Löw gewinnt Trainer-Duell mit Klinsmann

Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

26. Juni 2014 in Recife - Vorrunde: Deutschland - USA 1:0

Vor dem Spiel:

Das Spiel fand in Recife statt, doch die Vorberichterstattung bestimmte ein anderer Ortsname: Gijon. Würde es wie 1982 in Spanien zwischen Deutschland und Österreich wieder zu einem abgekarteten Spiel kommen? Die Vermutung lag zumindest bei ausländischen Beobachtern nahe, da beiden ein Remis zum Weiterkommen reichte und die Trainer bei der letzten WM noch gemeinsam auf der Bank saßen. Es kam zum Wiedersehen von Joachim Löw mit seinem damaligen Cheftrainer Jürgen Klinsmann, mit Deutschland 1990 als Spieler Weltmeister und seit 2011 US-Coach. Vergeblich mühten sich beide Trainer, die Verdächtigungen zu vertreiben. Klinsmann: "Wir kämpfen immer um den Sieg, wir sind nicht gemacht für Unentschieden." Löw: "Wenn man auf Unentschieden spielt, geht's meistens schief." Assistent Hansi Flick versicherte: "Nicht-Angriffspakt? Das wird nicht der Fall sein. Wir werden siegen und nicht auf Ergebnis spielen."

Löw änderte erstmals bei dieser WM die Startelf, Bastian Schweinsteiger löste Sami Khedira ab, und für Mario Götze stürmte Lukas Podolski auf links. Bei den Amerikanern, die mit ebenfalls vier Punkten hinter Deutschland Zweiter waren, standen vier aktuelle und ein ehemaliger Bundesligaprofi im Kader. Der Ehemalige hatte sogar dreimal für Deutschland gespielt: Jermaine Jones kam damals nur in Testspielen zum Einsatz, so durfte er jetzt gegen sein Geburtsland ran. Zudem arbeitete Ex-Bundestrainer Berti Vogts als Scout Klinsmann zu. Es gab also viele Berührungspunkte vor diesem entscheidenden Spiel. Nun galt es zu beweisen, dass sie sich nicht 90 Minuten in den Armen liegen, sondern einen fairen Schlagabtausch liefern wollten. Thomas Müller warnte noch einmal: "Wir müssen höllisch aufpassen, so eine WM kann schneller vorbei sein, als man denkt."



Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

26. Juni 2014 in Recife - Vorrunde: Deutschland - USA 1:0

Vor dem Spiel:

Das Spiel fand in Recife statt, doch die Vorberichterstattung bestimmte ein anderer Ortsname: Gijon. Würde es wie 1982 in Spanien zwischen Deutschland und Österreich wieder zu einem abgekarteten Spiel kommen? Die Vermutung lag zumindest bei ausländischen Beobachtern nahe, da beiden ein Remis zum Weiterkommen reichte und die Trainer bei der letzten WM noch gemeinsam auf der Bank saßen. Es kam zum Wiedersehen von Joachim Löw mit seinem damaligen Cheftrainer Jürgen Klinsmann, mit Deutschland 1990 als Spieler Weltmeister und seit 2011 US-Coach. Vergeblich mühten sich beide Trainer, die Verdächtigungen zu vertreiben. Klinsmann: "Wir kämpfen immer um den Sieg, wir sind nicht gemacht für Unentschieden." Löw: "Wenn man auf Unentschieden spielt, geht's meistens schief." Assistent Hansi Flick versicherte: "Nicht-Angriffspakt? Das wird nicht der Fall sein. Wir werden siegen und nicht auf Ergebnis spielen."

Löw änderte erstmals bei dieser WM die Startelf, Bastian Schweinsteiger löste Sami Khedira ab, und für Mario Götze stürmte Lukas Podolski auf links. Bei den Amerikanern, die mit ebenfalls vier Punkten hinter Deutschland Zweiter waren, standen vier aktuelle und ein ehemaliger Bundesligaprofi im Kader. Der Ehemalige hatte sogar dreimal für Deutschland gespielt: Jermaine Jones kam damals nur in Testspielen zum Einsatz, so durfte er jetzt gegen sein Geburtsland ran. Zudem arbeitete Ex-Bundestrainer Berti Vogts als Scout Klinsmann zu. Es gab also viele Berührungspunkte vor diesem entscheidenden Spiel. Nun galt es zu beweisen, dass sie sich nicht 90 Minuten in den Armen liegen, sondern einen fairen Schlagabtausch liefern wollten. Thomas Müller warnte noch einmal: "Wir müssen höllisch aufpassen, so eine WM kann schneller vorbei sein, als man denkt."

