einer fast komplett neu zusammengestellten Mannschaft in die Saison gestartet und steht dennoch auf dem ersten Tabellenplatz. Muss der Aufstieg, der vor der Saison noch nicht als Ziel ausgegeben wurde, nun das logische Ziel sein?

Markus Kauczinski: Ja. Wir haben über die Hälfte der Saison hinter uns. Es zeigt sich, dass sich vier bis fünf Mannschaften absetzen. An dem Punkt, an dem wir stehen, können wir nicht sagen, dass wir mit Tabellenplatz vier zufrieden wären. Wir wollen dort bleiben, wo wir stehen. Ich tue mich aber schwer damit, jetzt bereits über das Saisonende zu sprechen. Als Trainer habe ich immer das nächste Spiel im Kopf.

DFB.de: Sie wissen, wie man aufsteigt. Sie sind bereits im Jahre 2013 mit den Karlsruher SC von der 3. Liga in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Worauf kommt es an, um auch im Saisonfinish oben zu bleiben?

Kauczinski: Auf die gleichen Dinge wie sonst auch. Es geht darum, leidenschaftlich zu spielen, motiviert zu sein, eine Spielidee zu haben, aber auch variabel zu bleiben. Wir haben in dieser Saison bereits viele Ausfälle kompensiert. Das zeigt, dass der Kader gut zusammengestellt ist. Man muss hartnäckig sein, darf sich nicht unterkriegen lassen, muss auch nach Niederlagen wieder zurückkommen. Heißt also: Man muss einfach konstant die Punkte holen. (lacht) Bislang ist uns das gut gelungen.

DFB.de: Ist der Aufstiegsdruck ohne Zuschauer ein anderer als mit Zuschauer?

Kauczinski: Es ist natürlich anders. Druck hat man aber immer. Ich als Trainer habe immer die Aufgabe, Spiele zu gewinnen - ob ich nun gegen den Abstieg kämpfe oder um den Aufstieg mitspiele. Mit den Fans fehlt natürlich ein bisschen Emotionalität. Die Fans sind das Salz in der Suppe und machen einen großen Teil unseres Berufs aus.

DFB.de: Nun steht das Spiel gegen den FC Ingolstadt bevor, die ebenfalls mit um den Aufstieg spielen. In der Hinrunde unterlagen Sie 0:1. Was zeichnet Ingolstadt aus?

Kauczinski: Ingolstadt hat eine kompakte Mannschaft, die sehr viel Geduld und sehr gute Umschaltmomente hat und über sehr gute Einzelspieler verfügt. Das ist eine sehr unbequeme Mannschaft, die nie aufgibt und eine gute Physis aufweist. Ingolstadt hat eine gute Mischung und spielt zurecht um den Aufstieg mit.

DFB.de: Sie waren selbst einst Trainer in Ingolstadt. In der Saison 2016 trainierten Sie den Verein in der Bundesliga, wurden allerdings nach zehn sieglosen Spielen wieder freigestellt. Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute an Ihre bislang einzige Bundesligastation zurück?

Kauczinski: Es war sehr schade, dass es so schnell zu Ende ging. Ingolstadt hat ein gutes und professionelles Umfeld. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt und hatte viel Spaß. Leider waren die Ergebnisse nicht entsprechend. Ich wäre gerne länger dort geblieben und hatte auch das Gefühl, dass wir das packen können. Der Umgang war immer fair und offen. Ich habe noch immer einen guten Kontakt nach Ingolstadt.

DFB.de: Hätten Sie sich damals mehr Vertrauen gewünscht? Schlussendlich gelang auch unter Ihren Nachfolgern nicht der Klassenerhalt…

Kauczinski: Wie gesagt, letztendlich haben die Ergebnisse nicht gestimmt. Die Verantwortlichen waren immer sehr offen und ehrlich mit mir. Das ist das Wichtigste. Die Verantwortlichen müssen dann eben entscheiden, ob sie das mit dem Trainer durchziehen wollen oder einen neuen Impuls brauchen. Ich bin mit Ingolstadt aber im Reinen. Und das kann der Verein ebenfalls sein.

DFB.de: Auch beim FC St. Pauli wurden Sie nach knapp eineinhalb Jahren freigestellt, ohne dass es für den Verein danach wirklich besser lief. Haben Sie das Gefühl, dass viele Verantwortliche einen Trainerwechsel als einfache Lösung betrachten?

