Makkabis Bruck: "Als jüdischer Spieler bedeutet es besonders viel"

In TuS Makkabi Berlin steht ein deutsch-jüdischer Verein im DFB-Pokal und trifft in der 1. Runde auf den VfL Wolfsburg (heute, ab 15.30 Uhr, live bei Sky). Der 28 Jahre alte Kapitän Doron Bruck spricht im aktuellen DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen über die Geschichte des Vereins, seine Mitspieler und das Duell mit dem Bundesligisten.

DFB.de: Herr Bruck, was bedeutet es für Sie und den Verein, im DFB-Pokal vertreten zu sein?

Doron Bruck: Es bedeutet für die gesamte Mannschaft sehr viel, zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den Landespokal gewonnen zu haben und im DFB-Pokal zu spielen. Darauf sind wir sehr stolz. Für mich als jüdischen Spieler bedeutet es besonders viel, weil ich mich mit dem Verein vielleicht noch etwas mehr identifiziere. Und für den Verein ist es einfach wichtig, sportlich noch mehr in den Fokus zu rücken. In der Vergangenheit waren wir leider eher in der Presse zu finden, wenn es antisemitische Vorfälle gegen uns gab.

DFB.de: Welche Erfahrungen mussten Sie aufgrund der Vereinsgeschichte mit Antisemitismus machen?

Bruck: Bei mir persönlich kam es in den letzten Jahren glücklicherweise zu kaum Vorfällen. Je höher das Niveau ist, auf dem man spielt, desto seltener passiert etwas. Schließlich ist bekannt, dass es anderenfalls Sanktionen gibt. Aber wir hatten zum Beispiel im vergangenen Jahr in der A-Jugend ein Vorfall, als jemand von der gegnerischen Mannschaft antisemitische Dinge von sich gab. So etwas bekommen natürlich auch wir mit. Wir kennen unsere Rolle als Verein. Wir versuchen, den antisemitischen Vorurteilen offen zu begegnen und durch ein aktives Miteinander dagegen anzukämpfen.

DFB.de: Können Sie ein bisschen die Vereinsgeschichte erläutern?

Bruck: Der Verein wurde Ende des 19. Jahrhunderts gegründet, damals noch unter dem Namen Bar Kochba Berlin. In den 1920er und 1930er Jahren hatte der Verein bis zu 40.000 Mitglieder in Berlin. Während des NS-Regimes wurde der Verein leider verboten. Genauso war es auch jüdischen Sportlern verboten, bei anderen Vereinen an sportlichen Wettkämpfen teilzunehmen. Anfang der 1970er Jahre wurde der Verein als TuS Makkabi Berlin wieder neu gegründet. Leider haben wir heute nur noch rund 500 Mitglieder. Unsere Fußballmannschaft ist 2016 in die Berlin-Liga aufgestiegen, 2022 wurden wir Berliner Meister und sind dadurch in die fünftklassige Oberliga aufgestiegen. Und nun haben wir in diesem Jahr den Landespokal gewonnen.

DFB.de: Besteht die Mannschaft größtenteils aus jüdischen Spielern?

Bruck: Nein. In unserer 1. Herren-Mannschaft war ich in der letzten Saison sogar der einzige aktive Jude, der gespielt hat. Dass wir ein jüdischer Verein sind, heißt für uns nicht, dass jeder Spieler jüdisch sein muss oder dass wir jedem aufdrängen, an den jüdischen Feiertagen zu partizipieren. Es geht eher darum, die jüdischen Werte und die Geschichte zu leben. Wir sind ein sehr offener Verein. Unsere 30 Spieler stammen aus 16 verschiedenen Nationen – ob nun aus Afrika, aus Europa oder aus Amerika. Bei uns kommen viele unterschiedliche Kulturen zusammen, wir haben Christen, Moslems, Hindus und Juden. Jeder wird bei uns integriert.

DFB.de: Sprechen wir über das Sportliche: Wie haben Sie das Pokal-Los VfL Wolfsburg aufgenommen?

Bruck: Natürlich hofft man zunächst einmal auf ein ganz großes Los wie Bayern München, Borussia Dortmund oder einen der Berliner Profivereine. Aber der VfL Wolfsburg ist ein ehemaliger Meister und ein ehemaliger Pokalsieger. Das ist eine Mannschaft, die auch sportlich mittlerweile eine große Tradition hat. Sportlich ist das natürlich ein hartes Los.

DFB.de: Warum wird das Spiel nicht auf Ihrer eigentlichen Heimstätte ausgetragen?