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Regenschlacht mit zwei Gewinnern

Spielbericht:

An diesem Donnerstag erlebt die Stadt Recife ein Unwetter, das auch die ältesten Einwohner noch in Erschrecken versetzt. Der Spielbeginn ist akut gefährdet, die Innenstadt steht unter Wasser. Mühsam bahnen sich die eskortierten Mannschaftsbusse den Weg ins Stadion, zu dem die Fans nur nach kilometerlangen Märschen gelangen, Busse fahren es nicht an. Dort finden die Aktiven einen relativ gut bespielbaren Rasen vor, auch weil Ordner die Fünfmeterräume mit Planen abdecken und die Spieler ihr Aufwärmprogramm in den Katakomben machen müssen. Zum Glück, eine zunächst angedachte Verlegung um eine Stunde wäre umso schwerer, als die letzten Gruppenspiele parallel stattfinden müssen - eben wegen der Vorgänge von Gijon anno 1982. Also geht es um 13 Uhr Ortszeit los, das ZDF überträgt. US-Präsident Barack Obama, eher ein Basketball-Fan, dürfte einen anderen Sender gewählt haben, jedenfalls ist bezeugt, dass er die Partie in der Luft sieht - in der Airforce one.

Die deutschen Fans sind in der Minderheit und reiben sich verwundert die Augen: In rot und schwarz gestreift haben sie ihr Team bei einer WM nie gesehen. Wenigstens erkennen sie es an der Spielweise sofort wieder, Deutschland dominiert, spielt präzise (Quote der angekommenen Pässe: 89 Prozent) und lässt defensiv nahezu gar nichts zu. Nur mit dem Erspielen der Chancen tut man sich schwer. Und wenn es sie gibt, fehlt immer ein bisschen was. Benedikt Höwedes und Per Mertesacker behindern sich gegenseitig, Thomas Müller kommt gleich zweimal einen Schritt zu spät, Mesut Özil dribbelt sich bis vor Torwart Tom Howard, der seinen Flachschuss pariert. Weil Lukas Podolski auf links "keine Bindung zum Spiel" findet, wie Löw beklagt, geht am meisten über die rechte Seite, wo auch Verteidiger Jerome Boateng Druck macht. "Die deutsche Elf hatte endlos Ballbesitz, aber kaum durchschlagende Ideen", schreibt der Kicker zur ersten Halbzeit. Die Amerikaner deuten nur bei einem Schlenzer von Graham Zusi, dem Neuer nur hinterherschauen kann, ihre Gefährlichkeit an. So steht es zur Hälfte des Spiels 0:0, die Gijon-Propheten sehen sich bestätigt. Aber nur, wenn sie nicht mehr als das Ergebnis kennen.

Nach dem Wechsel verstärkt die DFB-Auswahl, in der Miroslav Klose zur 46. Minute Lukas Podolski abgelöst hat, den Druck. Die Amerikaner geraten im Dauerregen immer stärker ins Schwimmen. Dann passiert es: Nach 55 Minuten köpft Mertesacker nach einer kurz ausgeführten Ecke aufs Tor, Howard pariert und der Abpraller fliegt Müller vor die Füße. Aus 16 Metern schlenzt er technisch anspruchsvoll ins lange Eck. "Aus dem Stegreif das 1:0 für Deutschland", fabuliert ZDF-Kommentator Oliver Schmidt. Müller wird später sagen: "Jetzt habe ich endlich mal ein schönes Tor geschossen. Dafür trainiere ich aber auch den ganzen Tag wie ein Wahnsinniger." Mit seinem neunten WM-Tor überholt er Diego Maradona, der ihn beim Länderspieldebüt 2010 noch für einen Balljungen hielt, und Rudi Völler.

