Ludwigspark reloaded in Saarbrücken: "Hier kann Großes entstehen"

Der 1. FC Saarbrücken hat sein Wohnzimmer wieder. Gegen Hansa Rostock (2:0) und den Halleschen FC (4:0) durfte der Drittliga-Aufsteiger nach Jahren der Abwesenheit wieder im heimischen Ludwigsparkstadion spielen. Und das ziemlich erfolgreich. Fanreporter Carsten Germann hat Saarbrücker Anhänger begleitet.

"Am Samstag, den 26. September 2020, rollt um 14 Uhr das erste Mal seit dem 5. Dezember 2015 wieder der Ball im Ludwigspark" – auf diese Meldung hatten die Fans des 1. FC Saarbrücken lange gewartet. Auch Jörg Dahlmanns. Der 57-Jährige, der im grenznahen Frankreich lebt, hatte sich an diesem für ihn und für seinen Lieblingsklub so besonderen Tag genügend Zeit genommen. Für alles. Den altbekannten Treffpunkt mit seinen Freunden um seinen Weggefährten Joachim Wagner in Saarbrücken-Bübingen erreichte der Konstrukteur mehr als zwei Stunden früher als gewohnt. "Ich wollte mir das Stadion vorher einfach genauer ansehen und ein wenig auf Entdeckungsreise gehen", sagt Dahlmanns. "Das war nach fünf Jahren Abstinenz sehr emotional."

Die Rückkehr ins noch nicht ganz vollendete Ludwigsparkstadion war für den 1. FC Saarbrücken ein Wettlauf mit der Zeit. Wenige Tage vor dem Drittliga-Start hatte der Aufsteiger grünes Licht für den Neuanfang im Ludwigspark erhalten. Mit Zuschauern. 900 Fans waren zugelassen. "Der Umbau ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch die aus gesundheitspolitischer Sicht sinnvolle Begrenzung der Zuschauerzahl lässt eine vorzeitige Rückkehr glücklicherweise zu", erklärte FCS-Präsident Hartmut Ostermann erleichtert. Auf dem Weg zurück ins Ludwigsparkstadion war der Klub umfassend vom DFB begleitet und beraten worden.

Torschrei nach 1757 Tagen des Wartens

Sportlich hat es sich für den Aufsteiger in der neuen, alten Heimat gut angelassen. 2:0 gegen Rostock, 4:0 gegen Halle – die Saarländer grüßen nach dem 3. Spieltag überraschend von der Tabellenspitze. Trotz der aktuell erheblichen Begrenzung der Zuschauer*innenzahl ist auch Heimspiel-Atmosphäre zu spüren. "Man hat mit 900 Zuschauern schon gemerkt, dass hier tolle Stimmung aufkommen kann. In den ersten zehn Minuten ging richtig die Post ab", meint Dahlmanns. Der verwandelte Foulelfmeter von Sebastian Jacob sorgte für den ersehnten ersten Torschrei, auf den man in Saarbrücken exakt 1757 Tage gewartet hatte. Ein historischer Treffer. "Ich habe mir in diesem Moment nur gedacht, was wohl los gewesen wäre, wenn das Stadion ausverkauft gewesen wäre", so Dahlmanns.

Der Umbau des Stadions war alternativlos. "Am Ende", erinnert er sich, "war die Stimmung im alten Ludwigsparkstadion in der Regionalliga Südwest nicht mehr so toll." Eine Art saarländischer Fußball-Gefühlsfriedhof. Insider wie Dahlmanns sind sich sicher: "Das wird in Zukunft nicht mehr so sein."

"Es hat sehr weh getan, fünf Jahre ohne Heimat da zu stehen"

Die Jahre im "Exil" in Völklingen ordnet der Mitbegründer des inzwischen aufgelösten FCS-Fanclubs "Die Treuen" aus Bübingen als "Rückschritt für den Verein" ein. Dahlmanns: "Es hat sehr weh getan, fünf Jahre lang als Verein ohne Heimat da zu stehen." Die lange schwelende Stadiondebatte, so glaubt er, "hat das eigentlich schöne Ereignis, den Aufstieg in die 3. Liga, etwas in den Hintergrund gedrängt". Joachim Wagner (57), ebenfalls Gründungsmitglied der "Treuen", sieht das etwas anders: "Für den Verein waren die Jahre in Völklingen eigentlich eine sehr erfolgreiche Zeit, wir waren immer vorn dabei, haben den Titel in der Regionalliga Südwest zweimal geholt und vor allem die DFB-Pokalspiele waren in der vergangenen Saison ein toller Erfolg."

