Lothar Matthäus: "Ballack hat an Persönlichkeit gewonnen"

Bereits mit 19 Jahren wurde Lothar Matthäus Europameister. Es folgten der Gewinn der Weltmeisterschaft und unzählige Erfolge im Vereinsfußball. Der Weltfußballer der Jahre 1990 und 1991 bestritt insgesamt 150 Länderspiele für das DFB-Team. Seit 2001 war der gebürtige Franke aus Herzogenaurach als Trainer im Ausland tätig. Unter anderem betreute Matthäus von Januar 2004 bis Dezember 2005 die ungarische Nationalmannschaft. Momentan absolviert der DFB-Ehrenspielführer einen Sonderlehrgang zum Erwerb der Fußball-Lehrer-Lizenz.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit DFB-RedakteurUli Voigt äußerte sich Lothar Matthäus über seinen künftigen Job bei einem israelischen Erstligisten, die EURO 2008 und die deutsche Nationalmannschaft. Das Video zum Interview finden Sie bei DFB-TV.

Frage: Herr Matthäus, Sie haben kürzlich bekannt gegeben, dass Sie ab Sommer den israelischen Verein Maccabi Netanya trainieren werden. Warum Israel?

Lothar Matthäus: Genauso wie ich mich als Trainer über die Spieler informiere, die ich verpflichten möchte, informiere ich mich auch welche Arbeitsbedingungen ein Verein bietet. Was ist möglich? Wie ist die Qualität des Kaders? Wie kann man dort leben? Außerdem bin ich bereits seit vier Jahren ein großer Fan von Israel und habe privat sehr gute Kontakte dorthin. Im Endeffekt sollte jeder das machen, was er für den richtigen Schritt hält. Als ich vor fünf Jahren nach Belgrad ging, hat auch jeder gesagt „Der hat doch einen an der Waffel. Vielleicht hat er zu lange in der Sonne gelegen.“ Und dann war auf einmal Partizan Belgrad in der Champions League. Damals bestritten wir tolle Spiele gegen Real Madrid und den späteren Champions League Sieger FC Porto.

Frage: Sie haben bereits als Nationalspieler ihre Erfahrungen mit dem israelischen Fußball gemacht. Was können Sie über ihn sagen?

Matthäus: Ja, das war allerdings 1987 und der israelische Fußball hat sich seitdem verändert. Er ist mittlerweile zu Israels Sport Nummer eins geworden. Das war nicht immer so. Früher war Basketball am populärsten. Die Israelis sind vom Fußball begeistert. Zum Beispiel hatten mich Freunde vor acht Monaten ins Wembley Stadion eingeladen, als England gegen Israel spielte, und es waren 25.000 Israelis im Stadion. So viele Deutsche habe ich dort bisher noch nicht gesehen. Ich möchte damit sagen, dass der Fußball in Israel lebt. Er ist natürlich noch nicht mit dem Fußball in Deutschland, Italien oder England vergleichbar, aber er ist auf einem guten Weg und man kann dort etwas bewegen. Außerdem hat das Leben in diesem Land den schönen Nebeneffekt, dass man etwa 300 Sonnentage im Jahr genießen kann und das ist ja auch etwas durchaus Angenehmes.

Frage: Die Europameisterschaft steht nun unmittelbar bevor, Herr Matthäus. Was erwarten Sie von der deutschen Mannschaft?

Lothar Matthäus: Wir Deutschen gehören immer zum Favoritenkreis, aber ich möchte nicht sagen, – und ich denke das gefällt auch Jogi Löw – dass wir der Topfavorit sind. Wir gehören aber zum Favoritenkreis, denn wir können uns in einem Turnier steigern und immer noch näher zusammenrücken. Wir sind eine Mannschaft, die gegen jeden Gegner gewinnen kann, auch gegen vermeintlich stärkere und deswegen hat man großen Respekt vor der deutschen Nationalmannschaft im Ausland. Eine Prognose für die Europameisterschaft abzugeben ist sehr schwierig. Die besten Einzelspieler haben nicht wir, sondern die Franzosen. Auch die Italiener sind stark, und die Spanier könnten der Geheimfavorit sein.