Die Amerikaner machen immer noch nicht auf, als wüssten sie schon, dass selbst ein 0:1 reicht. Sie kommen nur auf bezeichnende 32 Prozent Ballbesitz. Weil die Deutschen wiederum nicht konsequent aufs 2:0 spielen, erleben sie ganz zum Schluss noch ein paar bange Momente. Der ungefährlichste ist noch der Eintritt eines Flitzers im Deutschland-Trikot mit Rucksack, den Müller einem Ordner übergibt. In der 90. Minute aber kommt plötzlich Clint Dempsey aus sieben Metern zum Schuss, Philipp Lahm wirft sich dazwischen. Aus der anschließenden Ecke entsteht noch eine Kopfballchance für Dempsey, dann ist es vorbei. Klinsmann kommt auf Löw zu und gratuliert strahlend, denn gerade hat er erfahren, dass Portugal die benötigte Schützenhilfe geleistet und Ghana 2:1 geschlagen hat. Damit hat die Regenschlacht von Recife zwei Gewinner, und doch ist es ganz anders als seinerzeit in Gijon.

Aufstellung: Neuer – Boateng, Hummels, Mertesacker, Höwedes – Schweinsteiger (76. Götze), Lahm, Kroos – Özil (89. Schürrle), Müller, Podolski (46. Klose).

Tor: 1:0 Müller (55.).

Zuschauer: 41.876 in Recife.

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"Es wirkt alles so einfach bei Müller"

Stimmen zum Spiel:

Joachim Löw: "Wir waren heute dominant und hatten eine gute Organisation. Bis zur letzten Sekunde haben wir keine Torchance für die USA zugelassen. Im Mittelfeld waren wir stark und haben von dort Druck gemacht. Bastian Schweinsteiger machte einen exzellenten Eindruck, bis die Kräfte nachließen. Es war eine gute Gelegenheit, Sami Khedira mal pausieren zu lassen. Thomas Müller war bereits in unserer Vorbereitung körperlich und mental stark. Er ist ein sehr intelligenter Spieler, gegen den es schwer ist zu verteidigen. Es wirkt alles so einfach bei ihm. Er ist sehr wertvoll für uns."

Philipp Lahm: "Wir haben einen großen Schritt nach vorn gemacht. Wir haben die Amerikaner 90 Minuten lang kontrolliert. Wir haben als Mannschaft gut agiert, das war das Wichtigste."

Thomas Müller: "Wir haben stark angefangen und gleich gezeigt, wer der Herr im Haus ist. Vier Tore in drei Spielen? Das fühlt sich gut an, denn man weiß, dass man sich auf seine Fähigkeiten verlassen kann. Es macht einfach Spaß. Ich hoffe, dass ich einen Teil dazu beitragen kann, dass wir so weit wie möglich kommen und vielleicht unser großes Ziel erreichen."

Jürgen Klinsmann (Trainer USA): "Es ist ein großartiger Erfolg, diese Gruppe zu überstehen und in die K.o.-Runde einzuziehen. Es war ein schweres Spiel - sowohl körperlich als auch mental -, da immer im Hinterkopf war, dass ein Unentschieden reichen würde. Anfangs waren wir etwas zu nervös und haben zu viel Respekt gezeigt, dann haben wir uns aber beruhigt. Wir haben ein klasse Team, und die Leistung war einfach super. Wir hätten ein paar mehr Chancen herausspielen können, aber ich bin zufrieden. Es war eine der schwersten Gruppen in diesem Turnier."

"Müller, du Regen-Gott! Aber der Titel bleibt so noch ein feuchter Traum."(Bild)

"Deutsche Elf kontrolliert Ball und Gegner - Defensiv wurde die Löw-Elf kaum gefordert, offensiv ist noch deutlich mehr drin." (Kicker)

"Gestolpert, aber weiter. Trotz einer Niederlage gegen Deutschland im letzten Gruppenspiel marschieren die USA ins Achtelfinale. Freude in Brasilien und in der Heimat." (Washington Post/USA)

"Müller wäscht Deutschlands Namen nach 32 Jahren rein. Es gab keinen Nichtangriffspakt wie zwischen Deutschland und Österreich bei der WM 1982. Deutschland setzt seinen Eisenfuß ins Achtelfinale und säubert seinen Namen." (AS/Spanien)

"Deutschland schenkt den USA nichts, doch Obama feiert Klinsmanns Team, das trotz der Niederlage ins Achtelfinale gelangt. Deutschland schafft es als Nummer eins seiner Gruppe und bezeugt wieder einmal all seine Stärke gegen eine Mannschaft wie die USA, die entschlossen und hart kämpft."(Corriere dello Sport/Italien)

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