Vor einem neuen Exil in Frankfurt hatte der eingefleischte Fan Jörg Dahlmanns zwar keine Scheu ("Wir fahren überall mit hin"), trotzdem ist er heilfroh, dass es anders gekommen ist. "Das ist für die Zuschauer eine Riesenerleichterung, diese Fahrt immer auf sich zu nehmen, das wäre schon ein schöner Aufwand geworden." Für Dahlmanns ist deshalb klar: "Jeder FCS-Fan wird, sobald er wieder ins Stadion darf, unglaubliche Freude empfinden, wenn er hier Drittliga-Fußball sehen kann."

Siegeszug im Pokal: "Wäre im Ludwigspark noch getoppt worden"

Dass der 1. FC Saarbrücken seit 2014 unterhalb der drei deutschen Profiligen spielte, hat nach Dahlmanns' Meinung für einen signifikanten Wandel in der FCS-Fanszene gesorgt. Zwar gab es in der Regionalliga Südwest viele Traditionsderbys, unter anderem gegen den FC Homburg oder den SV Waldhof Mannheim, aber wirkliche Euphorie lösten diese Spiele selten aus.

Liebe kennt keine Liga? Alles relativ! Joachim Wagner: "Viele Fans hat das Stadion in Völklingen vom Besuch beim FCS abgehalten, viele haben gesagt: Da fahren wir nicht hin. Dort kommt auch kaum Stimmung auf, neben dem Gästeblock hat man die Saarbrücker Fans oft gar nicht gehört, diese Geräuschkulisse ist einfach verpufft. Aber: Es gab letztlich keine andere Möglichkeit, man musste froh sein, dass man in Völklingen als Gast willkommen war." Dahlmanns weiß aber auch um die Faszination und Anziehungskraft, die der saarländische Traditionsklub hat: "Das Potenzial des FC Saarbrücken ist sehr groß und wird sich schnell wieder entfalten. Der Weg ist geebnet. Es könnte wieder etwas Großes entstehen."

Wie groß das Potenzial ist, zeigte sich bei den DFB-Pokalauftritten der Vorsaison gegen den 1. FC Köln, den Karlsruher SC und Fortuna Düsseldorf. Erst Europa-League-Teilnehmer Bayer Leverkusen konnte den Siegeszug des Außenseiters im Halbfinale stoppen. "Die Stimmung in diesen Spielen in Völklingen", unterstreicht Jörg Dahlmanns, "war unglaublich gut. Aber im Ludwigspark wäre das alles noch einmal getoppt worden."

Als die Ehefrau am Hochzeitstag "entführt" wurde

Auch der alte Ludwigspark war Schauplatz großer Momente. Joachim Wagner denkt da vor allem an das 6:1 gegen den FC Bayern München im April 1977, "das ich mit meinem Vater und mit meinem Onkel besucht habe". FCS-Legende Egon Schmitt ergänzt: "Die Stimmung im Stadion kochte dermaßen über, dass uns die Realität dieses Ereignisses doch irgendwann bewusst wurde."

Für Jörg Dahlmanns ist vor allem der 22. August 1992 unvergessen. Es war das erste Heimspiel für den damaligen Bundesliga-Rückkehrer 1. FC Saarbrücken – und gleichzeitig Dahlmanns' Hochzeitstag. Liebe kennt keinen Spielplan. Seine Freunde "entführten" die Braut, die Cousine von Joachim Wagner, zum Heimspiel gegen den Karlsruher SC (2:0). Eric Wynalda riss die Fans mit seinen zwei Treffern von den Sitzen. Dahlmanns war unterdessen auf der Suche: "In der Halbzeit hat mich der Stadionsprecher ausrufen lassen und gesagt, dass ich meine Frau auf der Haupttribüne abholen kann."