Frage: Einige Nationalspieler waren verletzt und kommen nun wieder zurück. Sie selbst hatten ebenfalls Phasen, in denen Sie als verletzter Spieler wieder den Spielbetrieb aufnahmen. Sehen Sie darin einen Vorteil, da diese Spieler nicht das komplette Programm an Spielen absolvieren mussten?

Lothar Matthäus: Wenn man sich die Saison in England ansieht, dann ist es eigentlich ein Vorteil, dass Michael Ballack sie nicht vollständig durchgespielt hat. Man merkt, dass er in einem guten Zustand ist und er hat meiner Meinung nach durch diesen Rivalitätskampf bei Chelsea an Persönlichkeit gewonnen. Torsten Frings wiederum hat noch genügend Spiele, um wieder zu Hochform auflaufen zu können. Es kommt immer darauf an, wie lange man verletzt war und ob man zu einem Zeitpunkt wieder einsteigen kann, der es einem erlaubt, genügend Spielpraxis zu sammeln, um noch vor dem Turnier die nötige körperliche Fitness zu erlangen. Ich bin davon überzeugt, dass Torsten Frings und Michael Ballack, was die physischen Vorraussetzungen betrifft, eine gute EM spielen werden. Christoph Metzelder war lange verletzt und bekam bei Real Madrid kaum Spielpraxis. Bei ihm wird es sicher eine engere Kiste. Auch Spielern aus der Bundesliga fehlt die nötige Spielpraxis – speziell Lukas Podolski. Allerdings hat er immer wieder seine Einsätze bekommen. Von daher gehe ich davon aus, dass er zusätzlich motiviert sein wird die Einsatzzeiten, die er bei Bayern vielleicht nicht bekommen hat, bei der Nationalmannschaft zu erhalten. Im Hinblick auf Jens Lehmann habe ich eigentlich gar keine Bedenken. Er ist ein erfahrener Torhüter und wenn er nach sechs oder acht Wochen bei Arsenal wieder zum Einsatz gekommen ist, hat er immer seine Leistung gebracht. Er wird auch bei der Europameisterschaft ein großer Rückhalt sein.

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Bereits mit 19 Jahren wurde Lothar Matthäus Europameister. Es folgten der Gewinn der Weltmeisterschaft und unzählige Erfolge im Vereinsfußball. Der Weltfußballer der Jahre 1990 und 1991 bestritt insgesamt 150 Länderspiele für das DFB-Team. Seit 2001 war der gebürtige Franke aus Herzogenaurach als Trainer im Ausland tätig. Unter anderem betreute Matthäus von Januar 2004 bis Dezember 2005 die ungarische Nationalmannschaft. Momentan absolviert der DFB-Ehrenspielführer einen Sonderlehrgang zum Erwerb der Fußball-Lehrer-Lizenz.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit DFB-RedakteurUli Voigt äußerte sich Lothar Matthäus über seinen künftigen Job bei einem israelischen Erstligisten, die EURO 2008 und die deutsche Nationalmannschaft. Das Video zum Interview finden Sie bei DFB-TV.

Frage: Herr Matthäus, Sie haben kürzlich bekannt gegeben, dass Sie ab Sommer den israelischen Verein Maccabi Netanya trainieren werden. Warum Israel?

Lothar Matthäus: Genauso wie ich mich als Trainer über die Spieler informiere, die ich verpflichten möchte, informiere ich mich auch welche Arbeitsbedingungen ein Verein bietet. Was ist möglich? Wie ist die Qualität des Kaders? Wie kann man dort leben? Außerdem bin ich bereits seit vier Jahren ein großer Fan von Israel und habe privat sehr gute Kontakte dorthin. Im Endeffekt sollte jeder das machen, was er für den richtigen Schritt hält. Als ich vor fünf Jahren nach Belgrad ging, hat auch jeder gesagt „Der hat doch einen an der Waffel. Vielleicht hat er zu lange in der Sonne gelegen.“ Und dann war auf einmal Partizan Belgrad in der Champions League. Damals bestritten wir tolle Spiele gegen Real Madrid und den späteren Champions League Sieger FC Porto.