Bruck: Das Pokalspiel wird im Mommsenstadion ausgetragen. Dort fand auch das Pokalfinale statt. Wir haben in diesem Stadion in der vergangenen Saison auch die meisten unserer Heimspiele ausgetragen. Unser eigener Fußballplatz war letztes Jahr gesperrt, weil Wildscheine den Platz kaputtgemacht haben. Wir fühlen uns im Mommsenstadion sehr wohl. Und die Platzverhältnisse sind so, dass der VfL Wolfsburg vielleicht Probleme haben könnte, Fußball zu spielen. Am Tag zuvor findet auch noch ein American-Football-Spiel statt.

DFB.de: Schlechte Platzverhältnisse wären also gut für Ihre Mannschaft…

Bruck: Genau (lacht).

DFB.de: Wie schätzen Sie die Chancen Ihrer Mannschaft ein?

Bruck: Wir wissen natürlich, dass die Chancen relativ gering sind. Aber wir sind dennoch alle sehr ehrgeizig. Das Spiel startet bei 0:0 und wir versuchen, am Ende zu gewinnen. Unser Trainer sieht auch reale Chancen. Wir wollen uns nicht verstecken, wir wollen vorne anlaufen, wir wollen Fußball spielen. Es wäre schön, wenn das Spiel zur Halbzeit noch offen wäre. Vielleicht können wir dann hintenraus mit einer Standardsituation in die Verlängerung kommen oder sogar gewinnen. Aber wir machen uns keinen Druck. Wir sehen das Spiel als Erlebnis und als Belohnung für die vergangene Saison.

DFB.de: Gibt es in Ihrer Mannschaft einige Spieler, die bereits auf einem höherklassigen Niveau gespielt haben?

Bruck: Ich persönlich habe früher in der 1. Liga in Israel gespielt. Unser Innenverteidiger Tim Häußler war bei der 2. Mannschaft des FC Bayern München und nahm auch am Trainingslager der Profis unter Carlo Ancelotti teil. Mit Louis Samson haben wir einen neuen Spieler bekommen, der 96 Zweitliga-Spiele für Eintracht Braunschweig und den FC Erzgebirge Aue absolviert hat. Er wird uns auf jeden Fall weiterhelfen. Unser Stürmer Kiyan Soltanpour wird häufig als Joker eingesetzt, spielte früher für die 2. Mannschaft von Borussia Dortmund und gehörte in der Meistersaison zum erweiterten Kader der Profis unter Jürgen Klopp. Ansonsten haben wir auch viele Spieler mit Regionalliga-Erfahrung und auch viele junge Spieler, die eine wichtige Rolle einnehmen.

[oj]

In TuS Makkabi Berlin steht ein deutsch-jüdischer Verein im DFB-Pokal und trifft in der 1. Runde auf den VfL Wolfsburg (heute, ab 15.30 Uhr, live bei Sky). Der 28 Jahre alte Kapitän Doron Bruck spricht im aktuellen DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen über die Geschichte des Vereins, seine Mitspieler und das Duell mit dem Bundesligisten.

DFB.de: Herr Bruck, was bedeutet es für Sie und den Verein, im DFB-Pokal vertreten zu sein?

Doron Bruck: Es bedeutet für die gesamte Mannschaft sehr viel, zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den Landespokal gewonnen zu haben und im DFB-Pokal zu spielen. Darauf sind wir sehr stolz. Für mich als jüdischen Spieler bedeutet es besonders viel, weil ich mich mit dem Verein vielleicht noch etwas mehr identifiziere. Und für den Verein ist es einfach wichtig, sportlich noch mehr in den Fokus zu rücken. In der Vergangenheit waren wir leider eher in der Presse zu finden, wenn es antisemitische Vorfälle gegen uns gab.

DFB.de: Welche Erfahrungen mussten Sie aufgrund der Vereinsgeschichte mit Antisemitismus machen?

Bruck: Bei mir persönlich kam es in den letzten Jahren glücklicherweise zu kaum Vorfällen. Je höher das Niveau ist, auf dem man spielt, desto seltener passiert etwas. Schließlich ist bekannt, dass es anderenfalls Sanktionen gibt. Aber wir hatten zum Beispiel im vergangenen Jahr in der A-Jugend ein Vorfall, als jemand von der gegnerischen Mannschaft antisemitische Dinge von sich gab. So etwas bekommen natürlich auch wir mit. Wir kennen unsere Rolle als Verein. Wir versuchen, den antisemitischen Vorurteilen offen zu begegnen und durch ein aktives Miteinander dagegen anzukämpfen.

DFB.de: Können Sie ein bisschen die Vereinsgeschichte erläutern?