Kauczinski: Das ist schwer zu sagen. In einigen Fällen ist ein Trainerwechsel eben notwendig und für beide Seiten besser, in anderen Fällen nicht. Man muss den Einzelfall betrachten. Wie gesagt: In Ingolstadt war das in Ordnung. Ob das auch bei St. Pauli notwendig war, weiß ich nicht unbedingt. Aber Entlassungen gehören eben zum Berufsbild.

DFB.de: Der FC Ingolstadt wurde erst im Jahre 2004 gegründet und spielte bis 2008 noch in der Regionalliga. Dynamo Dresden hingegen ist ein geschichtsträchtiger Verein, der zu DDR-Zeiten acht Mal die Meisterschaft gewann. Inwiefern spürt man die Unterschiede im Verein und im Umfeld?

Kauczinski: Grundsätzlich habe ich in Ingolstadt genauso viel Leidenschaft und Liebe für den Verein kennengelernt. Auch dort gab es Menschen, die den Verein gelebt haben. Das ist hier bei Dynamo genauso. In Dresden hat das natürlich eine andere Größenordnung. Das liegt auch daran, dass die Stadt über deutlich mehr Einwohner verfügt. Das hat eine andere Größe, eine andere Kultur und dadurch auch eine ganz andere Wucht.

DFB.de: Hatten Sie nach Ihren Erfahrungen in Ingolstadt und Hamburg befürchtet, dass Sie in Dresden nach dem Abstieg entlassen werden und den Wiederaufstieg gar nicht in Angriff nehmen dürfen?

Kauczinski: Nein, befürchtet habe ich das nicht. Wenn der Verein so entschieden hätte, wäre das eben so gewesen. Es macht keinen Sinn, bei einem Verein zu sein, der einen gar nicht mehr haben möchte. Ich habe den Verein im Dezember übernommen. Da standen wir bereits auf dem letzten Platz der 2. Bundesliga. Es war also klar, dass ein Abstieg möglich ist. Wir hatten einen Vertrag für die 3. Liga abgeschlossen.

DFB.de: Seitdem gab es allerdings eine wichtige personelle Veränderung, weil Ralf Becker erst im vergangenen Sommer den Posten als Sport Geschäftsführer von Ralf Minge übernahm…

Kauczinski: Das stimmt. Insgesamt war das erste Halbjahr 2020 mit dem Abstieg und mit Corona für den Verein sehr schwierig. Dennoch hat man, so denke ich jedenfalls, gesehen, dass ich einen guten Job gemacht habe. Daher war für mich relativ schnell klar, dass ich auch in der 3. Liga Trainer dieser Mannschaft sein werde.

DFB.de: Themawechsel: Sie haben sich im Januar mit Corona infiziert und waren zwischenzeitlich auch im Krankenhaus für weitere Untersuchungen. Wie haben Sie diese Erkrankung erlebt?

Kauczinski: Ich bin nach dem positiven Coronatest in Quarantäne gegangen und hatte in dieser Zeit überhaupt keine Symptome. Erst danach bekam ich ein komisches Gefühl und fühlte mich nicht gut. Daraufhin hat unser Mannschaftsarzt mich in die Klinik geschickt. Aber bei den Untersuchungen kam nichts heraus. Ich weiß nicht, ob das überhaupt mit Corona zusammenhing.

DFB.de: Im Gegensatz zu vielen anderen Trainern waren Sie selbst kein Profi, haben allerdings als aktiver Spieler für die zweite Mannschaft des VfL Bochum gespielt. Was hat Ihnen damals zum Profi gefehlt?

Kauczinski: Ich war einfach nicht gut genug. Ich konnte zwar Fußball spielen und war durchaus talentiert. Aber der bezahlte Fußball war für mich weit weg. In der Jugend hatte ich lediglich für Fortuna Gelsenkirchen gespielt. Ich spürte, dass ich mit Fußball nicht meine Familie ernähren könnte. Daraufhin entschied ich mich für ein Sportstudium und ließ den aktiven Fußball nebenher laufen. Bereits mit 20 Jahren fing ich an, parallel dazu Mannschaften zu trainieren. Das war meine Leidenschaft, ich hatte da einfach Bock drauf. Das war offenbar der richtige Weg.

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