Frage: Sie haben bereits als Nationalspieler ihre Erfahrungen mit dem israelischen Fußball gemacht. Was können Sie über ihn sagen?

Matthäus: Ja, das war allerdings 1987 und der israelische Fußball hat sich seitdem verändert. Er ist mittlerweile zu Israels Sport Nummer eins geworden. Das war nicht immer so. Früher war Basketball am populärsten. Die Israelis sind vom Fußball begeistert. Zum Beispiel hatten mich Freunde vor acht Monaten ins Wembley Stadion eingeladen, als England gegen Israel spielte, und es waren 25.000 Israelis im Stadion. So viele Deutsche habe ich dort bisher noch nicht gesehen. Ich möchte damit sagen, dass der Fußball in Israel lebt. Er ist natürlich noch nicht mit dem Fußball in Deutschland, Italien oder England vergleichbar, aber er ist auf einem guten Weg und man kann dort etwas bewegen. Außerdem hat das Leben in diesem Land den schönen Nebeneffekt, dass man etwa 300 Sonnentage im Jahr genießen kann und das ist ja auch etwas durchaus Angenehmes.

Frage: Die Europameisterschaft steht nun unmittelbar bevor, Herr Matthäus. Was erwarten Sie von der deutschen Mannschaft?

Lothar Matthäus: Wir Deutschen gehören immer zum Favoritenkreis, aber ich möchte nicht sagen, – und ich denke das gefällt auch Jogi Löw – dass wir der Topfavorit sind. Wir gehören aber zum Favoritenkreis, denn wir können uns in einem Turnier steigern und immer noch näher zusammenrücken. Wir sind eine Mannschaft, die gegen jeden Gegner gewinnen kann, auch gegen vermeintlich stärkere und deswegen hat man großen Respekt vor der deutschen Nationalmannschaft im Ausland. Eine Prognose für die Europameisterschaft abzugeben ist sehr schwierig. Die besten Einzelspieler haben nicht wir, sondern die Franzosen. Auch die Italiener sind stark, und die Spanier könnten der Geheimfavorit sein.

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Frage: Einige Nationalspieler waren verletzt und kommen nun wieder zurück. Sie selbst hatten ebenfalls Phasen, in denen Sie als verletzter Spieler wieder den Spielbetrieb aufnahmen. Sehen Sie darin einen Vorteil, da diese Spieler nicht das komplette Programm an Spielen absolvieren mussten?

Lothar Matthäus: Wenn man sich die Saison in England ansieht, dann ist es eigentlich ein Vorteil, dass Michael Ballack sie nicht vollständig durchgespielt hat. Man merkt, dass er in einem guten Zustand ist und er hat meiner Meinung nach durch diesen Rivalitätskampf bei Chelsea an Persönlichkeit gewonnen. Torsten Frings wiederum hat noch genügend Spiele, um wieder zu Hochform auflaufen zu können. Es kommt immer darauf an, wie lange man verletzt war und ob man zu einem Zeitpunkt wieder einsteigen kann, der es einem erlaubt, genügend Spielpraxis zu sammeln, um noch vor dem Turnier die nötige körperliche Fitness zu erlangen. Ich bin davon überzeugt, dass Torsten Frings und Michael Ballack, was die physischen Vorraussetzungen betrifft, eine gute EM spielen werden. Christoph Metzelder war lange verletzt und bekam bei Real Madrid kaum Spielpraxis. Bei ihm wird es sicher eine engere Kiste. Auch Spielern aus der Bundesliga fehlt die nötige Spielpraxis – speziell Lukas Podolski. Allerdings hat er immer wieder seine Einsätze bekommen. Von daher gehe ich davon aus, dass er zusätzlich motiviert sein wird die Einsatzzeiten, die er bei Bayern vielleicht nicht bekommen hat, bei der Nationalmannschaft zu erhalten. Im Hinblick auf Jens Lehmann habe ich eigentlich gar keine Bedenken. Er ist ein erfahrener Torhüter und wenn er nach sechs oder acht Wochen bei Arsenal wieder zum Einsatz gekommen ist, hat er immer seine Leistung gebracht. Er wird auch bei der Europameisterschaft ein großer Rückhalt sein.