[dfb]

Der 1. FC Saarbrücken hat sein Wohnzimmer wieder. Gegen Hansa Rostock (2:0) und den Halleschen FC (4:0) durfte der Drittliga-Aufsteiger nach Jahren der Abwesenheit wieder im heimischen Ludwigsparkstadion spielen. Und das ziemlich erfolgreich. Fanreporter Carsten Germann hat Saarbrücker Anhänger begleitet.

"Am Samstag, den 26. September 2020, rollt um 14 Uhr das erste Mal seit dem 5. Dezember 2015 wieder der Ball im Ludwigspark" – auf diese Meldung hatten die Fans des 1. FC Saarbrücken lange gewartet. Auch Jörg Dahlmanns. Der 57-Jährige, der im grenznahen Frankreich lebt, hatte sich an diesem für ihn und für seinen Lieblingsklub so besonderen Tag genügend Zeit genommen. Für alles. Den altbekannten Treffpunkt mit seinen Freunden um seinen Weggefährten Joachim Wagner in Saarbrücken-Bübingen erreichte der Konstrukteur mehr als zwei Stunden früher als gewohnt. "Ich wollte mir das Stadion vorher einfach genauer ansehen und ein wenig auf Entdeckungsreise gehen", sagt Dahlmanns. "Das war nach fünf Jahren Abstinenz sehr emotional."

Die Rückkehr ins noch nicht ganz vollendete Ludwigsparkstadion war für den 1. FC Saarbrücken ein Wettlauf mit der Zeit. Wenige Tage vor dem Drittliga-Start hatte der Aufsteiger grünes Licht für den Neuanfang im Ludwigspark erhalten. Mit Zuschauern. 900 Fans waren zugelassen. "Der Umbau ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch die aus gesundheitspolitischer Sicht sinnvolle Begrenzung der Zuschauerzahl lässt eine vorzeitige Rückkehr glücklicherweise zu", erklärte FCS-Präsident Hartmut Ostermann erleichtert. Auf dem Weg zurück ins Ludwigsparkstadion war der Klub umfassend vom DFB begleitet und beraten worden.

Torschrei nach 1757 Tagen des Wartens

Sportlich hat es sich für den Aufsteiger in der neuen, alten Heimat gut angelassen. 2:0 gegen Rostock, 4:0 gegen Halle – die Saarländer grüßen nach dem 3. Spieltag überraschend von der Tabellenspitze. Trotz der aktuell erheblichen Begrenzung der Zuschauer*innenzahl ist auch Heimspiel-Atmosphäre zu spüren. "Man hat mit 900 Zuschauern schon gemerkt, dass hier tolle Stimmung aufkommen kann. In den ersten zehn Minuten ging richtig die Post ab", meint Dahlmanns. Der verwandelte Foulelfmeter von Sebastian Jacob sorgte für den ersehnten ersten Torschrei, auf den man in Saarbrücken exakt 1757 Tage gewartet hatte. Ein historischer Treffer. "Ich habe mir in diesem Moment nur gedacht, was wohl los gewesen wäre, wenn das Stadion ausverkauft gewesen wäre", so Dahlmanns.

Der Umbau des Stadions war alternativlos. "Am Ende", erinnert er sich, "war die Stimmung im alten Ludwigsparkstadion in der Regionalliga Südwest nicht mehr so toll." Eine Art saarländischer Fußball-Gefühlsfriedhof. Insider wie Dahlmanns sind sich sicher: "Das wird in Zukunft nicht mehr so sein."

"Es hat sehr weh getan, fünf Jahre ohne Heimat da zu stehen"

Die Jahre im "Exil" in Völklingen ordnet der Mitbegründer des inzwischen aufgelösten FCS-Fanclubs "Die Treuen" aus Bübingen als "Rückschritt für den Verein" ein. Dahlmanns: "Es hat sehr weh getan, fünf Jahre lang als Verein ohne Heimat da zu stehen." Die lange schwelende Stadiondebatte, so glaubt er, "hat das eigentlich schöne Ereignis, den Aufstieg in die 3. Liga, etwas in den Hintergrund gedrängt". Joachim Wagner (57), ebenfalls Gründungsmitglied der "Treuen", sieht das etwas anders: "Für den Verein waren die Jahre in Völklingen eigentlich eine sehr erfolgreiche Zeit, wir waren immer vorn dabei, haben den Titel in der Regionalliga Südwest zweimal geholt und vor allem die DFB-Pokalspiele waren in der vergangenen Saison ein toller Erfolg."