Bruck: Der Verein wurde Ende des 19. Jahrhunderts gegründet, damals noch unter dem Namen Bar Kochba Berlin. In den 1920er und 1930er Jahren hatte der Verein bis zu 40.000 Mitglieder in Berlin. Während des NS-Regimes wurde der Verein leider verboten. Genauso war es auch jüdischen Sportlern verboten, bei anderen Vereinen an sportlichen Wettkämpfen teilzunehmen. Anfang der 1970er Jahre wurde der Verein als TuS Makkabi Berlin wieder neu gegründet. Leider haben wir heute nur noch rund 500 Mitglieder. Unsere Fußballmannschaft ist 2016 in die Berlin-Liga aufgestiegen, 2022 wurden wir Berliner Meister und sind dadurch in die fünftklassige Oberliga aufgestiegen. Und nun haben wir in diesem Jahr den Landespokal gewonnen.

DFB.de: Besteht die Mannschaft größtenteils aus jüdischen Spielern?

Bruck: Nein. In unserer 1. Herren-Mannschaft war ich in der letzten Saison sogar der einzige aktive Jude, der gespielt hat. Dass wir ein jüdischer Verein sind, heißt für uns nicht, dass jeder Spieler jüdisch sein muss oder dass wir jedem aufdrängen, an den jüdischen Feiertagen zu partizipieren. Es geht eher darum, die jüdischen Werte und die Geschichte zu leben. Wir sind ein sehr offener Verein. Unsere 30 Spieler stammen aus 16 verschiedenen Nationen – ob nun aus Afrika, aus Europa oder aus Amerika. Bei uns kommen viele unterschiedliche Kulturen zusammen, wir haben Christen, Moslems, Hindus und Juden. Jeder wird bei uns integriert.

DFB.de: Sprechen wir über das Sportliche: Wie haben Sie das Pokal-Los VfL Wolfsburg aufgenommen?

Bruck: Natürlich hofft man zunächst einmal auf ein ganz großes Los wie Bayern München, Borussia Dortmund oder einen der Berliner Profivereine. Aber der VfL Wolfsburg ist ein ehemaliger Meister und ein ehemaliger Pokalsieger. Das ist eine Mannschaft, die auch sportlich mittlerweile eine große Tradition hat. Sportlich ist das natürlich ein hartes Los.

DFB.de: Warum wird das Spiel nicht auf Ihrer eigentlichen Heimstätte ausgetragen?

Bruck: Das Pokalspiel wird im Mommsenstadion ausgetragen. Dort fand auch das Pokalfinale statt. Wir haben in diesem Stadion in der vergangenen Saison auch die meisten unserer Heimspiele ausgetragen. Unser eigener Fußballplatz war letztes Jahr gesperrt, weil Wildscheine den Platz kaputtgemacht haben. Wir fühlen uns im Mommsenstadion sehr wohl. Und die Platzverhältnisse sind so, dass der VfL Wolfsburg vielleicht Probleme haben könnte, Fußball zu spielen. Am Tag zuvor findet auch noch ein American-Football-Spiel statt.

DFB.de: Schlechte Platzverhältnisse wären also gut für Ihre Mannschaft…

Bruck: Genau (lacht).

DFB.de: Wie schätzen Sie die Chancen Ihrer Mannschaft ein?

Bruck: Wir wissen natürlich, dass die Chancen relativ gering sind. Aber wir sind dennoch alle sehr ehrgeizig. Das Spiel startet bei 0:0 und wir versuchen, am Ende zu gewinnen. Unser Trainer sieht auch reale Chancen. Wir wollen uns nicht verstecken, wir wollen vorne anlaufen, wir wollen Fußball spielen. Es wäre schön, wenn das Spiel zur Halbzeit noch offen wäre. Vielleicht können wir dann hintenraus mit einer Standardsituation in die Verlängerung kommen oder sogar gewinnen. Aber wir machen uns keinen Druck. Wir sehen das Spiel als Erlebnis und als Belohnung für die vergangene Saison.

DFB.de: Gibt es in Ihrer Mannschaft einige Spieler, die bereits auf einem höherklassigen Niveau gespielt haben?

Bruck: Ich persönlich habe früher in der 1. Liga in Israel gespielt. Unser Innenverteidiger Tim Häußler war bei der 2. Mannschaft des FC Bayern München und nahm auch am Trainingslager der Profis unter Carlo Ancelotti teil. Mit Louis Samson haben wir einen neuen Spieler bekommen, der 96 Zweitliga-Spiele für Eintracht Braunschweig und den FC Erzgebirge Aue absolviert hat. Er wird uns auf jeden Fall weiterhelfen. Unser Stürmer Kiyan Soltanpour wird häufig als Joker eingesetzt, spielte früher für die 2. Mannschaft von Borussia Dortmund und gehörte in der Meistersaison zum erweiterten Kader der Profis unter Jürgen Klopp. Ansonsten haben wir auch viele Spieler mit Regionalliga-Erfahrung und auch viele junge Spieler, die eine wichtige Rolle einnehmen.

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