Vor einem neuen Exil in Frankfurt hatte der eingefleischte Fan Jörg Dahlmanns zwar keine Scheu ("Wir fahren überall mit hin"), trotzdem ist er heilfroh, dass es anders gekommen ist. "Das ist für die Zuschauer eine Riesenerleichterung, diese Fahrt immer auf sich zu nehmen, das wäre schon ein schöner Aufwand geworden." Für Dahlmanns ist deshalb klar: "Jeder FCS-Fan wird, sobald er wieder ins Stadion darf, unglaubliche Freude empfinden, wenn er hier Drittliga-Fußball sehen kann."

Siegeszug im Pokal: "Wäre im Ludwigspark noch getoppt worden"

Dass der 1. FC Saarbrücken seit 2014 unterhalb der drei deutschen Profiligen spielte, hat nach Dahlmanns' Meinung für einen signifikanten Wandel in der FCS-Fanszene gesorgt. Zwar gab es in der Regionalliga Südwest viele Traditionsderbys, unter anderem gegen den FC Homburg oder den SV Waldhof Mannheim, aber wirkliche Euphorie lösten diese Spiele selten aus.

Liebe kennt keine Liga? Alles relativ! Joachim Wagner: "Viele Fans hat das Stadion in Völklingen vom Besuch beim FCS abgehalten, viele haben gesagt: Da fahren wir nicht hin. Dort kommt auch kaum Stimmung auf, neben dem Gästeblock hat man die Saarbrücker Fans oft gar nicht gehört, diese Geräuschkulisse ist einfach verpufft. Aber: Es gab letztlich keine andere Möglichkeit, man musste froh sein, dass man in Völklingen als Gast willkommen war." Dahlmanns weiß aber auch um die Faszination und Anziehungskraft, die der saarländische Traditionsklub hat: "Das Potenzial des FC Saarbrücken ist sehr groß und wird sich schnell wieder entfalten. Der Weg ist geebnet. Es könnte wieder etwas Großes entstehen."

Wie groß das Potenzial ist, zeigte sich bei den DFB-Pokalauftritten der Vorsaison gegen den 1. FC Köln, den Karlsruher SC und Fortuna Düsseldorf. Erst Europa-League-Teilnehmer Bayer Leverkusen konnte den Siegeszug des Außenseiters im Halbfinale stoppen. "Die Stimmung in diesen Spielen in Völklingen", unterstreicht Jörg Dahlmanns, "war unglaublich gut. Aber im Ludwigspark wäre das alles noch einmal getoppt worden."

Als die Ehefrau am Hochzeitstag "entführt" wurde

Auch der alte Ludwigspark war Schauplatz großer Momente. Joachim Wagner denkt da vor allem an das 6:1 gegen den FC Bayern München im April 1977, "das ich mit meinem Vater und mit meinem Onkel besucht habe". FCS-Legende Egon Schmitt ergänzt: "Die Stimmung im Stadion kochte dermaßen über, dass uns die Realität dieses Ereignisses doch irgendwann bewusst wurde."

Für Jörg Dahlmanns ist vor allem der 22. August 1992 unvergessen. Es war das erste Heimspiel für den damaligen Bundesliga-Rückkehrer 1. FC Saarbrücken – und gleichzeitig Dahlmanns' Hochzeitstag. Liebe kennt keinen Spielplan. Seine Freunde "entführten" die Braut, die Cousine von Joachim Wagner, zum Heimspiel gegen den Karlsruher SC (2:0). Eric Wynalda riss die Fans mit seinen zwei Treffern von den Sitzen. Dahlmanns war unterdessen auf der Suche: "In der Halbzeit hat mich der Stadionsprecher ausrufen lassen und gesagt, dass ich meine Frau auf der Haupttribüne abholen kann."

###more###